Wünsch dich ins Wunder-Weihnachtsland Band 12

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Wünsch dich ins Wunder-Weihnachtsland Band 12
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Wünsch dich ins Wunder-Weihnachtsland

Erzählungen, Märchen und Gedichte zur Advents- und Weihnachtszeit

Band 12

Martina Meier (Hrsg.)


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Impressum

Personen und Handlungen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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© 2020 – Papierfresserchens MTM-Verlag GbR

Mühlstraße 10, 88085 Langenargen

Alle Rechte vorbehalten. Taschenbuchausgabe erschienen 2019.

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.

Titelbild: © Heike Georgi

Lektorat: Redaktions- und Literaturbüro MTM

ISBN: 978-3-86196-892-4 - Taschenbuch

ISBN: 978-3-96074-335-4 - E-Book

*

Inhalt

Robert muss weg

Dezembertraum

Den Weihnachtsmann gibt es nicht!

Weiße Weihnacht

Haiku-Tanka-Paar

Weihnachtswünsche

Engelsgeschenke

Der Elch Mirko

Tanni

Das Weihnachtswunder

Bens Wunschzettel, Weihnachten und Karneval

Oma Grethes Bilder

Haiku-Tanka-Paar

Gibt es den Weihnachtsmann?

Weihnachtszauber im Winterwald

Riki hilft dem Christkind Kekse backen

Der Weihnachtsfloh

Der Traum der kleinen Tanne

Die Erinnerung

Eine Vertretung für den Weihnachtsmann

Post von Mia

Das Weihnachtszimmer

Lufthauch eines Engels

Gedanken zum Fest

Das Weihnachtspaket

Opas Weihnachten

Kleines Reh

Das Fenster zur Welt

Ein Sternlein

Weihnachtselfen

Blume - Blume blühe fein

Der kleine Tannenbaum

Weihnachtszeit - wunderschöne Zeit

Marielles Weihnachtswunsch

Dämmerlicht

Weihnachtsglück

Weihnachtsaugenblicke

Verlängerte Weihnachten

Hetty, Liv und die Violine im Schnee

Die Weihnachtskugeln

Leuchtturmweihnacht

Lenis Weihnachtswundergeheimnis

Für dich, Clara

Fest

Paulchen und der Weihnachtsbaum

Lilly und das schöne Weihnachtsfest

Das kleine Rentier

Weihnachtsmoment

Die Weihnachtswichtel und „eine schöne Bescherung“

Mila und der Weihnachtsbaum

Der bedeutsame Kleine Stern

Wirklich schönste Zeit im Jahr

Kater Zizzo

Das Weihnachtshuhn

Haiku-Tanka-Paar

*

Robert muss weg

Lustlos stochert Alex in seinem Essen herum. Eigentlich sind Spaghetti ja seine Lieblingsspeise, doch wenn Robert mit am Tisch sitzt, hat Alex keinen Appetit. Robert ist der Freund seiner Mutter und Alex kann ihn nicht ausstehen.

„Weißt du schon, was du dir zu Weihnachten wünschst?“, versucht die Mutter, ihren Sohn aufzumuntern. „Ich hätte da nämlich eine Idee.“

Alex rollt mit der Gabel ein paar Spaghetti auf. „Keine Ahnung“, murmelt er. „Oder doch: Ich wünsche mir, dass der da verschwindet.“ Und er deutet mit der Gabel auf Robert.

Die Mutter zieht scharf Luft ein, doch bevor sie losschimpfen kann, legt Robert seine Hand auf ihren Arm. „Lass ihn“, sagt er mit ruhiger Stimme. „Der Bub muss sich erst an mich gewöhnen.“ Dann wendet Robert sich an Alex. „Deine Mutter hat mir erzählt, dass du gerne Skifahren würdest, aber dass ihr dafür zu wenig Geld habt. Reich bin ich leider auch nicht, aber meine Eltern wohnen in der Nähe eines kleinen Skigebietes. Wir könnten die Weihnachtsferien bei ihnen verbringen und du könntest einen Skikurs besuchen.“

„Das wäre doch toll“, wirft die Mutter ein. „Und deshalb schlage ich vor, dass du dir zu Weihnachten eine Skiausrüstung wünschst. Am besten schreibst du heute noch dem Christkind …“

„Sicher nicht!“ Alex springt so heftig auf, dass sein Sessel umkippt und polternd auf den Boden fällt. „Ich werde doch die Ferien nicht mit diesem Typen unter einem Dach verbringen! Lieber will ich …“ Doch Alex verrät nicht, was er lieber möchte. Schluchzend läuft er in sein Zimmer, knallt die Tür zu und wirft sich auf sein Bett.

