ABGRÜNDE

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„Sie können hinaufgehen. Der Kommissar erwartet Sie in seinem Büro. Kennen Sie sich aus?“

Bernadette schüttelte den Kopf. „Nein, sagte sie leise.

„Dritter Stock, zweites Büro auf der rechten Seite“, erwiderte der Mann immer noch freundlich. „Der Aufzug befindet sich gleich da vorne.“ Er deutete in die entsprechende Richtung. Bernadette bedankte sich und machte sich auf den Weg zum Aufzug. Im Gang an der Wand hing eine Pinnwand. Eine junge Polizistin war gerade dabei Fotos aufzuhängen. Bernadette sah genauer hin. Unter den Fotos standen irgendwelche Namen und Daten. Daneben hing ein Plakat mit fünf kleineren Fotos. Darüber stand ein Wort in großen, schwarzen Buchstaben geschrieben: Vermisst. Bernadette schauderte.

„Also gibt es noch mehr Personen, die vermisst werden“, dachte sie, als sie in den Aufzug stieg. Während dieser nach oben fuhr, versuchte sie ihre Nervosität unter Kontrolle zu kriegen, hatte sie doch gehört, wie Polizisten reagierten, wenn man nicht sicher genug auftrat. Sie fand das Büro des Kommissars ohne Probleme. Die Tür stand offen. Trotzdem klopfte sie vorsichtig an.

„Kommissar Gereon?“ fragte sie mit sanfter Stimme. Der Mann hinter dem großen Schreibtisch blickte zu ihr hin und lächelte. Er war etwa fünfzig. Sein dunkles Haar wurde langsam grau und sein Gesicht war fein geschnitten. Über einem wohlgeformten Mund trug er einen kleinen Oberlippenbart.

Er sieht verdammt gut aus“, entschied sie auf der Stelle, auch wenn sie den Ausdruck seiner Augen nicht richtig deuten konnte, und ihr sein Lächeln ein wenig zu professionell vorkam.

„Genau der bin ich, junge Dame. Was kann ich für Sie tun?“

„Mein Name ist Bernadette Meyfarth, ich komme wegen meiner Schwester..., Sie erinnern sich sicher...“

Sein Lächeln wurde ein Tick schmaler.

„Ah, Frau Meyfarth. Das nenne ich eine Überraschung.“

Seine Hand deutete auf einen der freien Besucherstühle, die an der Wand standen. „Bitte treten Sie ein, in mein bescheidenes Büro und nehmen Sie Platz. Möchten Sie etwas trinken?“ Er griff automatisch zum Telefon.

„Danke nein“, erwiderte Bernadette kurz angebunden. „Ich möchte lieber gleich zur Sache kommen. Sie wissen warum ich hier bin!“

Gereon schaute in ihre Augen, dann senkte er seinen Blick. „Sicher weiß ich das! Ich fürchte nur, ich kann Ihnen nicht weiterhelfen. Es gibt keine neuen Erkenntnisse bezüglich dem Verschwinden ihrer Schwester. Aber das hätte ich Ihnen auch am Telefon sagen können. Dafür mussten Sie sich nicht extra her bemühen.“

„Aber meine Schwester verschwindet doch nicht einfach so!“

„Ach nein? Und wo bitte schön steckt sie dann?“

Bernadette bemerkte, wie sie wütend wurde. „Das herauszufinden ist doch Ihre Aufgabe, oder etwa nicht?“

Gereon tat gelassen. „Hören Sie, hier bei uns gehen fast täglich Vermisstenanzeigen ein und die meisten tauchend dann später irgendwann wieder auf. Manche gönnen sich einfach eine Auszeit, wenn Sie verstehen, was ich meine.“

„Wie bitte?“ Bernadette empfand seine Antwort als blanken Hohn. Sie bemerkte wie ihre Hände zitterten. Sie legte sie in ihren Schoß und presste die Schenkel zusammen. „Und wenn ihr etwas zugestoßen ist?“

Gereon sagte erst einmal nichts, sondern sah sie nur an. Fast kam es ihr so vor, als wollte er sie mit seinem Blick durchlöchern. Ihr fröstelte.

