Eine Liebe im Schnee

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KAPITEL DREI

Mallory lehnte sich quer über den Tisch und füllte Keiras inzwischen leere Glas mit mehr Rosé. Keira verzog das Gesicht. Sie mochte den überaus süßen pinkfarbenen Wein, den ihrer Mutter bevorzugte, nicht, aber es gab nicht viel, was sie deswegen tun konnte. Wenn es zu Mallory Swanson kam, war Ablehnen einfach zwecklos.

Bryn sah Keira vom anderen Ende des Tisches in die Augen und grinste. Sie hasste den pinkfarbenen Wein genau wie Keira. Zumindest hatten sie dadurch einen kleinen geheimen Witz, den sie teilten.

„Also Keira“, sagte Mallory und sprach ihre jüngste Tochter an.

Keira wand ihre Augen von Bryn ab, um Mallory anzusehen. Von der Art wie ihre Mutter ihre Augen leicht zusammenkniff und wie sie ihr Weinglas schief in ihrer Hand hielt, konnte Keira sagen, dass sie leicht angetrunken war. Was bedeutete, das sie gleich etwas sehr Persönliches fragen würde, so wie sie es immer machte, wenn sie ein Glas oder zwei getrunken hatte.

Keira bereitete sich innerlich darauf vor. „Ja, Mutter?“

„Hast du von Cristiano gehört?“

Da war er. Der Schlag in die Magengrube.

Bevor Keira überhaupt die Chance hatte, darüber zu stöhnen, sah Mallory Bryn mit glitzernden und zusammengekniffenen Augen an.

„Höre auf mich zu treten, junge Frau!“, rief sie aus. „Wenn ich nicht frage, erzählt sie es mir ja nicht. Wie sonst soll ich denn wissen, was im Leben meiner Tochter vor sich geht? Eine Minute war er Mr. Right und dann war er Mr. Weg. Und ich weiß nicht, was passiert ist.“

Bockigkeit war noch eine von Mallorys angetrunkenen Eigenschaften.

Keira seufzte: „Es ist schon gut. Es ist an der Zeit, dass ich mal darüber spreche, was passiert ist.“ Sie stellte ihr Weinglas ab. Wenn sie diejenige war, die die Unterhaltung kontrollierte, hatte sie wenigstens eine Ausrede, nicht noch mehr von dem Rosé Wein trinken zu müssen. „Ich habe nicht von ihm gehört, seitdem ich mit ihm Schluss gemacht habe. Ich dachte wirklich, wir würden Freunde bleiben. Es fühlte sich an, wie eine reife, einvernehmliche Trennung, weißt du? So, als wüssten wir beide, dass es nicht richtig war. Aber seitdem ist es, als wäre er vom Erdboden verschluckt. Keinerlei Kommunikation. Ich meine, bin ich die Idiotin, dass ich denke, man könnte mit seinem Ex befreundet sein? Das Gleiche ist mit Shane passiert.“

„Oh mein Schatz, ich bin die Falsche mit dieser Frage“, antwortete Mallory. „Du weißt doch gut genug, wie desaströs mein Liebesleben gewesen ist.“

Wenn Keira eine Bingo-Karte hätte, für Dinge, die ihre Mutter mit ihr diskutiert hatte, wenn sie getrunken hatte, hätte sie mit Sicherheit inzwischen alle Kästchen abgehakt. Karriere. Abgehakt. Schmerzhaftes, gebrochenes Herz. Abgehakt. Und jetzt die große Nummer: ihr Vater.

Keira kannte die Geschichte nur zu gut, aber das stoppte Mallory nicht, sie immer wieder anzusprechen. Er war ihre eine große Liebe gewesen, sie waren jung und dachten es könnte funktionieren, er konnte mit der Verantwortung Kinder zu haben nicht umgehen, er verließ sie, mittellos in einer großen Stadt mit zwei kleinen Kindern. Obwohl sie ihren Vater nie getroffen hatte, war Keira sich sicher, dass seine Abwesenheit eine große Rolle dabei spielte, dass sie selbst nicht in der Lage war, eine glückliche Beziehung aufrechtzuerhalten. Und er war definitiv der Grund, warum Bryn sich mit einem alten Mann eingelassen hatte.

