Iceman Brothers

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Z serii: Iceman Brothers #3
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Iceman Brothers
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Sarah Glicker

Iceman Brothers

Connor & Alicia

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Sarah Glicker

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Impressum neobooks

Sarah Glicker

Iceman-Brothers

Alicia & Connor

Sarah Glicker

c/o Barbara´s Autorenservice

Tüttendorfer Weg 3

24214 Gettorf

Copyright by Sarah Glicker

Alle Rechte vorbehalten!

Bilderrechte: www.shutterstock.com

Vervielfältigungen, auch auszugsweise, bedürfen der offiziellen schriftlichen Genehmigung der Autorin!

1

Alicia

„Rufe bitte eben an, wenn du landest. Nur damit wir wissen, dass dir nichts passiert ist. Du weißt, dass ich Flugzeugen nicht vertraue. Man hört immer wieder, dass es Komplikationen gibt und sie abstürzen“, erklärt meine Mutter und zieht mich für eine feste Umarmung an sich heran. „Und vergiss nicht dich immer schön einzucremen.“

In letzter Sekunde kann ich gerade noch verhindern, dass ich genervt die Augen verdrehe. Meine Mutter tut so, als würde ich das Land verlassen, um auf der anderen Seite des Planeten für immer leben zu wollen. Dabei fliege ich nur für ein paar Wochen zu meiner Freundin nach Miami. Und ehrlich gesagt, ich brauche diesen Abstand von den beiden.

Ich liebe meine Eltern und habe mich schon immer mit ihnen verstanden. Doch ihre ständige Vorsicht, vor allem vonseiten meiner Mutter, und die vielen Sorgen gehen mir langsam auf die Nerven. Sie gingen so weit, dass ich sogar ein schlechtes Gewissen bekommen habe, nur weil ich im Wohnheim auf dem Gelände des Colleges wohnen wollte und nicht mehr zu Hause, nur um mich wie eine Studentin und nicht wie ein kleines Kind zu fühlen. Aus diesem Grund habe ich mich dazu entschieden, lieber bei ihnen zu bleiben, damit sie mir nicht ständig auf die Nerven gehen und mich anrufen. Wobei anrufen noch das kleinste Problem wäre. Ich weiß, dass beide auch gerne einen, manchmal sogar zwei, Schritte weitergehen. Dies hat schon als Kind dafür gesorgt, dass ich ihnen irgendwann nichts mehr gesagt habe.

Doch auf der anderen Seite kann ich diese Sorge auch verstehen. Schließlich ist mein Vater ein FBI-Agent. Ich will lieber gar nicht so genau darüber nachdenken, was er alles in seinem Job sieht und schon erlebt hat. Ich bin mir sicher, dass er auch meiner Mutter nicht immer alles erzählt, was den ganzen Tag über bei ihm los war.

„Werde ich machen“, verspreche ich ihnen und umarme auch meinen Vater ein letztes Mal, bevor ich mich umdrehe und mich in die lange Schlange eingliedere, die sich vor der Kontrolle befindet.

Bevor ich hindurchtrete winke ich ihnen noch ein letztes Mal zu. Dabei kann ich erkennen, dass meine Mutter wie immer einen besorgten Blick aufgesetzt hat. Doch ich ignoriere ihn. Mit meinen Gedanken bin ich schon bei Meghan und den nächsten Wochen, die wir gemeinsam verbringen werden. Seit zwei Jahren haben wir uns nicht mehr gesehen. Doch das ändert nichts daran, dass wir täglich geschrieben und mehrmals in der Woche telefoniert haben. Sie war von Anfang an meine beste Freundin auf dem College. Im ersten Jahr hat sie allerdings das College gewechselt, weil sie in Miami nebenbei einen guten Job angeboten bekommen hat, der sich mit ihrem Studienfach vereinbaren lässt.

Von New York City nach Miami dauert es ungefähr drei Stunden mit dem Flugzeug. Ich nutze die Zeit, lese ein wenig und schaffe es sogar, ein bisschen zu schlafen, obwohl ich damit in Flugzeugen immer Probleme habe.

