Nicht alltäglich

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Ganz oder gar nicht
23 | Auserwählt

Und es geschah in diesen Tagen, dass er auf den Berg hinausging, um zu beten; und er verbrachte die Nacht im Gebet zu Gott. Und als es Tag wurde, rief er seine Jünger herbei und erwählte aus ihnen zwölf, die er auch Apostel nannte: Simon, den er auch Petrus nannte, und Andreas, seinen Bruder, und Jakobus und Johannes und Philippus und Bartholomäus und Matthäus und Thomas und Jakobus, des Alphäus Sohn, und Simon, genannt Eiferer, und Judas, des Jakobus’ Sohn, und Judas Iskariot, der zum Verräter wurde.

LUKAS 6,12-16 (ELBERFELDER)

Jesus hatte die ganze Nacht im Gebet verbracht, um die zwölf Jünger auszuwählen. Ich habe mir erlaubt, aufzuschreiben, wie ich mir dieses Gebet vorstelle:

»Vater, morgen ist der große Tag. Morgen ist der Tag, an dem ich die Zwölf auswähle, die deine Botschaft in der ganzen Welt verkündigen werden. Schenke mir Weisheit! Ich habe meine Probleme mit einem von den Zwölfen. Bist du sicher, dass es eine gute Idee ist, Judas Iskariot auch mitzunehmen? Du weißt, dass er mich verraten wird. Ich werde wegen ihm furchtbar leiden müssen. Gibt es wirklich keine andere Möglichkeit, die Menschen zu retten? Wenn wir doch genau wissen, dass er mich verraten wird, können wir dann nicht jemand anderen mitnehmen, der mir treu sein wird? Verstehst du, Vater?«

»Ja, ich verstehe dich, mein Sohn! Ja, du hast recht. Judas Iskariot wird dich verraten. Du wirst leiden müssen. Du wirst sterben. Aber du wirst auch auferstehen. Du wirst den Tod besiegen. Du wirst in großer Herrlichkeit wieder zu mir kommen. Du weißt auch, dass es keinen anderen Weg gibt. Du bist der Weg! Du bist die einzige Lösung, damit die Menschen gerettet werden. Mein Sohn, du bist mir alles. Du bist mein einziger Sohn! Ich liebe dich! Aber du weißt auch, wie sehr ich die Menschen liebe, so sehr, dass ich zu allem bereit bin, um wieder eine Beziehung zu ihnen zu haben. Denk daran, wie schön und vollkommen alles sein wird, wenn das alles vorbei ist. Dafür müssen wir Judas Iskariot mitnehmen! Dafür musst du leiden und sterben. Dafür müssen wir drei Stunden getrennt sein. Aber danach werden wir den Sieg ein für alle Mal haben. Vertrau mir, mein Sohn!«

»O.k., ich vertraue dir, Vater! Ich werde die Zwölf so auswählen, wie du es mir gesagt hast. Du weißt genau, was du tust! Ich freue mich, wenn wir wieder zusammen sind!«

Vielleicht ist dieses Gespräch viel zu menschlich. Aber zwei Dinge sind ganz sicher: Erstens, Jesus betete die ganze Nacht, bevor er die Zwölf auswählte. Seine Wahl war also kein Zufall. Und zweitens, Jesus wusste genau Bescheid über Judas Iskariot und wählte ihn trotzdem. Er war bereit, alles zu tun, um uns zu retten.

Danke Herr, dass du es dir genau überlegt hast, als du mich auserwählt hast. Hilf mir, dir treu zu sein!

Julien Renard

24 | Allesbesserwisser

Alle aber, die ihn hörten, gerieten außer sich über sein Verständnis und seine Antworten.

