Temperamentvoll essen

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Salzig … aktiviert das Phlegma

Salz, ein kostbares Gut seit Urzeiten. Ob in China, bei den Kelten oder Römern. Es gab erbitterte Kriege darum. Der Besitz von Salz stand für Macht und Reichtum. Dort wo Salz fehlte, drohte Hunger, gab es Krankheiten. Eigene Salzstraßen brachten den Schatz von nah nach fern. Städte, Flüsse und Orte wurden danach benannt: Salzburg, Salzach. Auch das Wort Hall zeugt von Salzvorkommen: Hallstatt, Bad Reichenhall, Halle an der Saale, Hall in Tirol.

Doch warum war Salz so kostbar? Es ermöglicht die Haltbarmachung von Lebensmitteln! Salz zieht Feuchtigkeit aus den Stoffen. Es entzieht Bakterien und Keimen den Nährboden. Es trocknet und verhindert so den Fäulnisprozess. Aber was hat das mit dem Geschmack zu tun? Nun, der salzige Geschmack hat einen ähnlichen Effekt. Durch reizende und feuchteanziehende Wirkung mobilisiert er die Feuchtigkeit der Schleimhäute. Die Gewebe werden besser durchfeuchtet. Die Schleimhäute der Atemwege und der Verdauungsorgane werden angeregt, mehr zu produzieren und die bestehende Feuchte aufzulösen. Diese Bewegung erzeugt Wärme und dadurch werden wiederum besonders zähe Schleime bewegt.

Ähnlich dem scharfen Geschmack wirkt der salzige Geschmack befeuchtend. Er wirkt aber wesentlich subtiler und durchdringender. Salzig wirkt auf die besonders dickflüssige, zäh-schleimige Feuchtigkeit und reinigt die Gewebe, Muskeln, Gelenke und Knochen. Salzig aktiviert deren Stoffwechsel.

Was hat für dich einen salzigen Geschmack? Nur Salz allein? Ich helfe dir etwas weiter: Auch Kräuter haben einen salzigen Geschmack, besonders die Kräuter des Frühlings und Sommers, wie Spitzwegerich, Brennnessel oder Sommerportulak. Ebenso die Wurzel des Löwenzahns sowie Meerwasseralgen.

Beim salzigen Geschmack gilt besonders jener Satz, der von Paracelsus abgeleitet wird: »Die Dosis macht das Gift!«

Salz kann durch seine Wirkung sowohl Phlegma aktivieren und vermehren als auch Chole und Melanchole fördern. Der salzige Geschmack kann, im Übermaß verwendet, trocknen, wie zum Beispiel bei der Lebensmittelkonservierung. Ein Zuviel an Salz, an salzigem Geschmack trocknet uns förmlich aus: Falten entstehen, die Haut wird trocken, rau, rissig und juckt. Die Nerven sind gereizt.

Drei befeuchtende Geschmacksrichtungen: süß | fettig | wässrig

Süß … von Geburt an nährend

Der süße Geschmack ist uns am vertrautesten. Gegenüber allen anderen Geschmäckern, die wir erst trainieren müssen, ist uns der süße Geschmack bereits vorgeburtlich bekannt: Das Fruchtwasser, das uns im Mutterleib umspülte und nährte, war vorrangig süß. Ebenso die Muttermilch. Und das hat auch seinen guten Grund: Der süße Geschmack fördert das Wachstum der Gewebe und ist ein brillanter Energiespender.

Du magst keine Rosinen? Schade. Ihr süßer Geschmack wirkt besonders verbessernd auf das Phlegma. Gemeinsam mit Nüssen sind Rosinen als sogenanntes Studentenfutter eine ausgewogene Nervennahrung. Sie sind Nährstoffe und Beruhigung für das überhitzte Gehirn. Eine wirksame Belohnung also.

Der süße Geschmack vermehrt und stützt das nährende Phlegma. Süß stützt die Lunge und das Nervengewebe.