Als das Flugzeug schließlich gelandet ist und auf der Landebahn stehen bleibt, bin ich für alle Schandtaten bereit, die sie für uns geplant hat. Und ich bin mir sicher, dass sie genau das hat. Bei unserem letzten Telefonat gestern Abend hat sie bereits ein paar Andeutungen gemacht. Allerdings wollte sie mir nichts Genaueres sagen.

Ich freue mich auf die Zeit in der Stadt und kann es kaum erwarten, sie mit ihr unsicher zu machen, auch wenn meine Mutter davon wahrscheinlich nicht sehr begeistert wäre. Schließlich hat sie noch nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass sie keine Partys mag. Das ist der große Unterschied zu meinem Vater. Von meinem Onkel habe ich nämlich erfahren, dass er in meinem Alter keine ausgelassen hat.

„Da bist du ja endlich“, ruft Meghan, sobald ich den Eingangsbereich betreten habe. Mit einem breiten Strahlen im Gesicht kommt sie auf mich zu und umarmt mich so fest, dass ich einen Moment keine Luft mehr bekomme. „Ich bin mir nie sicher, ob derjenige, auf den ich warte, sich noch darin befindet, oder nicht. Hier ist es einfach immer so voll, dass man sich schnell übersehen kann. Dabei versuche ich schon immer so weit vorne wie möglich zu stehen.“

„Das kenne ich“, antworte ich lachend und muss dabei an das letzte Mal denken, als ich meine Cousine vom Flughafen abholen sollte. Zwei Stunden stand ich dort, bis sie endlich aufgetaucht ist. In dieser Zeit habe ich mehrere Male darüber nachgedacht, ob ich nicht einfach wieder fahren soll, da sie ja anscheinend ein Taxi genommen hat.

„Ich freue mich aber, dass du nun endlich da bist. Die nächsten Wochen werden wunderbar werden“, ruft sie begeistert aus, sodass sich ein paar der Leute, die sich in unserer Nähe befinden, zu uns umdrehen.

Verständnislos sehen sie uns an, aber meine Freundin scheint das nicht zu stören.

„Ich bin auch froh“, entgegne ich.

„Mich wundert es, dass deine Eltern dich haben gehen lassen.“

Ich erkenne, dass sie sich kaum ein Grinsen verkneifen kann. Sie kennt die beiden und weiß daher, dass es nicht immer leicht mit ihnen ist. Als sie mich zu einer Party abholen wollte, ist sie auch schon einmal mit ihnen aneinander geraten.

„So schlimm sind die beiden auch nicht“, versuche ich zu erklären und ziehe mein Handy aus der Hosentasche. „Außerdem wissen sie, dass ich erwachsen bin und deswegen meine eigenen Entscheidungen treffe. Meine Mutter versucht zwar öfter mich davon abzubringen, doch im Endeffekt muss sie damit leben, dass ich meistens nicht mehr das mache, was sie will.“

„Und was machst du jetzt?“

Mit diesen Worten deutet sie auf das Telefon in meiner Hand.

„Ich schreibe ihnen nur eben eine Nachricht, dass ich gelandet bin.“

Meghan betrachtet mich mit hochgezogenen Augenbrauen. Ich weiß, was in ihrem Kopf vor sich geht.

„Sonst rufen sie nachher noch an und verbreiten wieder schlechte Laune“, erkläre ich ihr.

„Von mir aus, aber dann wirst du nicht immer sofort ans Handy gehen, nur weil der Name deiner Eltern erscheint. Sonst hätten sie auch gleich mitkommen können. Und nehme es mir bitte nicht böse, aber auf Urlaub mit deiner Mutter kann ich verzichten.“

Ich bin mir sicher, dass sie sich das gerade vorstellt, da sie das Gesicht verzieht.

„Versprochen“, lache ich. Ich bin ihr nicht sauer, dafür habe ich keinen Grund.

Ich weiß, dass die beiden nicht immer einfach sind und bin froh, dass sie es wenigstens ausspricht. Die meisten meiner Freundinnen machen nämlich genau das nicht. Und aus dem Alter bin ich raus, wo ich gemeinsam mit ihnen in den Urlaub fahre.

