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Peter Splitt

ABGRÜNDE

Ein Facebook-Mitmach-Krimi mit über 60.000 Teilnehmern

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

EPILOG

Impressum neobooks

Prolog

  ABGRÜNDE

  Ein Mitmach-Krimi

  von

  Peter Splitt

 

 und über 60.000 Teilnehmern bei Facebook und Lovelybooks. Ich bedanke mich ganz herzlich für die rege Teilnahme.

Der Mann zog einen Schlüsselbund aus seiner Jackentasche, fingerte nach einem ganz bestimmten Schlüssel, steckte ihn, nachdem er ihn gefunden hatte, in das Sicherheitsschloss und schloss die Tür auf. Die Tür ließ sich leicht öffnen. Das war wichtig für ihn. Gerade wenn neue „Gäste“ kamen oder gehen sollten, was bisher allerdings noch nicht geschehen war. Er stieg eine ausgetretene Steintreppe hinunter und betrat einen schmalen Gang, der ihn zu einer zweiten Tür führte. Diese hatte er, wie einige andere auch, aus besonders hartem Stahl anfertigen lassen. Er musste grinsen, als er an den Schmied dachte, dem er etwas von Türen für Pferdeboxen erzählt hatte, die er komplett erneuern wollte. Die Sicherheitsschlösser hatte er in mühevoller Kleinarbeit selber eingebaut. Er schloss die zweite Tür auf und stand vor dem Eingang eines kurzen Tunnels, der ihn zu dem eigentlichen Hauptgebäude eines alten Militärbunkers führte. Er liebte dieses alte Gemäuer mit seinen dunklen Gängen und dem Geruch nach Feuchtigkeit und Fäulnis. Er hatte die alte Anlage nach und nach mit sehr viel Fantasie zu seinem, wie er es nannte „Labyrinth“ umgebaut. Im Einzelnen bestand das System aus verschiedenen Zellen, die durch Türen und Gänge miteinander verbunden waren, wovon die meisten Türen auf Flure führten, die dann schließlich im Nichts endeten, beziehungsweise wieder zurück in den Hauptgang führten, ohne jemals einen Ausgang zu haben. Der befand sich in Wirklichkeit ganz woanders. Die eigentlichen Zellen hatte er im untersten Stockwerk, möglicherweise dem ältesten Teil des Bunkers angelegt. Von jeder Zelle führte eine kleine Leiter hinauf in die nächst höhere Etage und mittels Stahltür in die unterschiedlichen Flure und Gänge. Eine geniale Konstruktion, denn befand man sich in der Zelle und blickte nach oben, sah es so aus, als würde die Tür direkt in die Freiheit führen. Genau diese kleine Täuschung hatte er bewusst eingebaut. Außerdem gab es noch einen Überwachungsraum, von wo aus er das Labyrinth mittels einer Videokamera überwachen konnte. Der war so etwas wie eine kleine Asservatenkammer, vollgestopft mit Gerätschaften, die er hier und da benötigte. Unter anderem standen hier ein mit diversen Lebensmitteln gefüllter Kühlschrank, sowie eine Schlafcouch, für den Fall, dass er hier einmal übernachten musste. Er hatte wirklich an alles gedacht. In dem Gang war es dunkel und modrig, aber er kannte den Weg im Schlaf. Hinter dem Überwachungsraum gab es eine raffinierte Falltür, durch die man direkt in den Zellentrakt gelangte. Der Mann vergewisserte sich, dass alle Kameras einwandfrei liefen, dann zog er sich die schwarze Robe über und setzte die Maske auf. Jetzt konnte er vor seine „Gäste“ treten. „W…was soll denn dieser lächerliche Käfig?“ fragte sein Gefangener stotternd und sah die Silhouette ungläubig an, die gerade in seine Zelle getreten war. „Der ist ein wesentlicher Bestandteil deiner Prüfung“, sagte eine eiskalte Stimme. „Du verteidigst die schlimmsten Kriminellen und lässt dich auch noch dafür bezahlen. Dabei handelst du mit der Staatsanwaltschaft zweifelhafte Deals aus und lässt die Kriminellen mit einer winzigen Strafe davonkommen. Du verführst minderjährige Mädchen und glaubst als Anwalt über alles erhaben zu sein. Aber jetzt bin ich dein Richter. Wir wollen doch Mal sehen, wie viel dir dein Leben wert ist und was du bereit bist dafür zu tun, um es zu verlängern? Deine Prüfung beginnt jetzt! Ich werde dir jetzt kurz die Hände fesseln und dir diesen Käfig über den Kopf stülpen. Du siehst diese kleine Tür hier? Daran befestige ich ein Vorhängeschloss. Der passende Schlüssel dazu steckt in einem Bund mit 50 weiteren Schlüsseln. Du hast genau drei Minuten Zeit, um ihn zu finden, die kleine Tür aufzuschließen und dich von der Falle zu befreien. Nach Ablauf der drei Minuten schnappt der Sicherungsmechanismus zu und du kannst dir sicher vorstellen, was dann passiert?“ Aus den Augen des Mannes trat das Weiße hervor. Er zitterte am ganzen Leib. Der Typ war nicht nur pervers sondern auch noch ein Sadist. Er versuchte sich zu wehren, riss und zerrte an der Kette, aber letztendlich hatte er keine Chance. Er spürte, wie Handschellen klickten und ihm die Hände festhielten. Fassungslos ließ er geschehen, was geschah. Drei Minuten blieben ihm noch. Alle möglichen Gedanken schossen ihm durch den Kopf. Nur drei Minuten. Welcher dieser verdammten Schlüssel ist der richtige? Auf einmal spürte er wie der Verrückte die Handschellen aufschloss. Es war soweit, die menschliche Uhr tickte…