Ja, der süße Geschmack wird gern als Belohnung verwendet. Das kommt aus der Geborgenheit des süßen Geschmacks im Mutterleib. Doch Belohnung kann, darf und sollte letztendlich mehr sein als süßer Geschmack. Als Belohnungsprogramm sind die oben erwähnten »sechs Rädchen fürs Wohlbefinden« (siehe Kapitel »Lebensumfeld: Entwicklung und Beeinflussung«) wesentlich wirkungsvoller. Wie wäre es also mit einem Kino- oder Konzertbesuch, mit Bewegung an der frischen Luft, einem Waldspaziergang, einem guten Buch? Mit innehalten oder Freunde treffen?

Süßer Geschmack, der sowohl das Phlegma als auch das Sanguis mehrt, wirkt auf der anderen Seite erschlaffend und erweichend. Je nachdem, welchen Nutzen man erzielen möchte, muss man sich seiner Vielfältigkeit bewusst sein.

In der Nachwirkung erzeugt Süßes stets Hitze, Chole wird vermehrt. Kennst du das? Heißhunger überkommt dich. Du suchst den kurzen Weg und leerst die Naschlade. Es dauert nicht lang und dir wird heiß. Du wirst durstig. Kurzfristig hat dich der süße Geschmack befriedigt, aber wenig später gereizt und erhitzt.

Bei übersteigertem Süßgeschmack wird die Feuchte gebunden und der Stoffwechsel gebremst. Das alles führt zur Übersäuerung und Überlastung des Stoffwechsels. Die Spiritus sind gedämpft und werden träge. Übergewicht und Fettleibigkeit sind eine nicht allzu seltene Konsequenz.

Zum Glück ernähren wir uns nicht nur von Zucker. Der Süßgeschmack wird vor allem von anderen Lebensmitteln bestens versorgt. Hier einige Beispiele: gut gekochtes Wurzelgemüse, Pastinake, Karotte, Sellerie, gegarte Zwiebeln, aber auch Getreide, besonders Hafer und Weizen. Ebenso Milch, Fleisch von Huhn, Schwein und auch Rind. Und natürlich Obst, frisch, gedünstet sowie getrocknet, sowie die bereits erwähnten Rosinen. Weiters manche Öle und Nüsse. Mandeln vergleichsweise schmecken süßlich.

Der Süßgeschmack in der Nahrung ist breiter und vielfältiger vertreten, als du vielleicht vermutest. Koste dich zum Beispiel durch die riesige Schatzkiste der Gemüsesorten. Entdecke den Süßgeschmack.

Fettig … gespeichert in der Eiszeit

Du wirst dich jetzt vielleicht fragen: »Fettig ist ein eigenständiger Geschmack? Fett selbst ist doch Geschmacksträger, es verstärkt andere Geschmäcker. Fett selbst kann kein Geschmack sein.« Doch ganz so ist es nicht. Was beschreibt den fettigen Geschmack am besten? Öl. Klar, Öliges schmeckt auch fettig. Ebenso alle dir bekannten Fette und Öle, seien es Butter, Butterschmalz, Ghee, Sonnenblumenöl, Olivenöl und viele mehr. Auch deren Grundprodukte, wie Oliven, Mandeln und Haselnüsse, haben einen fettigen Geschmack. Nicht zu vergessen Vollmilch. Sie ist von Natur aus, je nachdem, von welchem Tier sie stammt, fett. Meist fetter als 3,6 %, die auf der Milchpackung ausgewiesen sind, und sie schmeckt auch fettig. Bleiben wir bei den tierischen Produkten: Besonders fetter Fisch schmeckt fettig, wie Lachs und Makrele. Speck vom Schwein ebenso. Aber auch Gemüse, wie der nussige Winterportulak, hat einen fettigen Geschmack.

Was bewirkt dieser fettige Geschmack? Ähnlich dem süßen Geschmack ist er nährend. Er wirkt stark nährend auf das Phlegma. Süß & fettig – auf diese beiden Geschmäcker sind wir seit Urzeiten getrimmt. Sie bedeuten eine hohe Grundversorgung. Ein hohes Maß an Nährstoffen.

Fettiges ist schwer verdaulich – man hat recht lang etwas davon. Es hat kaum eigene Energie, bringt aber enorm viel Energie für uns mit. Die nährende Feuchte dominiert gegenüber der Wärme und ist die Energiequelle. Fettiger Geschmack wirkt durchfeuchtend und glättend. Es macht geschmeidig, speziell trockene und überhitzte, gereizte Gewebe werden erweicht. Diese Eigenschaft wird zum Beispiel im Krankheitsfall beim Schmalz- bzw. Ölfleck genutzt, einem beliebten Hausmittel. Ach, wie habe ich ihn als Kind gehasst. Heute weiß ich, wie wertvoll das war. Mein Husten wurde dadurch sehr gelindert.