Mallory schwenkte ihr Glass vor ihrem Gesicht hin und her und verschüttete einen Teil der pinkfarbenen Flüssigkeit auf den Tisch vor sich. „Ich will aber eines sagen. Gebrochene Herzen, so wie gebrochene Knochen, sind stärker, nachdem sie wieder geheilt sind.“

Keira hob eine Augenbraue. Das war ehrlich gesagt recht einfühlsam, dafür dass es von Mallory kam.

„Wen zitierst du denn damit, Mom?“, fragte Bryn. „Oprah Winfrey?“

„Ich weiß nicht, wen“, erwiderte Mallory schnippisch. „Vielleicht stand es in einem Glückskeks. Ist doch egal. Der Punkt ist, du wirst darüber hinwegkommen und du wirst etwas daraus lernen und du wirst heilen und dein Herz wird weiterleben.“

„Oh, den kenn ich. Das ist Celine Dions ‚your heart will go on’“, sagte Bryn.

Mallory sah sie an und verzog ihr Gesicht. „Kannst du deine Witze mal lassen, Bryn! Ich versuche Keira aufzumuntern.“

„Das tust du ja, Mom“, sagte Keira bedeutungsvoll, als sie das erste Mal seit einer Weile wieder etwas sagte. „Du hilfst mir genaugenommen sehr, Bryn auch, auf ihre Art.“ Sie lächelte ihre Schwester an. Bryn hatte sich in den letzten Wochen mit einer Menge von Keiras Launen abgeben müssen, genau wie damit, dass sie tagelang in ungewaschener Kleidung herumlungerte und überaus reizbar gewesen war. Jetzt fühlte es sich wie ein guter Moment an, sie beide wissen zu lassen, was heute Nachmittag mit der Immobilienmaklerin passiert war. „Um ehrlich zu sein, habe ich Neuigkeiten. Gute Neuigkeiten.“

„Oh?“, fragten sie beide im Chor.

Plötzlich fühlte sich Keira schüchtern. Eine Wohnung zu mieten, war ein riesiger Schritt für sie, für sie alle wahrscheinlich. Es würde ein Übergang sein, endlich, von einem Mädchen zu einer Frau. Für Mallory würde es das Ende ihrer andauernden Sorge sein, wie ihre Jüngste mit der Welt zurechtkam. Für Bryn würde es bedeuten, dass sie ihre Unabhängigkeit wieder zurückbekam, weniger Verantwortung tragen zu müssen, die Last, die sie seit jeher als ältere der beiden Schwestern auf ihren Schultern trug, würde ein wenig leichter werden.

„Ich habe eine Anzahlung für eine Kaution hinterlegt, um meine eigene Wohnung zu mieten.“

Es gab einen Moment verblüffter Stille. Dann begann Bryn zu jubeln. Mallory zeigte ein breites Grinsen.

„Schatz, ist das wahr?“, fragte sie.

Keira lächelte schüchtern und nickte. „Ja.“

Bryn sprang plötzlich von ihrem Stuhl auf. Sie kam herum zu Keira und warf ihre Arme um ihren Hals. „Oh, GOTT SEI DANK!“, rief sie.

Keira musste in ihrer engen Umarmung lachen. „Okay, okay, ich weiß, ich war nervig, aber echt mal!“

Bryn ließ etwas lockerer. „Es ist nicht, dass du nervig warst“, sagte sie, „es ist nur, dass Felix... nun, er hat mich gefragt, ob wir zusammenziehen wollen. Und ich habe mich etwas zurückgehalten...“

„Ich wusste es!“, rief Keira.

Auf der anderen Seite des Tisches brach Mallory in Tränen aus. „Meine beiden Mädchen sind so erwachsen.“

Natürlich konnte nun das letzte Kästchen auf der Bingo-Karte abgehakt werden. Weinen!