Nach einiger Zeit hört Alex auf zu weinen. Er setzt sich auf und ballt zornig seine Faust. „Wie kann Mama nur glauben, dass ich mit Robert und seinen Eltern die Ferien verbringen möchte?“, denkt er. „Sie weiß doch, dass ich mit ihr allein sein möchte. Mama gehört mir und sonst niemandem. Ich werde heute noch meinen Brief an das Christkind schreiben, aber ich werde mir etwas ganz anderes wünschen.“

In der Nacht, wenn alle Kinder schlafen, ist das Christkind unterwegs. Suchend schaut es sich um, hinter welchem Fenster ein Wunschbrief liegt.

„Oh, Alex hat schon geschrieben“, stellt es erstaunt fest. „Das hat er doch in den letzten Jahren immer erst ein paar Tage vor Weihnachten gemacht. Da bin ich aber gespannt, was er sich so sehr wünscht.“ Freudig nimmt das Christkind den Brief, öffnet ihn und liest.

Liebes Christkind!

Ich will dir helfen. Sicher gibt es irgendwo ein Kind, das sich einen Papa wünscht. Ich hätte einen abzugeben. Robert heißt er und wahrscheinlich ist er ganz nett. Aber ich will ihn nicht. Mama und ich, wir sind allein sehr glücklich. Bitte lass Robert verschwinden. Mehr wünsche ich mir nicht.

 

Vielen Dank und liebe Grüße

Alex

Verwundert schaut das Christkind vom Brief zum schlafenden Alex und wieder zurück. Von so einem Wunsch hat es noch nie gehört.

„Soll ich etwa Robert packen und einem anderen Kind unter den Christbaum setzen?“, fragt es sich lachend. „Vielleicht mit einer großen Masche um den Bauch?“

Doch schnell wird das Christkind wieder ernst. „Nein, ich muss Alex helfen. Und ich weiß auch schon wie.“ Sorgfältig legt das Christkind den Brief wieder zurück, berührt mit seinem Finger die Nase des Buben und flüstert: „Träum schön!“

Alex träumt.

Wie jedes Jahr sitzen die Kinder am ersten Schultag nach den Weihnachtsferien im Sitzkreis und erzählen mit leuchtenden Augen von ihren Geschenken und Unternehmungen.

Nur Alex rutscht unruhig auf dem Stuhl hin und her und überlegt, was er erzählen könnte. „Geschenke gab es keine, aber der Freund meiner Mutter ist verschwunden. Ich habe mich darüber ja gefreut, aber Mama war sehr traurig. Sie hat tagelang geweint und ich habe versucht, sie zu trösten.“

Nein, so kann er es nicht erzählen. Die anderen Kinder würden darüber lachen und ihn wochenlang damit aufziehen.

Doch die Lehrerin bemerkt gar nicht, dass Alex nichts erzählt hat. „Ich freue mich, dass ihr alle so schöne Ferien hattet“, schließt sie die Runde ab. „Aber jetzt möchte ich euch etwas mitteilen. Wir werden in drei Wochen an einem Skirennen teilnehmen. Ihr könnt doch alle Ski fahren?“

Die Kinder nicken begeistert mit ihren Köpfen. Nur Alex starrt betrübt zu Boden. Diesmal bemerkt ihn die Lehrerin. „Was ist mit dir Alex? Freust du dich nicht?“, fragt sie.

Plötzlich sind alle Kinder still.

Alex starrt weiterhin auf den Boden. „Ich weiß nicht“, flüstert er. „Ich habe noch nie auf Skiern gestanden.“

Die Klasse bricht in schallendes Gelächter aus.

Schweißgebadet wacht Alex auf. „Puh, es war nur ein Traum“, denkt er, dreht sich um und träumt weiter.

Ein Glöckchen läutet. Alex darf die Tür zum Wohnzimmer öffnen und als Erster eintreten. Während die Erwachsenen Weihnachtslieder singen, schaut er sich neugierig um. Mitten im Zimmer steht ein Christbaum, der bis zur Decke reicht. Die brennenden Kerzen duften herrlich und spiegeln sich in den großen Kugeln. Dazwischen hängen unzählige Süßigkeiten. Auf einem kleinen Tischchen ist eine wunderschöne Krippe aufgebaut: ein verschneites Bauernhaus, ein Stall, Josef und Maria, das Jesuskind, Ochs und Esel, Hirten und viele Schafe. Unter dem Christbaum liegen einige kleine und ein ziemlich langes Päckchen.