Fett ist im Langzeitgedächtnis der Eiszeit abgespeichert und bedeutet: Überleben.

Doch wie bei anderen Geschmäckern gibt es auch hier einen gegenteiligen Effekt. Ist der fettige Geschmack überdosiert, erschlafft das Gewebe, der Tonus lässt nach. Die Leistungsfähigkeit der Verdauung wird vermindert. Finde daher das für dich gesunde Maß an Fett und dessen Energie. Nutze es für dich in der passenden Qualität.

Wässrig … mehr als geschmacklos

Zum wässrigen Geschmack könnte man auch »geschmacklos« sagen. Nun, ist geschmacklos tatsächlich ein Geschmack? Ja. Wasser hat Geschmack, mal mehr, mal weniger. Der wässrige Geschmack hat die Qualitäten-Mischung kalt & feucht, wobei die Dominanz bei feucht liegt.

Der wässrige Geschmack ergänzt Feuchtigkeit, führt aber gleichzeitig auch Überschuss aus. Unser Wasserhaushalt, Klärstrom und Nährstrom sind abhängig vom wässrigen Geschmack. Zur Flüssigkeitsversorgung gehört daher auch Wasser. Trinkst du lieber Tee? Dann trink auch hin und wieder ein Glas reines Wasser. Gurke, Melone, Bohnen und Kopfsalat sind ergänzend ebenso eine Option. Auch sie haben einen wässrigen Geschmack.

Der wässrige Geschmack bewegt das Wasser bis zur Ausscheidung. Sobald die Kälte überwiegt, wird Feuchtigkeit über die Nieren ausgeschieden. Dieses Phänomen kennst du sicherlich von einem langen Winterspaziergang: Wenn du nicht warm genug angezogen bist, drückt dich bald die Blase.

Ähnlich wie der fettige kann auch der wässrige Geschmack – allerdings in Verbindung mit Wärme – tonusmindernd wirken. Ein Glas lauwarmes Wasser am Morgen bringt nicht die Verdauung in Schwung. Nein, der Verdauungsapparat erschlafft und lässt los. Was natürlich auch hilfreich sein kann. Danach heißt es allerdings den Tonus, vor allem den des Magens, wieder zu stärken. Die Spannkraft des Magens kannst du mit ein paar Schluck schwarzem Kaffee vor dem Frühstück wieder ankurbeln.

Verträgst du rohe Gurken gut? Wenn nicht, dann liegt es vorrangig am wässrigen Geschmack. Er dominiert zu stark. Er hemmt deinen Stoffwechsel, deine Verdauung. Dein Gewebe kann das Gewicht des Wassers nicht tragen. Das ist auch abhängig von der Jahreszeit. Gurken sind ein Hochsommergemüse und mittlerweile – leider – ganzjährig verfügbar. Speziell im Winter ist unsere Verdauungsleistung eben nicht an diese Schwere, an die Kälte des Wassergeschmacks angepasst. (Nun könnte ich mehr über Gurken erzählen. Tue ich aber nicht. Mehr darüber findest du im Kapitel »Lebensmittel … TEMperamentvolle Nahrung«.)

 

Wasser fördert die Auswaschung aus den Geweben, es ist Lösungs- und Kühlmittel. Es mindert Schärfe durch Verdünnung und Ausspülung.

Zwei kühlende Geschmacksrichtungen: sauer | zusammenziehend

Sauer … macht lustig

Sauer macht lustig? Nein, da muss ich dich enttäuschen. Auch wenn dein Anblick beim Biss in eine Zitrone recht lustig aussehen mag.

Was spürst du bei sauer? Kälte? Dann ist dein Gefühl sehr gut ausgeprägt. Saurer Geschmack produziert tatsächlich zuerst Kälte. Und dann kommt lustig – eigentlich stammt dieses Wort von »gelus(ch)tig« ab, das im Altertum für »Lust auf Essen« stand.