*

Keira ging hinaus in die kalte Nachtluft und zog ihren Mantel näher um sich. Das Abendessen mit ihrer Mom und Bryn war erfrischend gewesen. Sie hatte es wesentlich mehr genossen, als sie es erwartet hätte.

Bryn war auf ihrem Weg zu Felix, wo sie die Nacht verbringen wollte, also hatte Keira die Wohnung zu sich selbst. Sie war jedoch ziemlich müde und fühlte sich danach, gleich ins Bett zu gehen. Morgen würde sie wieder zurück ins Büro müssen und sie wollte sich frisch und erholt fühlen. Die letzten paar Wochen war sie so grummelig gewesen. Hoffentlich würde ihre positive Einstellung sich bis morgen halten.

Vor sich sah sie das U-Bahn-Schild. Als sie in dessen Richtung lief, konnte Keira eine Vibration in ihrer Tasche spüren. Ihr Handy. Sie griff in die Tasche und zog das Telefon heraus.

Zu ihrer Überraschung war es dieses Mal eine Textnachricht von Cristiano. Als sie sie öffnete, schien ihr Herz fast aufzuhören zu schlagen.

Wer auch immer das ist, lass Cristiano in Ruhe. Er hat ein neues Leben.

Keira starrte die Nachricht an und war schockiert. Die Nachricht war gar nicht von Cristiano, sondern von jemandem, der sein Handy benutzte. Eine neue Freundin?

Das Herz rutschte ihr in die Knie. All die gute Arbeit, die sie an diesem Abend geleistet hatte, schien sich plötzlich tief in ihr drinnen aufzulösen. Wie konnte er sich so schnell neu orientiert haben? Nach all den Gesprächen, die sie geführt hatten, darüber, dass er nur mit einer Frau ausgehen würde, wenn er sich vorstellen konnte, sie zu heiraten. Wie viele gab es davon denn für ihn, dass er innerhalb so kurzer Zeit eine Neue gefunden hatte? Heiratsmaterial in Cristianos Augen zu sein, schien offensichtlich wirklich nicht viel zu bedeuten. Hatte er Keira getäuscht?

Sie warf ihr Handy zurück in ihre Handtasche. Wütend stürmte sie die Treppe zur U-Bahn hinunter und hinein in die wartende Bahn. Sie warf sich auf einen Sitz und starrte das schwarze Fenster an.

Ihre Gedanken schienen sich schier zu überschlagen, gedanklich nahm sie all die gemeinsam verbrachten Momente auseinander und suchte nach irgendetwas Bedeutsamen, irgendwelchen neuen Hinweisen in der Zeit, die sie zusammen verbracht waren.

Aber je mehr sie darüber nachdachte, desto weniger wurde ihre Wut. Anstatt an dem schlimmstmöglichen Szenario festzuhalten, welches sich ihre Gedanken zusammenreimen konnten—das Cristiano sie angelogen hatte, darüber dass er in Herzensangelegenheiten vorsichtig war—schaffte sie es, sich selbst wieder zu Verstand zu bringen. Manchmal war eine Affäre die beste Beziehung. Er war für sie ja auch eine Affäre nach der Beziehung mit Shane gewesen und die Zeit, die sie miteinander verbracht hatten, war wundervoll gewesen. Vielleicht war diese neue Frau auch nur eine Affäre für ihn, anstatt seiner neuen Ehefrau. Vielleicht hatte er dies von Keira gelernt, dass es manchmal okay ist, mit jemandem einfach nur so zusammen zu sein, weil man es wollte und nicht weil man immer einen großen Plan im Hinterkopf haben muss.

 

Sie erinnerte sich an Mallorys Worte darüber, wie jede Beziehung eine Möglichkeit bot, etwas zu lernen und daran zu wachsen und dass sie vorwärts und aufwärts gehen sollte. Cristiano machte in der Tat bestimmt gerade dasselbe durch. Und Keira konnte spüren, dass auch sie da durch musste. Es war besser, als an ihrer Wut und an ihrem verletzten Ego festzuhalten und es hatte nur wenige Augenblicke der U-Bahnfahrt gedauert und sie war bereit zu beginnen es gehen zu lassen.