Kapitel 1

Einige Tage zuvor...

„Belgisches Viertel, wir sind da.“ verkündete der Taxifahrer mit schlaftrunkener Stimme. „Soll ich hinüber auf den Parkplatz fahren?“

„Nein, lassen Sie uns für einen Moment hier stehen bleiben.“

Diana M. öffnete ihre Handtasche, holte einen kleinen Taschenspiegel hervor und überprüfte ihr Make-up. Alles war perfekt. Sie legte das Teil zurück und griff zu der Maske, die sie sich extra für diesen Abend besorgt hatte. Es war eine „Sexy-Cat“ Maske.

Offiziell war Diana Studentin, aber nebenbei verdiente sie sich ein gutes Zubrot als Hostess. Sie bedankte sich, bezahlte den Fahrer und stieg aus dem Taxi. Die Adresse zu der sie musste, lag auf der anderen Straßenseite. Es herrschte kaum Verkehr. Diana überquerte die Fahrbahn. Während sie auf das Haus mit der Nummer 22 zu ging, betrachtete sie das Gebäude. Von außen wirkte es schlicht und einfach. Anscheinend wollte der Eigentümer kein großes Aufsehen erregen. Dann stand sie vor der Eingangstür und betätigte die Klingel. Aus dem Hintergrund ertönte ein tiefer Gong. Oberhalb der Tür bewegte sich eine Kamera. Während sie wartete, erinnerte sie sich an eine ganz besondere Party, an der sie bereits in diesem Hause teilgenommen hatte. Damals war sie als Schneewichten gegangen und ihr Gastgeber als Zorro.

Jemand betätigte die Sprechanlage. „Das Kennwort bitte“, sagte eine monotone Stimme.

„Spielwiese“, antwortete Diana brav und bestätigte damit das Codewort, welches ihr vom Gastgeber übermittelt worden war. Den hatte sie im Übrigen noch niemals zu Gesicht bekommen, denn er trug stets eine Verkleidung, genauso wie die anderen Gäste. Die Tür öffnete sich und Diana betrat das Haus. Das Innenleben war ganz anders als man es aufgrund der äußeren Fassade erwarten durfte. Allein die Ausmaße des Wohnzimmers musste jedem neuen Besucher die Sprache verschlagen. Mit mehr als 100 m2 Größe übertraf es alles, was die meisten bisher gesehen hatten. Eine exklusive Auswahl an Antiquitäten und teuren Teppichen auf blitzblank geputzten Marmorböden, vermittelten den Eindruck von Wohlstand und Vermögen.

 

„Was haben wir denn da für ein hübsches Kätzchen?“, begrüßte sie eine angenehm männliche Stimme. Diana drehte sich um und blickte in eine Dobermann-Maske. Sie gehörte zu ihrem Gastgeber. Zum Dank für das Kompliment machte sie einen Knicks. Dabei öffnete sie gleichzeitig ihren Mantel.

