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Der Oelprinz

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Er hatte die Friedenspfeife an seinem Halse hängen, nahm sie herab, füllte den schön geschnittenen Kopf mit Tabak und brannte denselben an. Nachdem er die vorgeschriebenen sechs Züge gethan hatte, reichte er sie dem Oelprinzen, von dem sie an Buttler und dann an Poller überging. Als dies geschehen war, glaubte der Oelprinz sicher zu sein. Er dachte nicht daran, daß Wolf das Kalummet nicht erhalten hatte und also nicht an den Vertrag gebunden war.

Jetzt setzten sich alle auf den Boden nieder und Grinley begann zu erzählen. Er berichtete von dem Petroleumfunde, aber ohne den Ort zu nennen, von dem Verkaufen an den Bankier und von seiner Reise in die Berge. Natürlich verschwieg er die Wahrheit. Er sagte, er sei schon auf Forners Rancho mit Buttler und Poller und den Auswanderern zusammengetroffen, auch mit Winnetou, Old Shatterhand und den andern Jägern; dann seien sie alle den Nijoras in die Hände gefallen, und bei diesen hätten sie die gefangenen Navajokundschafter vorgefunden und von diesen gehört, daß Khasti-tine von Mokaschi erschossen worden sei.

Die Navajos hatten bis jetzt schweigend zugehört, doch läßt sich denken, daß sowohl der Häuptling als auch seine Squaw innerlich nicht so ruhig waren, wie sie sich äußerlich zeigten; sie wußten ja ihren Sohn in großer Gefahr. Auch Wolf hing mit gespannter Aufmerksamkeit an den Lippen des Erzählers. Sie ahnten nicht, daß die Gefangenen sich befreit hatten und daß der Oelprinz um seines Vorteiles willen so arg log. Jetzt machte er eine Pause und der Häuptling benutzte dieselbe, zu fragen:

»Wie ist es euch denn gelungen, zu entfliehen?«

»Mit Hilfe eines kleinen Federmessers, welches die Nijoras nicht bemerkt hatten. Unsre Hände waren zwar gebunden, trotzdem aber konnte einer meiner beiden Gefährten mir in die Tasche greifen und das Messerchen herausnehmen und öffnen, und als er mir meine Fesseln zerschnitten hatte, konnte ich dies dann auch mit den ihrigen thun.«

Der »Große Donner« blickte eine Weile vor sich nieder; dann hob er rasch den Kopf und fragte:

»Und dann?«

»Dann sind wir schnell aufgesprungen und zu den Pferden gerannt; wir bestiegen die drei ersten besten und jagten davon.«

»Wurdet ihr verfolgt?«

»Ja, aber nicht eingeholt.«

»Warum machtet ihr nur euch frei und nicht auch die andern?«

Das war eine verfängliche Frage, bei welcher er sein Auge scharf auf den Oelprinzen richtete. Dieser sah ein, daß er sich jetzt zusammennehmen müsse und antwortete:

»Weil wir keine Zeit dazu fanden. Einer der Wächter sah, daß wir uns bewegten; er kam herbei; da konnten wir natürlich nichts anders thun als davoneilen.«

Er glaubte eine genügende Erklärung gegeben zu haben und betrachtete es darum gar nicht als Hinterlist, als sich der Häuptling weiter erkundigte:

»Du hast das kleine Messer noch?«

»Ja.«

»Ihr habt neben den andern Gefangenen gelegen?«

»Ja.«

Er hätte jetzt viel lieber »nein« gesagt, das war aber nun nicht mehr möglich, da er vorhin das Gegenteil behauptet hatte. Er begann, die Absicht zu ahnen, welche der »Große Donner« verfolgte, und wirklich meinte dieser nun in einem sehr strengen Ton:

»Hätte ich nicht die Pfeife des Friedens mit euch geraucht, so würde ich euch jetzt in Fesseln legen lassen!«

»Warum?« fragte Grinley erschrocken.

»Weil ihr entweder Lügner oder feige Schurken seid.«

»Wir sind keins von beiden!«

»Schweig! Entweder belügt ihr jetzt uns, oder ihr habt euch gegen eure Mitgefangenen wie Schufte benommen!«

»Wir konnten sie nicht retten!«

»O doch! Und wenn nichts andres möglich war, so konntest du dem Nächsten, der bei euch lag, das kleine Messer geben.«

»Dazu war die Zeit zu kurz.«

»Lüge nicht! Und wenn du recht hättest, so mußtet ihr die Nijoras überlisten. Während sie euch verfolgten, mußtet ihr heimlich zurückkehren und die Gefangenen befreien.«

»Das war uns unmöglich. Wenn uns nun auch zwanzig oder dreißig folgten, die übrigen zweihundertsiebzig waren doch zurückgeblieben.«

Kaum hatte er dieses Wort gesagt, so bereute er es. Es zeigte sich auch gleich, daß er einen großen, einen unverzeihlichen Fehler begangen hatte, denn der Häuptling fragte:

»Also waren es dreihundert?«

»Ja.«

»Du siehst, daß wir viel mehr sind, und doch sagtest du vorhin, daß sie uns weit überlegen seien. Du hast zwei Zungen, hüte dich!«

»Ich hatte euch nicht genau gezählt,« entschuldigte sich Grinley.