Sie stieg aus der Bahn aus und stieg die Treppen hinauf, bis sie wieder auf Straßenhöhe war. Sie kam aus der U-Bahn als eine weisere Frau, als welche sie eingestiegen war. Als sie in die Bahn einstieg, war sie traurig und verletzt gewesen, aber jetzt als sie ausgestiegen war, fühlte sie sich erleichtert. Dies war wirklich der Schlussstrich mit ihr und Cristiano. Es war wirklich das Ende. Es war an der Zeit vorwärts zu gehen, jetzt und für die Zukunft.

KAPITEL VIER

Keira klopfte mit dem Handrücken gegen Elliots Bürotür. Sie war offen, aber sie fühlte trotzdem, dass sie höflich sein sollte.

„Guten Morgen, Keira“, sagte er, und drehte den Kopf über seine Schulter, um sie anzusehen. „Komm rein, komm rein.“

Keira betrat das Büro und setzte sich auf den Stuhl ihm gegenüber. Sie fühlte sich von Elliots Büro immer eingeschüchtert, fast so, als wäre sie ein Schulkind im Büro des Direktors.

„Alles in Ordnung?“, fragte er und hob seinen Kopf, um ihr in die Augen zu sehen.

Keira schluckte, ihre Nerven lagen immer ein klein wenig blank und sie hatte einen Frosch im Hals, wann immer sie mit ihrem Boss sprach. „Ja, genau genommen möchte ich mich entschuldigen.“

„Wofür?“, antwortete Elliot und zog die Stirn in Falten.

„Für die letzten paar Wochen seit ich aus Frankreich zurück bin. Ich habe mich nicht von meiner besten Seite gezeigt.“ Jetzt, da sie begonnen hatte zu sprechen, wollte sie alles herauslassen und die Worte flossen ihr buchstäblich aus dem Mund. „Und ich weiß, ich habe versucht zu vermeiden, einen Ort für den nächsten Auftrag auszusuchen, ich denke, ich brauchte nach Cristiano einfach ein wenig Zeit. Ich habe mir Sorgen gemacht, weißt du? Ein neuer Auftrag, ein neues gebrochenes Herz. Aber ich hätte einfach ehrlich sein sollen, anstatt das Thema komplett zu vermeiden. Es tut mir leid.“ Sie atmete tief durch und lächelte dann. Sie fühlte sich erleichtert, dass sie endlich ihren Sorgen Luft gemacht hatte.

„Oh“, antwortete Elliot ein bisschen verständnislos. „Um ehrlich zu sein, habe ich das gar nicht gemerkt.“

Keira verzog das Gesicht. „Hast du nicht? Aber du hast mir fast täglich Emails geschickt, in denen du gefragt hast, wohin ich für meinen nächsten Auftrag reisen möchte.“

Elliot zuckte mit den Schultern. „Ich schreibe eine Menge E-Mails Keira. Sieh mal, gerade jetzt schreibe ich dir auch eine. Sieht so aus, als erübrigt sich das jetzt.“ Er klickte einige Knöpfe an, faltete dann seine Arme vor der Brust zusammen und sah sie an.

Es gab eine lange Pause. Keira zwinkerte. „Nun, worum ging es in der E-Mail?“

„Oh ja“, sagte Elliot und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf sie. „Es ging um deinen neuen Auftrag im Ausland.“

„Meinen...“, Keira musste das für einen Moment sacken lassen. Sie zog die Augenbrauen zusammen: „Du meinst, du hast entschieden, an welchem Ort?“

Sie sollten sie fragen! Das war die Vereinbarung, zu der sie gekommen waren, dass sie von jetzt an ihre eigenen Orte aussuchen würde. Elliot hatte dem zugestimmt. Wie konnte er sie jetzt einfach übergehen?

