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F Ü R J E T Z T U N D F Ü R I M M E R

(DIE PENSION IN SUNSET HARBOR—Buch 1)

S O P H I E L O V E

Sophie Love

Sophie Love ist seit jeher ein Fan von Liebesromanen, weshalb sie sich sehr freut, ihre erste Reihe an Liebesbüchern: FÜR JETZT UND FÜR IMMER (DIE PENSION IN SUNSET HARBOR – BUCH 1) zu veröffentlichen. Sophie würde gerne von Ihnen hören. Besuchen Sie deshalb bitte ihre Webseite www.sophieloveauthor.com, um ihr eine E-Mail zu schreiben, in den E-Mail-Verteiler aufgenommen zu werden, kostenlose E-Books sowie die neuesten Nachrichten zu erhalten und um mit ihr in Kontakt zu bleiben!

Copyright © 2016 by Sophie Love. Alle Rechte vorbehalten. Außer, wie gemäß dem U.S Copyright Gesetz von 1976 ausdrücklich erlaubt, darf kein Teil dieser Veröffentlichung ohne vorherige Erlaubnis der Autorin vervielfältigt, verbreitet oder in irgendeiner Weise oder in irgendeiner Form übertragen, in einer Datenbank oder in einem Datenabfragesystem gespeichert werden. Dieses E-Book ist nur für den persönlichen Gebrauch zugelassen. Dieses E-Book darf nicht weiterverkauft oder an andere Menschen weitergegeben werden. Wenn Sie sich dieses E-Book mit einer anderen Person teilen möchten, kaufen Sie sich bitte eine zusätzliche Kopie für jeden weiteren Empfänger. Wenn Sie dieses Buch lesen, es jedoch nicht selbst gekauft haben und es auch nicht für ausschließlich Ihren Gebrauch gekauft wurde, dann geben Sie es bitte zurück und erwerben eine eigene Kopie. Vielen Dank für Ihren Respekt für die harte Arbeit dieser Autorin. Bei diesem Buch handelt es sich um Fiktion. Namen, Charaktere, Unternehmen, Organisationen, Orte, Veranstaltungen und Vorkommnisse sind entweder das Produkt der Fantasie des Autors oder sind fiktiv eingesetzt. Jede Ähnlichkeit mit reellen Personen, lebend oder tot, ist reiner Zufall. Buchumschlagabbildung Copyright kak2s, unter Lizenz von Stutterstock.com.

INHALT

KAPITEL EINS

KAPITEL ZWEI

KAPITEL DREI

KAPITEL VIER

KAPITEL FÜNF

KAPITEL SECHS

KAPITEL SIEBEN

KAPITEL ACHT

KAPITEL NEUN

KAPITEL ZEHN

KAPITEL ELF

KAPITEL ZWÖLF

KAPITEL VIERZEHN

KAPITEL FÜNFZEHN

KAPITEL SECHZEHN

KAPITEL SIEBZEHN

KAPITEL ACHTZEHN

KAPITEL NEUNZEHN

KAPITEL ZWANZIG

KAPITEL EINS

Emily strich mit ihren Händen über das schwarze, seidene Material ihres Kleides, um zum wahrscheinlich hundertsten Mal die Falten glatt zu streichen.

„Du siehst nervös aus“, sagte Ben. „Du hast dein Essen kaum angerührt.“

Ihre Augen huschten zu dem halb gegessenen Hühnchen auf ihrem Teller und wieder zurück zu Ben, der ihr gegenüber an dem wunderschön gedeckten Esstisch saß, sein Gesicht wurde durch das Kerzenlicht erleuchtet. Er hatte sie anlässlich ihres siebten Jahrestages in eines der romantischsten Restaurants in New York ausgeführt.

Natürlich war sie nervös.

Vor allem, seit die kleine Tiffany Box, die sie vor ein paar Wochen versteckt in seiner Sockenschublade gefunden hatte, an diesem Abend nicht mehr dort gelegen hatte. Sie war sich sicher, dass er ihr heute Nacht endlich einen Antrag machen würde.

Der Gedanke ließ ihr Herz vor Aufregung hämmern.

„Ich habe einfach nur keinen Hunger“, antwortete sie.