„Na ja“, sagte er schließlich. „Die Möglichkeit, dass ihre Schwester einen Unfall hatte, ziehen wir durchaus in Betracht. Ich habe einen Taucher an die Stelle geschickt, wo das Kanu zuerst gesichtet wurde, aber da war sie nicht. Danach hat ein Kollege telefonisch alle Krankenhäuser der Stadt abgeklappert. Auch nichts. Es gibt keine Leiche und keinen Hinweis darauf, wo sie abgeblieben sein könnte. Das einzige was wir haben, sind die Aussagen eines Passanten, ein Kanu, einen Mantel sowie die Handtasche ihrer Schwester mit ein paar persönlichen Gegenständen. Sehen Sie selbst, die Sachen gehören doch ihrer Schwester, nicht wahr?“

Er bückte sich und nahm etwas aus der untersten Schublade seines Schreibtischs hervor. Bernadette erkannte sofort was es war: Dianas Handtasche und ihr Ausweis mit ihrer Geldbörse. Alles war ordentlich in separaten Plastikbeuteln verpackt. Und da war auch ihr Mantel, den sie immer so gerne trug.

Mein Gott, das sind wirklich ihre Sachen“, dachte Bernadette.“

Gereon bemerkte ihren fragenden Blick und versuchte versuchte ein paar tröstende Worte zu finden. „Sehen Sie, manchmal sind es gerade die Menschen, die uns am nächsten stehen, die wir am wenigsten kennen“, sagte er.

Bernadette dachte kurz über seine Worte nach. Darin steckte eine Menge Wahrheit, das ließ sich nicht leugnen Bis vor kurzem hatte sie noch fest daran geglaubt, Diana würde in Köln studieren, doch ihr Besuch in der Universitätsverwaltung, hatte sie eines Besseren belehrt und Gereon legte noch einen drauf.

„Haben Sie einmal daran gedacht, dass ihre Schwester überhaupt nicht mit Ihnen in Kontakt treten möchte?“

Das saß! Bernadette schenkte ihm einen frustrierten Gesichtsausdruck. „Das kann und will ich mir gar nicht vorstellen. Sicher, wir waren nicht immer einer Meinung, aber…“

„Sehen Sie, genau das wollte ich sagen. Wenn ihr etwas zugestoßen wäre, wo sind dann die Blutspuren, und wo ist ihre Leiche? Wir haben keinerlei Kampfspuren gefunden. Es tut mir sehr leid, aber im Moment können wir nicht mehr tun als abwarten. Warten darauf, dass sie sich meldet oder irgendwo wieder auftaucht.“

Das war deutlich genug. Gereon wollte nichts unternehmen. Erst jetzt fielen Bernadette die Fotos wieder ein, die unten im Foyer an der Wand hingen. Sie alle zeigten Personen, die irgendjemandem als vermisst gemeldet hatte. Da war es wieder, dieses schreckliche Wort vermisst. Sie schluckte ihren Ärger hinunter.

„Herr Kommissar, ich habe unten im Foyer die Fotos gesehen. Meine Schwester ist also nicht die einzige Person, die in Köln verschwunden ist?“

Gereon zuckte mit den Achseln. „Das sagte ich doch bereits. Jeden Tag gehen bei uns Vermisstenanzeigen ein und die Personen tauchen dann irgendwann und irgendwo wieder auf. Natürlich gehen wir jeder einzelnen Sache nach und selbstverständlich legen wir auch für jede Person eine eigene Akte an.“

„Gilt das auch für meine Schwester?“

„Selbstverständlich! Wir haben ihre Daten im Computer gespeichert.“

„Aber Sie wollen nichts unternehmen?“

Gereon wurde ungeduldig. „Doch, verdammt noch mal! Liefern Sie mir Beweise dafür, dass ihrer Schwester wirklich etwas zugestoßen ist und ich schwöre Ihnen, ich setzte diesen ganzen verflixten Polizeiapparat in Bewegung, um die Angelegenheit aufzuklären.“

„Also gut“, sagte Bernadette und erhob sich von ihrem Stuhl. Sie wusste, dass sie ihre Chance vertan hatte.