„Nun, ich habe nach deiner Meinung und deinen Ideen gefragt“, antwortete Elliot einfach. „Und ich habe keine Antwort erhalten, also habe ich Heather gebeten, trotzdem einfach etwas einzubuchen. Dies ist eine schnelllebige Umgebung, Keira. Wenn Leute mir nicht antworten, werde ich nicht für immer herumsitzen und warten.“

Er klang vollständig emotionslos. Aber Keira fühlte sich betrogen. Nicht nur nutzten sie ihre Herzensangelegenheiten für Unterhaltungszwecke aus, aber nun hielten sie sich noch nicht mal an ihre eigenen Versprechen? Frustration kochte in ihr hoch.

„Wohin schickt ihr mich?“, fragte sie knapp.

Elliot sah auf seine Uhr. „Das erzähle ich dir beim Team Meeting.“ Dann klatschte er in die Hände. „Komm.“

Keira war von der Unterhaltung mit Elliot durcheinander. Das war überhaupt nicht so gelaufen, wie sie erwartet hatte. Sie sah, wie Elliot aus dem Zimmer tanzte, während sie noch immer in Gedanken versunken war. Hatte er ihre Vereinbarung vergessen oder war es ihm einfach egal? Und was war mit Nina? Wenigstens sie hätte es doch wissen müssen, nicht ohne Keiras Einverständnis mit dem Auftrag fortzuschreiten! Sie sollte Keiras Freundin sein, auf ihrer Seite sein, aber während ihres Aufstiegs durch die Ränge bei Viatorum begann sie mehr und mehr auf Elliots Seite zu stehen.

Verwirrt stand Keira auf und folgte Elliot aus dem Zimmer hinein in den angrenzenden Konferenzraum. Andere Autoren waren dabei ins Zimmer zu strömen. Mit Kaffees in ihren Händen nahmen sie Platz. Keira bemerkte, dass es wieder einige neue Gesichter unter ihnen gab. Sie war in den letzten Wochen in ihrem eigenen Büro so abgeschottet gewesen, dass sie nichts gemerkt hatte und sich auch nicht die Mühe gemacht hatte, mit den neuen Mitarbeitern zu sprechen. Jetzt fühlte sie sich deshalb schuldig. Es war gar nicht so lange her, dass sie selbst eine ganz neue Autorin hier gewesen war, die sich nach Bestätigung und Freundschaft gesehnt hatte. Sie nahm sich vor, sich mehr Mühe zu geben.

„Wie geht’s uns allen denn heute?“, fragte sie in die Runde von neuen Gesichtern und sah eine junge Frau mit einem langen geflochtenen Zopf und einem Nasenring an.

Das Mädchen schaute auf und wirkte, als wäre sie geschockt, dass Keira mit ihr sprach. „Gut“, sagte sie mit einer quietschenden Stimme: „Heute werden die neuen Aufträge vergeben, ich bin gespannt herauszufinden, worüber ich als Nächstes schreiben darf.“

Der Rest der Gruppe nickte. Eine von ihnen wurde sogar rot. Keira hatte noch nie zuvor einen solchen Effekt auf Menschen gehabt. Es war leicht zu vergessen, dass sie sich hier in einer gehobenen Position befand, sie war eine Autorin, die man nur zu den Meetings sah und die dann wochenlang aus dem Büro verschwunden war. Sie dachten wahrscheinlich über sie in der gleichen Art, wie sie über Elliot dachte oder vor einer Weile auch über Lance. Es war ein ganz eigenartiges Gefühl.

„Ich bin übrigens Keira“, sagte sie und streckte den Arm aus, um dem Mädchen die Hand zu schütteln.

„Ja, das weiß ich“, sagte das Mädchen. „Ich bin Meredith.“ Sie hatte ein warmes Lächeln.