LUKAS 2,47 (ELBERFELDER)

Wenn ich dabei gewesen wäre, als Jesus 12 Jahre alt war und sich im Tempel mit den Schriftgelehrten unterhielt, wäre ich bestimmt ausgerastet. Denn es gibt eines, was ich gar nicht leiden kann: die Allesbesserwisser! Ich stelle mir vor, wie Jesus, ein kleiner, 12-jähriger Bursche, bei allem nachfragt, alles anders versteht und auslegt als die Schriftgelehrten, die jahrelange Erfahrung und Studium hinter sich haben. Für wen hält er sich? Und als Maria Jesus mitteilt, dass sie sich Sorgen gemacht haben, weil sie nicht wussten, wo er war, was antwortet Jesus da? »Was ist der Grund dafür, dass ihr mich gesucht habt? Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meines Vaters ist?« Ich weiß nicht, was Josef gedacht hat, aber ich hätte bestimmt so reagiert: »Sag mal, Junge, was fällt dir ein? Wir sind deine Eltern, und wir haben uns Sorgen gemacht, also wirst du uns gefälligst Respekt erweisen! Und jetzt ab nach Hause mit dir!« Warum verhält sich Jesus so? Warum verhält er sich wie ein Allesbesserwisser? Die Antwort ist ganz einfach: Weil er alles weiß! Schwer zu schlucken, nicht wahr? Aber es ist so: Jesus kann sich wie ein Allesbesserwisser verhalten, weil er alles besser weiß als ich, als du, als irgendein Mensch. Es fällt uns manchmal schwer, das zu akzeptieren. Aber es ist so.

Jesus war ganz Mensch, aber er war auch ganz Gott. Während der ganzen Zeit seines Dienstes merkten die Leute immer wieder, dass niemand mit solcher Autorität lehren konnte und niemand ein solches Verständnis hatte wie er. Ja, Jesus ist der Sohn Gottes. Jesus ist Liebe. Jesus ist der Weg, die Wahrheit und das Leben. Jesus ist das Brot des Lebens. Jesus ist die Auferstehung. Jesus ist das Licht der Welt. Jesus ist die Tür. Jesus ist alles – Jesus ist der Allesbesserwisser! Und außer Jesus darf niemand sich so verhalten.

Ich finde es gut, diesen Vers zu lesen, denn er erinnert mich daran, dass ich nicht alles weiß und nicht alles verstehe. Ja, ich ärgere mich manchmal, dass Gott immer eine Antwort auf alle meine Fragen hat. Ja, ich ärgere mich manchmal, dass Gott immer recht hat! Ja, ich hätte mich wahrscheinlich auch sehr geärgert, wenn ich Jesus im Tempel begegnet wäre. Warum? Weil er mich vor die Tatsache gestellt hätte, dass ich nur ein Mensch und ein Sünder bin. Wie du! Das tut weh, aber es ist auch nötig. So weiß ich wenigstens eines: Dass ich Jesus brauche! Das ist das Einzige, was zählt. Mehr brauche ich nicht zu wissen.

Julien Renard

25 | Alles?

Und danach ging er hinaus und sah einen Zöllner mit Namen Levi am Zollhaus sitzen und sprach zu ihm:

Folge mir nach! Und er verließ alles, stand auf und folgte ihm nach.

LUKAS 5,27-28 (ELBERFELDER)

Frage an Levi:

»Sag mal, Levi, hast du wirklich alles verlassen, als Jesus zu dir gesagt hat: ›Folge mir nach!‹? Du bist zwar aufgestanden und mitgegangen, aber was ist mit deiner Bequemlichkeit? Hast du die auch verlassen? Hast du auch deine Gier nach Geld und Reichtum wirklich verlassen? Das kann ich kaum glauben! Wie ich dich kenne, warst du nur neugierig und bist deshalb mit Jesus mitgegangen. Aber ehrlich gesagt, du hattest schon vor, abends wieder nach Hause zu kommen, oder? Du willst doch nicht, dass ich glaube, dass der alte Levi, der immer so viel Geld eingesteckt hat, der ohne Hemmungen selbstsüchtig war, interessiert an nichts anderem als an sich selbst, herzlos, wirklich alles aufgegeben hat, weil da ein Typ zu ihm gesagt hat: ›Folge mir nach!‹? Komm, Levi, sag mir, was wirklich passiert ist!«

Mögliche Antwort von Levi:

»Weißt du, es kann sein, dass du teilweise recht hast! Vielleicht war ich so neugierig, dass ich einfach sehen wollte, was an diesem Jesus so Besonderes ist. Und es stimmt, dass ich geldgierig war, selbstsüchtig und interessiert an nichts anderem als an mir selbst. Da hast du recht! Du kannst mich dafür verurteilen und überall herumerzählen, dass du Zweifel daran hast, dass ich an diesem Tag wirklich alles verlassen habe. Aber weißt du was? Das ist mir eigentlich egal, weil Jesus mir nur eines gesagt hat: ›Folge mir nach!‹ Und das habe ich getan. Es stimmt, ich habe nicht sofort alles aufgegeben, aber mit der Zeit hat er mir geholfen, alles, eines nach dem anderen, zu verlassen, was zwischen mir und ihm stand. Und das ist, was wirklich zählt. Das war nicht einfach, aber es ist so passiert. Und weißt du was? Das gilt auch für dich! Jesus hat nicht gesagt: Werde perfekt, und dann folge mir nach! Nein, er hat gesagt: ›Folge mir nach!‹ Das habe ich getan, und das kannst auch du tun! Steh einfach auf und sag »Ja« zu ihm! Alles zu verlassen bedeutet nicht, perfekt zu werden. Es bedeutet, »Ja« zu ihm zu sagen. Es bedeutet, ihn in dein Leben hineinzulassen und ihm zu ermöglichen, alles wegzunehmen, was zwischen dir und ihm steht. Doch das passiert fast nie an einem einzigen Tag, sondern es braucht ein ganzes Leben dazu!«

Ach, übrigens, noch etwas … Ich bin froh, dass ich an diesem Tag aufgestanden und nicht wieder auf dem Stuhl sitzen geblieben bin!

Stehst du schon, oder sitzt du noch?

Julien Renard

26 | Geh mit Gott, aber geh!

Und die ganze Menge aus der Umgegend der Gerasener bat ihn, von ihnen wegzugehen, denn sie waren von großer Furcht ergriffen. Er aber stieg in das Boot und kehrte wieder zurück.

LUKAS 8,37 (ELBERFELDER)

Hast du das schon mal gehört? Ich kann mir gut vorstellen, dass die Leute, um die es in unserem Vers geht, etwas Ähnliches zu Jesus sagten: »Es ist uns egal, wo du herkommst und was du willst, aber geh! Geh mit Gott, aber geh!« Sie hatten so große Angst vor Jesus, dass sie ihn so fern wie nur möglich haben wollten. Aber was hatte Jesus getan, um eine solche Furcht in ihnen zu wecken?

In den Versen 32 und 33 heißt es: »Es war aber dort eine Herde von vielen Schweinen, die an dem Berg weideten. Und die Dämonen baten Jesus, dass er ihnen erlauben möchte, in diese zu fahren. Und er erlaubte es ihnen. Die Dämonen aber fuhren von dem Menschen aus und fuhren in die Schweine, und die Herde stürzte sich den Abhang hinab in den See und ertrank.« Jesus hatte einen Menschen von Dämonen befreit. Genau das hatte er getan! Aber er hatte noch etwas anderes getan: Er hatte eine Herde von Schweinen geopfert, um diesen Mann zu retten. Aus der Sicht der Leute hieß das wahrscheinlich: »Innerhalb kürzester Zeit sind unsere Schweine, unsere Arbeit und damit unser Geld weg! Die ganze Herde ist in den See gestürzt, und das nur, damit dieser Typ, der uns eigentlich ziemlich egal ist, wieder gesund werden konnte. Und wer ist schuld? Jesus!« So hätten sie denken können. Vielleicht haben sie auch so gedacht.

 

Tatsache ist, dass sie von großer Furcht ergriffen waren. Deshalb wollten sie, dass Jesus schnell weggeht. Jesus hatte etwas getan, das ihnen nicht gefiel; er hatte ihre Pläne und ihren Alltag auf den Kopf gestellt. Er hatte etwas getan, das sie nicht verstanden, etwas, das ihr Leben hätte verändern können. Deshalb wollten sie nichts mit ihm zu tun haben.

Kannst du dich mit diesen Leuten identifizieren? Ich schon! Es gibt Zeiten, in denen Gott etwas Gutes in unser Leben hineinschickt, vielleicht durch einen Freund, Verwandten, Frau, Mann oder Kinder. Doch es passt nicht zu meinen oder deinen Plänen. Es könnte unseren Alltag auf den Kopf stellen. Es könnte unser Leben verändern. Es fühlt sich an, als würden wir dabei etwas verlieren.