Während Alex noch überlegt, welches Päckchen wohl für ihn sein könnte, hört er Robert rufen: „Fröhliche Weihnachten, meine Lieben! Kommen wir zur Bescherung: Alex, das ist für dich!“ Und Robert überreicht Alex feierlich das lange Päckchen.

Alex wacht auf. Kurz weiß er nicht, wo er ist, doch dann erkennt er sein Zimmer.

„Schade“, denkt er. „Es war nur ein Traum, ein schöner Traum.“ Schnell schließt er wieder die Augen und träumt weiter.

Am letzten Tag der Ferien findet das Abschlussrennen statt. Alex ist stolz, wie viel er im Skikurs gelernt hat. Als Letzter der Anfängergruppe startet er. Konzentriert fährt er durch den Stangenwald, geht im Zielhang tief in die Hocke und während er im Auslauf abbremst, hört er die Lautsprecherdurchsage: „Bestzeit und somit Sieg für Alex!“ Seine Mutter und Robert stehen am Rand und jubeln ihm zu. Glücklich fällt er ihnen in die Arme.

Lächelnd wacht Alex auf. „Kann das Leben mit Mama und Robert wirklich so schön sein?“, fragt er sich. „Vielleicht sollte ich Robert eine Chance geben.“

Dann fällt ihm sein Brief an das Christkind ein. Schnell schaut er zum Fenster und stellt erleichtert fest, dass der Brief noch dort liegt. „Noch ein bisschen träumen“, murmelt Alex vor sich hin. „Dann werde ich dem Christkind einen neuen Brief schreiben und mir ein Paar Skier wünschen. Sollte es mit Robert doch nicht klappen, kann ich ihn ja auch nächstes Jahr dem Christkind schenken.“

Sissy Schrei lebt zurzeit in Maria Lanzendorf.

*

Dezembertraum

Dezember erst kalt und trocken,

Lichterglanz im Dunkeln,

Gebäck zum Verlocken

und Kinderaugen, die immer mehr funkeln.

An den heiligen Weihnachtstagen

lasst uns nicht klagen.

Denn der Höhepunkt ist erreicht:

weiße Winterpracht weit und breit.

Es rieseln sanft die Schneeflöckchen,

im Dorf läuten die Kirchenglocken

und Oma bimmelt mit ihrem Glöckchen.

Nach langen Kämpfen bei Kälte, Schnee und Eis

wird uns jetzt richtig heiß.

Und nach langem Bangen um den Weihnachtsbaum,

sitzen wir endlich alle zusammen im urigen Raum.

Drum singet und frohlocket!

Seid alle von Herzen erfreut!

Denn es ist einfach einzigartig heut’.

Juliane Barth, Jahrgang 1982, lebt im Südwesten Deutschlands. Schreibt seit jeher sehr gerne, unter anderem Lyrik, Kurzgeschichten, Sachtexte und Essays. Widmet sich bevorzugt gesellschaftskritischen Themen. Veröffentlichungen in Anthologien: sacrydecs.de.to

*

Den Weihnachtsmann gibt es nicht!

Doch, den gibt es!

Als der kleine Johann vom Kindergarten nach Haus kommt, merkt sein großer Bruder Paul sofort, dass etwas nicht stimmt. Johann ist sauer und ganz grummelig. So will Paul von Johann wissen, ob heute etwas passiert ist.

Johann sagt: „Mirco ist ganz doof und nicht mehr mein Freund. Ich rede nie wieder mit ihm.“

„Warum denn?“, fragt Paul.

„Mirco hat gesagt, den Weihnachtsmann gibt es nicht.“

„Und wie kommt Mirco darauf?“

Johann erzählt schluchzend: „Er sagte, dass es den Weihnachtsmann nicht gibt, weil ich letztes Jahr nur einen Spielhund zu Weihnachten bekam. Dabei hatte ich mir ja einen echten Hund gewünscht.“ Nun weint Johann und ist ganz traurig.

