Za darmo

Armadale

Tekst
0
Recenzje
iOSAndroidWindows Phone
Gdzie wysłać link do aplikacji?
Nie zamykaj tego okna, dopóki nie wprowadzisz kodu na urządzeniu mobilnym
Ponów próbęLink został wysłany

Na prośbę właściciela praw autorskich ta książka nie jest dostępna do pobrania jako plik.

Można ją jednak przeczytać w naszych aplikacjach mobilnych (nawet bez połączenia z internetem) oraz online w witrynie LitRes.

Oznacz jako przeczytane
Czcionka:Mniejsze АаWiększe Aa

Der also abgefaßte Brief ward noch am nämlichen Tage abgesandt. An dem Morgen, an dem die Antwort fällig war, erschien noch keine. Auch der nächste Morgen brachte keine Antwort. Als der dritte Morgen kam, hatte Mrs. Milroy alle Geduld verloren. Sie hatte ihre Pflegerin vor sich beschieden, wie bereits erzählt, und ihr befohlen, die Briefe der Morgenpost mit eigener Hand dem Postboten abzunehmen. So standen gegenwärtig die Dinge, und aus diesen häuslichen Verhältnissen erwuchs eine neue Reihe von Ereignissen zu Thorpe-Ambrose.

Eben hatte Mrs. Milroy nach ihrer Uhr gesehen und nochmals die Hand nach dem Glockenzuge ausgestreckt, als die Thür sich öffnete und die Wärterin ins Zimmer trat.

»Ist, der Briefträger dagewesen?« fragte Mrs. Milroy.

Ohne zu antworten, legte die Pflegerin einen Brief auf das Bett und wartete mit unverhohlener Neugier die Wirkung ab, welche derselbe auf ihre Herrin hervorbringen würde.

Mrs. Milroy riß das Couvert ab, sowie sie ihn in die Hand nahm. Ein gedrucktes Papier kam zu Tage, das sie schnell bei Seite warf; es enthielt einen Brief, den sie betrachtete, in ihrer eigenen Handschrift! Sie ergriff jetzt das gedruckte Papier. Es war die übliche postamtliche gedruckte Mittheilung, daß ihr Brief im Hause der Person präsentiert worden, an die derselbe adressiert, daß aber diese dort nicht zu finden gewesen sei.

»Etwas nicht in Ordnung?« fragte die Wärterin, eine Veränderung im Gesicht ihrer Herrin wahrnehmend.

Die Frage blieb unbeachtet Mrs. Milroy’s Schreibpult stand auf dem Tische an ihrem Bette. Sie suchte daraus den Brief hervor, den die Mutter des Majors an ihren Sohn geschrieben und wandte sich zu der Seite, welche den Namen und die Adresse der Dame angab, die Miß Gwilt empfohlen hatte. »Mrs. Mandeville, 18. Kingsdown Crescent, Bahswater«, las sie mit begierigem Blicke für sich, und sah dann auf das Couvert ihres eigenen zurückgesandten Briefes. Sie hatte keine Versehen gemacht: beide Adressen waren genau dieselben.

»Etwas nicht in Ordnung?« wiederholte die Wärterin, einen Schritt näher ans Bett tretend.

»Gott sei’s gedankt – ja!« rief Mrs. Milroy mit einem plötzlichen Ausbruche des Frohlockens. Sie warf der Wärterin das postamtliche Circulär zu und schlug im Entzücken ihres erwarteten Triumphes mit ihren beiden dürren Händen auf die Bettdecke »Miß Gwilt ist eine Betrügerin! Miß Gwilt ist eine Betrügerin! Und wenn es mein Tod ist, Rachel, so will ich mich ans Fenster tragen lassen, um sie von der Polizei abführen sehen.«

»Sie hinter ihrem Rücken eine Betrügerin nennen ist Eins, aber zu beweisen, daß sie dies ist, ist ein Anderes«, bemerkte die Wärterin. Während sie sprach hatte sie in ihre Schürzentasche gegriffen und mit einem bedeutungsvollen Blicke auf ihre Herrin einen zweiten Brief herausgenommen.

»Für mich?« fragte Mrs. Milroy.

»Nein«, sagte die Wärterin,, »für Miß Gwilt.

Die beiden Frauen sahen einander an und verstanden sich, ohne ein Wort zu sprechen.

»Wo ist sie?« fragte Mrs. Milroy.

Die Wärterin deutete nach dem Parke zu. »Wieder ausgegangen – macht wieder einen einsamen Spaziergang vor dem Frühstück.«

.Mrs. Milroy winkte der Wärterin, sich zu ihr herabzubeugen »Könnt Ihr ihn öffnen, Rachel?« flüsterte sie.

Rachel nickte.

»Könnt Ihr ihn wieder schließen, so daß Niemand was davon sieht?«

»Können Sie sich ohne den Shawl behelfen, der zu Ihrem perlgrauen Kleide paßt?« fragte Rachel.