„Ich werde Sie beim Wort nehmen, Herr Kommissar. Ich bin fest entschlossen, meine Schwester zu finden.“

Sein Mundwinkel verschob sich nach unten. „Na dann viel Glück. Ich bewundere ihre Ausdauer. Nur bezweifele ich, dass sie Ihnen in diesem Fall nützen wird. Schließlich arbeite ich ja nicht erst seit gestern bei der Polizei…

„Ich werde Sie auf dem laufenden halten“, erwiderte Bernadette cool. Sie versuchte sich nach außen hin emotionslos zu geben. Innerlich jedoch machte sich eine tiefe Verzweiflung in ihr breit, während sie sich von Kommissar Gereon verabschiedete und aus dem Zimmer ging. Sie war keinen Schritt weitergekommen. Missmutig stieg sie in den Aufzug und fuhr nach unten. Eigentlich wollte sie schnurstracks bis zum Ausgang marschieren, doch etwas zog sie magisch zu der Pinnwand mit den Fotos hin. Irgendetwas war ihr aufgefallen. Ganz tief in ihrem Unterbewusstsein. Sie sah sich die Fotos genauer an. Bei den abgebildeten Personen handelte es sich ausschließlich um Frauen. Und die angegebenen Daten bezogen sich auf einen Zeitraum, der bereits längere Zeit zurück lag. Die Fotos auf dem Plakat jedoch zeigten Personen unterschiedlichen Alters und Geschlechts. Und die Daten darunter waren aktuell. Das war es, was sie stutzig gemacht hatte. Hastig notierte sie sich die Namen der fünf Personen. Möglicherweise bot sich ihr hier etwas, womit sie etwas anfangen konnte. Der Mann am Empfang plauderte mit der jungen Polizistin, die vorhin die Fotos aufgehangen hatte. Beide grüßten freundlich, als Bernadette an ihnen vorbeikam und durch die Ausgangstür nach draußen ging.

Kapitel 6

Der Mann zog einen Schlüsselbund aus seiner Jackentasche, fingerte nach einem ganz bestimmten Schlüssel, steckte ihn, nachdem er ihn gefunden hatte, in das Sicherheitsschloss und schloss die Tür auf. Die Tür ließ sich leicht öffnen. Das war wichtig für ihn. Gerade wenn neue Gäste kamen oder gehen sollten, was bisher allerdings noch nicht geschehen war. Er stieg eine ausgetretene Steintreppe hinunter und betrat einen schmalen Gang, der ihn zu einer zweiten Tür führte. Diese hatte er, wie einige andere auch, aus besonders hartem Stahl anfertigen lassen. Er musste grinsen, als er an den Schmied dachte, dem er etwas von Türen für Pferdeboxen erzählt hatte, die er komplett erneuern wollte. Die Sicherheitsschlösser hatte er in mühevoller Kleinarbeit selbst eingebaut. Er schloss die zweite Tür auf und stand vor dem Eingang eines kurzen Tunnels, der ihn zu dem eigentlichen Hauptgebäude, einen alten Militärbunker führte. Er liebte dieses alte Gemäuer mit seinen dunklen Gängen und dem Geruch nach Feuchtigkeit und Fäulnis. Bereits in seiner Kindheit hatte er hier gespielt. „Wie viele Soldaten mochten hier Unterschlupf gefunden haben? fragte er sich. Beim Umbau hatte er Patronenhülsen, Kartuschen, sowie alte Militärhelme gefunden. Die hütete er seitdem wie einen geheimen Schatz. Inzwischen war die Anlage völlig in Vergessenheit geraten. Dazu befand sie sich auf seinem eigenen Grund und Boden, denn er hatte das Waldgrundstück vor ein paar Jahren zu einem Spottpreis gekauft. Freigegeben zur Nutzung als Freizeit, -und Erholungsgrundstück. So stand es jedenfalls im Kaufvertrag. Und genau aus diesem Grund war er jetzt hierhergekommen. Um seiner Freizeitbeschäftigung nachzugehen. Er hatte er die alte Anlage nach und nach mit sehr viel Fantasie zu seinem, wie er es nannte „Labyrinth“ umgebaut. Im Einzelnen bestand das System aus verschiedenen Zellen, die durch Türen und Gänge miteinander verbunden waren, wovon die meisten Türen auf Flure führten, die dann schließlich im Nichts endeten, beziehungsweise wieder zurück in den Hauptgang führten, ohne jemals einen Ausgang zu haben. Der befand sich in Wirklichkeit ganz woanders. Die eigentlichen Zellen hatte er im untersten Stockwerk, möglicherweise im ältesten Teil des Bunkers, angelegt. Von jeder Zelle führte eine kleine Leiter hinauf in den zweiten Stock und mittels Stahltür in die unterschiedlichen Flure und Gänge. Eine geniale Konstruktion, denn befand man sich in der Zelle und blickte nach oben, sah es so aus, als würde die Tür direkt in die Freiheit führen. Genau diese kleine Täuschung hatte der Erbauer bewusst eingebaut. Außerdem gab es noch einen Überwachungsraum, von wo aus er das Labyrinth mittels Videokamera überwachen konnte. Er war so etwas wie eine kleine Asservatenkammer, vollgestopft mit Gerätschaften, die er hier und da benötigte. Unter anderem standen hier ein mit diversen Lebensmitteln gefüllter Kühlschrank, sowie eine Schlafcouch, für den Fall, dass er hier einmal übernachten musste. Er hatte wirklich an alles gedacht.