Wenn Jesus so etwas anstellt, bin ich schon versucht, zu ihm zu sagen: »Geh mit Gott, aber geh, und lass mich bitte in Ruhe! Ich weiß schon, was ich zu tun habe!« Aber ich bin sehr dankbar, dass er genau das nicht tut, dass er nicht weggeht und mich die Dinge nicht machen lässt, wie ich will.

Ich bete, dass Gott mir und dir hilft, zu ihm nicht »Geh weg« zu sagen, wenn er anders handelt, als es uns passt, auch wenn es uns Angst macht. Denn eines weiß ich: Wenn Gott die Dinge in die Hand nimmt, dann ist das das Beste, was uns passieren kann.

Julien Renard

27 | Na siehst du! Ich hatte doch recht!

Und das ganze Volk, das zuhörte, und die Zöllner haben Gott recht gegeben, indem sie sich mit der Taufe des Johannes taufen ließen; die Pharisäer aber und die Gesetzesgelehrten haben den Ratschluss Gottes für sich selbst wirkungslos gemacht, indem sie sich nicht von ihm taufen ließen.

LUKAS 7, 29-30 (ELBERFELDER)

Manchmal versuche ich mir vorzustellen, wie es beim Endgericht sein wird. Aber es fällt mir gar nicht so leicht! Es tröstet mich, dass ich weiß, egal, wie viele verschiedene Versionen dieses Geschehens ich mir ausmale, es wird sowieso ganz anders ablaufen, als ich je gedacht habe. Hier kommt eine meiner Versionen:

Ein Schriftgelehrter kommt in den Himmel und trifft Gott. Schriftgelehrter: (Als er Jesus neben Gott sitzen sieht.) Was? Du hier? Das hätte ich nie gedacht!

Gott: Na siehst du! Ich hatte doch recht!

Schriftgelehrter: Ja, aber … Das verstehe ich nicht. Laut der Schriften hätte alles anders laufen sollen!

Gott: Wie hätte es denn laufen sollen?

Schriftgelehrter: (Schweigen.) Anders! Keine Ahnung, wie, eben anders! Ich weiß es nicht. Aber guck mal die Leute, die da anstehen. (Er geht in die Richtung, wo eine lange Schlange von Leuten auf das Endgericht wartet.) Guck mal den an, ein Bettler! Willst du wirklich die Ewigkeit mit dem verbringen?

Gott: Warum denn nicht?

Schriftgelehrter: Aber Herr, riech doch mal. Er stinkt wie ein Schwein. (Er schnuppert an dem Bettler und ist überrascht.) Aber als ich ihn das letzte Mal auf der Erde gesehen habe, da stank er wie verrückt! (Zum Bettler.) Hast du dich etwa geduscht?

Bettler: Nein … Oder doch, ein paar Tage bevor ich gestorben bin, habe ich Johannes den Täufer kennengelernt, und ich habe mich im Namen Jesu Christi taufen lassen. Und plötzlich war mein Leben ganz anders.

Gott: Na siehst du! Ich hatte doch recht!

Schriftgelehrter: Ja, aber … Jetzt guck mal den an. (Er wendet sich zu jemand anderem.) Ein Rechtsanwalt. Er hat Ahnung! Er hat Geld! Er weiß viel! Er wird respektiert! Willst du nicht eher die Ewigkeit mit ihm verbringen?

Gott: Wovon hat er Ahnung? Vom Geldbetrug! Wofür hat er Geld? Um es in Spielcasinos zu verspielen! Was weiß er? Dass er heute tot ist! Warum wird er respektiert? Weil die Leute Angst vor ihm haben! Nein, mit ihm möchte ich nicht die Ewigkeit verbringen.

Schriftgelehrter: (Zu dem Rechtsanwalt.) Aber ich dachte, du wärst fromm. Ich habe dich doch immer im Tempel gesehen!

Rechtsanwalt: Ja, das gehörte zu meinem Image. Schriftgelehrter: Gott, sag mal, zählt das nicht?

Gott: Was soll ich mit deinem Image? Was mich interessiert, ist, wie du zu mir stehst und wie dein Herz aussieht. Alles andere, wie du schon bemerkt hast, bringt dir gar nichts!

Schriftgelehrter: Ich verstehe nichts mehr! Und wie steht’s mit mir?

Gott: Ja, wie steht’s mit dir? Du hast dir doch am Anfang selbst die Antwort gegeben.