Paul möchte seinem kleinen Bruder unbedingt helfen und so hat er eine Idee. Er nimmt den kleinen Johann tröstend in den Arm und sagt: „Pass auf, wir schreiben einen Brief an den Weihnachtsmann und sagen niemandem etwas davon. Und wenn Weihnachten ist, dann bleiben wir heimlich auf und dann wirst du den Weihnachtsmann selbst sehen.“

Paul geht schon lange in die Schule und kann wirklich sehr gut schreiben und auch lesen und rechnen. So schreibt Paul den Weihnachtsbrief:

Lieber Weihnachtsmann,

mein Bruder Johann und ich wünschen uns einen echten, kleinen Hund. Wir versprechen, uns um ihn zu kümmern, ihm zu fressen und trinken zu geben, mit ihm raus zu gehen und ihn lieb zu haben. Bitte bring uns einen echten Hund, das wünschen wir uns beide sehr.

Viele Grüße an dich, deine Elfen, Rentiere und alle deine Helfer, Johann und Paul.

Johann malt dazu noch ein besonders schönes Hundebild. Dann schreibt Paul die Adresse auf den Brief:

An den Weihnachtsmann

Weihnachtspostfiliale

16798 Himmelpfort

Auf dem Weg zur Schule steckt Paul den Brief heimlich in den Briefkasten. Auch ihren Eltern erzählen sie nichts von ihrem Plan. Sie haben ein Brudergeheimnis und warten beide gespannt, wie es weitergeht.

Einige Zeit später kommt eine Antwort vom Weihnachtsmann an Johann und Paul. Es ist ein Dankesschreiben und es sind einige schöne Postkarten mit dabei, aber von ihrem gewünschten Hund – kein Wort. Beide Kinder freuen sich trotzdem darüber. Jetzt gilt es abzuwarten bis zum Wunderweihnachtsfest.

Und dann ist es endlich so weit. Der Wunderweihnachtsabend ist da, aber es ist auch Schlafenszeit für Johann und Paul. Beide müssen ins Bett. Paul hat einen Wecker mit ins Bett genommen und beide haben sich vorgenommen, nicht einzuschlafen, um den Weihnachtsmann zu sehen. Doch dann fallen ihnen vor Müdigkeit die Augen zu.

Plötzlich ist da ein Geräusch um Mitternacht. Paul erwacht davon. Johann schläft. Aber es ist kein Glöckchenklingeln oder der Klang von fliegenden Rentieren. Nein. Es kommt auch nicht aus dem Wohnzimmer, in dem der bunt geschmückte Weihnachtsbaum steht. Es kommt aus dem Gästeklo. Es klingt krampfig und magenschmerzend.

Wer kann das sein?

Paul macht Johann wach. Beide Kinder gehen zum Klo, als grade die Spülung gedrückt wird. Dann hören sie den Wasserhahn … Paul hat zwar weiche Knie, macht aber mutig die Tür auf und sieht – den Weihnachtsmann, der sich gerade die Hände wäscht.

Paul fragt mit großen Augen „Was machst du hier?“ Und Johann lugt ungläubig hinter dem Rücken seines großen Bruders vor.

„Oh, entschuldigt bitte, aber mir ging es nicht gut und ich musste dringend eure Toilette benutzen. Eigentlich wollte ich euch fragen, ob ich ausnahmsweise eure Toilette benutzen darf, aber ihr habt geschlafen und ich wollte euch nicht wecken. Meine Elfen waren krank und so, wie es aussieht, habe ich mich angesteckt. Ausgerechnet heute, am Wunderweihnachtsabend. Ich habe fast alle Geschenke verteilen können, mir fehlt nur noch eure restliche kleine Stadt, aber mir geht’s wirklich sehr schlecht.“

„Können wir dir vielleicht helfen?“, fragt Paul.

„Ja, wenn ihr die restlichen Geschenke verteilen könnt, dann wäre das toll. Meine Rentiere haben die Geschenke im Schlitten und wissen, für wen welches Geschenk ist. Und vorn am Schlitten hängt ein kleines Säckchen mit Zauberpulver. Wenn ihr ein kleines bisschen davon an die Außenwände der Häuser werft, habt ihr einen kleinen Durchgang und ihr könnt unbemerkt rein und raus, um die Geschenke unter die Bäume zu legen. Doch beachtet, der Wunderweihnachtszauber hält nur eine Minute. Danach verschließt sich der Durchgang wieder von selbst.“