 

Im Gang war es dunkel und modrig, aber er kannte den Weg im Schlaf. Hinter dem Überwachungsraum gab es eine raffinierte Falltür, durch die man direkt in den Zellentrakt gelangte. Der Mann vergewisserte sich, dass alle Kameras einwandfrei liefen, dann zog er sich einen schwarzen Umhang über und setzte die Maske auf. Jetzt konnte er vor seine Gäste treten.

Der Raum, in dem er sie gefangen hielt, war dunkel und kalt. Diana träumte davon in einem Fluss gefangen zu sein. Ihr bleicher Körper wurde in die Tiefe gezogen und als sie flüchten wollte, drückten kräftige Hände sie nieder.

„Es ist deine Schuld“, sagte der Besitzer der Hände, und als sie aufblickte, sah sie ihn über sich. Der Mann war maskiert und presste eine Hand gegen ihren Kopf. Sie sank tiefer und tiefer und vermochte nicht mehr zu atmen. So wachte sie schweißgebadet auf und hatte keine Ahnung wo sie war. Angekettet, wie ein wildes Tier, zerrte sie so lang an der Metallkette, bis sie sich ihren Knöchel wundgerieben hatte. Sie sackte zurück. Jetzt wurden andere Beschwerden spürbar. Hunger und Durst. Er gab ihr Wasser in einer Art Hundeschüssel, die er vor ihr auf den Boden stellte und beobachtete sie dabei, wie sie sich vorbeugte und trank. Diana wusste nicht, wie lange er sie schon gefangen hielt, glaubte nur zu wissen, dass er sie in einen Kellerraum gesperrt hatte und das auch nur, weil sie seine Schritte von oben hatte herunterkommen hören und wegen der verfluchten Luftfeuchtigkeit, die sie einatmen musste.

„Na, hast Du dich schon ein bisschen an deine neue Umgebung gewöhnt?“ fragte seine tiefe Stimme. Diana war viel zu durcheinander, um sagen zu können, ob sie die Stimme wirklich kannte oder nicht. Sie blickte in seine Richtung.

„Bitte, lassen Sie mich gehen. Ich halte es hier nicht mehr länger aus.“

„Aber sicher wirst du das, Schätzchen. Du musst dich nur noch ein wenig in Geduld üben. Wenn Du schön artig bist, könnte ich mir durchaus vorstellen, deine Prüfung vorzuziehen. “

Diana riss und zerrte an der Kette.