Schnell tippe ich die Worte auf dem Display ein und schicke die Nachricht an meine Mutter ab. Als nächstes lasse ich das Telefon in meiner Tasche verschwinden, die ich auf meinem Koffer abgestellt habe.

„Na komm, mein Wagen steht im Parkhaus, da hier draußen nichts mehr frei war. Man könnte meinen, dass eine so große Stadt eindeutig mehr Parkplätze zur Verfügung hat. Aber im Gegensatz zu New York ist es hier noch ein Kinderspiel, einen zu finden.“

 

Mit diesen Worten geht Meghan voraus und bahnt sich einen Weg durch die Menge hindurch. Es dauert ein wenig, bis wir endlich den Ausgang erreicht haben. Doch auch hier draußen herrscht reges Treiben, wie ich auf den ersten Blick erkenne. Taxen und Busse stehen an den Seiten und warten auf ihre Fahrgäste. Zwischendurch erkenne ich auch Autos, die dort sicherlich eigentlich nichts zu suchen haben.

Doch das ist nicht mein Problem, deswegen werde ich mich auch nicht damit auseinandersetzen.

„Willkommen in Miami“, erklärt sie mit einem breiten Grinsen im Gesicht. „Ich bin mir sicher, dass du diese Wochen nicht vergessen wirst.“

Mein Mund öffnet sich, da mir die Frage auf der Zunge liegt, was sie alles geplant hat. Zu gerne würde ich endlich wissen, auf was ich mich einstellen muss. Doch bevor ich sie auch aussprechen kann, hat sich meine Freundin bereits umgedreht und geht weiter. Aus Erfahrung kann ich aber sagen, dass man bei ihr mit allem rechnen muss. Und das ist es, worüber ich mich bereits freue.

Sie nimmt kein Blatt vor den Mund und ist eindeutig für jeden Spaß zu haben.

Eine Stunde später kommen wir bei ihrer Wohnung an. Wie sich herausstellt, ist sie überhaupt nicht so klein, wie ich sie mir vorgestellt habe. Ich war davon ausgegangen, dass sie gerade einmal Platz hat sich umzudrehen. So hat Meghan sie auf jeden Fall immer hingestellt. Doch nun erkenne ich, dass sie geräumig und aufgrund der großen Fenster sonnendurchflutet ist.

Wohnzimmer und Küche befinden sich in einem Raum. Beide Bereiche werden durch den Esstisch getrennt, der sich in der Mitte befindet. Die Möbel sind hell und einladend. Auf den ersten Blick erkenne ich, dass sie sich in ihrer Freizeit nicht sehr oft hier aufhält. Sonst würde es wahrscheinlich ganz anders aussehen. Meghan ist nämlich eigentlich sehr chaotisch.

„Wow, du hast es hier wirklich wunderschön“, stelle ich fest, nachdem ich einen Blick auf die Wände geworfen habe, die mit Bildern beladen sind.

„Wärst du mit nach Miami gekommen, könntest du auch so eine Wohnung haben. Ich habe nicht vergessen, dass die Firma dir auch ein Jobangebot gemacht hat. Und ich bin mir sicher, dass sie noch immer an dir interessiert sind.“

Mit hochgezogenen Augenbrauen sieht sie mich an. Dabei hat sie die Arme vor der Brust verschränkt und ein freches Grinsen erhellt ihre Gesichtszüge.

„Ich wollte mich auf mein Studium konzentrieren und nicht noch nebenbei Karriere machen. Diese Meinung habe ich übrigens immer noch. Aber ich freue mich für dich, dass du Karriere währenddessen schon machen kannst“, erkläre ich. „Aber vielleicht, sobald ich meinen Abschluss habe.“

Ich meine es ernst. Klar, ist es ein super Angebot, in einem Auktionshaus zu arbeiten. Und ich weiß, dass sie an jeder Uni nur noch den besten der Besten suchen. Und nicht einmal die bekommen von ihnen unbedingt ein Angebot. Daher habe ich mich schon geehrt gefühlt, aber das heißt ja nicht, dass ich das Angebot auch annehmen muss. Vor zwei Jahren stand für mich nur fest, dass ich mein Studium gut bestehen will. Über das, was danach kommt, hatte ich mir noch keine Gedanken gemacht und wollte es ehrlich gesagt auch nicht.