»Nehmt ihn!« sagte Mrs. Milroy ungeduldig.

Schweigend machte die Wärterin den Kleiderschrank auf, schweigend nahm sie den Shawl heraus und schweigend verließ sie das Zimmer. In weniger als fünf Minuten kehrte sie mit dem geöffneten Briefe an Miß Gwilt zurück.

»Ich danke Ihnen für den Shawl, Madam«, sagte Rachel, indem sie den Brief gelassen auf die Bettdecke legte.

Mrs. Milroy betrachtete das Couvert. Dasselbe war in der gewohnten Weise vermittelst Klebegummis geschlossen und durch Anwendung von heißem Wasserdampfe geöffnet worden. Als Mrs. Milroy den Brief herausnahm, zitterten ihre Hände heftig und die weiße Emaille zerbröckelte auf ihrer runzeligen Stirn.

»Meine Tropfen«, sagte sie. »Ich bin fürchterlich aufgeregt, Rachel. Meine Tropfen!«

Rachel reichte ihr die Tropfen und ging dann ans Fenster, um den Park zu überschauen »Uebereilen Sie sich nicht«, sagte sie. »Sie ist noch nirgends zu sehen.«

Mrs. Milroy zögerte noch immer und hielt das wichtige Blatt Papier in der Hand. Sie hätte Miß Gwilt das Leben nehmen können, aber sie zögerte Miß Gwilt’s Brief zu lesen.

»Fühlen Sie sich etwa durch Gewissensskrupel beunruhigt?« fragte die Wärterin in spöttischem Tone. »Erachten Sie es als eine Pflicht, die Sie Ihrer Tochter schulden.«

»Elendes Geschöpf« sagte Mrs. Milroy. Mit dieser Kundgebung ihrer Meinung öffnete sie den Brief.

Dieser war sichtlich in großer Eile geschrieben – undatiert und nur mit Anfangsbuchstaben unterzeichnet. Er lautete folgendermaßen:

»Diana-Straße.
Meine liebe Lydia!

Der Fiaker wartet vor der Thür und es bleibt mir nur ein Augenblick, um Dir zu sagen, daß ich London auf drei oder vier Tage, vielleicht auf eine Woche, in Geschäftsangelegenheiten verlassen muß. Wenn Du mir schreibst, werden mir Deine Briefe nachgesandt werden. Ich habe den gestrigen empfangen und bin ganz Deiner Ansicht hinsichtlich dei Wichtigkeit, ihn über den heiklen Punkt Deiner persönlichen Geschichte und Familienverhältnisse so lange, wie Du dies mit Sicherheit zu thun im Stande bist, im Dunkeln zu lassen. Je besser Du ihn kennen lernst, desto besser wirft Du Dich für die Art von Geschichte entscheiden können, die Du ihm auftischen darfst. Sobald Du dieselbe einmal erzählt, wirst Du dabei bleiben müssen, – und da Du dabei bleiben mußt, hüte Dich, sie nicht zu complicirt und zu eilig zu machen. Ich will Dir hierüber noch schreiben und meine Ideen mittheilen. Inzwischen riskiere keine zu häufigen Rendezvous mit ihm im Park. – Die Deine,

M. O.«

»Nun?« fragte die Wärterin, sich zum Bette umwendend. »Sind Sie mit dem Briefe fertig?«

»Rendezvous mit ihm im Park?« wiederholte Mrs. Milroy, die Augen auf den Brief heftend »Ihm! Rachel, wo ist der Major?«

»In seinem Zimmer.«

»Das glaube ich nicht!«

»Wie es Ihnen beliebt. Ich muß den Brief und das Couvert haben.«

»Könnt Ihr es wieder schließen, ohne daß sie etwas davon sieht?«

»Was ich öffnen kann, kann ich auch wieder schließen. Sonst noch etwas?«

»Weiter nichts.«

Mrs. Milroy war wieder allein und betrachtete ihren Angriffsplan in dem neuem Lichte, das jetzt auf Miß Gwilt geworfen war.

Die Auskunft, die sie aus dem Briefe an die Gouvernante genommen, wies deutlich aus den Schluß, daß sich eine Abenteuerin in ihr Haus eingeschlichen, und zwar vermittelst einer falschen Empfehlung. Da sie diese Nachricht aber durch eine unehrenhafte Handlung erlangt, die sie unmöglich bekennen durfte, so konnte Mrs. Milroy weder um den Major zu warnen, noch um Miß Gwilt bloßzustellen, Gebrauch von dieser Kenntniß machen. Die einzige brauchbare Waffe, die Mrs. Milroy in den Händen hielt, war ihr eigener zurückgesandter Brief – und die Frage, welche sie jetzt zu entscheiden hatte, die, in welcher Weise sie diese ihre Waffe am wirksamsten und schleunigsten werde in Anwendung bringen können.