„Bitte lassen Sie mich hier raus. Ich tu auch alles, was Sie von mir verlangen.“

Er wollte noch etwas Wasser in die Schüssel gießen, da war sie mit einem Mal bei ihm und versuchte die Maske von seinem Gesicht zu reißen. Doch er hatte mit ihrer Gegenwehr gerechnet.

„Zurück“, schrie er sie an. Es gab eine plötzliche Bewegung, als sie nicht sofort reagierte. Ihr folgte ein hefiger Schmerz. Diana schrie auf und umklammerte ihren Arm. Ungläubig sah sie das Blut aus einer Wunde rinnen. Es war ihr Blut.

Mit weit aufgerissen Augen starrte sie auf seine Hand, die den Schaft eines Jagdmesser festhielt. Die Klinge zeigte direkt auf sie. Oh Gott…

„Strafe muss sein“, sagte er. Das ist ein Teil der Prüfung.“

„Lassen sie mich gehen“, schrie sie, obwohl sie wusste, dass sie hier niemand hören würde. Er lachte. Es war ein tiefes, böses Lachen. Sie hatte keine Zeit zu reagieren, als das Messer wieder in sie eindrang. Ein heißes Brennen auf ihrem Arm. Dann wieder Blut. Fassungslos legte sie ihre Hand auf die Wunde.

„Los, zieh diese lächerliche Corsage aus!“, befahl er.

Er will also doch Sex“, ging es ihr durch den Kopf. Sie stand auf und zog an den Schnüren. Ihn ihrem Kopf drehte sich alles. Sie schwankte, fiel aber nicht hin. Das heftige Atmen des Mannes dröhnte wie Donner in ihren Ohren. Anscheinend ging ihm das alles nicht schnell genug. Er streckte wieder das Messer aus. „Oh Gott…nein…“

Mit einer schnellen Bewegung durchtrennte es die Schnüre ihrer Corsage. Das Kleidungsstück fiel auf den Boden. Reflexartig schnellten Dianas Arme vor ihre Brust. Der Arm mit der Schnittwunde brannte teuflisch. Jetzt schlug das Messer mit der flachen Seite auf ihre Arme. Automatisch glitten sie nach unten und gaben den Blick auf ihre wohlgeformten Brüste frei. Einen Moment lang geschah nichts. Ihr Peiniger schien sie nur anzustarren. Dann hob er wieder das Messer.

„Nein, bitte nicht“, winselte Diana und verfluchte sich selbst weil ihre Stimme so schwach und ängstlich klang. Statt eine Antwort zu geben, streckte er langsam eine Hand aus und tat so, als wollte er ihre Brust berühren. Sie zitterte und konnte nur mit Mühe einen Schrei unterdrücken. Ohne nachzudenken schlug sie seine Hand weg. Nichts geschah. Es herrschte eine lähmende Stille. Dann schlug er zu. Seine Hand traf ihr Gesicht, so dass sie gegen die Wand knallte und zu Boden rutschte. Sie landete neben dem Diktiergerät, welches sie bisher noch nicht angerührt hatte. Ein Blick auf das kleine Display zeigte ihm, dass sich das Band noch ganz am Anfang befand.

„So geht das aber nicht, ich glaube, deine Prüfung muss noch etwas warten“, sagte er mit rauer Stimme. Danach ging er nach oben. Sie bekam noch mit, wie er die Tür von außen verschloss, bevor sie allmählich in eine Lethargie aus Angst und Schmerzen verfiel. Sie hämmerte mit ihren Fäusten auf den Boden und weinte, bis sie ihre Kräfte verließen.