»So öffne deine Augen besser! Wenn du bei Nacht siehst, wie groß die Zahl der Nijoras ist, mußt du jetzt am Tage doch viel besser wissen, wie viele Krieger hier beisammen sind. An welchem Ufer lagerten die Nijoras?«

»Am rechten.«

»Wann wollten sie aufbrechen?«

»Erst nach einigen Tagen,« log der Oelprinz, »weil sie noch weitere Krieger erwarteten.«

»Beschreib uns die Stelle genau!«

Er that es, so gut er konnte und fügte dann hinzu:

»Jetzt habe ich alles gesagt, was ich sagen konnte, und ich hoffe, daß du dein Wort halten wirst. Gebt uns Waffen und laßt uns weiter ziehen!«

Der »Große Donner« wiegte seinen Kopf bedenklich hin und her und antwortete nach einer Weile:

»Ich bin Nitsas-Ini, der oberste Häuptling der Navajos, und habe noch nie mein Wort gebrochen. Aber habt ihr denn auch bewiesen, daß eure Worte die Wahrheit enthalten?«

»Du mußt doch zugeben, daß alles stimmt, was ich gesagt habe!«

»Es stimmt, aber du kannst trotzdem ein Schurke sein.«

»So will ich euch den unumstößlichen Beweis liefern, welcher euer Mißtrauen vollständig zerstreuen wird.«

Er bemerkte oder beachtete nicht die warnenden Blicke, welche Buttler und Poller auf ihn richteten. Er griff in die Tasche und zog die Anweisung auf San Franzisko hervor, welche er von dem Bankier erhalten hatte. Indem er sie dem »Wolf« hingab, sagte er:

»Hier, werft einmal einen Blick auf dieses Wertpapier! Eine solche Summe wird, zumal unter solchen Umständen, doch nur einem ehrlichen Menschen angewiesen. Meint Ihr nicht?«

Wolf überflog das Dokument mit prüfendem Blicke und las es dann dem Häuptlinge vor. Dieser blickte, wie vorher schon einige Male, sinnend zu Boden und sagte dann:

»So ist also dein Name Grinley?«

»Ja.«

»Wie heißen diese deine beiden Gefährten?«

»Dieser hier Buttler und dieser andre Poller.«

Wolf wollte jetzt dem Oelprinzen die Anweisung zurückgeben, da aber nahm der Häuptling sie ihm schnell aus der Hand, legte sie in ihre Falten zusammen, schob sie sich in den Gürtel und fuhr in einem Tone, als ob er da gar nichts Besonderes gethan hätte, fort:

»Ich habe von einem Bleichgesichte gehört, welches Grinley heißt und der Oelprinz genannt wird. Kennst du den?«

»Der bin ich,« antwortete Grinley.

»Und ich hörte ferner von einem Bleichgesichte, welches Buttler heißt und der Anführer der Finders war. Kennst du den Mann?«

»Nein.«

»Dieser hier ist es nicht?«

»Nein.«

»Wo liegt die Oelquelle, welche du verkauft hast?«

»Am Chelly.«

»Das ist nicht wahr, dort gibt es keinen Tropfen Oel.«

»Das ist richtig; ich wollte sagen in der Nähe des Chelly.«

»Aber wo?«

»Am Gloomy-water «

»Ist auch nicht wahr.«

»O doch!«

»Sprich nicht dagegen. Es gibt keine Stelle, so groß wie meine Hand, die ich nicht betreten hätte. Es gibt kein Oel in dieser Gegend. Du bist ein Betrüger!«

»Donner und Wetter!« fuhr da der Oelprinz auf. »Soll ich mir – – —«

»Schweig!« fiel der Häuptling ihm in die Rede. »Ich habe es euch gleich angesehen, daß ihr keine ehrlichen Männer seid, und habe nur darum das Kalummet geraucht, weil ich dazu gedrängt wurde.«

»So willst du wohl eine Ausrede machen, um dein Wort brechen zu können?«

Der »Große Donner« machte eine unnachahmlich stolze Handbewegung und antwortete, indem ein höchst geringschätzendes Lächeln über sein Gesicht glitt:

»Solcher Menschen wegen, wir ihr seid, soll mir kein Mann nachsagen, daß ich mein Wort nicht gehalten habe.«

»So gebt uns Waffen, Munition und Fleisch, und laßt uns ziehen! Und gib mir mein Papier zurück! Warum hast du es eingesteckt?«

»Ich habe es nicht dir zurückzugeben, sondern dem, von welchem ich es genommen habe. Du hast das Bleichgesicht, welches die Oelquelle kaufte, in der kein Oel vorhanden ist, um dieses Geld betrogen. Der “Wolf” wird wissen, was er zu thun hat.«

Er zog das Papier aus dem Gürtel und gab es Wolf mit einem bezeichnenden Winke zurück. Dieser schob es schnell in seine Tasche.

»Halt!« rief Grinley, indem seine Augen zornig blitzten. »Das Papier gehört mir!«

»Ja,« nickte Wolf, indem er ein sehr behagliches Lächeln zeigte.

»Also her damit!«

»Nein,« antwortete Wolf mit demselben behaglichen Lächeln.

»Warum nicht? Wollt Ihr an mir zum Diebe werden?«

»Nein.«

»Dann heraus damit!«

»Nein.«

»So seid Ihr ja ein Dieb, und ich – – —«

Da fiel Wolf ihm in einem ganz andern Tone in die Rede:

»Mäßigt Euch, Mr. Grinley! Wenn Ihr mich beleidigt, ist’s um Euch geschehen. Ich bin kein Dieb.«

»Warum behaltet Ihr denn diese Anweisung, welche mir gehört?«

»Weil uns manches in eurer Erzählung nicht einleuchten will und weil ihr gar so rasch von hier fort wollt. Leute, welche mit genauer Not der Gefangenschaft und dem Tode entronnen sind, bedürfen der Ruhe und der Pflege. Dies könntet ihr hier haben; ihr wollt aber fort. Sodann würde jeder andre an eurer Stelle sich uns auf unserm Zuge gegen die Nijoras anschließen, um sich zu rächen; auch das wollt ihr nicht. Ihr wollt nur fort, nur fort, und zwar sehr schnell. Das sieht natürlich ganz so aus, als ob ihr vor jemand, der hinter euch her kommt, eine gewaltige Angst hättet.«

»Was wir denken und wollen, das geht Euch nichts an,« antwortete der Oelprinz protzig. »Ich habe mit dem Häuptling und durch ihn mit allen den Seinen die Pfeife des Friedens geraucht; er muß seine Versprechungen erfüllen, und es darf mir nichts genommen werden.«

 

»Ganz richtig, Sir! Der “Große Donner” wird sein Wort ganz gewiß halten.«

»So gebt das Papier heraus!«

»Ich? Fällt mir nicht ein! Ich will es keineswegs stehlen, sondern nur aufheben.«

»Hölle und Teufel! Für wen?«

»Für diejenigen, welche nach euch kommen.« Und als der Oelprinz zornig aufbrausen wollte, schnitt er ihm das Wort mit dem sehr energischen Zurufe ab. »Haltet den Mund! Glaubt ja nicht, daß Ihr der Mann seid, von dem ich mich einschüchtern lasse! Wenn ihr ehrliche Leute seid, so könnt ihr ruhig bei uns bleiben. Ob ihr euch das Geld drei oder vier Tage früher oder später auszahlen laßt, das kann euch nicht an den Bettelstab bringen. Ich will euch sagen, was ich denke. Im ersten Augenblicke habe ich euch für Gentlemen gehalten; damit ist es aber vorüber, seit ich eure famose Erzählung gehört habe.«

»Sie ist wahr!«

»Unsinn! Ihr sagt, Old Shatterhand, Winnetou, Sam Hawkens und andre seien mit euch gefangen gewesen? Und ihr seid allein entkommen! Mr. Grinley, das ist außerordentlich auffällig. Ihr habt da Männer genannt, welche weit eher entkommen würden, als ihr. Vielleicht habt ihr sie in die Hände der Nijoras gespielt. Das mag nun freilich sein, wie es will; Winnetou und Old Shatterhand sind Leute, die für sich selber sorgen werden. Für mich ist die Hauptsache jetzt diese Anweisung. Wir werden die Gefangenen befreien und also mit ihnen zusammen kommen; oder sie befreien sich selbst und kommen hinter euch her; auch in diesem Falle treffen wir auf sie. Da werden wir natürlich diesen Bankier Mr. Rollins sehen und ihm die Anweisung zeigen. Ist Eure Sache eine ehrliche, so könnt Ihr getrost bei uns bleiben; seid Ihr aber ein Betrüger, so habt Ihr Euch dieses Mal umsonst bemüht.«

Da sprang der Oelprinz vom Boden auf und schrie:

»Das wollt Ihr thun? Das sagt Ihr mir? So wollt Ihr an mir handeln? Was geht es Euch an, daß ich schnell weiter muß! Habe ich nötig, Euch meine Gründe zu sagen? Ich bleibe dabei: die Friedenspfeife ist geraucht worden und niemand darf mich hier festhalten!«

»Das wird auch kein Mensch thun!« antwortete Wolf ruhig.