„Ich hoffe, das hier wird dir noch besser gefallen“, erwiderte sie und lächelte kokett. Der Gastgeber nahm ihr den Mantel ab. Darunter trug sie einen schwarzen, Minirock und eine hautenge Corsage, die ihre Figur besonders hervorhob. Rote High Heels setzten dem Ganzen noch einen drauf.

„Freut mich sehr, dass Du kommen konntest, du siehst zum anbeißen aus“, sagte ihr Gastgeber, nahm sie bei der Hand und führte sie mit sich fort.

Die Party war bereits seit ein paar Stunden im Gange. Die Gäste tanzten, tranken und flirteten, was das Zeug hielt. Diana bemerkte, wie sich Pärchen bildeten. Auf einem Sofa verführten zwei maskierte Herren eine Dame, die eine venezianische Augenmaske trug. Ein weiterer Typ filmte die ganze Aktion. Hinter dem Wohnzimmer befand sich der berühmte Springbrunnen. Diana konnte sich noch sehr gut an seinen Inhalt erinnern: Fruchtbowle mit Zusätzen. Bei ihrem Besuch im letzten Jahr hatte sie einen Schluck davon getrunken, sich dann aber dazu entschlossen, doch besser beim Mineralwasser zu bleiben. Eines ihrer Prinzipien lautete: Immer schön nüchtern bleiben. Dann weißt du auch, was du tust. Damals hatte sich die Party prächtig entwickelt. Vor allem, als sie Guido kennenlernte, einen sehr angenehmen Zeitgenossen. Er war großzügig und zuvorkommend gewesen und sie hatte den Rest der Nacht mit ihm in einem Hotel verbracht. Viel von ihm hatte sie allerdings nicht in Erfahrung bringen können, nur das er verheiratet war. Danach hatten sie sich noch ein paar Mal getroffen, aber dann war die ganze Sache irgendwie eingeschlafen. Wie oftmals war es nur eine Bettgeschichte gewesen, nicht mehr und nicht weniger. Seitdem hatte es kein Fest mehr in dieser Größenordnung gegeben. Doch die Mund zu Mund Propaganda funktionierte bestens und nun hatte sich wieder eine frivole Menge zusammengefunden, um eine ausschweifende Party zu feiern.

„Hoffentlich lerne ich wieder einen zahlungskräftigen Mann kennen, so wie diesen Guido im vergangenen Jahr“, dachte sie, während sie durch das Haus spazierte.

Der Gastgeber hatte überall Bildschirme aufgestellt, auf denen schmutzige Filme liefen, selbst draußen auf der Terrasse. Und selbstverständlich war auch der Fruchtbowlen-Springbrunnen wieder im Einsatz. Diana schaute sich um. Die meisten der Gäste standen bereits unter Alkoholeinfluss. Um eine gewisse Anonymität zu bewahren, trugen sie Masken. Dahinter konnte man sich so wunderschön verstecken, wenn man die Sau raus lassen wollte. Sie beobachtete das Verhalten der Party-Gäste. Manch einer befand sich bereits im fortgeschrittenen Stadium. Ein Kerl mit einer Piratenmaske starrte sie an. Diana ging schnell in ein anderes Zimmer, doch er schlich ihr nach und schnitt ihr den Weg ab. Er stand so dicht vor ihr, dass sie durch die Augenschlitze der Maske seine Augen sehen konnte. Sie waren hellblau und eiskalt.

Ihr fröstelte. Schnell drehte sie sich um und hielt Ausschau nach jemandem mit dem sie sich unterhalten konnte, aber es gab niemanden, der so charmant, witzig und großzügig wie Guido im vergangenen Jahr war. Der unbekannte Pirat grinste sie durch seine Maske an. „Dich krieg ich noch“, flüsterte er und Diana lief es eiskalt den Rücken hinunter.