Der Mann kontrollierte mithilfe der Kameras in seinem Überwachungsraum die Zellen der weiteren Insassen, bevor er sich an seine Hauptarbeit machte. Für einen seiner männlichen Gäste war es an der Zeit eine Prüfung zu bestehen. Aus diesem Grund hatte er ganz bestimmte Vorbereitungen getroffen: Gleich zu Anfang hatte er seinem Opfer eine Totfangfalle um den Hals gelegt. Der Mann hatte laut geschrien und Gift und Galle gespuckt, als er aus der Betäubung erwachte, aber genützt hatte es ihm nichts. Er hatte ihm die Besonderheit der Falle erklärt. Sie war an einen Zeitmesser gekoppelt und besaß eine elektronische Vorrichtung, mit der sie per Knopfdruck ausgelöst werden konnte. Dafür hatte er sich extra einen leistungsfähigen Generator besorgt und um die elektrische Spannungsversorgung über einen längeren Zeitraum aufrecht erhalten zu können. So wie bei anderen Opfer zuvor, hatte er auch diesen Mann mittels Fußfessel an die Wand gekettet. Ansonsten konnte er sich in einem gewissen Radius frei bewegen, soweit das in einer kleinen Zelle eben möglich war. Er hatte ihn jedoch ausdrücklich davor gewarnt, die Falle zu berühren, da sie im gegenteiligen Falle automatisch zuschnappen,- und ihm die Kehle durchtrennen würde.

Lange hatte der Mann darüber nachgedacht, was dieser Wahnsinnige von ihm wollte. Er hatte sogar das Band besprochen, auch wenn er nicht wirklich verstand, wozu das Ganze gut sein sollte. Aber egal, er wollte alles tun, um möglichst schnell hier raus zu kommen. Dabei musste er verdammt vorsichtig vorgehen, denn eine falsche Bewegung…, das hatte ihm der Verrückte klar gemacht, …und seine Kehle wäre nur noch Matsche und in zwei Teile getrennt. „So eine verdammte Dummheit aber auch, dass ich mich mit der Kleinen eingelassen habe! Und doch war es die geilste Nacht meines Lebens gewesen.“ Angefangen hatte alles bei einem dieser grauenhaften Empfänge der Anwaltskammer: Offenes Buffet mit Prosecco und Überraschungstorte, wobei letztgenannter am Ende eine Tänzerin entsprang, die mit heftigen Bewegungen in Windeseile ihre Kleidung ablegte. Den Zweck und Sinn jener Veranstaltung hatte eigentlich niemand genau nachvollziehen können, jedoch hatte er gut gegessen und noch mehr getrunken. Danach war er mit seinen Kollegen auf einen Absacker in ein nettes Lokal gegangen, das, wie sich bald herausstellte, ein pikanter Nachtclub war, der seinen Geschmack genau getroffen hatte. Hier begann er sich erst richtig gut zu amüsiert. Eine Flasche Champagner wechselte die andere, und dann waren da die Mädchen gewesen. Er hatte ein Gespräch mit einem der besonders jungen, -und nur spärlich bekleideten Dinger angefangen. Auf die schien er mächtigen Eindruck gemacht zu haben. Eigentlich wollte sie Sängerin werden, gestand sie ihm. Als sich dann seine Kollegen aufmachten, um noch einen anderen Club aufzusuchen, hatte sich die Kleine einfach bei ihm untergehakt und ihn aufgefordert mit ihr zu gehen. So etwas war ihm seit langem nicht mehr passiert. Er erinnerte sich nicht mehr genau daran, worüber sie sich so lange unterhalten hatten. Er wusste nur noch, wie sie einfach da gesessen, -und ihn angesehen hatte. Mit ihrem mädchenhaften Körper, der in roter Reizwäsche und Schuhen mit hohen Keilabsätzen steckte, die in der Höhe scheinbar nicht enden wollten, hatte sie ihn fast um den Verstand gebracht. In seiner Ehe war längst tote Hose. Außerdem hätte seine Frau so etwas niemals angezogen. Sie stammte aus einem erzkonservativen Elternhaus und wurde bereits rot, wenn sie einen ausgezogenen Tisch sah. Allerdings hatte sie Geld. Viel Geld sogar, das er liebend gern für die schönen Dinge des Lebens ausgab. Das Mädchen hatte sich an ihn geschmiegt und ihm die Arme um den Hals gelegt. Da hatte er gewusst, dass sie mit ihm schlafen wollte. Fast spürte er es immer noch, dieses Verlangen, dass ihn so heftig ergriffen hatte, als er zum ersten Mal ihre Brüste berührte. Wie klein und fest sie doch gewesen waren, während sich ihr heißer Körper an ihn gedrückt hatte. Danach taten sie Dinge, die er sich vorher noch nicht einmal hatte vorstellen können. Es war der besondere Kick für ihn gewesen, und hatte ihn schier aus der Bahn geworfen. Wie ein Besessener hatte er immer wieder in sie hinein gestoßen, doch wohl kaum konnte er als Liebhaber einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen haben. Schließlich war es ihm nur um sein Vergnügen gegangen. Und trotzdem hatte sie sich wieder mit ihm getroffen. An ihr Alter hatte er niemals gedacht. Ganz im Gegenteil. Er konnte sich mittlerweile gut vorstellen, verheiratet zu bleiben und mit dem Mädchen eine lange Affäre zu haben. Das erschien ihm eine fast schon salomonische Lösung. Vielleicht würde er sie sogar mit auf eine Reise nehmen. Eventuell in den Süden. In einem knappen Bikini musste sie einfach atemberaubend aussehen. Angesichts dieser Erwartungen verblasste alles andere in seinem Leben. Er später fand er heraus, dass die Kleine erst fünfzehn war. Und auf einmal gab es für ihn sehr viel zu verlieren. Im Grunde genommen all das, was er sich bisher aufgebaut hatte. Und trotzdem wollte er nicht auf die Kleine verzichten. Sie hatten sich noch ein paar Mal in einem kleinen Hotel getroffen und jedes Mal war es etwas Besonderes für ihn gewesen. Doch dann war auf einmal dieser Typ vor dem Hotel aufgetaucht und hatte ihn nach dem Weg gefragt. An mehr konnte er sich nicht mehr erinnern. Nur das er mit diesem komischen Ding um den Hals hier in diesem Verlies aufgewacht war. „Und nun diese Prüfung. Was soll eigentlich der Quatsch? Na ja, wenn es hilft um hier wieder heraus zu kommen… dann werde ich diesem Verrückten halt den Gefallen tun.“