»Und ich muß bekommen, was man mir versprochen hat!«

»Waffen, Pulver, Blei und Fleisch? Ja, das werdet Ihr erhalten.«

»Und mein Papier zurück! Es ist mein Eigentum!«

»Wenn dies erwiesen ist, erhaltet Ihr es allerdings zurück.«

»Nein, jetzt, sofort! Es darf uns nichts genommen werden, denn der Häuptling hat mit uns für sich und all die Seinen das Kalummet geraucht.«

»Das stimmt. Aber, Mr. Grinley, haltet Ihr mich etwa auch für einen Indianer, für einen Navajo?«

»Fragt nicht solchen Unsinn!«

»Schön! Ich gehöre also nicht zu dem “Großen Donner” und den Seinen. Oder habe ich mit Euch das Kalummet geraucht?«

Grinley starrte ihm ins Gesicht und fand keine Antwort.

»Ja, so ist es,« nickte Wolf mit einem überlegenen Lächeln. »Ihr mögt sonst ein schlauer Fuchs sein; heute aber seid Ihr das Gegenteil gewesen. Man läuft hier im wilden Westen nicht mit Hunderttausenden in der Tasche herum und wenn man es dennoch thut, so behält man sie drin stecken und zeigt —sie nicht vor. Nun habt Ihr gehört, was ich Euch zu sagen hatte: wir sind fertig.«

Er stand auf und wollte sich entfernen. Da packte ihn der Oelprinz am Arme und schrie ihn an:

»Das Papier heraus, oder ich erwürge Euch!«

Wolf schleuderte ihn mit einem kräftigen Rucke von sich ab, zog seinen Revolver, hielt ihm denselben entgegen und antwortete drohend:

»Wagt Euch noch einen einzigen Schritt an mich heran und meine Kugel fährt Euch in den Schädel! Bleibt bei uns, oder macht Euch fort, mir ist es ganz gleich; aber dieses Papier gebe ich nicht eher wieder her, als bis ich meinen Neffen befreit und mit dem Bankier gesprochen habe. Jetzt ist’s genug!«

Er ging nun wirklich fort. Der Oelprinz mußte dies zähneknirschend sehen, ohne ihn halten zu können. Er wendete sich wutschnaubend an den Häuptling; dieser hörte ihn lächelnd an und antwortete dann in größter Seelenruhe:

»Der “Wolf” ist ein freier Mann, er kann thun, was ihm beliebt. Wenn du bei uns bleibst, so bekommst du dein Papier wieder.«

»Ich muß aber fort!«

»So mag es dir der Bankier nachsenden. Du hast uns eine Botschaft gebracht, und ich gebe dir Waffen, Munition und Fleisch dafür, obgleich sie wohl nicht wahr ist. Verlange nicht mehr von mir. Willst du bei uns bleiben?«

»Nein.«

»So sollst du jetzt gleich erhalten, was ausbedungen ist; dann könnt ihr weiter reiten.«

Er ging, um die nötigen Befehle zu erteilen, und auch seine Navajos zogen sich von den drei Weißen zurück wie Tauben, die auf dem Felde vor den Krähen weichen. Die Betrüger standen allein. Niemand hörte auf sie; darum konnten sie gegenseitig ihren Gefühlen ganz ungeniert Luft machen.

»Verfluchter Kerl, dieser Wolf!« knirschte Grinley. »Er gibt die Anweisung wirklich nicht heraus!«

»So etwas habe ich mir gleich gedacht, als ich sah, daß du sie vorzeigen wolltest,« antwortete Buttler. »Bist ein Dummkopf gewesen, wie es keinen zweiten gibt!«

»Schweig, Esel! Ich konnte nicht anders. Sie wollten mir nicht glauben, und da mußte ich mich legitimieren.«

»Legitimieren! Mit einer erschwindelten Anweisung! Hat man jemals so etwas gehört! Nun siehst du, wie schön dir diese Legitimation gelungen ist!«

»Das konnte ich nicht vorher wissen!«

»Aber ich hab’s gewußt! Wo ist nun der Lohn für alle Mühe, die wir uns gegeben, für alle Gefahren, die wir durchgemacht haben? Ein einziger Augenblick hat uns um alles gebracht!«

So ging es eine ganze Weile fort, aber als Poller auch anfing, Vorwürfe zu machen, brachte Grinley ihn durch einige Grobheiten zum Schweigen und fuhr dann fort:

»Ich mag unvorsichtig gewesen sein, doch ist noch lange nicht alles verloren. Wir werden die Anweisung wiederbekommen.«

»Von diesem Wolf?« fragte Buttler mit einem Lachen des Zweifels.