Je länger sie die Sache in Erwägung zog, desto voreiliger erschien ihr das Frohlocken, dem sie sich beim ersten Anblicke ihres zurückgesandten Briefes hingegeben. Daß eine Dame, die eine Erzieherin empfohlen, ihre Wohnung gewechselt, ohne eine Spur von sich oder selbst nur eine Adresse zu hinterlassen, nach der ihre Briefe nachgeschickt würden, war an sich verdächtig genug, um dem Major mitgetheilt zu werden. Aber wie verkehrt ihre Meinung von ihrem Gatten in einigen Beziehungen immer sein mochte – Mrs. Milroy war mit seinem Charakter sattsam vertraut, um die Gewißheit zu fühlen, daß er, wenn sie ihn von dem Vorgefallenen unterrichtete, sich offen eine Erklärung von der Erzieherin ausbitten würde. Miß Gwilt’s gewandte Schlauheit würde ihr in diesem Falle auf der Stelle eine plausible Antwort in den Mund geben, welche die Parteilichkeit des Majors nur zu bereitwillig annehmen dürfen, und die Gouvernante würde ohne Zweifel keine Zeit verlieren, brieflich ihre Vorkehrungen für das pünktliche Eintreffen aller nothwendigen Bestätigung ihrer Angabe von Seiten ihrer Mitschuldigen in London zu treffen. Bei einem Mann, wie der Major, und einem Weibe, wie Miß Gwilt, bestand der einzig sichere Weg offenbar darin, daß sie für den Augenblick ein strenges Schweigen beobachtete und, ohne Vorwissen der Erzieherin, solche Nachforschungen anstellte, wie sie zur Entdeckung von unstreitbaren Beweisen nothwendig wären. Wem aber konnte Mrs. Milroy in ihrer eigenen Hilflosigkeit die schwierige und gefährliche Aufgabe dieser Nachforschungen anvertrauen? Die Wärterin konnte, selbst wenn sie sich auf dieselbe verlassen durfte, nicht sogleich entbehrt und nicht fortgeschickt werden, ohne daß dadurch Aufmerksamkeit erregt wurde. Gab es in Thorpe-Ambrose oder in London irgendeine andere fähige und zuverlässige Person, die sie dazu verwenden konnte? Mrs. Milroh warf sich in ihrem Bette hin und her und suchte in jedem Winkel ihres Geistes vergebens nach dem erforderlichen Hilfsmittel. »O, wenn ich doch nur eines Menschen habhaft werden könnte, dem ich trauen dürfte!« dachte sie Verzweifelnd. »Wenn ich nur wüßte, wo ich Hilfe suchen könnte!«

In demselben Augenblicke, da dieser Gedanke in ihrem Geiste auftauchte, hörte sie die Stimme ihrer Tochter vor ihrer Thür.

»Darf ich hereinkommen?« fragte Neelie.

»Was willst Du?« entgegnete Mrs. Milroy ungeduldig.

 

»Ich bringe Dir Dein Frühstück, Mama.«

»Mein Frühstück?« wiederholte Mrs. Milroy erstaunt. »Warum bringt Rachel es nicht, wie gewöhnlich?« sie überlegte einen Augenblick und rief dann in scharfem Tone: »Komm herein!«

Elftes Kapitel

Neelie trat mit dem Präsentirbrett herein, auf dem sie den Thee, die gerösteten Brodschnitten und das Stückchen Butter brachte, die das unveränderliche Frühstück der Kranken ausmachten.

»Was soll das heißen?« fragte Mrs. Milroy, indem sie aufsah und sprach, als ob die unrechte Dienerin in ihr Zimmer gekommen wäre.

Neelie setzte das Präsentirbrett auf den Tisch neben dem Bette nieder. »Ich wünschte so sehr, Dir auch einmal Dein Frühstück zu bringen, Mama«, erwiderte sie, »und bat Rachel, es mir zu überlassen.«

»Komm her«, sagte Mrs. Milroy, »und sage mir guten Morgen.«

Neelie gehorchte Wie sie sich bückte, um ihre Mutter zu küssen, faßte Mrs. Milroy sie am Arm und drehte sie schnell dem Lichte zu. Im Gesichte ihrer Tochter waren deutliche Spuren der Bekümmerniß zu lesen. Augenblicklich fühlte sich Mrs. Milroy von einer tödtlichen Angst durchschauert. Sie glaubte, Miß Gwilt habe entdeckt, daß ihr Brief geöffnet worden sei, und die Wärterin halte sich deshalb fern.

»Laß mich los, Mama«, sagte Neelie, vor dem Griffe ihrer Mutter zurückbebend. »un thust mir weh.«

»Sage mir, warum Du mir heute Morgen mein Frühstück heraufgebracht hast?« fragte Mrs. Milroy nochmals.