„W…was soll denn dieser lächerliche Käfig?“ fragte er und sah die Silhouette ungläubig an, die gerade in seine Zelle getreten war. Wie immer trug der Unbekannte eine Maske und einen schwarzen Umhang.

„Der ist ein wesentlicher Bestandteil deiner Prüfung“, sagte eine eiskalte Stimme.

„Du verteidigst die schlimmsten Kriminellen und lässt dich auch noch dafür bezahlen. Dabei handelst du mit der Staatsanwaltschaft zweifelhafte Deals aus und lässt die Kriminellen mit einer winzigen Strafe davonkommen. Du verführst minderjährige Mädchen und glaubst als Anwalt über alles erhaben zu sein. Doch jetzt stehst du vor deinem Richter. Wir wollen doch Mal sehen, wie viel dir dein Leben bedeutet und was du bereit bist dafür zu tun, um es zu verlängern? Ich werde dir jetzt für einen Moment die Hände fesseln und dir diesen Käfig über den Kopf stülpen. Du siehst diese kleine Tür hier? Daran befestige ich ein Vorhängeschloss. Der passende Schlüssel dazu steckt in einem Bund mit 50 weiteren Schlüsseln. Du hast genau drei Minuten Zeit, um ihn zu finden, die kleine Tür aufzuschließen und dich von der Falle zu befreien. Nach Ablauf der drei Minuten schnappt der Sicherungsmechanismus zu und du kannst dir sicher vorstellen, was dann passiert?“ Aus den Augen des Mannes trat das Weiße hervor. Er zitterte am ganzen Leib. Der Typ war nicht nur pervers sondern auch noch ein Sadist. Er versuchte sich zu wehren, riss und zerrte an der Kette, aber letztendlich hatte er keine Chance. Er spürte, wie Handschellen klickten und ihm die Hände festhielten. Fassungslos ließ er geschehen, was geschah. Drei Minuten blieben ihm noch. Alle möglichen Gedanken schossen ihm durch den Kopf. Nur drei Minuten.

 

„Welcher dieser verdammten Schlüssel ist der richtige?“

Auf einmal spürte er, wie der Verrückte die Handschellen aufschloss. Es war soweit, die menschliche Uhr tickte…

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