»Ja.«

»Willst du etwa hierbleiben und warten, bis die Nijoras kommen oder gar Old Shatterhand und Winnetou?«

»Fällt mir nicht ein! Wir reiten fort.«

»Aber da geben wir doch das Papier auf!«

»Nein. Ich sage, wir reiten fort, aber nicht eher, als bis wir Wolf gezwungen haben, es herauszugeben.«

»Wie willst du ihn zwingen?«

»Denke daran, daß wir Waffen erhalten.«

»Also mit ihm kämpfen?«

»Ja, wenn er uns dazu zwingt.«

»Und die Roten? Wie werden die sich dazu verhalten?«

»Sie werden sich nicht einmischen. Wir haben die Friedenspfeife mit ihnen geraucht, und solange wir ihr Lager nicht verlassen, dürfen sie nicht Partei gegen uns und für ihn nehmen. Er hat ja erklärt, daß er nicht zu ihnen gehört. Etwas andres wäre es, wenn wir das Lager verließen und dann vielleicht zurückkehrten; dann hätte das Kalummet seine Kraft verloren. Seht, da bringt man uns das Fleisch! Die Gewehre und Messer werden bald folgen, und dann suche ich diesen Wolf auf. Ihr haltet doch zu mir?«

»Natürlich! Für eine solche Summe kann man schon etwas wagen. Wir können ja probieren, wie es geht. Wenn es gefährlich für uns werden will, ist es doch noch Zeit, von dem Kampfe abzusehen. Dort steigen mehrere Rote zu Pferde. Wohin mögen sie wollen?«

»Kann uns gleichgültig sein. Uns geht es wohl nichts an.«

Buttler irrte sich, als er dies dachte, Der Häuptling näherte sich mit einem Roten, welcher lange, dünne Stücke getrockneten Fleisches trug.

»Wann wollen die Bleichgesichter uns verlassen?« fragte er.

»Sobald wir bekommen haben, was uns versprochen worden ist.«

»Und wohin werdet ihr die Schritte eurer Pferde lenken?«

»Hier zum Bette des Rio Navajos hinab. Wir wollen den Colorado hinunter.«

»So könnt ihr sofort aufbrechen. Hier ist Fleisch.«

»Und das andre?«

»Werdet ihr auch erhalten. Seht ihr die Reiter dort?«

»Ja.«

»Sie haben drei Gewehre, drei Messer und Pulver und Blei für euch. Sie werden eine Stunde lang mit euch reiten und dann, wenn sie euch diese Sachen gegeben haben, wieder zu uns zurückkehren.«

Die drei sahen sich enttäuscht an. Der Häuptling bemerkte dies sehr wohl, that aber so, als ob es ihm entgangen sei.

»Warum bekommen wir das denn nicht jetzt?« fragte Buttler.

Da ging ein ganz eigentümliches Lächeln über das Gesicht des »Großen Donners«, und er antwortete:

»Ich habe vernommen, daß die Bleichgesichter die Gewohnheit haben, lieben Gästen das Ehrengeleite zu geben. Dies soll hier mit euch geschehen.«

»Wir nehmen es dankbar an; aber die Waffen können wir ja doch selber tragen.«

»Warum sollt ihr euch diese Mühe geben? Ihr braucht sie doch jetzt nicht. Seht, meine Leute brechen auf! Sie pflegen schnell zu reiten. Macht, daß ihr ihnen nachkommt, sonst erreichen sie vor euch die Stelle, an welcher sie euch die Waffen übergeben sollen, und wenn ihr dann nicht da seid, bekommt ihr sie nicht.«

Er machte mit der Hand die Bewegung des Abschiedes und wendete sich davon, indem sein Gesicht vor Schadenfreude förmlich glänzte. Er hatte sein Versprechen erfüllt und zugleich das Vorhaben der Weißen verhindert.