Schließlich bereitet Johann dem Weihnachtsmann im Kinderzimmer ein kuscheliges Lager aus vielen Kissen. Dann fasst er den Mut und fragt den Weihnachtsmann, was ihn die ganze Zeit schon beschäftigt: „Weihnachtsmann, wieso hast du mir letztes Jahr einen Spielhund geschenkt?“

Der Weihnachtsmann scheint verwundert: „Wieso fragst du? Gefällt er dir nicht?“

„Doch, er gefällt mir. Aber ich wollte einen echten Hund.“

Der Weihnachtsmann wirkt überrascht und auch etwas nachdenklich: „Oh, das habe ich nicht gewusst. Ich habe dein Bild bekommen mit einem gemalten Hund und meine Elfen und ich haben angenommen, du möchtest einen flauschigen Hund aus Plüsch. So haben meine fleißigen Helfer den Spielhund extra liebevoll von Hand gefertigt, um dir eine besondere Freude zu machen. Es tut mir leid. Es war ein Missverständnis.“

Darauf Johann: „Schon gut. Der Spielhund ist wirklich sehr kuschlig und ich nehme ihn oft in den Kindergarten mit und hab ihn immer bei mir zur Schlafenszeit.“

Während dieses Gesprächs hat Paul dem Weihnachtsmann einen Kamillentee für seinen Magen gemacht und eine Wärmflasche für den Bauch vorbereitet. Dann schleichen sich Paul und Johann still und heimlich zu den Rentieren. Dort klappt alles genauso, wie es der Weihnachtsmann gesagt hat, und die Rentiere sind auch total lieb und wirklich hilfsbereit. So haben beide Kinder an diesem Wunderweihnachtsabend bis zum aufgehenden Morgenrot alle Geschenke unbemerkt verteilt und die Rentiere bringen Paul und Johann wieder sicher nach Hause. Dort wecken sie den eingeschlafenen Weihnachtsmann, der sich noch bei den beiden Jungen für ihre Hilfe, den Kamillentee und die Wärmflasche bedankt. Dann ist er auf einmal verschwunden. Die Jungen fallen extrem müde, ziemlich erschöpft, aber sehr glücklich in ihre Betten und schlafen trotz des aufregenden Abends schnell ein.

Am nächsten Morgen wecken ihre Eltern die beiden auf.

Johann und Paul sagen gleichzeitig: „Mama, Papa, der Weihnachtsmann war bei uns.“

Die Mama antwortet: „Ja, es ist schließlich Weihnachten. Und der Weihnachtsmann hat euch ein Geschenk dagelassen.“

Ein Geschenk liegt wirklich unterm Weihnachtsbaum. Eines für beide. Dennoch bleiben die Fragen: War die ganze Nacht nur ein Traum? Ein Traum, den beide Kinder hatten? Merkwürdig, oder? So gehen beide zum Weihnachtsbaum und da ist ein Karton mit Löchern, auf denen steht: Für Johann und Paul.

Und als sie die löchrige Kiste öffnen, ist darin ein kleiner, echter, wuscheliger Hund. Sie freuen sich sehr, dennoch haben sie klitzekleine Zweifel an der vergangenen Nacht.

 

Und während Johann noch ganz kurz an Mirco denkt – „da wird der Mirco aber Augen machen“ –, kuschelt er schon mit dem kleinen Hund und überlegt sich mit Mama und Papa bereits einen Namen für ihn. Paul schaut sich in einem unbeobachteten Moment noch mal den Karton an, in dem der kleine Hund war. Und am Boden findet er eine Nachricht, die ihm bisher nicht aufgefallen war:

Danke, Paul und Johann, für eure Hilfe. Ohne euch hätte ich es nicht geschafft. Grüße auch von meinen Elfen und den Rentieren. Euer Weihnachtsmann

Susann Scherschel-Peters ist Mama, Diplom-Pädagogin, Trauerbegleiterin/-rednerin und arbeitet hauptberuflich im Beratungsbereich.

*

Weiße Weihnacht

Es regnete. Mal wieder. Aus dem Fallrohr der Regenrinne schossen Sturzbäche, schwere Tropfen klatschten gegen die Fensterscheiben, die Welt verschwamm für einen kurzen Moment vor Toms Augen. Gestern hatte es ebenfalls aus Kübeln geschüttet, vorgestern war ein feiner Nieselregen niedergegangen, davor hatte es tagelang Bindfäden geregnet. „Nässe kommt in allen Formen vom Himmel“, dachte Tom und presste die Nase an das Glas, sodass dieses beschlug, „aber kein Schnee.“ Hin und wieder wurden die Regentropfen dicker, mit etwas Fantasie konnte er sogar kleine Schneekristalle erkennen. Auf dem Weg zur Erde aber schmolzen sie. Die Erwachsenen sprachen von scheußlichen Graupelschauern und Schmuddelwetter.