»Ich habe es Dir schon gesagt, Mama!«

»Das hast Du nicht gethan! Du hast einen Vorwand gemacht – ich sehe dies in Deinem Gesichte. Komm! Was ist’s?«

Neelie’s Entschlossenheit wich der ihrer Mutter. Sie blickte unruhig seitwärts auf die Sachen auf dem Präsentirbrett »Ich habe mich geärgert«, sagte sie mit Mühe, »und mochte nicht im Frühstückszimmer bleiben. Ich wollte zu Dir kommen und mit Dir reden.«

»Geärgert? Wer hat Dich geärgert? Was hat sich zugetragen? Hat Miß Gwilt etwas damit zu schaffen?«

Neelie blickte mit plötzlicher Neugierde und Bestürzung wieder ihre Mutter an. »Mama«, sagte sie. »Du liest meine Gedanken – Du erschreckst mich förmlich. Es war in der That Miß Gwilt!«

Ehe Mrs. Milroy ihrerseits ein Wort zu sagen vermochte, öffnete sich die Thür und die Wärterin sah herein.

»Haben Sie alles, was Sie wünschen?« fragte sie so gelassen, wie immer. »Miß bestand darauf, heute Morgen Ihr Frühstück heraufzubringen. Hat sie etwas zerbrochen?«

»Geh’ ans Fenster – ich habe mit Rachel zu reden«, sagte MS. Milroy.

Sowie ihre Tochter den Rücken gewendet, winkte sie die Wärterin ungeduldig zu sich heran. »Ist irgendetwas vorgefallen?« fragte sie flüsternd »Meint Ihr, sie habe uns im Verdacht?«

Die Wärterin wandte sich mit ihrem harten spöttischen Lächeln ab. »Ich sagte Ihnen, es solle geschehen«, erwiderte sie, »und es ist geschehen. Sie hat nicht die Spur von Argwohn» Ich wartete im Zimmer und sah sie den Brief in die Hand nehmen und öffnen.«

Mrs. Milroy athmete erleichtert auf. »Ich danke«, sagte sie laut genug, um von ihrer Tochter gehört zu werden. »Ich brauche weiter nichts.«

Die Wärterin ging, und Neelie kam vom Fenster zurück. Mrs. Milroy faßte ihre Hand und betrachtete sie aufmerksamer und liebevoller als gewöhnlich.

Ihre Tochter interessirte sie heute Morgen, denn ihre Tochter hatte etwas über Miß Gwilt zu sagen.

»Ich glaubte sonst, daß Du hübsch zu werden versprächst, Kind«, sagte sie, die unterbrochene Unterhaltung vorsichtig in der am wenigsten directen Weise wieder aufnehmend. »Aber Du scheinst Dein Versprechen nicht zu halten. Du siehst unwohl und niedergeschlagen aus, – was fehlt Dir?«

Hätte zwischen Mutter und Kind irgendwelche Sympathie stattgefunden, so würde Neelie vielleicht die Wahrheit bekannt haben Sie hätte vielleicht erwidert: »Ich sehe elend aus, weil mir das Leben verkümmert wird. Ich liebe Armadale und Armadale hat bis vor kurzem mich geliebt. Wir hatten eine einzige kleine Differenz, in der ich zu tadeln war. Ich hätte ihm dies damals gern gesagt und möchte es ihm seitdem fortwährend sagen, aber Miß Gwilt drängt sich zwischen mich und ihn und hindert mich daran. Sie hat uns einander entfremdet – sie hat ihn umgestimmt und mir entrissen. Er sieht mich nicht mehr an, wie früher, spricht nicht mehr zu mir, wie früher; ist nie mehr allein mit mir; ich kann nicht zu ihm sprechen, wie ich mich zu sprechen sehne, und ich kann nicht an ihn schreiben, denn das würde das Aussehen haben, als wollte ich ihn zu mir zurückbringen. Es ist Alles vorbei zwischen mir und Armadale – und das ist die Schuld jenes Frauenzimmers. Den ganzen Tag ist Groll zwischen mir und Miß Gwilt, und was ich immer sagen oder thun mag – sie weiß mich stets ihre Ueberlegenheit fühlen zu lassen und mir zu zeigen daß ich im Unrecht bin. Ehe sie kam, freute ich mich über Alles, was ich in Thorpe-Amhrose sah, und war glücklich. Jetzt macht mir nichts mehr Freude, ich bin über nichts mehr glücklich!« Wäre Neelie je gewöhnt gewesen, ihre Mutter um Rath zu fragen und sich der Liebe ihrer Mutter anzuvertrauem so hätte sie vielleicht jetzt solche Worte zu ihr gesprochen. So aber füllten sich blos ihre Augen mit Thränen und sie ließ schweigend den Kopf aus die Brust sinken. »Komm!« sagte Mrs. Milroy, welche die Geduld zu verlieren begann. »Du hast mir etwas über Miß Gwilt zu sagen. Was ist es?«