»Schlauer Fuchs, diese Rothaut!« stieß Grinley hervor. »Er scheint geahnt zu haben, was wir uns vorgenommen hatten.«

»Ja,« stimmte Buttler bei. »Dieser rote Spitzbube ist eben auch ein Freund von Old Shatterhand und Winnetou, und wenn man es mit einem solchen Kerl zu thun hat, kann man gewiß sein und darauf schwören, daß man übertölpelt und betrogen wird. Nun ist für uns nichts mehr zu hoffen.«

»Pshaw! Ich gebe die Hoffnung noch lange nicht auf.«

»Wirklich? Denkst du, daß es möglich ist, noch etwas zu erreichen?«

»Ja.«

»Auf welche Weise?«

»Wir warten, bis die sechs Kerls fort sind und kehren dann um.«

»Um mit Wolf anzubinden?«

»Ja.«

»Das wäre wieder dumm, denn die Roten würden ihm alle helfen. Du hast ja selbst gesagt, daß wenn wir das Lager verlassen haben, das Kalummet keine Kraft mehr besitzt.«

»Ja, das wäre freilich eine Dummheit, wenn wir ihn offen anpacken wollten.«

»Also heimlich?«

»Ja. Ihr könnt euch denken, daß sie baldigst aufbrechen werden, um die vermeintlichen Gefangenen zu befreien, und wir wissen, daß sie am rechten Ufer aufwärts ziehen werden. Wir reiten ihnen nach, bis wir den Platz erreichen, wo sie für die Nacht lagern. Da belauschen wir sie, und es sollte mich wundern, wenn wir keine Gelegenheit fänden, uns an diesen Wolf zu machen.«

»Das mag richtig sein. Das ist ein Gedanke, welcher mir wieder Leben gibt. Hoffentlich hat der Kerl die Anweisung bei sich!«

»Wo sollte er sie sonst haben? Hier im Westen gibt es keine feuerfesten Tresors, in denen man das Geld, welches man nicht besitzt, aufbewahren kann.«

Sie stiegen auf ihre Pferde und ritten ohne Abschied davon. Wem hätten sie ade sagen können? Es schien sich kein Mensch um sie zu bekümmern; aber es schien auch nur so, denn in Wirklichkeit waren alle Augen heimlich auf sie gerichtet.

Als der Oelprinz und seine beiden Genossen hinter der Böschung des Ufers verschwunden waren, kam Wolf wieder zum Vorschein. Er hatte sich hinter eine Baumgruppe zurückgezogen gehabt und schritt jetzt auf das Häuptlingszelt zu, vor welchem der »Große Donner« die hervorragendsten seiner Krieger zur Beratung zusammenkommen ließ. Die weiße Squaw befand sich in großer Sorge um ihren Sohn und trieb ihren Mann zum schleunigen Aufbruche, um die Nijoras zu überfallen. Er tröstete sie damit, daß Schi-So sich in Gesellschaft so berühmter, tapferer und erfahrener Krieger befände.

»Und,« fügte Wolf zur Beruhigung hinzu, »die Gefangenen werden erst nach beendetem Kriege, nach der Heimkehr in die Dörfer getötet; der Krieg hat aber noch gar nicht begonnen, und so braucht es Euch um Euren Sohn nicht angst zu sein, wie auch ich für meinen Neffen noch lange nicht die größeste Besorgnis hege. Vor allen Dingen müssen wir an das Nächste denken. Es muß ein Lauscher hinunter an den Fluß gelegt werden.«

»Wozu?« fragte der Häuptling.

»Wenn mich meine Vermutung nicht trügt, so kehren die drei Weißen, nachdem sie die Waffen bekommen haben, wieder um und folgen uns nach. Eine so hohe Summe gibt man nicht auf, ohne geradezu alles zu versuchen, sie wieder zu erhalten.«

»Du meinst, daß sie dich zwingen wollen, das Papier herauszugeben?« fragte der Häuptling.

»Ja.«

»Sie mögen kommen! Sie haben unser Lagerverlassen, und der Rauch des Kalummets kann sie also nicht mehr schützen. Sie würden unsre Kugeln schmecken.«

»Wenn wir sie sähen, ja. Sie werden sich aber hüten, sich sehen zu lassen, sondern uns im Verborgenen nachschleichen, um mich zu überfallen, wenn sich eine passende Gelegenheit dazu ergibt. Ich muß aus diesem Grunde zu meiner Sicherheit wissen, ob sie überhaupt umkehren. Darum bitte ich dich, einen berittenen Späher hinunter an den Fluß zu postieren.«

 

»Warum beritten?«

»Weil wir doch bald von hier aufbrechen und er uns ohne Pferd nicht leicht einholen könnte.«

Der Häuptling folgte diesem Rate, und dann konnte die Besprechung über den durch die Not so beschleunigten Zug gegen die Nijoras beginnen.