In drei Tagen war Weihnachten. Voller Sehnsucht wartete Tom auf Schnee. Kalt genug war es, glaubte er. Mit hochgezogenen Schultern und aufgestellten Mantelkragen huschten die Menschen durch die Straßen. Jeden Morgen, wenn Tom aus dem Bett sprang, in freudiger Erwartung zum Fenster eilte, sah er Grau. Mal war es ein helleres Grau wie eine freundliche Wolke, häufig war es dunkel wie die alte vergammelte Betonwand auf dem Schulhof neben dem Hausmeisterbüro.

Wenn er am Frühstückstisch fragte: „Wann schneit es endlich?“, variierten die Antworten nur wenig. Es gab ein Schulterzucken, wenn sein Vater die Zeitung las, oder ein undefiniertes „Irgendwann“. Seine Mutter sagte sogar: „Hoffentlich schneit es nicht!“ Es mache das Autofahren schwer, man müsse Schneeschippen, die Straßen seien rutschig, die Bürgersteige ebenso und der Dreck danach, wenn es wieder taute …

Als seine Mutter ihm „Gute Nacht“ wünschte, fragte Tom erneut: „Meist du, morgen gibt es Schnee?“

Wenigstens ließ sich seine Mutter dieses Mal zu einer ehrlichen Antwort hinreißen. „Nein, es ist nichts angekündigt!“ Und als ob das nicht schlimm genug wäre, schob sie nach: „Auch Weihnachten soll es nicht schneien, haben sie heute gesagt.“

„Das ist gemein!“

„Träum dich doch in eine Schneelandschaft!“, erwiderte seine Mutter lächelnd. „Stell sie dir einfach vor — eine weiße Fläche!“

Eine weiße Fläche! Wie langweilig das klang. Tom fühlte sich an die geflieste Wand im alten Schwimmbad am Stadtrand erinnert. Er überlegte: Wie sähe seine ideale Winterwelt aus? Eine leicht hügelige Landschaft müsste es sein. Eine, die Konturen aufwies: sanft geschwungene Buckel mit einer schönen Decke Schnee, bestimmt einen Meter dick. Dazu ein paar Tannen mit weißen Hauben und ein Dorf, dessen Kirchturm die in eine Mulde gekuschelten Häuser deutlich überragte. Vielleicht ein Wald am Horizont. Die Mutter hatte das Zimmer längst verlassen, als Tom noch immer in seinen Gedanken in der Winterlandschaft unterwegs war.

Wie sollte der Himmel aussehen? Blau, weiß, grau? Welche Tageszeit sollte es sein? Und er brauchte einen Weg. Wie schnell sich ein schmaler Pfad in Gedanken einfügen ließ. Er war schneebedeckt wie der Rest der Landschaft, doch konnte Tom Fußspuren ausmachen, die darauf hindeuteten, irgendjemand vor ihm hatte diesen Weg genommen. Aufregend! Auch Tom würde diesen Trampelpfad gehen, eine kleine Brücke überqueren, unter der ein Bächlein gurgelte. Tom wurde müder und müder, er hatte Schwierigkeiten, sich auf sein Bild zu konzentrieren. Schade, dachte er, er wäre heute gerne noch lange durch seine Winterlandschaft gewandert. Und dann war er eingeschlafen.

Natürlich konnte man auch am Tag träumen. Aber deutlich mehr Spaß machte es, wenn er im Bett lag. Außergewöhnlich früh zog sich Tom heute in sein Zimmer zurück. Seine Eltern hatten ihm einen skeptischen Blick zugeworfen, als er sich bereits um sieben Uhr abends für die Nacht verabschiedete.