Schriftgelehrter: Wie? Was habe ich gesagt?

Gott: Als du im Himmel ankamst, hast du zu meinem Sohn gesagt: »Was? Du hier? Das hätte ich nie gedacht!« Das klingt nicht so, als hättest du meinen Sohn angenommen, geschweige denn mit ihm eine Beziehung, oder?

Schriftgelehrter: Ich war nur überrascht! Wie hätte ich denn wissen können, dass das, was Johannes in der Wüste erzählt hat, wirklich wahr war?

Gott: Wenn du mein Wort richtig gelesen und verstanden hättest! Wenn du Johannes richtig zugehört hättest! Wenn du Jesus aufmerksam zugehört hättest!

Schriftgelehrter: Aber Herr, ich meine … Kann ich das wiedergutmachen? Was ist jetzt?

Gott: Tja … was ist jetzt? Wie willst du das wiedergutmachen, jetzt, wo du tot bist?

Schriftgelehrter: Das ist aber unfair! Kriege ich denn keine zweite Chance?

Gott: Du hast mehr als zwei Chancen gehabt, als du auf der Erde warst, fast jeden Tag, drei Jahre lang, hast du Jesus sprechen hören oder von ihm gehört.

Schriftgelehrter: Was hätte ich tun sollen?

Gott: Dich von Johannes taufen lassen und Jesus annehmen! Schriftgelehrter: Ja, du hast recht! Das hätte ich tun sollen! Gott: Na siehst du! Ich hatte doch recht!

Ich weiß, der Schluss ist hart … aber es ist doch so, oder? Es geht darum, Jesus Christus anzunehmen, bevor es zu spät ist. Denk daran, Gott hat immer recht! Deshalb hör auf, nur drum herumzureden oder über ihn zu diskutieren.

Julien Renard

Dinge
28 | Kopfkino und Realität

Wer an seinem Leben festhält, wird es verlieren.

Wer aber sein Leben loslässt, wird es für alle Ewigkeit gewinnen.

JOHANNES 12,25 (HOFFNUNG FÜR ALLE)

Kopfkino und Realität sind meistens sehr weit auseinander. Welche Frau hat sich nicht schon einmal in einer romantischen Komödie verloren? In diesen Filmen gibt es normalerweise einen starken Helden, der immer total männlich ist und gleichzeitig verletzlich und weich. Er hat ein Gespür für ihre Gefühlslage und sehnt sich förmlich danach, über diese Gefühle auch noch mit ihr zu reden. Und dann findet sie sich in der Realität wieder – und da sitzt er, ihr Mann, mit einem Bier in der Hand, und guckt Sportschau. Man kann das Enttäuschungspotenzial erahnen! Über die Bilder, die Männer sich häufig antun und die mit der Realität noch weniger zu tun haben, möchte ich hier lieber gar nicht erst schreiben.

Als ich Christ wurde, hat man mir erzählt, dass Jesus mein Leben besser machen würde. In meinem Herzen wäre ein Loch, das ich bisher versucht hätte, mit Beziehungen, Unterhaltung oder Alkohol zu füllen. Aber nun würde Jesu Liebe mein Herz ganz ausfüllen. Ich sage nicht, dass das komplett falsch ist, aber ich bin jetzt locker 25 Jahre Christ, und das Loch in meinem Herzen ist geblieben. Vielleicht war dieses »Werbeversprechen« ja unrealistisch? Bin ich deshalb so oft enttäuscht?

Meine Familie wohnt zurzeit in der Nähe der dänischen Grenze, und es hat vor Kurzem eine Studie gegeben, die besagt, dass meine Nachbarn von allen Nationen die fröhlichsten Menschen sind. Warum? Es geht den Dänen weder gesundheitlich noch finanziell am besten. Morley Safer, der Mann, der die Studie durchgeführt hat, sagt: »Die Dänen sind am fröhlichsten, weil sie geringe Erwartungen haben!« Aus irgendeinem Grund haben sie einen Hang zum Realismus, und deswegen sind sie so gut drauf.

