Ego-State-Therapie bei Traumafolgestörungen

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3.4Beziehungsebenen der Ego-State-Therapie





Im Ego-State-Modell werden fünf Beziehungsebenen unterschieden, die ebenfalls eine maßgebliche Rolle in der Behandlung spielen und insbesondere in der traumafokussierten Therapie eine hohe Relevanz aufweisen (Fritzsche 2018a, S. 108 ff.). Die Ebenen im Einzelnen sind:



1)Beziehungsebene zwischen Therapeutin und Patientin



2)Beziehungsebene zwischen Therapeutin und Ego-States der Patientin



3)Beziehungsebene zwischen der Patientin und ihren Ego-States



4)Beziehungsebene der Ego-States untereinander



5)Beziehungsebene zwischen den Ego-States der Therapeutin und denen der Patientin



Im Behandlungskonzept der Ego-State-Therapie werden alle fünf Beziehungsebenen berücksichtigt. Da sie äußerst verschieden ausfallen können, ist ihre Unterscheidung wichtig. Beispielsweise kann die Therapeutin einen positiven Kontakt mit einem Ego-State entwickeln, den die Patientin vollkommen ablehnt. Es liegen so zwei unterschiedliche Beziehungsqualitäten vor, die in die Arbeit eingebunden werden müssen. Die Therapeutin könnte mit ihrem positiven Kontakt unter anderem eine Modellfunktion erfüllen. Die ablehnende Haltung der Patientin könnte wiederum an noch unzureichend bearbeitete Themen wie Akzeptanz, Würdigung und Identität erinnern. Die einzelnen Beziehungsqualitäten haben demnach nicht nur einen diagnostischen Wert, sie stellen gleichermaßen Entwicklungsaufgaben dar, die zu erfüllen sind.








3.4.1Beziehungsebene zwischen Therapeutin und Patientin





Für die gesamte Behandlung bleibt die Patientin die Ansprechpartnerin. Wir behandeln Menschen und nicht Persönlichkeitsanteile. Den Menschen gegenüber besteht eine Verantwortlichkeit seitens der Therapeutin, deren Behandlung die Patientin erfährt (Beziehungsebene 1). Diese Verantwortlichkeit bleibt natürlich während der gesamten Behandlung bestehen. Alle Interventionen im Therapieverlauf werden entsprechend dem belastungsbezogenen Toleranzbereich der Patientin ausgewählt und mit ihr abgestimmt (siehe

Teil 2

 des Buches). Die Patientin nimmt eine aktive Rolle ein und behält diese auch während der Arbeit mit ihren Ego-States und der Konfrontation mit traumatischem Material. Unabhängig von der jeweiligen Technik, die für einen Behandlungsschritt ausgewählt wird, besteht das Ziel für jeden der Schritte, dass die Patientin diesen bewusst erleben und nachvollziehen kann, auch unter Verwendung von klinischer Hypnose. In manchen Fällen kann dies bedeuten, einen Behandlungsschritt mehrmals zu durchlaufen, da er beispielsweise in einem ersten Durchlauf von der Patientin nicht bewusst erlebt werden wird bzw. erlebt werden soll und erst anschließend angemessen zu Bewusstsein gebracht wird. So werden beispielsweise nicht alle Informationen, die Therapeuten von Ego-States erhalten, unmittelbar und »ungefiltert« an die Patientin weitergegeben. Um eine Integration zu erreichen, wird insgesamt während der Behandlung ein bewusstes Erleben der Patientin angestrebt. Sie soll bei der Behandlung anwesend sein. Insbesondere im Zuge der Behandlung von Patientinnen und Patienten mit komplexen dissoziativen Störungen, vor allem bei der Dissoziativen Identitätsstörung (DIS), stellt dies Therapeuten und Patienten vor große Herausforderungen, da die integrative Funktion des Bewusstseins einschließlich Gedächtnis, Wahrnehmung der eigenen Person und der Umwelt, Selbstempfinden und Identität sowie die Kontinuität der Erfahrung gestört sind.



Das Konzept der Ego-State-Therapie wäre jedoch nicht vollständig umsetzbar, wenn man ausschließlich auf der ersten Beziehungsebene bliebe. Die weiteren Ebenen sind für eine fundierte Anwendung der Ego-State-Therapie unumgänglich. Hinsichtlich des Verbleibens auf der ersten Beziehungsebene bestünde die Gefahr, auf einer Meta-Ebene zu verharren und mit der Patientin mittels Meta-Kommunikation über ihre Ego-States zu sprechen. Das vermeintlich Positive daran ist, dass es sich für viele Therapeutinnen und Therapeuten sehr angenehm anfühlt, die inneren Prozesse aus dieser sicheren Entfernung zu betrachten. Jedoch könnte sich eine Vermeidung des Kontakts mit Ego-States einschleichen.

Wir reden halt darüber

. Auch gut. Mit dem Darüberreden lässt sich durchaus viel erreichen. Insofern hat es eine wichtige Aufgabe innerhalb des Behandlungsprozesses. In der Ego-State-Therapie bleibt es jedoch nicht beim Darüberreden. Die Therapie entfaltet ihre Wirksamkeit durch die tatsächliche Begegnung mit Ego-States, also dem Erleben dieser Begegnung und der Erfahrung einer realen Beziehung. Der Vorteil des Darüberredens besteht darin, dass es dem Belastungsgrad der Patientin angepasst werden kann. Für sehr instabile Patienten kann es vorteilhaft oder notwendig sein, ausführlich und zwischendurch immer wieder

darüber zu reden

. Auf der ersten Beziehungsebene wird über die Erlebnisse auf den weiteren Ebenen reflektiert. Dies kann eine vorbereitende Funktion erfüllen – wir reden zuerst über Ego-States, denen wir später noch begegnen werden – oder dem Resümieren dienen: Wir reden darüber, wie die Patientinnen die Begegnung erlebten und was dies für sie bedeutet.