„Oh“, erwiderte Ben leicht besorgt. „Heißt das, dass du keine Nachspeise willst? Ich hatte mich schon auf die gesalzene Karamellmouse gefreut.“

Sie wollte definitiv keine Nachspeise, aber sie hatte eine leichte Vermutung, dass Ben den Ring vielleicht in der Mouse versteckt haben könnte. Es wäre eine kitschige Art, ihr einen Antrag zu machen, aber sie würde ihn annehmen, egal auf welche Weise. Zu behaupten, dass Ben Bindungsängste hatte, wäre eine Untertreibung. Sie hatten zwei Jahre miteinander ausgehen müssen, bevor er ihr überhaupt gestattet hatte, eine Zahnbürste in seiner Wohnung zu lassen – und vier Jahre, bevor er sie endlich einziehen ließ.

Wenn sie auch nur Kinder erwähnte, wurde er weiß wie ein Blatt Papier.

„Bitte, bestell die Mouse, wenn du sie willst“, sagte sie. „Ich habe ja noch mein Glas Wein.“

Ben zuckte leicht mit den Schultern und rief nach dem Kellner, der sofort seinen leeren Teller und ihr halb gegessenes Hühnchen abräumte.

Ben streckte seine Hände aus und hielt ihre in seinen umschlossen.

„Habe ich dir schon gesagt, dass du heute Abend wunderschön aussiehst?“, fragte er.

„Noch nicht“, antwortete sie mit einem gerissenen Lächeln, das er erwiderte.

„Wenn das so ist, du schaust wunderschön aus.“

Dann griff er in seine Tasche.

Ihr Herz schien still zu stehen. Das war der Moment. Es passierte wirklich. All diese Jahre voller Verzweiflung und Geduld, die einem buddhistischen Mönch gleichkam, zahlten sich endlich aus. Sie stand kurz davor, ihrer Mutter zu beweisen, dass sie Unrecht hatte. Diese schien nicht müde zu werden, Emily zu sagen, dass sie niemals einen Mann wie Ben vor den Traualtar bringen würde. Ganz zu schweigen von ihrer besten Freundin Amy, die in letzter Zeit die Angewohnheit entwickelt hatte, Emily nach einem Glas Wein zu beschwören, keine Zeit mehr mit Ben zu verschwenden, da man mit fünfunddreißig definitiv „noch nicht zu alt war, um die wahre Liebe zu finden“.

Sie schluckte den Kloß in ihrem Hals hinunter, als Ben die Tiffany Schachtel aus seiner Hosentasche hervorholte und sie über den Tisch in ihre Richtung schob.

„Was ist das?“, brachte sie hervor.

„Öffne es“, antwortete er mit einem Grinsen.

Er kniete nicht auf einem Bein, bemerkte Emily, aber das war in Ordnung. Wegen ihr musste es nicht traditionell sein. Sie brauchte einfach einen Ring. Jeder Ring wäre in Ordnung.

Sie nahm die Schachtel in die Hand, öffnete sie – und zog die Augenbrauen zusammen.

„Was…zur Hölle…?“, stammelte sie.

Sie starrte schockiert auf den Inhalt der kleinen Box. Es war eine 30 ml Parfümflasche.

Ben grinste, als ob er von seinem Werk begeistert wäre.

„Ich wusste auch nicht, dass sie Parfüm verkaufen“, entgegnete Ben. „Ich dachte, sie verkauften nur überteuerten Schmuck. Willst du mich ansprühen?“

Emily, die plötzlich ihre Gefühle nicht mehr kontrollieren konnte, brach in Tränen aus. All ihre Hoffnungen fielen um sie herum zusammen. Sie fühlte sich wie eine Idiotin, weil sie sich dem Glauben hingegeben hatte, dass er ihr heute Abend womöglich einen Antrag machen würde.

„Warum weinst du?“, fragte Ben mit zusammengezogenen Augenbrauen. Er schien auf einmal gekränkt zu sein. „Die Leute schauen schon.“

„Ich dachte…“, stammelte Emily, während sie sich mit der Serviette die Augen abtupfte. „Weil wir hier im Restaurant sind und es unser Jahrestag ist…“ Sie brachte die Worte nicht heraus.

„Ja“, erwiderte Ben mit kalter Stimme. „Es ist unser Jahrestag, weshalb ich dir ein Geschenk gekauft habe. Es tut mir leid, wenn es nicht gut genug ist, aber du hast ja immerhin gar keines für mich.“

„Ich dachte, dass du mir einen Antrag machen würdest!“, erklärte Emily schließlich weinend, als sie ihre Serviette auf den Tisch warf.