Mir scheint, als hätten die meisten Christen im Kopf diese unrealistische Vorstellung, die besagt, dass wir aus irgendeinem Grund ein Recht auf ein einfacheres, schöneres Leben haben. Realität ist: Weder Jesus noch seine Apostel haben so ein Leben versprochen. Es gibt wenige Glaubenshelden, deren Lebensgeschichte einen guten Werbefilm für ein schönes, einfaches Leben hergeben würde. Außer natürlich du stehst auf Schiffbruch und Gefängnis (Paulus), badest gerne in siedendem Öl (Johannes) oder lässt dich mit Steinen bewerfen (Stephanus).

Das Leben mit Jesus wird nicht schöner, nur besser! Falsche, unrealistische Erwartungen können zu ganz viel Enttäuschung führen. Erwarte nicht mehr von dir, als Gott von dir erwartet! Erwarte auch nicht mehr von anderen, als sie geben können! Das Leben ist manchmal so richtig hart. Aber wenn du dich darauf einlässt, dann baut Gott seine neue Welt – mit kaputten Typen wie dir. Und wenn du lernst, ein bisschen mehr wie ein Däne zu denken, dann wirst du sehen, das ist o.k. so!

Frank Bonkowski

29 | Die trügerische Sicherheit des Augenblicks

Auch Noah glaubte Gott und befolgte gehorsam seine Anweisungen. Er baute ein großes Schiff, obwohl weit und breit keine Gefahr zu sehen war. Deshalb wurde er mit seiner ganzen Familie gerettet. Durch seinen Glauben wurde der Unglaube der anderen Menschen erst richtig deutlich. Und durch diesen Glauben fand Noah auch Gottes Anerkennung.

HEBR ÄER 11,7 (HOFFNUNG FÜR ALLE)

Noah gehörte zum sogenannten »Geschlecht der Flut«, das aus berühmten Leuten mit einer hohen Lebenserwartung bestand. Sein Name bedeutet »Trost«, und wäre es nach seinem Vater gegangen, hätte er die Menschen getröstet in ihrer Mühe und Arbeit auf dem Acker, den der Herr verflucht hatte. Die Menschen um ihn herum waren aber stolz auf das, was sie aus eigenen Kräften erreichen konnten, und empfanden ihre Lebenssituation mitnichten als Folge eines Fluchs. Noah lebte wahrscheinlich in einer Zeit kultureller Blüte und Sicherheit. Das Empfinden von Frieden hängt in solchen Zeiten daran, dass sich alle der normativen Kraft des Faktischen unterwerfen und nicht an der trügerischen Sicherheit des Augenblicks rütteln.

Noah bevorzugte aber das Vertrauen auf seinen Gott. Dann wurde ihm eines Tages von Gott eingegeben, dass die Welt, in der er lebte, auf eine Katastrophe zusteuerte. Aber nicht ein einziger realer Umstand ließ darauf schließen, dass er recht haben könnte. Der Gedanke, dass er sich auf ein Ende der guten Zeiten konkret vorbereiten solle, ließ Noah trotzdem nicht los. Dass er auf die Eingabe hörte und sich inmitten einer friedlichen Zeit auf eine Katastrophe vorbereitete, wird den sozialen Frieden erheblich gestört haben. Noahs Diagnose wird wahrscheinlich als provozierend und verletzend empfunden worden sein. Trotzdem begann er auf das Wort Gottes hin damit, die Arche zu zimmern.

Die Leute müssen ihn für verrückt erklärt haben. Aber Noah diskutierte nicht mit ihnen, und er versuchte auch nicht, sie zu überzeugen. Er hörte lieber auf sein Herz und tat, was zu tun war. Noah »kriegte« sein Leben im wahrsten Sinn des Wortes auf die Reihe, weil er sich der Macht des sozialen Friedens widersetzte und einen dem allgemeinen Zeitgeist entgegengesetzten, provozierenden alternativen Lebensentwurf auslebte. Er war bereit, in den Augen seiner Mitmenschen als erfolglos zu gelten.

Aber seine Beharrlichkeit und Geduld zahlten sich am Ende doch noch aus. Inmitten der Flut, in der der allmächtige Herr der Schöpfung die Welt zerstörte, segelte Noah, als einer, der auf Gottes Analyse der Lage vertraut hatte, als einer, der gegen allen Augenschein Gott gedient hatte, sicher der Zukunft entgegen. Und auf dem Weg zu einer neuen Schöpfung betete Noah seinen Gott an, dessen Friede höher ist als alle Vernunft und zutiefst sozial.

Mickey Wiese