Neelie drängte ihre Thränen zurück und machte eine Gewaltanstrengung um zu antworten. »Sie quält mich auf das unerträglichste Mama; ich kann’s nicht aushalten; ich werde etwas thun —« Neelie stockte und stampfte zornig mit dem Fuße auf den Boden. »Ich werde ihr etwas an den Kopf werfen, wenn es noch lange in dieser Weise fortgeht! Ich würde ihr schon heute Morgen etwas an den Kopf geworfen haben, hätte ich nicht das Zimmer verlassen. O, bitte, sprich mit Papa! Bitte, erfinde irgendeinen Grund, um sie fortzuschicken! Ich will mich in eine Pension schicken lassen, will Alles in der Welt thun, um Miß Gwilt loszuwerdenl«

Um Miß Gwilt loszuwerden! Bei diesen Worten – bei diesem Echo ihres Alles überwindenden geheimen Herzenswunsches von den Lippen ihrer Tochter – richtete Mrs. Milroy sich langsam im Bette auf. Was sollte das heißen? Kam etwa die Hilfe, die sie suchte, gerade aus dem Viertel, wo sie dieselbe am wenigsten gesucht hatte?

»Warum möchtest Du sie loswerden?« fragte sie. »Worüber hast Du Dich zu beklagen?«

»Ueber nichts!« sagte Neelie. »Das ist das Aergerliche an der Sache. Miß Gwilt will mir keinen Grund zur Beschwerde geben. Sie ist ganz unausstehlich; sie bringt mich von Sinnen und ist dabei ein Bild alles Anstands Wahrscheinlich ist es Unrecht aber es ist mir einerlei – ich hasse sie!«

Mrs. Milrotys Augen prüften das Gesicht ihrer Tochter, wie sie dasselbe noch nie zuvor geprüft hatten. Augenscheinlich lag etwas unter der Oberfläche – etwas, das für ihren eigenen Zweck in Erfahrung zu bringen von der allergrößten Wichtigkeit für Mrs. Milroy sein konnte – das sich noch nicht zu erkennen gab. Sie sah sich sanft und allmählig immer tiefer und tiefer in Neelie’s Seele hineinstehlen und mit immer wärmetem Interesse Neelie’s Geheimniß ausforschen.

»Schenke mir eine Tasse Thee ein, mein Kind«, sagte sie, »und rege Dich nicht auf. Warum sprichst Du darüber mit mir? Warum wendest Du Dich nicht an Deinen Papa?«

»Ich habe mit Papa zu sprechen versucht«, sagte Neelie. »Aber es nützt nichts, er ist zu gut, um einzusehen, welch ein abscheuliches Geschöpf sie ist. Vor ihm nimmt sie stets das beste Betragen an; sie weiß sich ihm stets auf eine oder die andere Weise nützlich zu machen. Ich kann es ihm nicht auseinandersetzen, warum ich diese Abneigung gegen Miß Gwilt hege – ich kann es auch Dir nicht begreiflich machen – ich kann es nur selber begreifen.« Sie versuchte den Thee einzuschenken, vergoß denselben aber bei dem Versuche. »Ich will wieder hinunter geben«, rief Neelie in Thränen ausbrechend. »Ich tauge zu gar nichts – ich kann selbst nicht einmal eine Tasse Thee einschenken!«

Mrs. Milroy ergriff ihre Hand und hielt sie fest. So unbedeutend solche gewesen, hatte doch Neelie’s Anspielung auf die Beziehungen zwischen dem Major und Miß Gwilt rasch die Eifersucht der Mutter erweckt. Der Zwang, den Mrs. Milroy sich bisher angethan, schwand augenblicklich – schwand sogar in Gegenwart eines sechzehnjährigen Mädchens, das obendrein ihr eigenes Kind war.

»Bleib hier!« sagte sie heftig. »Du bist an den rechten Ort und zur rechten Person gekommen. Fahre fort, auf Miß Gwilt zu schimpfen. Ich höre dies gern – denn auch ich hasse sie!«

»Du, Mama!« rief Neelie, erstaunt ihre Mutter anblickend.

Einen Augenblick zögerte Mrs. Milroy, ehe sie weiter sprach. Ein letzter Instinkt aus ihrem früheren ehelichen Leben mahnte sie, auf die Jugend und das Geschlecht ihres Kindes Rücksicht zu nehmen. Aber die Eifersucht nimmt auf nichts Rücksicht, weder im Himmel noch auf Erden, auf nichts, als auf sich selbst. Das langsame Feuer der Selbstqual, das Tag und Nacht in der Brust dieses unglücklichen Weibes glühte, schoß sein tödtliches Licht in ihre Augen, während die nächsten Worte langsam und giftig von ihren Lippen fielen.

»Wenn Du Augen im Kopf gehabt, würdest Du. nicht zu Deinem Vater gegangen sein«, sagte sie. »Dein Vater hat seine Gründe dafür, nichts anzuhören, was ihm von Dir oder sonst irgendjemand über Miß Gwilt gesagt wird.«

Manche Mädchen in Neelies Alter würden den geheimen Sinn dieser Worte nicht erkannt haben. Zum Unglück für die Tochter aber hatte diese hinlängliche Erfahrungen über die Mutter gemacht, um diese zu verstehen. Mit erglühendem Gesichte sah Neelie vom Bette zurück. »Mama!« sagte sie, »Du sprichst ganz abscheulich! Der Papa ist der beste, liebste, zärtlichste – o, ich will’s nicht hören! – ich will’s nicht hören.«

Mrs. Milroy’s Heftigkeit ließ augenblicklich alle Zügel fahren, und zwar um so mehr, als sie sich wider Willen bewußt war, Unrecht gethan zu haben.