Gegen 23.00 Uhr war Diana die einzige, die noch ohne fremde Hilfe aufrecht stehen konnte. Alle anderen hatten kräftig einen sitzen. Ein Mann mit einer Affenmaske lag tief schnarchend unter einem antiken Holztisch. Seine Hose war verschwunden, dafür hatte jemand sein bestes Stück rot angemalt. Die meisten der kostbaren Kleinmöbel waren auf Seite geschoben worden. Überall standen halbvolle Gläser und Becher mit Fruchtbowle herum. Reste von Gebäck und Lachsschnittchen schmückten sich mit Konfetti und Luftschlangen. In den Salatschüsseln schwamm alles Mögliche, nur kein Salat. Es sah aus wie flüssige Pizza. Diana suchte weiter nach einem geeigneten Kandidaten, aber es wollte sich keiner finden lassen. Entweder waren die Typen betrunken und vulgär, oder aber bereits mit einer anderen Dame zugange.

Tja, mit der Kohle wird es wohl heute nichts“, dachte Diana und fand, dass der richtige Zeitpunkt gekommen war, um sich unbeobachtet aus dem Haus zu schleichen. Sie erinnerte sich an die beiden schmalen Türen, die dicht nebeneinander lagen und von denen eine hinaus auf die Terrasse führte. Sie tat genau zwei Schritte in besagte Richtung, als sich von hinten ein gewaltiges Gewicht auf sie senkte. Hastig drehte sie sich um und stellte fest, dass ein übergewichtiger Bursche mit einem Löwenkopf versuchte, sich um ihren Rücken zu schlingen.

„Hi“, sagte er dazu und drückte sie fest an sich. „Isch bin de Leo.“

„Diana hatte alle Mühe ihn abzuschütteln. „Ich wollte gerade gehen, trinken Sie doch noch einen“, sagte sie, um ihn loszuwerden.

Leo rülpste. „Isch will nischs su drinken“, lallte er. „Nur ma so Hallo sagen. Du bisssu süß. D…das wollte ich dir nua sagen.“

„Vielen Dank“, erwiderte Diana, während sie weiterhin versuchte, den Löwen loszuwerden. Der war jetzt gerade dabei ihren Hals mit seinen Händen zu umklammern, was nicht gerade angenehm war. „Ich glaube, du brauchst dringend etwas frische Luft, Leo“, krächzte sie, in der Hoffnung, dass er verstand und dahin verschwand, woher er gekommen war. Tat er aber nicht, sondern klammerte sich noch fester an sie, während sie panisch versuchte, nach hinten auszubrechen. Durch den Mundschlitz sah sie seine labbernde Zunge, die sich leicht nach außen schob, während er sie rückwärts auf die Veranda drückte. Ein eng umschlungenes Paar stand in der hinteren Ecke, fest an das schmiedeeiserne Geländer gepresst. Eine Frau mit einer Vampirmaske kicherte und ließ ihre Hand im Hosenschlitz des Mannes verschwinden. Danach zog sie ihn mit sich in die Dunkelheit des anliegenden Gartens.

„Willst du dich nicht setzen?“, schlug Diana hoffnungsvoll vor.

„Nein“, sagte Leo und zog sie zu sich hinunter, mit einer Kraft, die ungefähr dem doppelten ihres Gewichts zu entsprechen schien.

„Isch will mit dir bumsen.“

„Äh nun…“, wollte sie gerade angesichts seiner geballten Unverschämtheit erwidern, da sackte er plötzlich in sich zusammen, und seine Arme rutschten von ihrem Hals. Der Alkohol hatte ihm den Rest verpasst. „Gott sei Dank!“

Sie versuchte erst gar nicht, ihn aufzufangen und vor einem Sturz zu bewahren. Erleichtert lehnte sie sich gegen das Geländer und atmete tief durch. Die Luft war klar und sauber, und es war immer noch warm hier draußen und allemal angenehmer, als in der gerammelt vollen Bude, mit dem Gestank nach Zigaretten, Schweiß und Alkohol. Das war es wirklich nicht, was sie gesucht hatte. Einen zahlungskräftigen Verehrer, warum nicht, aber bei den vielen Schnapsleichen da drinnen, konnte man noch nicht einmal eine vernünftige Unterhaltung führen. Außerdem hatte jemand diese riesigen Lautsprecher aufgestellt, aus denen laute Discobeats dröhnten und jegliche Konversation von vorne herein unmöglich machten. Und dafür habe ich mich extra in Schale geworfen, dachte sie, strich über ihren schwarzen Minirock und überlegte, was sie stattdessen noch unternehmen konnte.