Die Hintergrundgeräusche in dem Restaurant verstummten, da alle Menschen aufgehört hatten zu essen, sich umdrehten und sie nun anstarrten. Doch es war ihr mittlerweile egal.

Bens Augen weiteten sich aus Angst. Er schaute sogar noch verängstigter aus als damals, als sie die Möglichkeit erwähnt hatte, eine Familie zu gründen.

„Warum willst du heiraten?“, fragte er.

In dem Moment wurde Emily einiges klar. Sie schaute ihn an, als ob sie ihn das erste Mal sähe. Ben würde sich nie verändern. Sie hatte Jahre damit verbracht, auf etwas zu warten, das so offensichtlicherweise niemals eintreten würde, und diese mini Flasche Parfüm war der letzte Tropfen gewesen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hatte.

„Es ist vorbei“, sagte Emily. „Ich bin nicht mehr blind. Das hier – du, ich – war nie richtig gewesen.“ Sie stand auf und warf ihre Serviette auf den Stuhl. „Ich ziehe aus“, erklärte sie. „Ich werde heute Nacht bei Amy schlafen und dann morgen meine Sachen holen.“

 

„Emily“, widersprach Ben und griff nach ihrer Hand. „Können wir bitte darüber reden?“

„Warum?“, schoss sie zurück. „Damit du mich dazu überreden kannst, weitere sieben Jahre zu warten, bevor wir uns ein eigenes Haus kaufen? Ein weiteres Jahrzehnt bevor wir ein gemeinsames Bankkonto führen? Siebzehn Jahre, bevor du überhaupt darüber nachdenkst, dass wir uns gemeinsam eine Katze anschaffen könnten?“

„Bitte“, flüsterte Ben, während er den Kellner anschaute, der ihre Nachspeise brachte. „Du machst eine Szene.“

Emily wusste das, doch es war ihr egal. Sie würde ihre Meinung nicht ändern.

„Es gibt nichts mehr, über das wir reden könnten“, entgegnete sie. „Es ist vorbei. Genieß deine Mousse aus gesalzenem Karamell!“

Und mit diesen letzten Worten stürmte sie aus dem Restaurant.

KAPITEL ZWEI

Emily starrte auf ihre Tastatur und befahl ihren Fingern, sich zu bewegen, etwas zu tun, irgendetwas. Eine weitere E-Mail erschien in ihrem Posteingang und sie schaute sie mit ausdruckslosem Gesichtsausdruck an. Das Geräusch der Bürogespräche um sie herum bemerkte sie kaum. Sie konnte sich nicht konzentrieren. Ihr kam es so vor, als würde sie alles durch einen Schleier wahrnehmen. Die Tatsache, dass sie auf Amys klumpiger Couch kaum geschlafen hatte, trug auch ihren Teil dazu bei.

Sie war schon seit einer Stunde auf der Arbeit, doch sie hatte noch nichts geschafft, außer ihren Computer einzuschalten und eine Tasse Kaffee zu trinken. In ihrem Gehirn schwirrten Erinnerungen an die vergangene Nacht herum. Jedes Mal, wenn sie an den schrecklichen Abend dachte, verfiel sie in leichte Panik.

Ihr Handy begann zu blinken und sie schaute auf das Display, nur um festzustellen, dass Bens Name zum hundertsten Mal aufleuchtete. Sie hatte nicht einen einzigen seiner Anrufe beantwortet. Was gäbe denn schon noch zu reden? Er hatte sieben Jahre lang Zeit gehabt, für sich zu entscheiden, ob er mit ihr zusammen sein wollte oder nicht – ein Rettungsversuch in letzter Minute würde jetzt gar nichts bringen.

Das Telefon in ihrem Büro klingelte, wodurch sie sich ziemlich erschreckte, bevor sie nach dem Hörer griff.

„Hallo?“

„Hi Emily, ich bin’s, Stacey aus der fünfzehnten Etage. Mir ist gesagt worden, dass du heute Morgen an dem Meeting hättest teilnehmen sollen, und wollte nachfragen, warum du nicht dort warst.“

„Verdammt!“, rief Emily, während sie den Hörer auf die Station schmiss. Sie hatte das Meeting komplett vergessen.

Sie sprang von ihrem Schreibtisch auf und rannte durch das Büro zum Aufzug. Ihr hektisches Auftreten schien ihre Kollegen zu amüsieren, die wie Kinder anfingen, miteinander zu tuscheln. Als sie den Aufzug erreichte, schlug sie mit der Hand auf den Knopf.