Eigentlich gab es gar nicht viel zu verhandeln. Es war zwar anzunehmen, daß Grinley, Buttler und Poller nicht die Wahrheit gesagt hatten in Beziehung dessen, was ihre Personen, ihre Absichten und Thaten betraf, aber daß sie gefangen gewesen waren, mußte geglaubt werden, weil sie keine Waffen gehabt hatten. Auch daß die Kundschafter der Navajos, Old Shatterhand und Winnetou nebst ihren Begleitern in die Hände der Nijoras geraten waren, durfte als wahr angenommen werden. Jedenfalls hatten die Nijoras auch Kundschafter ausgeschickt, und diese hatten das Lager der Navajos sicher erspäht, da sie von den Gegenkundschaftern nicht daran verhindert worden waren. Auf alle Fälle hatten die Nijoras beschlossen, zum Angriffe überzugehen, und diese Absicht war bestärkt worden durch die Flucht der drei Bleichgesichter, von denen die Nijoras sich sagen konnten, daß sie jedenfalls die Navajos aufgesucht hatten, um bei diesen Schutz zu suchen und sie zu benachrichtigen. Dies konnte nur durch einen schnellen Angriff wett gemacht werden, und so waren die Nijoras jedenfalls sofort gegen die Navajos aufgebrochen. Diese letzteren glaubten hinwiederum, den Angriff nicht abwarten zu sollen, sondern ihm zuvor- oder wenigstens entgegenzukommen. Darum rüsteten sie sich zum Aufbruche, welcher gerade in dem Augenblicke geschah, als die sechs Reiter zurückkehrten, welche Grinley, Buttler und Poller fortgeschafft hatten. Als sie befragt wurden, wie dieselben sich verhalten hätten, erklärten sie, daß die drei Weißen nach Empfang der Waffen und der Munition ruhig weiter geritten wären, ohne durch irgend etwas zu verraten, daß sie die Absicht hegten, umzukehren. Dennoch blieb der Späher unten am Flusse stehen und erhielt die Weisung, falls die Bleichgesichter zurückkehrten, sie erst vorüber zu lassen, eine Weile zu beobachten und sie dann in einem weiten Bogen zu umreiten, um seinen Kameraden nachzufolgen.

Der Zug ging natürlich am rechten Flußufer aufwärts, denn man hatte der Aussage des Oelprinzen, daß die Nijoras sich an diesem befänden, Glauben geschenkt; in Wirklichkeit kamen sie aber am linken herunter. Als der Tag sich zu Ende neigte, kam der Späher nach und meldete, daß die drei Weißen in der That umgekehrt seien und den Navajos auf deren Fährte folgten. Da man dies nun wußte, waren sie nicht zu fürchten.

Es wurde den ganzen Abend weiter geritten und erst gegen Mitternacht angehalten, da man nun, wie man fälschlicherweise annahm, jeden Augenblick auf die Nijoras treffen konnte. Man lagerte sich, brannte aber keine Feuer an, da diese zur Entdeckung führen konnten.

Eigentlich beabsichtigte man, nach rückwärts einige Posten auszustellen, um die drei Weißen abzuhalten; aber Wolf, auf den allein es diese doch abgesehen hatten, riet davon ab, da es nicht notwendig sei. Es stand mit Gewißheit zu erwarten, daß Buttler, Poller und Grinley nicht kommen würden, da es ihnen unmöglich gewesen war, in der Dunkelheit der Spur der Navajos zu folgen; der Mond war erst später aufgegangen.

Nach vorwärts aber wurden Wachen ausgestellt, denn das erforderte die allgemeine Sicherheit. Das Zelt des Häuptlings war aufgeschlagen worden, damit seine weiße Squaw in demselben schlafen könne. Sie hatte sich wohl auf die Decke hingestreckt, konnte aber aus Sorge für ihren Sohn keine Ruhe finden. Die Luft wurde ihr so schwül im Innern, daß sie nach einiger Zeit wieder aufstand und hinaus in das Freie ging.

Der Mond stand über den Uferbäumen und belächelte sein Bild, welches ihm aus dem hier schmalen, aber ziemlich tiefen Wasser des Flusses entgegenglänzte. Tiefe Stille herrschte ringsumher; nur zuweilen schnaubte eines der Pferde oder schlug mit dem Schwanze nach den Stechmücken, die es hier am Flusse gab; weiter war nichts zu hören. Wirklich weiter nichts? O doch, denn plötzlich klang es im Sechsachteltakte vom andern Ufer herüber:

»Fitifitifiti, fititi, fititi, fititi, fititi, fitifitifiti, fititi, fititi, ti!«

Die Indianer fuhren aus dem Schlafe empor und lauschten erstaunt. War das eine menschliche Stimme oder ein Instrument gewesen? Der Häuptling trat leise zu seiner Frau und fragte:

»Hast du es gehört? So etwas habe ich noch nie vernommen. Was mag es gewesen sein?«

»Es hat jemand die Violine nachgeahmt und einen Walzer geträllert,« antwortete sie.