Auf Knopfdruck konnte Tom sein Bild von gestern wiederherstellen. Schön war es. Herrlich winterlich. Inzwischen hatte Tom sich für einen blauen Himmel mit ein paar zerrupften Wolken entschieden. Mittagszeit sollte es sein. Die Sonne, die um diese Uhrzeit hoch am Himmel stand, brachte die Schneefelder, die vor ihm lagen, zum Glänzen. Es glitzerte und funkelte, bis Tom die Augen schließen musste. Plötzlich hatte er eine Sonnenbrille auf der Nase. Er blickte an sich herunter: Seine Füße steckten in roten Moonboots, mit denen er fast zehn Zentimeter größer war als sonst. Aber er trug weder Anorak noch Mütze oder Handschuhe. Trotzdem fror er nicht.

„Seltsam“, dachte er, „so viel Schnee, aber keine Kälte.“ Munter stapfte er los, in Richtung des Dorfes. Was ihn dort wohl erwarten würde? Das Gefühl der Vorfreude stieg in ihm auf.

Neben ihm türmte sich der Schnee einen halben Meter hoch — eine dicke, unberührte, flauschige Schicht Weiß, die einladend aussah. Lange hatte er keinen Schnee mehr erlebt. Beinahe hatte Tom vergessen, was man damit alles anstellen konnte. Aber nur beinahe. Als Erstes sprang er in die stäubende weiße Pracht, wirbelte fröhlich herum, drehte sich im Kreis, dann warf er sich in den Schnee. Auf dem Rücken, wie in einem Daunenbett liegend, betrachtete er den Himmel über sich. Ein paar schwarze Vögel flogen über ihn hinweg. Wie ging das noch? Richtig, Arme und Beine lang gestreckt öffnen und wieder schließen, wie beim Hampelmannspringen. Mit wenigen Bewegungen hatte er einen Schneeengel gezaubert. Nachdem Tom aufgestanden war, sich den Schnee von der Kleidung geklopft hatte — so viel Ordnung musste auch im Traum sein —, begutachtete er sein Werk. Vielleicht brauchte es einen weiteren Engel, damit der eine nicht einsam war. Zu zweit war es immer schöner. Abermals sprang Tom in die dicke Decke, warf mit Schnee um sich, bevor er den zweiten Abdruck formte.

Nur ein paar Schritte später war Tom auf der Holzbrücke, die über den Bach führte, der munter durch die Landschaft gluckerte. Unter dem Steg hingen filigrane Eiszapfen dicht nebeneinander wie eine Borte aus Kristall.

Tom kniete sich auf das Holz, brach einen der Zapfen ab und hatte einen Eislutscher. Weiter lief er, griff neben sich, formte Schneebälle, warf sie in die Luft und schaute ihnen zu, wie sie mit einem stumpfen Geräusch wieder in den Schnee tauchten.

Sehr schnell näherte er sich dem Dorf. Er konnte die Kirche deutlich erkennen, einige Häuser und — oh nein — die Bilder verschwammen vor seinen Augen.

Am nächsten Abend begann Tom seine Erkundung im Dorf. Er wanderte über den verschneiten Dorfplatz, um den sich die Kirche und eine Handvoll Häuser gruppierten. Tom spähte durch die Fenster der kleinen Gebäude, sah holzgetäfelte gemütlich aussehende Stuben, aber keine Menschen. Natürlich nicht. Zu dieser Tageszeit waren alle unterwegs.

Es müsste Nachmittag sein, entschied er. Schwupps, waren sie da: Junge, Alte, Kinder, Hunde und Katzen. Mit einem Mal herrschte ein buntes Treiben im Dorf.

„Weihnachtlicher könnte es aussehen“, überlegte Tom. Kaum hatte er den Gedanken beendet, entdeckte er Eislaternen, Tannengestecke und -girlanden, Sternenketten und rote Christbaumkugeln an dunklen Tannen und viele Kerzen. Einen Schneemann, nein mehrere Schneemänner. Eine Garde von Schneemännern.

Auf einmal begann es zu schneien. Tom legte den Kopf in den Nacken, sah die weißen Flocken und hatte das Gefühl, dem Himmel entgegenzuschweben. Es war wunder-, wunder-, wunderschön.

„Tom!“

Tom schreckte hoch. Wo war er? Seine Mutter stand neben seinem Bett. Ihre Augen strahlten. Es war Morgen.

„Du wirst nicht glauben, was los ist“, sagte seine Mutter und schob mit einem Schwung die Gardinen beiseite. „Es schneit! Es gibt eine weiße Weihnacht!“

Ungläubig betrachtete Tom das Schneetreiben vor dem Fenster, bevor sich ein Lächeln um seinen Mund legte.

Bettina Schneider lebt in Berlin.