„Wie dem auch sei, für heute Abend habe ich auf jeden Fall einen Mädelsabend geplant. Ein paar Freundinnen von mir, die ich vom Campus kenne, kommen auch, wenn das für dich in Ordnung ist. Aber ich dachte mir, dass es nur zu zweit doch etwas langweilig ist.“

„Hört sich gut an“, erwidere ich.

Zufrieden sieht sie mich an.

„Jetzt kommen wir aber erstmal zu der wichtigsten Frage überhaupt“, eröffnet sie mir, geht zum Kühlschrank und holt eine Flasche Wein heraus. „Was macht die Liebe?“, fragt sie mich und gießt gleichzeitig zwei Gläser voll.

Mit einem durchdringenden Blick betrachtet sie mich. Auf diese Weise will sie mir zu verstehen geben, dass ich ihr nicht ausweichen kann. Doch das will ich auch überhaupt nicht. Denn da gibt es nichts zu berichten.

„Nichts“, entgegne ich also und nehme das Glas entgegen, was sie mir reicht. „Ich habe keinen Freund und in den letzten sechs Monaten auch kein Date. Und die Verabredungen, auf die ich mich davor eingelassen habe, waren einfach nur langweilig.“

„Du hattest nicht einmal ein Date in den letzten Monaten?“

Mit großen Augen sieht meine Freundin mich an, als würde sie davon ausgehen, dass ich sie verarschen will. Doch ich zucke nur mit den Schultern und zeige ihr so, dass ich es ernst meine.

„Wow“, murmelt sie. „Warst du so sehr mit dem Lernen beschäftigt?“

„Zum einen ja und zum anderen habe ich keine Ahnung, wie ich einem potenziellen Freund meine verrückte Familie erklären sollte.“

Meine Worte sorgen dafür, dass Meghan in lautes Lachen verfällt.

„Das würde ich aber auch wirklich gerne sehen. Wer auch immer der Glückliche ist, denn du später einmal heiraten wirst, er braucht ein dickes Fell, um es mit deiner Mutter aufzunehmen.“

„Danke“, murmle ich und strecke ihr die Zunge raus, wodurch sie wieder ernst wird.

„Aber egal, jetzt bist du in Miami. Und hier kannst du flirten und dich die nächsten Wochen mit einem Haufen Männern treffen.“

Sie wackelt mit den Augenbrauen. Allerdings gehe ich nicht näher darauf ein. Ich war noch nie so, dass ich von einem Date zum nächsten gerannt bin. Ich habe eher immer von dem Mann geträumt, der es schafft, mich beim ersten Treffen zu verzaubern und dafür zu sorgen, dass ich nur noch mit ihm zusammen sein will. Bis jetzt habe ich diesen Mann allerdings noch nicht getroffen. Und irgendwie kann ich mir auch nicht vorstellen, dass es ihn wirklich gibt.

„Auf super coole Wochen“, verkündet meine Freundin in der nächsten Sekunde laut und hält ihr Glas in die Luft.

Ihr beipflichtend stoße ich mit ihr an.

Ich freue mich auf diese Wochen und hoffe, dass es eine schöne Zeit werden wird.

2

Connor

Ich hasse es, wenn ich eine Aussage vor Gericht machen muss. Zugegeben, in unserem Job kommt das hin und wieder mal vor, auch wenn es wirklich nicht oft ist, dass ich das machen muss. Doch wenn ich es muss, habe ich meistens keine gute Laune. Und genauso ist es auch heute wieder der Fall. Ich hasse es, wenn ein Anwalt meine Aussage anzweifelt und so tut, als hätte ich alles falsch mitbekommen. Und für gewöhnlich ist genau das der Fall.

Vier Stunden habe ich in dem Gerichtsgebäude verbracht und dabei die meiste Zeit vor dem Saal gesessen und darauf gewartet, dass ich endlich an der Reihe bin. Mir ist es schleierhaft, wie Anwälte das aushalten. Ständig verschiebt sich alles und man sitzt dort eine Ewigkeit. Meistens ist es auch so, dass man selber noch Termine hat, die man dann entweder verschieden oder absagen muss. Vor allem bei mir ist das unvorteilhaft, da ein beruflicher Termin dann von einem meiner Brüder wahrgenommen werden muss.