Sauer macht Appetit und stärkt das Verdauungsfeuer. Warum? Sauer steigert die Magenleistung, die Gallensekretion. Der Assimilationsprozess wird angekurbelt. Der saure Geschmack unterstützt die Überwindung des »fremden« Eisens in der Nahrung. Fremde Energie wird durch den sauren Geschmack überwunden. Na, wenn man da nicht Appetit bekommt! Ja, auch der Speichel wird angeregt. Bei saurem Genuss ist der Mundraum gut befeuchtet. Gekühlt. Bereit, um Schärfe zu mindern und Reize zu lindern. Um zu befeuchten, aufzulösen und Durst zu löschen.

Saurer Geschmack regt die Sinne an, verstärkt sie. Der Zusammenhalt der Lebensgeister wird verbessert.

Deine Lebenskraft ist erhöht, wenn die Humores – deine vier Körpersäfte – fließen und gut versorgt sind. Der saure Geschmack sorgt dafür, dass die Säfte leichter durch die Gewebe fließen können. Nerven, Arterien und Venen als den Hauptverbreitern der Spiritus erleichterst du damit die Arbeit. Sauer regt das Gehirn, das Herz und die Leber an. Körper und Geist werden wach und aktiv.

Sauer wirkt auch auf zähflüssiges Phlegma. Es zerschneidet, zerteilt und löst es auf. Unterstützt dich bei übersäuerten Geweben.

Saurer Geschmack wirkt nicht übersäuernd, er wirkt basisch. Auch wenn der Biss ins Fruchtfleisch der Zitrone sauer und lustig erscheint: Die Säure der Zitrone hat ihre Wirkung, gelangt allerdings nicht als Säure in den Blutkreislauf. Die organisch gebundenen Mineralstoffe der Zitrone – Kalium, Kalzium und Magnesium – sind ausschlaggebend. Die verstoffwechselte Wirkung ist basisch.

Achtung! Wenn dir oft kalt ist, dich fröstelt oder du zu trockenen Schleimhäuten neigst, dann reduziere den sauren Geschmack in deiner Nahrung.

Nicht nur Zitronen sind sauer. Auch Obst, wie Äpfel, Himbeeren, Stachelbeeren, Ananas. Ebenso Kräuter, wie Sauerampfer – dieses Wildkraut trägt das Saure bereits im Namen – und Labkraut. Mithilfe von Labkraut kannst du Käse herstellen: Die Säure des Labkrauts wird, anstelle des tierischen (Kälber-)Labs, genutzt, damit das Eiweiß der Milch gerinnt – auch eine Art der Vorverdauung.

Eine Abstufung des sauren Geschmacks ist der essigsaure Geschmack. Du kannst ihn sowohl bei Essig selbst als auch bei milchsauer vergorenen Lebensmitteln, wie Sauerkraut, schmecken. Wegen seiner leicht scharfen, salzigen Komponenten wirkt er diffiziler als der rein saure Geschmack. Er wirkt weniger kalt, dafür durchdringender und schneller.

Zusammenziehend … eine herbe und kalte Note

Wir haben bisher sieben Hauptgeschmäcker kennengelernt: bitter, scharf, salzig, süß, fettig, wässrig und sauer. Der achte Hauptgeschmack ist jener mit der kältesten Wirkung: zusammenziehend, auch adstringierend und herb genannt. Der Geschmack ist erdig, sehr trocken und entspricht dem des ausgeprägten melancholischen Temperaments. Die Gerbstoffe der Lebensmittel wirken kühlend, trocknend und verdichtend.

Zusammenziehend ist eine sehr wertvolle Geschmackskomponente. Sie spricht die Faszien an, wodurch die Kommunikation der Organe verbessert wird. Körper, Magen und Herz werden gestrafft. Feuchteüberschüsse werden aus den Geweben gedrängt. Die schwarzgallige melancholische Wirkung des zusammenziehenden Geschmacks steigert das Bewahren und Festhalten. Blutungen werden gestillt. Die Wundheilung wird gefördert, innerlich wie äußerlich.