Keira setzte sich neben sie. „Du bist neu, nicht wahr?“

„Na, fast neu“, antwortete Meredith. „Ich habe angefangen, als du in Frankreich warst.“ Plötzlich sah sie ein wenig schüchtern aus. „Dein Artikel hat mir übrigens total gut gefallen.“

„Oh“, sagte Keira, „danke. Ich versuche gerade, all das hinter mir zu lassen.“

„All was? Meinst du die Romantik-Guru Artikel?“ Meredith riss die Augen weit auf. „Das kannst du nicht! Sie sind fantastisch!“

Keira hatte keine Zeit ihr zu antworten, da Elliot das Meeting begann.

In ihrer Magengrube konnte sie fühlen, wie sich die Angst in ihr breit machte. Was auch immer sie für sie geplant hatten, sie musste stark sein. Wenn sie es nicht machen wollte, würde sie kündigen. So einfach war das. Obwohl das natürlich einfacher gesagt, als getan war.

„Lasst uns mit einer riesigen Runde Applaus für Meredith beginnen“, begann Elliot. „Ihr Online Artikel über die New York Graffiti Tour war ein riesiger Erfolg.“

Alle klatschten und Meredith strahlte. Keira freute sich für sie. Als sie damals bei dem Magazin angefangen hatte, stand sie unter Joshuas Aufsicht. Er hatte es immer geschafft, dass sich alle wie Versager fühlten. Die Arbeitsatmosphäre war inzwischen viel besser geworden, mit viel mehr Unterstützung.

Elliot fuhr fort. „Als Nächstes denke ich, seid ihr bestimmt alle neugierig herauszufinden, wohin unser Romantik-Guru für unsere besondere Dezember-Ausgabe unterwegs sein wird.“

„Lappland?“, sagte einer von den Neuen.

„Mal sehen, ob sie den Weihnachtsmann verführen kann“, fügte ein jung aussehender Neuling hinzu.

Alle lachten. Alle, außer Keira.

„Nein“, sagte Elliot. „Wir haben uns für etwas ein klein wenig anderes entschieden.“

Der Moment war da. Der Moment der Entscheidung. Jeder Muskel in Keiras Körper war angespannt.

„Wir schicken sie auf eine Kreuzfahrt nach Skandinavien. Dieses Mal geht es darum zu beweisen, dass jemand, der unter Trennungsschmerz leidet, eine unüberlegte Liebesaffäre vermeiden kann. Dieses Mal wollen wir, dass sich unser Guru nicht verliebt.“

Keira war sprachlos. Ihr lagen die Worte ‚ich kündige’ auf der Zunge, aber nun musste sie sie hinunterschlucken.

„Unmöglich“, sagte der jung aussehende Clown von vorher. „Sie wird sich in den Reiseführer verlieben und das wisst ihr alle.“

Er machte natürlich Witze, aber Keira stand zu sehr unter Schock, um ihm irgendwelche Aufmerksamkeit zu schenken.

„Das ist der Grund, warum es keinen Reiseführer gibt“, fügte Elliot hinzu. Er sah Keira an. „Du hast fünfzehn Tage. Außer der Strecke, die das Schiff fährt—welches dich durch Dänemark, Finnland und Schweden führt—ist der Rest deine Entscheidung. Du wirst dich selbstbestimmt umherbewegen.“

Keira wusste nicht, was sie sagen sollte. Als die Neuigkeiten langsam einsackten, fühlte sie, wie alle ihre Sorgen verschwanden. Es wurde nicht von ihr erwartete, dass sie sich dieses Mal ihr Herz brechen ließ! Sicher, sie musste trotzdem tief graben und den Artikel persönlich machen, aber sie musste sich dieses Mal nicht selbst aufs Spiel setzen.

Der freche Neuling hatte noch einen letzten Kommentar: „Also genau genommen schreibt sie dann nur einen Reisebericht?“

Alle lachten. Aber Keira hatte nur eine Sache zu sagen, nur ein einziges Wort, das beschrieb, was sie sich in ihrem Kopf vorstellte: die Nordlichter, Fjorde, schneebedeckte Berge und Fleischklopse im Überfluss! Endlich gelang es ihr zu sprechen: „Wow“, sagte sie.