„Du siehst so aus, als könntest du ein Bier gebrauchen“, verkündet Ty, als er mich entdeckt. Dabei hat sich ein Grinsen auf sein Gesicht geschlichen, welches ich nur zu genau kenne.

Er weiß, dass diese Termine nicht gerade zu meinen Lieblingsbeschäftigungen zählen und macht sich nun einen Spaß daraus.

„Nur ein Bier?“

Meine Antwort sorgt dafür, dass meine Brüder anfangen zu lachen. Ich brauche ihnen jedoch nur einen bösen Blick zuzuwerfen, um sie zum Schweigen zu bringen. Allerdings ist die nur oberflächlich. Das Zucken um ihre Augen verrät, dass sie sich nur schwer zurückhalten können.

„Das nächste Mal könnt ihr das machen“, fauche ich.

„Ich hätte es dir sofort abgenommen“, erwidert Ty. „Auf jeden Fall wäre es besser gewesen, als mit Martin ein paar alte Fälle durchzugehen. Allerdings wäre ich dem Gericht keine große Hilfe gewesen. Schließlich war ich nicht einmal dabei und kenne die Geschichte nur aus deinen Erzählungen.“

Genervt seufze ich und nehme einen großen Schluck von dem Bier, was die Kellnerin vor mich stellt. Mit einem Lächeln auf den Lippen verschwindet sie wieder.

„Wie geht es Valerie?“, erkundige ich mich bei Damon, um mich auf etwas anderes zu konzentrieren.

„Ihr geht es super. Seit zwei Wochen geht sie wieder arbeiten. Nach dem Brand ist die Schule zwar noch nicht wieder fertig, aber ich bin mir sicher, dass es nicht mehr lange dauern wird. Heute Morgen bin ich kurz dran vorbeigefahren.“

Valerie steckte in riesigen Schwierigkeiten, als Damon sie vor einigen Wochen bewusstlos aus ihrem Wagen befreit hatte. Zweimal hatte man insgesamt versucht sie umzubringen und dafür sogar die Schule in Brand gesetzt und das Leben der Schüler in Gefahr gebracht. Allerdings war es ihnen nicht gelungen, was sie nur meinem Bruder zu verdanken hat. Hätte er sie nicht rechtzeitig aus dem Feuer geholt, wäre sie zum Zeitpunkt der Explosion noch immer dort gefangen gewesen.

Seit diesem Tag sind sie zusammen. Allerdings bin ich mir sicher, dass es schon viel eher mit ihnen angefangen hat. Wenn ich meinen Bruder allerdings danach frage, bekomme ich keine Antwort von ihm. Das nehme ich jedoch als Zeichen, dass ich recht habe.

„Es gibt sogar schon einen neuen Direktor an der Schule. Als ich seinen Namen erfahren habe, habe ich ihn aber überprüft um sicherzugehen, dass dieser für diese Stelle auch geeignet ist. Ein zweites Mal kann ich wirklich darauf verzichten.“

Einen Moment betrachte ich meinen Bruder aufmerksam. Es gab mal eine Zeit, da hätte ich nicht gedacht, dass er tatsächlich eine feste Beziehung eingeht. Aber Valerie hat es geschafft, ihn sofort zu ändern, als er sie aus dem Wrack ihres Autos gezogen hatte. Von diesem Augenblick an hat sich bei ihm alles nur noch um sie gedreht. Aber das Gleiche gilt auch für Ty.

„Wie ich sehe, hast du alles unter Kontrolle“, stelle ich fest.

„Das hoffe ich doch. Ich kann ja schließlich nicht ewig neben ihr sitzen und auf sie aufpassen.“ Ich sehe meinem Bruder an, dass ihm die Vorstellung überhaupt nicht gefällt.

Er liebt Valerie, daran habe ich überhaupt keine Zweifel. Und aus diesem Grund will er sich nicht ständig Sorgen um sie machen. Er will, dass sie in Sicherheit ist und ihr Leben weiterführen kann, wie sie es gewohnt ist.