Die Bewegungen der Spiritus werden beruhigt und dadurch kommt auch die Seele zur Ruhe. Der herbe Geschmack ist also eine wunderbare Option, um die Nerven zu festigen und zu stärken. Er benötigt allerdings Zeit, um zu wirken. Dafür ist er nachhaltig und länger wirksam.

Der zusammenziehende Geschmack erdet und setzt Grenzen. In Maßen genossen, wird überflügelndes Sanguis gedämmt und übersteigerte Chole gebremst.

Aufgrund der intensiven und zeitversetzten Wirkung gilt es wohl überlegt zu dosieren. Ein Übermaß des herben, zusammenziehenden Geschmacks wirkt lebenswidrig, es kann zu massiver Trocknung und Kälte im kompletten Organismus führen.

Quitte etwa, die besonders herb im Geschmack ist, sollte man immer nur gegart essen. Wenn man es doch mal probiert und in eine rohe Frucht beißt, schreit das Mundgefühl sofort – man möchte meinen, dass die Zähne in der Quitte stecken bleiben, so trocken wird alles und so widerwärtig schmeckt es.

Walnüsse, Brombeeren, Kapern, Salbei, Eichelkaffee, Kornelkirsche (Dirndln) und Quitte kann man gut dann und wann in den Alltag einbauen. Auch manche Heilkräuter, wie Arnika, Hirtentäschel und Frauenmantel, haben einen zusammenziehenden, allerdings weit intensiveren Geschmack. Sie werden als Therapeutika eingesetzt.

Zubereitungsarten: Gegrillt, roh und irgendwas dazwischen

Wir sind nicht alle gleich alt, gleich groß, gleich gebaut und gleich schwer. Wir leben unterschiedlich. Wir haben individuelle Bedürfnisse. Um diesen gerecht zu werden, braucht es auch verschiedene Zubereitungsarten beim Kochen, verschiedene Garmethoden. Diese haben einen großen Einfluss auf den Geschmack, die Wirkung und Verdaulichkeit von Lebensmitteln.

Für die Gesunderhaltung sind die Verdauungskraft und die Verdaulichkeit der Speisen wesentliche Punkte. Die Verdaulichkeit ist bestimmt durch die Lebenskraft der Nahrung. Schwer verdaulich sind harte Lebensmittel mit einer hohen Dichte und einer groben Zellstruktur, wie zum Beispiel Pilze und pflanzliche sowie tierische Rohkost. Ebenso Lebensmittel mit einem hohen Anteil an phlegmatischer Materie, wie es bei Käse und rohem Fleisch sowie Fisch der Fall ist.


Karottenparty … Die große Verkostung der Karotte

Lebensmittel haben, ob sie roh, gesäuert, gedämpft, gekocht oder gegrillt gegessen werden, einen ganz eigenen Charakter. Auch die mechanische Zerkleinerung hat einen Einfluss. Im Ganzen, grob geschnitten oder fein geraspelt – das macht den Unterschied aus. Zum Beispiel bei der Karotte. Hier lade ich dich nun zum Selbsttest ein. Ganz so, wie zu Beginn dieses Buchs in der Schokoladenmeditation beschrieben: riechen, spüren, schmecken.

Spüre, was die Karotte mit dir macht – spüre es auch in Bezug auf deine Verdauung. Rieche, schmecke und lass die Karotte wirken. Dieser Test braucht Zeit. Nutze diese Zeit mit deiner Familie. Lass alle Familienmitglieder von klein bis groß, ob alt oder jung und auch deine Freunde daran teilhaben. So haben mehr etwas davon, denn »Die große Verkostung der Karotte« ist die neue Party!

Und so funktionert es:

• Verkoste eine junge Karotte ganz frisch und knackig aus dem Garten. Roh. Beiß einfach ab.

• Beiß dann von einer rohen Karotte ab, die schon etwas älter ist und bereits länger gelagert wurde. Einfach abbeißen, sofern die Zähne es erlauben.

• Weiter geht’s mit einer rohen, fein geraspelten Karotte – pur und ungewürzt.

• Dann rasple eine Karotte und vermische sie mit Salz, einer Prise Zucker und 1 bis 2 Teelöffel Zitronensaft. Koste diesen Karottensalat gleich nach dem Vermischen. Dann lass ihn zwei Stunden ziehen und koste ihn nochmals.