„Komm schon, komm schon, komm schon.!“

Es dauerte eine Ewigkeit, doch schließlich kam der Aufzug an. Als die Türen aufgingen, stürmte Emily hinein, nur um direkt in jemanden hineinzulaufen, der gerade hinaustreten wollte. Sie stolperte atemlos zurück und erkannte, dass sie in ihre Chefin Izelda hineingelaufen war.

„Es tut mir schrecklich leid“, stammelte Emily.

Izelda musterte sie von oben bis unten. „Was genau? Dass Sie in mich hineingelaufen sind oder dass Sie das Meeting verpasst haben?“

„Beides“, antwortete Emily. „Ich war gerade auf meinem Weg dorthin. Ich hatte es total vergessen.“

Sie konnte die Augen all ihrer Kollegen in ihrem Rücken spüren. Das letzte, was sie jetzt brauchte, war eine Portion öffentliche Erniedrigung, doch genau das genoss Izelda sehr.

„Haben Sie einen Kalender?“, fragte Izelda kühl, während sie ihre Arme vor der Brust verschränkte.

„Ja.“

„Und wissen Sie auch, wie er funktioniert? Wie man schreibt?“

Hinter sich konnte Emily hören, wie mehrere ihrer Kollegen ihr Lachen unterdrückten. Ihr erster Instinkt war es, wie eine Blume den Kopf hängen zu lassen. Vor anderen Menschen heruntergeputzt zu werden war einer ihrer schlimmsten Albträume. Aber genau wie gestern Abend im Restaurant erlebte sie auch jetzt einen Moment der Klarheit. Izelda war keine Autoritätsperson, zu der sie aufschauen und deren Launen sie sich beugen musste. Sie war einfach nur eine bittere Frau, die ihre Wut an jedem ausließ, den sie traf. Und diese flüsternden Kollegen hinter ihr bedeuteten gar nicht.

Eine plötzliche Welle der Erkenntnis überrollte Emily. Ben war nicht das einzige, was sie an ihrem Leben nicht mochte. Sie hasste auch ihren Job. Diese Menschen, dieses Büro, Izelda. Sie steckte schon seit Jahren hier fest, genauso wie sie jahrelang mit Ben festgesteckt hatte. Und sie würde es nicht länger einfach so hinnehmen.

„Izelda“, sagte Emily. Zum ersten Mal sprach sie ihre Chefin mit ihrem Vornamen an. „Ich werde jetzt ganz ehrlich mit dir sein. Ich habe das Meeting vergessen, es ist mir einfach entfallen. Es ist nicht die größte Katastrophe der Welt.“

Izelda starrte sie mit bösem Blick an.

„Wie kannst du es wagen!“, bellte sie. „Du wirst den ganzen Monat bis Mitternacht arbeiten, bis du den Wert der Pünktlichkeit erkennst!“

Mit diesen Worten stürmte Izelda an ihr vorbei. Im Davongehen stieß sie an Emilys Schulter, ihrer Ansicht nach war das Thema anscheinend erledigt.

Doch in Emilys Augen war es das ganz und gar nicht, weshalb sie ihren Arm ausstreckte und nach Izeldas Schulter griff, wodurch sie sie zum Stehen brachte.

Izelda drehte sich mit bösem Blick um und schlug Emilys Hand weg, als ob sie von einer Schlange gebissen worden wäre.

Doch Emily gab nicht nach.

„Ich war noch nicht fertig“, fuhr Emily mit ruhiger Stimme fort. „Das schlimmste auf der Welt ist dieser Ort. Es bist du. Es ist dieser dumme, unbedeutende, seelen-zerstörende Job.“

„Wie bitte?“, schrie Izelda, ihr Gesicht war vor Wut schon ganz rot.

„Du hast mich schon verstanden“, entgegnete Emily. „Ich bin mir sogar sicher, dass mich jeder gehört hat.“

Emily warf über ihre Schulter einen Blick auf ihre Kollegen, die sprachlos zurück starrten. Niemand hatte von der ruhigen, fügsamen Emily erwartet, so auszurasten. Sie erinnerte sich an Bens Warnung am vergangenen Abend, dass sie „eine Szene mache“. Und nun stand sie hier und veranstaltete eine weitere. Nur würde sie es diesmal genießen.