„Und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass ihr das gefällt. Phoebe zumindest würde mich irgendwann fragen, ob ich sie noch alle habe“, lacht Ty.

Damon wirft ihm einen genervten Blick zu, sodass ich beschließe dazwischen zu gehen, bevor die beiden sich noch richtig streiten, was ich allerdings eher für unwahrscheinlich halte. Wir haben uns schon als kleine Kinder gerne aufgezogen und daran hat sich auch in den letzten Jahren nichts geändert.

Da wir nicht nur Brüder sind, sondern auch zusammenarbeiten, muss man es mit Humor nehmen, damit wir uns nicht bei jeder Gelegenheit streiten.

„Ich hole mir noch ein Bier“, verkünde ich, nachdem ich das restliche Glas in einem Zug geleert habe. Dabei öffne ich meine Krawatte und werfe sie auf den Tisch, nachdem ich sie mir vom Hals gezogen habe.

„Wirst du dich jemals daran gewöhnen, vor Gericht eine zu tragen?“

„Nein und ich mache es auch nur, um zu zeigen, dass ich vom Fach bin“, antworte ich Damon, stehe auf und verschwinde in der Menge.

Da der Laden voll ist, komme ich nur langsam voran. Deswegen dauert es auch eine Ewigkeit, bis ich endlich die Bar erreicht habe und nochmal so lange, bis ich an der Reihe bin.

„Danke“, sage ich zu der Kellnerin, nachdem sie mir die Bierflasche hingestellt hat.

Ein verlegenes, beinahe schon schüchternes, Lächeln erscheint, doch ich gehe nicht näher darauf ein. Ich bin diese Reaktion gewöhnt auf meine Person gewöhnt. Daher gehe ich meistens nichts mehr darauf ein. Stattdessen drehe ich mich um und will mich wieder auf den Rückweg machen.

Doch ich habe noch keine drei Schritte hinter mir gebracht, als ich mit einer anderen Person zusammenkrache. Ich drehe mich in die Richtung und erkenne, dass eine Frau vor mir steht. Verwirrt sieht sie zu mir auf, während ich sie bereits genau betrachte.

Ihre hellen Haare fallen ihr in leichter Wellen über die Schulter und ihr kurzes Kleid ist so eng, dass nichts der Fantasie überlassen wird, aber auch nicht so kurz, dass man sie als Schlampe bezeichnen könnte.

Sie hat Stil, das sehe ich auf den ersten Blick. Doch das ist nicht das einzige. Ich erkenne außerdem, dass sie ein wenig schüchtern ist.

 

„Sorry“, murmelt sie verlegen, nachdem sie mich einige Sekunden schweigend betrachtet hat.

Dabei sieht sie sich zu allen Seiten um, als würde sie nach jemandem Ausschau halten. Doch sollte sie mit einem Mann hier sein, muss ich leider sagen, dass er jetzt Pech hat. Nun steht sie vor mir und ich habe nicht vor, sie einfach so gehen zu lassen.

„Kein Problem. Hier ist es so voll, dass es mich schon wundert, dass man sich nicht ständig gegenseitig auf die Füße tritt.“

Es dauert einen Moment, doch schließlich konzentriert sie sich wieder auf mich. Verlegen streicht sie sich eine Strähne aus dem Gesicht und scheint darüber nachzudenken, was sie am besten zurückgeben soll. Geduldig warte ich darauf, doch sie gibt keinen Ton von sich. Daher beschließe ich, dass ich einen Schritt weitergehen werde.

„Connor“, nenne ich ihr meinen Namen.

„Alicia.“

„Schöner Name“, stelle ich fest.

Ihre Augen funkeln vergnügt. Doch sie geht nicht näher darauf ein, was ich eigentlich gehofft habe.

„Ich habe dich noch nie hier gesehen und ich bin öfter hier. Ich bin mir sicher, dass du mir aufgefallen wärst“, spreche ich weiter, ohne mich davon beeindrucken zu lassen.