• Schneide schließlich eine rohe Karotte in Scheiben und dünste sie in wenig Wasser so, dass sie noch etwas Biss hat.


Nun geht es an die Substanz der Karotte. Die folgenden »Party-Karotten« sollten durch und durch weich und mürbe sein. So, dass du sie mit der Zunge am Gaumen zerdrücken kannst.

Diesmal sind sechs Schritte zu absolvieren:

• Dämpfe die Scheiben einer rohen Karotte ganz weich.

• Dünste Karottenscheiben bei geringer Hitze in wenig Butter oder Öl.

• Koche mehrere ganze Karotten in einer Gemüsesuppe – das kann schon 20 bis 60 Minuten dauern.

• Püriere einige der in der Gemüsesuppe gekochten Karotten zu einem Mus.

• Schneide Karotten in Streifen und backe sie im Backofen bei 140 bis 160 °C (Ober- und Unterhitze). Auch dabei vergeht je nach gewählter Temperatur und Dicke der Streifen schon eine gute Stunde.

• Püriere einige der gebackenen Karotten mit etwas Butter, Salz und Honig zu einem Mus.

Ich bin gespannt, welche Zubereitungsart für dich am angenehmsten schmeckt. Ist es die rohe Karotte? Die geraspelte, säuerliche? Die in Fett geschwenkte? Die in Gemüsesuppe gekochte? Die gebackene Karotte? Oder doch das Karottenmus? Oder hast du eine ganz andere Zubereitungsmethode für dich entdeckt? Wie erging es deiner Familie, deinen Freunden?

Die derzeit oft vertretene Meinung ist, dass man hochwertige Lebensmittel nur so kurz wie möglich erhitzen sollte. Doch warum? Garmethoden sind dazu da, um gerade diese Lebensmittel und deren Inhaltsstoffe so gut wie möglich für uns nutzbar zu machen. Nicht jeder Mensch, jeder Organismus kann mit rohen Lebensmitteln gleich gut umgehen. Nicht für jede Konstitution, jedes Temperament ist Rohkost gleich gut geeignet.

Gemüse zu Mus kochen? Das besagt der Wortstamm von Gemüse. Die ursprüngliche Bedeutung von Gemüse war: Mus aus Nutzpflanzen.

Die Verdauungsmöglichkeit, die Wirkung und der Geschmack sind es, die wir an hochwertigen Lebensmitteln besonders schätzen sollten. Der Geschmack wird durch längeres Garen um vieles runder und raffinierter. Es ist die Art von Mahlzeit, die meist ein zufriedenes Lächeln ins Gesicht zaubert, die positive Erinnerungen weckt. Sogenanntes Soul Food. Und wenn sich etwas rundum gut anfühlt, kann es nicht ganz falsch sein.

Durch Denaturierung – Erhitzen, Säuern, Salzen, Zuckern – der Lebensmittel kann unser Organismus wertvolle Inhaltsstoffe aufnehmen, ohne die Verdauung massiv zu belasten.

Das heißt nicht, dass du nicht auch in Zukunft in den ersten Kohlrabi oder die erste Karotte aus dem Garten voller Genuss beißen darfst oder auf rohe Radieschen, Tomaten und Gurken verzichten musst. Genieße auch weiterhin den lustvollen Biss in einen saftigen Apfel. Ganz einfach deshalb, weil es deinem Temperament entspricht und du wunderbar damit klarkommst. Andererseits hab kein schlechtes Gewissen, wenn du keinen Rohkostsalat wählst. Und, plane beim Gemüsekochen hin und wieder ein paar Minuten mehr ein – weil es deiner Verdauung einfach guttut.

Suppe statt Rohkost … ein Plädoyer für das Kochen

Rohkost, vor allem Obst und Gemüse in purer – ungekochter – Form, wird meist als sehr gesund dargestellt. Knackig muss es sein, dann ist es gesund. Alle Nährstoffe und Vitamine sind noch da. So wird es uns seit Entdeckung der Vitamine zu Anfang des 20. Jahrhunderts erzählt. Seit den 1930er-Jahren besonders eindrücklich, als Vitamin C entdeckt wurde.