»Du impertinente kleine Närrin!« rief sie wüthend, »meinst Du, ich bedürfe Deiner, damit Du mich an meine Pflichten gegen Deinen Vater erinnerst? Soll ich etwa von einer naseweisen kleinen Creatur, wie Du, lernen, wie ich von Deinem Vater sprechen, von Deinem Vater denken und Deinen Vater lieben und ehren soll? Ich kann Dir sagen, daß es eine große Enttäuschung für mich war, als Du geboren wardst – ich wünschte mir einen Knaben, Du impertinentes Ding! Wenn Du je einen Mann findest, der einfältig genug ist, Dich zu heirathen, so mag er sich glücklich schätzen. wenn Du ihn nur halb so sehr, ein Viertel so sehr, ein Hunderttausendstel so sehr liebst, wie ich Deinen Vater geliebt habe. Ach, wenn’s zu spät ist, kannst Du weinen; Du kannst zu Deiner Mutter zurückgeschlichen kommen, nachdem Du sie beleidigt hast, und sie um Verzeihung bitten. Du plumpes, vierschrötiges kleines Geschöpf! Ich war weit schöner, als Du jemals werden kannst, zur Zeit, da ich Deinen Vater heirathete – ich wäre durch Feuer und Wasser gegangen, um Deinem Vater zu dienen! Hätte er mich gebeten, einen meiner Arme abzuschneiden, so würde ich es gethan haben – ihm zu gefallen, würde ich es gethan haben!« Sie wandte plötzlich ihr Gesicht der Wand, zu – ihre Tochter, ihren Gatten, Alles vergessend, außer der marternden Erinnerung an ihre verlorene Schönheit. »Meine Arme.« wiederholte sie matt für sich. »Was für Arme ich hatte, als ich jung war!« Sie streifte verstohlen den Aermel ihres Nachtkleides auf und sagte schaudernd: »Und wenn ich sie jetzt ansehe! wenn ich sie jetzt ansehe!«

Neelie fiel am Bette auf die Kniee nieder und barg ihr Gesicht in der Decke. In reiner Verzweiflung, sonst irgendwo Trost und Hilfe zu finden, hatte sie sich ihrer Mutter in die Arme geworfen – und das hatte so geendet!

»O, Mama«, flehte sie, »Du weißt, daß ich Dich nicht kränken wollte! Ich konnte nicht anders, als Du so von meinem Vater sprachst. O, bitte, bitte, vergib mir.«

Mrs. Milroy wandte sich auf ihrem Kissen wieder um und sah ihre Tochter mit ausdruckslosen, Blicke an. »Dir vergeben?« wiederholte sie, während ihr Geist noch in der Vergangenheit war und sich, wie im Finstern, zur Gegenwart zurück tastete.

»Ich bitte Dich um Verzeihung, Mama – auf den Knieen bitte ich Dich um Verzeihung. Ich bin so unglücklich, ich sehne mich so sehr nach ein wenig Liebe! Willst Du mir nicht vergeben?«

»Warte ein wenig«, erwiderte Mrs. Milroy, »Ah«, sagte sie nach einer Pause, »jetzt weiß ich! Dir vergeben? Ja, ich will Dir unter einer Bedingung vergeben.« Sie hob Neelie’s Kopf auf und sah ihr prüfend ins Gesicht. »Sage mir, warum Du Miß Gwilt hassest? Du hast Deine Gründe dafür, daß Du sie hassest, und Du hast mir dieselben noch nicht eingestanden.«

Neelie ließ den Kopf wieder sinken. Die dunkle Glut, die sie versteckte, indem sie ihr Gesicht verbarg, theilte sich ihrem Nacken mit. Ihre Mutter sah es und ließ ihr Zeit.

 

»Sage mir«, wiederholte Mrs. Milroy in sanfterem Tone, »warum hassest Du sie?«

Die Antwort kam widerstrebend und in abgerissenen Worten.

»Weil sie versucht —«

»Was versucht?«

»Weil sie Jemanden der viel —«

»Viel was?«

»Der viel zu jung für sie ist —«

»Gern heirathen möchte?«

»Ja, Mama.«

Mit athemlosen Interesse beugte Mrs. Milroy sich vorwärts und spielte liebkosend mit dem Haar ihrer Tochter.

»Wer ist dies, Neelie?« fragte sie flüsternd.