„Du kannst deinen Job nehmen, Izelda,“ fügte Emily hinzu, „und ihn dir in den Arsch schieben.“

Sie konnte das Keuchen hinter sich praktisch hören.

Sie schob sich an Izelda vorbei in den Aufzug, wo sie sich auf dem Absatz umdrehte. Dann drückte sie den Knopf für das Erdgeschoss zum, wie sie erleichtert erkannte, letzten Mal in ihrem Leben. Sie sah, wie ihre geschockten Kollegen sie anstarrten, bevor die Türen sich schlossen und ihnen die Sicht nahm. Sie stieß einen tiefen Seufzer aus, denn jetzt fühlte sie sich freier und leichter als jemals zuvor.

*

Emily rannte die Stufen zu ihrer Wohnung hinauf, doch eigentlich war es ja gar nicht ihre Wohnung – das war sie nie gewesen. Sie hatte immer das Gefühl gehabt, dass sie in Bens Welt eindringen würde, dass sie sich selbst so klein und unauffällig wie möglich machen sollte. An der Tür kämpfte sie mit den Schlüsseln und war froh, dass er auf der Arbeit war, und sie sich nicht mit ihm auseinandersetzen musste.

Sie trat ein und betrachtete alles mit neuen Augen. Nichts hier drinnen entsprach ihrem Geschmack. Alles schien eine neue Bedeutung zu bekommen; die fürchterliche Couch, wegen der sie sich mit Ben gestritten hatte, da sie eine neue kaufen wollte (diesen Streit hatte er gewonnen); der dämliche Couchtisch, den sie hinauswerfen wollte, weil ein Bein kürzer war als das andere, weshalb er immer wackelte (aber Ben hing aus „sentimentalen Gründen“ daran, also blieb er); der übergroße Fernseher, der zu viel gekostet hatte und zu viel Platz einnahm (aber Ben hatte darauf bestanden, dass er ihn bräuchte, um Sportsendungen zu sehen, denn diese wären das „einzige“, was ihn bei Verstand hielt). Sie schnappte sich ein paar Bücher aus dem Regal, wobei ihr auffiel, dass ihre Liebesromane auf das unterste Brett verbannt worden waren (Ben machte sich immer Sorgen, dass seine Freunde ihn für weniger intelligent halten würden, wenn sie die Liebesbücher im Regal sähen – er zog akademische Texte und Philosophen vor, auch wenn es so schien, als ob er nie auch nur eines von ihnen gelesen hätte).

Sie warf einen Blick auf die Fotos auf dem Kaminsims, um zu sehen, ob es etwas gab, das es Wert wäre, es mitzunehmen, doch ihr fiel auf, dass jedes Bild, in dem sie zu sehen war, mit Bens Familie geschossen wurde. Bei dem Geburtstag seiner Nichte, bei der Hochzeit seiner Schwester. Es gab kein einziges Bild von ihr mit ihrer Mutter, dem einzigen weiteren Menschen in ihrer Familie, und schon gar keines von Ben, während er Zeit mit den beiden verbrachte. Plötzlich erkannte Emily, dass sie in ihrem eigenen Leben fremd gewesen war. Sie war jahrelang dem Weg eines anderen Menschen gefolgt, anstatt sich ihren eigenen zu suchen.

Sie stürmte durch die Wohnung ins Badezimmer. Hier standen die einzigen Sachen, die ihr etwas bedeuteten – ihre schönen Bade- und Pflegeprodukte sowie ihr Makeup. Aber sogar das war für Ben ein Problem gewesen. Er hatte sich andauernd darüber beschwert, wie viele Produkte sie hatte, und was für eine Geldverschwendung sie doch wären.

„Es ist mein Geld, also kann ich es ausgeben, für was auch immer ich will!“, schrie Emily ihr Spiegelbild an, während sie all ihre Sachen in eine Reisetasche packte.

Sie wusste, dass sie wie eine Verrückte aussehen musste, wie sie so durch das Badezimmer stürmte und halbleere Shampoo-Flaschen in ihre Tasche warf, doch es war ihr egal. Ihr Leben mit Ben war nicht als eine Lüge, die sie so schnell wie möglich beenden wollte.