Dies hat schon seine Richtigkeit, doch jetzt kommt das »Aber«: Können wir Rohkost verdauen? Was macht dein Körper mit Vitaminen und Nährstoffen aus rohen Lebensmitteln? Kann er diese aufnehmen? Wie sieht es mit deiner Verdauung aus nach dem üppigen Verzehr roher Karotten? Einem Berg Äpfel? Und das täglich? Tut es dir gut?

Plagst du dich oder ist alles okay? Wenn alles passt, dann ist dein Verdauungsfeuer stark genug. Doch wenn deine Verdauungskraft nachlässt, prüfe erneut. Immer und immer wieder. Jahr für Jahr. Erhöhe sukzessive den Anteil der gekochten Nahrung.

Rohkost in großen Mengen belastet dich? Dann bist du möglicherweise einem Gesundheitsirrtum erlegen. Es stimmt, dass der Großteil der Vitamine nicht hitzebeständig ist. Vor allem Vitamin C ist da sehr empfindlich. Die Mikronährstoffe bleiben jedoch beim Kochvorgang weitgehend erhalten: Mineralstoffe wie Eisen, Kalzium, Magnesium und Zink sind sehr hitzeresistent. Sie lösen sich durch den Kochvorgang aus dem Gemüse und sind dann im Kochwasser. Das ist auch in Ordnung, sofern du das Kochwasser mitisst. In Suppen, Eintöpfen und Schmorgerichten befinden sich diese losgelösten Nährstoffe im flüssigen Teil des Gerichts.

 

Ein weiterer Faktor spricht für die Denaturierung, die physikalische oder chemische Veränderung der Lebensmittel. Es gibt Nährstoffe, die dem menschlichen Organismus erst durch eine solche Veränderung des Grundprodukts – durch Erhitzen, Säuern oder Salzen – zugänglich gemacht werden. Zum Beispiel ist rohes Eiweiß von Fleisch, Fisch und Eiern für die Verdauung, im Besonderen jener des Europäers, nur gering verfügbar. Erhitzt man es, steigt die Verfügbarkeit erheblich an.

Gemüse wiederum hat sehr feste Zellwände, und in der Zellulose sind die für uns so nahrhaften Inhaltsstoffe enthalten. Doch unser Organismus hat Schwierigkeiten, diese Zellen aufzubrechen, er kommt schwer an diese Nährstoffe heran. Wurzel- und Kohlgemüse macht es uns besonders schwierig. Somit nützt der Erhalt von Vitaminen wenig, wenn wir sie nicht verwerten können und im besten Fall unverdaut wieder ausscheiden.

Blähungen und Überlastungen des Organismus sind die Folge einer unzureichenden Denaturierung. Unpassende Zubereitung begünstigt die Fäulnis und Gärung im Darm, und das schwächt wiederum den Spiritus, die Lebenskraft.

Apropos Spiritus. Auch Lebensmittel, darunter Gemüse, haben Lebenskraft! Diese Lebenskraft wurde über Millionen von Jahren als Abwehrmechanismus gegen Fressfeinde entwickelt. Die Pflanzen schützen sich mit verschiedenen Methoden davor, verzehrt zu werden. Zu diesen Abwehrmethoden zählen die sogenannten Pflanzengifte – Inhaltsstoffe, die jedoch durch unterschiedliche Zubereitungsarten unschädlich gemacht werden können. Bei manchen Pflanzen ist es also unumgänglich, sie zu erhitzen. Getreide, Kartoffeln und Hülsenfrüchte, wie Bohnen, Linsen und Kichererbsen, garen wir ohne lang zu überlegen. Und das hat definitiv seinen Sinn.

Auch viele andere Pflanzen haben Giftstoffe entwickelt, um ihre Art zu schützen. Jede Außenhülle eines Wurzelgemüses, aber auch die Schale von Äpfeln und Birnen hat sich evolutionär weiterentwickelt, um nicht gegessen zu werden. Isst du also Wurzelgemüse, wie Karotten oder Sellerie, oder auch Birnen, dann schäle sie vor dem Genuss. Der Geschmack beweist es dir.

Du merkst bereits: Die Liste der Beweggründe, die Nahrung zuzubereiten, ist umfangreich. Rohes Gemüse führt zu einer schnelleren Sättigung. Ha, um abzunehmen ist das doch ideal! Nein, denn die Nährstoffbilanz sagt etwas anderes.