»Violine? Walzer? Was ist das? Ich weiß es nicht.«

Sie wollte Auskunft geben, kam aber nicht dazu, denn es tönte von drüben herüber:

»Clililililili, lilili, lilili, Clililililili, lilili, lilili, lilili, li!«

»Das ist ja wieder anders!« flüsterte der Häuptling.

»Das war die Klarinette, welche nachgeahmt wurde.«

»Klarinette? Kenne ich nicht. Ich denke, daß da drüben–«

»Trärärä tä – tä – tä– trärärä tä – tä – tä –!« wurde er drüben unterbrochen.

»Das war die Trompete,« erklärte die Squaw, welche auch nicht wußte, was sie denken sollte. Und ehe noch der Häuptling antworten konnte, erklang es weiter:

»Tschingtschingtschingtschingbumbum, tschingbumbum, tschingbumbum, tschingtschingtsching tschingbumbum, tschingbumbum bum —!«

»Das war die große Trommel mit dem Messingbecken,« sagte die Squaw, deren Erstaunen von Minute zu Minute gewachsen war.

»Trompete, Trommel, Becken?« fragte der »Große Donner«. »Das sind lauter Worte, welche ich nicht verstehe. Ist vielleicht ein böser Geist da drüben?«

»Nein, es ist kein Geist, sondern ein Mensch.«

»Weißt du das gewiß?«

»Ja. Er ahmt den Klang verschiedener Musikinstrumente mit der Stimme nach.«

»Aber das ist doch nicht Musik der roten Männer!«

»Nein, sondern der Bleichgesichter.«

»Sollte es ein Bleichgesicht sein?«

»Möglich.«

»Aber die sind doch gefangen! Ich werde einige Späher hinübersenden, welche dieses sonderbare Wesen beschleichen sollen.«

Eine Minute später schwammen weiter unten, wo sie von dem sonderbaren Instrumentisten nicht bemerkt werden konnten, vier Navajos über den Strom, stiegen drüben an das Ufer und schlichen sich dann flußaufwärts. Nach kurzer Zeit ertönte ein unterdrückter Schrei und hierauf kamen die Vier, einen menschlichen Körper halb über Wasser haltend, wieder herübergeschwommen. Als sie den Körper auf die Beine gestellt hatten, meldete einer von ihnen dem Häuptlinge:

»Dieses Bleichgesicht ist es gewesen; es lehnte an einem Baume und trommelte sich mit den Fingern auf den Bauch.«

Der »Große Donner« trat an die fremde Gestalt heran, betrachtete sie und fragte:

»Was treibst du hier mitten in der Nacht? Was bist du, und wer sind die, zu denen du gehörst?«

Er hatte halb englisch und halb indianisch gesprochen; der Gefragte verstand ihn nicht, ahnte aber, was man wissen wollte, und antwortete in deutscher Sprache:

»Guten Abend, meine Herren! Ich bin der Herr Kantor emeritus Matthäus Aurelius Hampel aus Klotzsche bei Dresden, was ein berühmter Sommerluftkurort ist. Es liegt an der Dresden-Zittauer und Dresden-Königsbrücker Eisenbahn und hat eine Restauration, in welcher es während der großen Sommersaison jede Woche einen Vortragsabend gibt. Warum haben Sie mich denn in meinem Studium gestört? Ich bin wahrhaftig ganz pudelnaß geworden!«

Die Roten verstanden kein Wort; aber man kann sich das freudige Erstaunen der weißen Squaw denken, als sie die bekannten Laute ihrer Muttersprache hörte. Sie trat eiligst auf den Emeritus zu und rief aus:

»Sie sprechen deutsch? Sie sind ein Deutscher, ein Kantor aus der Dresdener Gegend? Wie in aller Welt kommen Sie denn hierher an den Chellyfluß?«

Nun war das Erstaunen auf der Seite des Herrn Kantors. Er trat einige Schritte zurück und rief aus, indem er die Hände zusammenschlug:

»Die Laute meiner Muttersprache aus diesem Munde! Eine Indianerin, eine echte Indianerin, welche deutsch redet!«

»Sie irren sich; ich bin zwar jetzt die Frau eines Indianers, nämlich des Häuptlings der Navajos, aber von Geburt eine Deutsche.«

»Und Sie haben einen Indianer zum Manne genommen? Wie heißt denn Ihr Herr Gemahl?«