Die hintere Tür knarrte und Diana drehte sich um. Zum Glück war es nicht Leo, der sich erholt hatte, sondern ein weiteres Pärchen, das bis auf die Masken kaum noch etwas an hatte und ebenfalls in Richtung der schützenden Dunkelheit des Gartens verschwand. Dianas Füße schmerzten bereits in den neuen High Heels mit den hohen Absätzen und so überließ sie Leo seinem süßen Schlaf mit den taufeuchten Träumen von Liebe und Sex und ging wieder ins Haus.

„Juhu, die Stripperinnen sind da!“, tönte es ihr entgegen.

Auch das noch. Bleibt mir denn heute wirklich gar nichts erspart?“

Die erste Tänzerin, eine resolut wirkende Rothaarige, mit einer Augenblende begann sich hin und her zu schlängeln, während sie sich einiger unnötiger Kleidungsstücke entledigte. Als sie fast nackt war, setzte sie sich auf den Schoss eines männlichen Gastes und leckte an seinem Ohrläppchen. Während sie mit dem Po wackelte, zwang sie den Kopf des betrunkenen Mannes zwischen ihre Brüste, bog ihren Rücken durch und sprang nach hinten weg. Eine vollbusige Blondine wiederholte den gesamten Vorgang, beugte sich allerdings dabei soweit vor, dass ihre Brüste über sein Gesicht strichen. Der Mann versuchte nach ihnen zu grabschen, war aber viel zu voll um einen Treffer zu landen. Also versuchte er es erneut, grölte etwas in die Menge und schnalzte mit der Zunge. An dieser Stelle brachte der Gastgeber jeder Tänzerin ein Glas Fruchtbowle, die sie rhythmisch wackelnd in sich hinein kippten.

Großer Gott! Brauchen Männer wirklich so etwas?“ fragte sich Diana. Vorsichtig drängte sie sich an der Meute vorbei, ging auf die Haustür zu und wurde prompt wieder aufgehalten. Diesmal vom Hausherrn persönlich, der ihr gefolgt war und sie nun zurück ins Haus bugsierte.

„Du willst doch nicht etwa schon gehen, hübsches Kätzchen?“, fragte er ohne eine Spur betrunken zu wirken.

„Deine Party ist wirklich wunderbar, aber ich muss leider…“

„…etwas trinken“, sagte er schnell, hielt ein Kristallglas in den Springbrunnen und stieß ihn ihr entgegen, sodass etwas Flüssiges auf ihre Corsage schwappte. Er hielt sein eigenes Glas hoch, prostete ihr zu und trank es dann in einem Zug leer. Zu ihrem Glück bescherte ihm das Getränk einen Hustenanfall und es gelang Diana, sich abzusetzen, als er sich zusammenkrümmte und nach Luft schnappte.

Sie ging nach draußen, warf die lächerliche Katzen-Maske in einen Müllcontainer und lief über die Straße. Zunächst wollte sie noch ein Stück zu Fuß gehen, um sich dann ein Taxi zurufen. Der ganze Abend kam ihr wie eine Niederlage vor. Erst als sie sich etwas entfernt hatte und die Musik zu einem leisen Surren verklungen war, wurde ihr bewusst, dass es bereits später war, als wie sie es zunächst angenommen hatte. Sie blickte sich um, aber No Way! Eine Rückkehr kam für sie nicht infrage.

Also stöckelte sie weiter die Zufahrtsstraße entlang in Richtung Zentrum. Plötzlich flatterte etwas über ihren Kopf hinweg. Sie blickte hoch und sah einen Schwarm schwarzer Vögel in den Himmel steigen. „Brr…, grausig!“

Ihre Schritte auf dem Asphalt kamen ihr ungewöhnlich laut vor. Mit ihren hohen Absätzen musste sie aufpassen, wohin sie trat. Schon kam die erste Häuserreihe in ihr Blickfeld. Die Häuser standen ein Stück versetzt zur Straße. Nur hier und da brannte Licht. Ein Wagen kam mit quietschenden Reifen auf sie zu gesaust. Diana zuckte zusammen. Sie konnte sich gerade noch an einem Laternenmast festhalten. Die jungen Typen in dem vollbesetzten Wagen grölten ihr durch die geöffnete Fensterscheibe etwas zu. Dann spurtete der Wagen davon. Sie war wieder allein.