Denke an einen Teller voll reichhaltigem Gemüseeintopf – um die gleiche Menge an Nährstoffen aufzunehmen, müsstest du je nach Kraft deines persönlichen Verdauungsfeuers die drei- bis vier-, ja vielleicht sogar fünffache Menge an rohem Gemüse essen. Würdest du das essen wollen? Essen können? Verdauen können?

Es stellt sich eine weitere Frage: Warum haben unsere Vorfahren ihr Gemüse weich gekocht? Insbesondere, da der Garprozess ohne unsere heutigen modernen Hilfsmittel viel aufwendiger, schwieriger, zeitintensiver und teurer war. War es bloße Unwissenheit? Oder hörten sie auf ihren Organismus? Konnten sie ihren Körper besser verstehen? Sie lebten im Gegensatz zu uns nicht mit einem ständigen Überangebot. Sie mussten ganz speziell darauf achten, die wenigen ihnen zur Verfügung stehenden Lebensmittel bestmöglich zu nutzen. Es gab nichts zu verschenken.

Einen Aspekt wiederhole ich hier, um mein Plädoyer für das Kochen zu bekräftigen: Die Verdauung beginnt mit dem Geruch, mit der Zubereitung. Der Duft der Speisenzubereitung setzt die Verdauung in Gang. Nun? Was duftet intensiver und länger – die rohe Karotte oder ein Gemüseeintopf? Entscheide selbst.

Salzen, säuern und zuckern … kaltes Kochen

Das vorherige Kapitel über unbehandelte Lebensmittel mag dich etwas überrascht haben. Denn frisches Gemüse, knackig und mit Biss – so isst du gern Rohkost. Du magst die frühlingshaften, kugelrunden roten Radieschen, die Frühkarotten, frisch aus der Erde, wenn sie noch klein und zart sind, und Gemüsesticks, einfach so, zum Knabbern.

All das will dir die TEM nicht vom Speiseplan nehmen. Wenn dein Verdauungsfeuer es zulässt, du dich fit fühlst, deine Zähne standhalten – nur zu, beiß hinein. Doch sei dir bewusst, dass dein Verdauungsfeuer mit zunehmendem Alter sowie abends schwächer wird. Das ist einfach so. Das bringt die Natur, die Rhythmik des Lebens mit sich.

Rohe Lebensmittel haben aus Sicht der TEM in der täglichen Ernährung durchaus ihre Vorteile und Berechtigung. Vitamin C beispielsweise steigert die auflösende Wirkung fremder Lebenskraft im Assimilationsprozess. Auch anderer Vitamine und Inhaltsstoffe wegen will die TEM nicht auf rohe Lebensmittel verzichten – doch sie bedient sich des »kalten Kochens«, es wird komplett ungekochten Lebensmitteln eindeutig vorgezogen.

Von kalt gekochten und rohen Lebensmitteln spricht man grundsätzlich, wenn sie nicht über 40 °C erhitzt wurden. Kaltes Kochen ist meist eine chemische Reaktion, die Lebensmittel gart: Salz, Säure und Zucker sorgen für eine Art kalten Kochprozess.

Salzen ist eine der ältesten Methoden des kalten Kochens. Lebensmittel werden zerkleinert, gesalzen, vermischt und stehen gelassen. Das Salz zieht Zellwasser aus den Lebensmitteln: es dringt in die Pflanzenzellen ein, durch den osmotischen Druck platzen die Zellen auf, Zellsaft tritt aus. Dieser Prozess stellt eine Art Vorverdauung dar. Dadurch kommen wir wesentlich einfacher an die Nährstoffe heran.

Das Wort Salat stammt aus dem Italienischen – insalata, der Salat. Dieses leitet sich wiederum vom Verb »insalare« ab, was so viel bedeutet wie einsalzen.

Ein feines Beispiel ist Krautsalat. Roh und frisch zubereitet verursacht er häufig Bauchschmerzen. Es gibt kaum eine Konstitution, die frischen Krautsalat verträgt. Wird er richtig zubereitet, ist er eine wahre Gesundheitsbombe. Superfood, heimisch, wertvoll und wesentlich besser verträglich.

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