»Du wirst niemals weiter sagen, daß ich es Dir gesagt habe, nicht wahr nicht, Mama?«

»Niemals! Wer ist es?«

»Mr. Armadale.«

Wird. Milroh lehnte sich in tiefem Schweigen auf ihr Kissen zurück. Das klare Bekenntniß ihrer ersten Liebe, das ihre Tochter mit eigenen Lippen abgelegt, das sofort die ganze Aufmerksamkeit jeder andern Mutter in Anspruch genommen haben würde, beschäftigte sie keinen Augenblick. Ihre Eifersucht, die Alles verdrehte, um es ihren Schlußfolgerungen anzupassen, war eifrig beschäftigt, auch das zu verdrehn was sie soeben gehört hatte. »Eine Verstellung«, dachte sie, »die mein Kind getäuscht hat. Mich aber täuscht dieselbe nich. Ist es wahrscheinlich, daß Miß Gwilt dies gelingen wird?« fragte sie laut. »Zeigt Mr. Armadale irgendwelches Interesse für sie?«

Zum ersten Male sah Neelie zu ihrer Mutter auf. Der schwerste Theil ihres Bekenntnisses war jetzt worüber, sie hatte die Wahrheit von Miß Gwilt gesagt und offen Allan’s Namen ausgesprochen.

»Er legt das unerklärlichste Interesse für sie an den Tag«, sagte sie. »Es ist mir unbegreiflich; eine förmliche Verblendung ist es – es empört mich, davon zu sprechen!«

»Wie kommst Du dazu, Mr. Armadale’s Geheimnisse zu wissen?« fragte Mrs. Milroy. »Hat er aus allen Leuten in der Welt Dich auserkoren, um sein Interesse für Miß Gwilt auszusprechen?«

»Mich!« rief Miß Neelie entrüstet. »Es ist wahrhaftig schlimm genug, daß er es dem Papa gesagt hat.«

Bei diesem Wiederauftreten des Majors in der Erzählung stieg Mrs. Milroy’s Interesse an der Unterhaltung aufs Höchste. Sie richtete sich abermals vom Kissen auf. »Nimm einen Sessel«, sagte sie. »Setze Dich, Kind, und erzähle mir die ganze Geschichte Jedes Wort, hörst Du? – jedes Wort!«

»Ich kann Dir nur erzählen, Mama, was der Papa mir erzählt hat.«

»Wann?«

»Am Sonnabend. Ich trug dem Papa sein Gabelfrühstück in die Werkstatt und er sagte: »Ich habe soeben einen Besuch von Mr. Armadale gehabt und möchte Dir eine Warnung geben, da ich eben daran denke.« Ich sagte nichts, Mama, ich wartete blos. Dann fuhr der Papa fort und sagte mir, Mr. Armadale habe mit ihm von Miß Gwilt gesprochen und Fragen über sie an ihn gerichtet, zu denen Niemand in seiner Stellung berechtigt sei. Der Papa sagte, er habe sich genöthigt gesehen, Mr. Armadale in aller Freundschaft zu ermahnen, ein andermal ein wenig zartfühlender und vorsichtiger zu sein. Ich fühlte mich nicht sehr interessiert, Mama – es lag mir durchaus gar nichts daran, was Mr. Armadale gesagt oder gethan. Was sollte ich mich darum kümmern!«

»Laß Dich dabei aus dem Spiele«, unterbrach ihre Mutter sie mit Schärfe. »Fahre mit dem fort, was Dein Vater sagte. Was that er, als er von Miß Gwilt sprach? Wie sah er aus?«

»Ziemlich wie gewöhnlich, Mama. Er ging in der Werkstatt auf und ab, und ich nahm seinen Arm und promenierte mit ihm.«

»Ich will nicht wissen, was Du gethan hast«, sprach Mrs. Milroy immer gereizter. »Sagte Dein Vater Dir, was für Fragen Mr. Armadale an ihn gerichtet, oder nicht?«

»Ja, Mama. Er sagte, Mr. Armadale begann mit der Bemerkung, daß er großes Interesse an Miß Gwilt nehme, und fragte dann, ob der Papa ihm irgendetwas über ihre Familienverhältnisse —«

»Was!!« rief Mrs. Milroy. Das Wort brach fast wie ein Schrei heraus und die weiße Schminke auf ihrem Gesichte platzte in allen Richtungen. »Das sagte Mr. Armadale?« sprach sie, sich immer weiter aus dem Bette heraus beugend.

Neelie sprang auf und suchte ihre Mutter aufs Kissen zurückzulegen.

»Mama!« rief sie aus. »Hast Du Schmerzen? Bist Du krank? Du erschreckst mich!«

»Nichts, nichts, nichts«, sagte Mrs. Milroy. Sie war zu heftig, bewegt, um eine andere als die allergewöhnlichste Entschuldigung zu machen. »Meine Nerven sind heute Morgen sehr gereizt – kehre Dich nicht daran. Ich will es auf der andern Seite des Kissens versuchen. Fahr’ fort, fahr’ fort! Ich höre Dich, wenn gleich ich Dich nicht ansehe.« Sie wandte ihr Gesicht der Wand zu und ballte ihre zitternden Hände krampfhast unter der Bettdecke »Ich habe sie!« flüsterte sie für sich. »Ich habe sie endlich!«

»Ich fürchte, ich habe zu viel gesprochen«, sagte Neelie. »Ich fürchte, ich bin zu lange hier geblieben. Soll ich jetzt hinuntergehen, Mama, und später wiederkommen?«

»Fahr’ fort«, wiederholte Mrs. Milroy mechanisch.