Als nächstes rannte sie ins Schlafzimmer, wo sie einen Koffer unter dem Bett hervorzog. Schnell füllte sie ihn mit all ihren Kleidern und Schuhen. Sobald sie ihre Sachen eingesammelt hatte, zog sie alles hinaus auf die Straße. Dann ging sie, als endgültige symbolische Geste, zurück in die Wohnung und legte ihren Schlüssel auf Bens „sentimental wertvollen“ Couchtisch, dann ging sie hinaus, mit dem Vorsatz, nie wieder zurückzukommen.

Erst, als sie auf dem Bordstein stand, wurde Emily allmählich bewusst, was sie getan hatte. In nur wenigen Stunden hatte sie es geschafft, ohne Job und ohne Wohnung dazustehen. Plötzlich wieder in Single zu sein war eine Sache, doch ihr gesamtes Leben wegzuschmeißen war etwas ganz Anderes.

Kleine Panikwellen begannen, durch ihren Körper zu schießen. Ihre Hände zitterten, während sie ihr Handy herauszog und Amys Nummer wählte.

„Hey, was ist los?“, meldete sich Amy.

„Ich habe etwas Verrücktes getan“, antwortete Emily.

„Erzähl weiter…“, drängte sie Amy.

„Ich habe meinen Job gekündigt.“

Sie hörte Amy am anderen Ende der Leitung tief ausatmen.

„Oh, Gott sei Dank“, erklang schließlich die Stimme ihrer Freundin. „Ich dachte schon, du würdest mir sagen, dass du wieder zu Ben zurückgegangen wärst.“

„Nein, nein, sogar das Gegenteil. Ich habe meine Tasche gepackt und bin gegangen. Jetzt stehe ich auf der Straße wie eine Stadtstreicherin.“

Amy begann zu lachen. „Das stelle ich mir gerade bildlich vor.“

„Das ist nicht lustig!“, erwiderte Emily, panischer denn je zuvor. „Was soll ich denn jetzt tun? Ich habe meinen Job gekündigt. Ohne Job werde ich keine neue Wohnung finden!“

„Du musst aber zugeben, dass es zumindest ein bisschen lustig ist“, entgegnete Amy kichernd. „Bring einfach alles rüber“, fügte sie lässig hinzu. „Du kannst bei mir bleiben, bis du dir etwas überlegt hast.“

Aber Emily wollte das nicht. Sie hatte praktisch Jahre ihres Lebens damit verbracht, in der Wohnung eines anderen Menschen zu leben und sich in ihrem eigenen Zuhause wie eine Hausiererin zu fühlen. Es kam ihr so vor, als ob Ben ihr einen Gefallen damit getan hätte, sie bei sich wohnen zu lassen. Das wollte sie nicht mehr. Sie musste ihr eigenes Leben führen, auf ihren eigenen zwei Beinen stehen.

 

„Ich schätze dein Angebot“, sagte Emily, „aber ich muss erst einmal meinen eigenen Weg gehen.“

„Das verstehe ich“, erwiderte Amy. „Was hast du jetzt vor? Wirst du die Stadt für eine Weile verlassen? Deinen Kopf frei bekommen?“

Diese Worte brachten Emily zum Nachdenken. Ihr Vater besaß ein Haus in Maine. Als Kind hatten sie dort ihre Sommer verbracht, doch es stand seit seinem Verschwinden vor zwanzig Jahren leer. Es war alt, voller Charakter, und war einmal aus historischer Sicht prächtig gewesen. Es machte mehr den Anschein eines ausgedehnten Bed & Breakfast, weshalb ihr Vater nicht gewusst hatte, was er aus dem Haus machen sollte.

Damals war es kaum präsentabel gewesen und Emily wusste, dass es jetzt, nach zwanzig Jahren Vernachlässigung, auf keinen Fall in einem guten Zustand sein konnte; es würde sich auch nicht gleich anfühlen, allein in dem Haus zu sein – vor allem jetzt, da sie kein Kind mehr war. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass gerade kein Sommer war. Es war Februar!

Und doch erschien ihr die Idee, ein paar Tage in einem Schaukelstuhl auf der Veranda eines Ortes, der ihr gehörte (zumindest so einigermaßen), zu verbringen und das Meer zu betrachten, fürchterlich romantisch. Für das Wochenende aus New York rauszukommen, wäre eine gute Möglichkeit, ihren Kopf freizubekommen und sich zu überlegen, was sie als nächstes tun könnte.

„Ich muss los“, sagte Emily.

„Warte“, widersprach Amy. „Sag mir zuerst, wo du hingehst!“

Emily holte einmal tief Luft.

„Ich gehe nach Maine.“