Und wieder schallte nur das Klacken ihrer Absätze durch die Nacht. Sie hatte noch eine kleine Strecke vor sich. Vielleicht wäre es besser, doch gleich über das Handy ein Taxi zu rufen? Das Geräusch eines weiteren Wagens ließ sie aufhorchen. Dieser fuhr deutlich langsamer. Diana drehte sich um und sah das Licht zweier Scheinwerfer auf sich zukommen. Ich gehe einfach weiter, dachte sie, beschleunigte ihre Schritte und ignorierte den Schmerz ihrer Füße in den neuen Schuhen. Eine dunkle Limousine fuhr langsam an ihr vorbei. Sie versuchte, möglichst unauffällig hineinzuschauen, konnte jedoch den Fahrer nicht erkennen. Jetzt bremste er an dem Stoppschild weiter vorne. Diana konnte die Bremslichter sehen, doch der Wagen blieb stehen. „Verdammt! Warum biegt er nicht ab?“ Sie spürte, wie sich ihre Muskeln vor Angst verkrampften. „Nun fahr schon endlich weiter, du Idiot.“ Ob der Fahrer sie beobachtete?

 

„Das Handy…!“ Natürlich, sie hatte es ganz vergessen. Als sie es aus ihrer Handtasche hervor zerrte, wurde das Motorengeräusch lauter und der Wagen bog um die Kurve und verschwand.

Sie blickte hinter ihm her und kam sich irgendwie selten dämlich vor. „Jetzt leide ich schon unter Halluzinationen“, murmelte sie zu sich selbst, behielt aber das Handy fest in ihrer Hand. Sie ging schneller und überquerte die Straße. Genau dort, wo der Wagen zuvor angehalten hatte. Ihre Füße brannten, doch sie drosselte ihr Tempo nicht. Auf der linken Straßenseite lag das neue Einkaufszentrum mit Filialen von Lidl und Aldi. Tagsüber tummelte sich hier das wahre Leben, jetzt jedoch lag alles verlassen da. Sie fröstelte. Endlich nahm sie das Handy hervor und wählte die Nummer der Taxizentrale. Nichts rührte sich.

Ein Funkloch! So ein Mist!“ Sie musste noch etwas weiter gehen. Jetzt beschlich sie wieder das Gefühl, beobachtet zu werden. Sie ging noch schneller. Am Rande des Einkaufzentrums war niemand, bloß ein Wagen. „Komisch, der ist mir zuvor noch gar nicht aufgefallen. Großer Gott, ist das etwa derselbe Wagen von vorhin?“

Diana rannte los. Der Wagen kam näher. Mit der linken Hand wählte sie den Notruf und hielt sich das Handy ans Ohr. „Verdammt, immer noch nichts!“ Da war kein Piepton, kein Freizeichen, nichts. Das Display zeigte Netzsuche an. Jetzt war der Wagen auf ihrer Höhe und fuhr langsam neben ihr her. Der Fahrer spielte ganz offensichtlich mit ihrer Angst. Sie hielt sich das Handy ans Ohr und tat so, als ob sie telefonierte. Da beschleunigte der Wagen und verschwand in der Dunkelheit vor ihr. „Nur noch ein kleines Stück weiter! Hinter dem Einkaufszentrum bauen sie ein paar hohe Gebäude. Wenn ich daran vorbei bin, bekomme ich bestimmt wieder eine Verbindung.“

Das Licht der Straßenlaterne flackerte. Irgendetwas stimmte nicht mit der Birne. Sie ging immer an und aus. Als sie an der Baustelle vorbei war, piepste plötzlich ihr Handy. Endlich hatte der Apparat ein Netz gefunden. Erleichtert wollte sie die Nummer der Taxizentrale wählen, als sich wie aus dem Nichts, eine Hand um ihr Handgelenk schloss. Es schmerzte. Sie öffnete ihre Hand und das Handy fiel zu Boden. Diana kam nicht einmal mehr zu einem einzigen Schrei, da sich die andere Hand des Unbekannten mit einem stinkenden Etwas darin bereits fest auf ihr Gesicht gepresst hatte. Alles um sie herum drehte sich, ihr wurde schwarz vor Augen. Sie verlor das Bewusstsein und bekam nicht mehr mit, wie der Unbekannte sie auffing, zur Beifahrertür seines Wagens schleppte, hineinzerrte und anschnallte. Genauso wenig merkte sie, wie er den Anlasser betätigte, den Motor startete und losfuhr.