»Was hat Dein Vater darauf gesagt? Noch sonst etwas über Mr. Armadale?«

»Nichts weiter, außer, was der Papa ihm zur Antwort gab«, erwiderte Neelie »Papa wiederholte mir seine eigenen- Worte, als er mir davon erzählte. Er sagte: »In Ermangelung irgendwelcher freiwilligen Mittheilungen von der Dame selbst über diesen Gegenstand, Mr. Armadale, ist Alles, was ich weiß, oder zu wissen wünsche – und Sie müssen mich entschuldigen, wenn ich hinzufüge, Alles, was sonst irgendjemand zu wissen braucht, oder zu wissen wünschen sollte – daß Miß Gwilt mir eine völlig befriedigende Empfehlung brachte, ehe sie in mein Haus kam? Das war streng, Mama, nicht wahr? Ich habe nicht das geringste Mitleid mit ihm – er hat es vollkommen verdient. Dann kam des Papas Warnung an mich. Er hieß mich Mr. Armadales Neugier nicht befriedigen, wenn er sich nun etwa an mich wendete. Als ob es wahrscheinlich sei, daß er sich an mich wendete, und als ob ich ihn anhören würde! Das ist Alles, Mama. Nicht wahr, Du glaubst nicht, daß ich Dir alles dies gesagt habe, weil ich Mr. Armadale abhalten möchte, Miß Gwilt zu heirathen? Er mag sie heirathen, wenn es ihm beliebt – mir ist es einerlei!« sagte Neelie mit einer Stimme, die ein wenig bebte, und mit einem Gesichte, das kaum ruhig genug war, um mit dieser Erklärung ihrer Gleichgültigkeit zu harmonieren. »Alles, was ich will, ist Befreiung von Miß Gwilt als meiner Erzieherin. Ich möchte lieber in, eine Pension geschickt werden. Ja, ich möchte in eine Erziehungsanstalt gehen. Meine Ansicht von Allem ist jetzt eine völlig andere, ich habe nur nicht den Muth, es dem Papa zu sagen. Ich weiß nicht, was mit mir vorgegangen ist – mir ist, als ob ich zu nichts mehr Muth besäße – und wenn der Papa mich abends auf den Schooß nimmt und sagt: »Laß uns Plaudern, Neelie«, da macht er mich weinen. Wolltest Du ihn wohl darauf vorbereiten, Mama, daß ich andern Sinnes geworden bin und lieber in eine Pension gehen möchte?« Ihre Augen füllten sich mit schweren Thränen und sie bemerkte nicht, daß ihre Mutter sich nicht einmal auf ihrem Kissen umwandte, um sie anzusehen.

»Ja, ja«, « sagte Mrs. Milroy zerstreut. »Du bist ein gutes Mädchen; Du sollst in eine Pension geschickt werden.«

Die grausame Kürze der Erwiderung und der Ton, in dem sie gesprochen ward, sagten Neelie, daß die Aufmerksamkeit ihrer Mutter weit, weit von ihr sei und daß es nutzlos wäre, die Unterhaltung noch ferner fortzusetzen. Ruhig, ohne ein Wort des Vorwurfs wandte sie sich ab. Es war ihr nichts Neues, sich von der Theilnahme ihrer Mutter ausgeschlossen zu sehen. Sie sah ihre Augen im Spiegel an und badete dann ihr Gesicht in kaltem Wasser. »Miß Gwilt soll nicht sehen, daß ich geweint habe«, dachte Neelie, indem sie wieder an das Bett trat, um sich von ihrer Mutter zu verabschieden. »Ich habe Dich ermüdet, Mama«, sagte sie leise. »Laß mich jetzt gehen, und später wiederkommen, wenn Du ein wenig geruht haben wirst«

»Ja«, antwortete ihre Mutter noch ebenso mechanisch, wie zuvor, »ein wenig später, wenn ich etwas geruht haben werde.«

Neelie verließ das Zimmer. Sowie sie die Thüre hinter sich geschlossen, klingelte Mrs. Milroy, um« die Wärterin zu sich zu bescheiden. Der soeben gehörten Erzählung, jeder vernünftigen Schätzung der Wahrscheinlichkeiten zum Trotz, klammerte sie sich noch immer so fest, wie je, an ihre eifersüchtigen Schlüsse »Mr. Armadale mag ihr glauben, und meine Tochter mag ihr glauben«, dachte das wüthende Weib. »Aber ich kenne den Major und mich kann sie nicht hintergehen!«