„Ich bin auch das erste Mal hier. Eigentlich komme ich aus New York. Ich besuche meine Freundin.“

„Ah, also bist du mit ihr hier“, stelle ich zufrieden fest, da ich jetzt weiß, dass ich mich gleich nicht mit einem ungebetenen männlichen Gast beschäftigen muss. Es ist nicht so, dass ich mit denen nicht fertig werde, sondern vielmehr, dass ich keine Lust darauf habe, mich mit ihm auseinanderzusetzen.

„Eigentlich schon. Aber ich habe gerade keine Ahnung, wo sie steckt.“

Während sie spricht, sieht sie sich zu allen Seiten hin um. Doch als ich die Enttäuschung auf ihrem Gesicht sehe weiß ich, dass sie ihre Freundin anscheinend noch nicht ausgemacht hat.

„Du kannst auch einfach so lange bei mir bleiben, bis du sie gefunden hast“, schlage ich vor. „Und wenn du mir verrätst, wie sie aussieht, halte ich auch meine Augen nach ihr offen.“

Ich meine diese Worte nur halb ernst. An ihrem überraschten Ausdruck im Gesicht kann ich allerdings erkennen, dass sie nicht weiß, was sie davon halten soll. Auf diese Weise bringt sie mich zum Grinsen.

„Ich werde einfach weiter suchen, bis ich sie gefunden habe“, entgegnet sie, nachdem sie einen Moment darüber nachgedacht hat. „Aber danke für dein Angebot.“

Doch wenn ich ihre Körpersprache richtig deute, und davon gehe ich aus, würde sie gerne bleiben und sich noch ein wenig mit mir unterhalten.

„Ich mache dir einen Vorschlag“, entgegne ich nun. Gleichzeitig wandert mein Blick in die Richtung meiner Brüder, die uns nicht aus den Augen lassen. Allerdings habe ich auch nichts anderes von ihnen erwartet. Sie sind vergeben und warten nur darauf, dass ich auch endlich eine Frau an meiner Seite habe.

Ich bin mir sicher, dass sie ihren Spaß gerade haben, was mich aber nur nervt.

Neugierig dreht sie ihren Kopf in meine Richtung und hebt die Augenbrauen ein Stück an.

„Und der wäre?“

„Wir treffen uns morgen Abend und ich zeige dir ein wenig von der Stadt.“

Aufmerksam betrachtet sie mich. Geduldig warte ich darauf, dass sie zustimmt. Und ich weiß, dass sie das machen wird. Man kann auch behaupten, dass sie überhaupt nicht anders kann.

„Gerne“, stimmt sie schließlich zu und nickt.

In der nächsten Sekunde hält sie mir ihre Hand ihn und signalisiert mir so, dass ich ihr mein Handy geben soll. Schnell ziehe ich es aus meiner Hosentasche und entsperre es.

Flink gibt sie ihre Nummer ein und wirft mir einen letzten Blick zu, bevor sie in der Menge verschwindet. Ich bleibe noch einen Moment stehen und sehe ihr nach, bis sie aus meinem Sichtfeld verschwunden ist. Dabei wandert mein Blick zu ihrem Hintern.

Ich habe Anstand, genauso wie meine Brüder auch, doch das ändert nichts daran, dass ich auch nur ein Mann bin.

Mit einem Lächeln gehe ich zu meinen Brüdern zurück und setze mich wieder an den Tisch.

„Wer war das denn? Unsere neue Schwägerin?“, erkundigt sich Ty und versucht dabei ernst zu bleiben.

Allerdings kann ich sehen, dass er sich nur schwer ein Grinsen verkneifen kann, sodass ich ihm am liebsten die Meinung sagen würde. Doch ich kenne meine Brüder und weiß, dass es eh nichts bringen würde. Sie würden es nur als Anlass nehmen, um mir noch weiter auf die Nerven zu gehen. Deswegen verdrehe ich nur die Augen.

„Sie ist mein Date für Morgen“, setze ich sie jedoch noch in Kenntnis.

Beide pfeifen leise durch die Zähne, während sie noch einmal auf den Platz schauen, wo ich vorhin mit ihr stand. Ich hingegen nehme noch einen großen Schluck aus der Bierflasche und freue mich schon jetzt auf die Verabredung mit ihr.