3.4.2Beziehungsebene zwischen Therapeutin und Ego-States der Patientin





Im Behandlungskonzept der Ego-State-Therapie stellt der Kontakt mit Ego-States ein zentrales Element dar. Die Behandlung einer Person erfolgt über den Weg der Begegnung mit Persönlichkeitsanteilen dieser Person. Ohne eine Begegnung mit Ego-States und den Aufbau einer Beziehung mit ihnen ist deren angestrebte Integration in die Persönlichkeit nicht möglich. Im Behandlungsverlauf nimmt die Therapeutin direkten Kontakt mit Ego-States der Patientin auf. Dieser betrifft alle drei Typen von Ego-States und weist entsprechende Spezifika auf, die im

Abschnitt 3.2

 erläutert wurden.



Die Therapeutin übernimmt auf dieser Beziehungsebene sehr wichtige Aufgaben. Sie nutzt ihre kompetenten Beziehungsfertigkeiten für die Begegnung mit Ego-States. Hinsichtlich Bindung und Beziehung besitzt sie eine

Modellfunktion

. Vielen Patientinnen fällt es beispielsweise schwer oder sie haben explizite Vorbehalte, traumatisierten Ego-States überhaupt zu begegnen, sie zu erleben, sie zu unterstützen und zu versorgen. Es fällt ihnen schwer, eine Beziehung mit ihnen zu beginnen und aufrechtzuerhalten. Hier kann die Therapeutin als Vorbild (Modell) einen Schritt vorausgehen. Ebenso wichtig ist ihre Rolle bei der Begegnung mit destruktiv wirkenden bewältigenden Ego-States, vor denen viele Patientinnen Angst haben. Auch hier kann die Therapeutin einen Schritt vorausgehen und dem entsprechenden Ego-State begegnen, ihm beispielsweise Würdigung entgegenbringen und zwischen ihm und der Patientin vermitteln. Zum Teil erweist sich die Unvoreingenommenheit der Therapeutin als sehr konstruktiv, da die Ängste und Vorbehalte der Patientinnen den Aufbau von Kontakt zu Ego-States erschweren oder unmöglich machen können. Um das Potenzial der Modellfunktion auszuschöpfen, wird die Patientin in diesen Prozess möglichst aktiv eingebunden, mindestens als Beobachterin. Sie lernt von der Therapeutin, wie sie mit ihren Ego-States in Kontakt gehen und eine Beziehung gestalten könnte.



Neben der Modellfunktion bietet die

zweite Beziehungsebene

 ebenfalls eine

Schutzfunktion

, da die Beteiligung der Patientin durch die Therapeutin reguliert werden kann. Zeitpunkt, Tempo, Umfang sowie Intensität des Einbeziehens der Patientin werden entsprechend ihrer Belastbarkeit reguliert. Zur Schutzfunktion zählt auch das Aufzeigen von Grenzen, das gegenüber Ego-States notwendig werden kann. Vor allem bei destruktiv wirkenden bewältigenden Ego-States, die besonders abwertend, verbal aggressiv oder zynisch sind, erhalten die Grenzen des Kontakts eine hohe Bedeutung. Der Kontakt wird nicht um jeden Preis hergestellt, sondern kann nur unter Einhaltung von Minimalregeln stattfinden, die die Therapeutin für sich selbst und zusätzlich gemeinsam mit der Patientin diskutieren und festlegen kann. Beispielsweise können auch die Therapeuten den Kontakt mit Ego-States verweigern oder abbrechen, falls ein Ego-State die Grenzen übertritt. Interessanterweise scheinen gerade die bösartig wirkenden Ego-States eine klare Haltung der Therapeutin hinsichtlich der Einhaltung von Gesprächs- und Kontaktregeln zu honorieren, da sie beispielsweise unterwürfiges Verhalten als aversiv erleben. Sie begrüßen offensichtlich Gespräche auf Augenhöhe. Dies gelingt zu Beginn meist der Therapeutin besser als der Patientin.








3.4.3Beziehungsebene zwischen der Patientin und ihren Ego-States





Ego-States lassen sich nicht

auf Zuruf

 integrieren. Zum einen wird ihre Integration durch die Unterstützung erreicht, die wir ihnen zuteilwerden lassen und die zu ihrer Entwicklung und Veränderung führt. Diese Aufgabe könnte auch die Therapeutin übernehmen. Zum anderen ist für eine erfolgreiche und nachhaltige Integration von Ego-States ein direkter Kontakt der Patientin mit ihnen erforderlich. Um diesen zu ermöglichen, wird die Patientin angeleitet, in Kontakt mit ihren Ego-States zu kommen und eine Beziehung mit ihnen zu gestalten. Die Patientin kann sich also nicht heraushalten. Eine Behandlung ohne ihre Mitwirkung wird nur unzureichend ausfallen, sie ist in Abwesenheit der Patientin nicht möglich. Es geht um den Kontakt mit dem eigenen Selbst.

 



Nicht alle Patientinnen und Patienten bevorzugen diesen Ansatz. Für manche von ihnen ist die Vorstellung attraktiv, dass die relevanten Ego-States – vergleichbar mit dem Zustand während einer Operation – sozusagen während ihrer eigenen Abwesenheit behandelt werden und dass sie selbst anschließend, wie nach dem Aufwachen, wieder gesund sind.



Ego-State-Therapie ist

keine

 Chirurgie, bei der der Körper geöffnet, der Ego-State chirurgisch korrigiert, die Öffnung anschließend wieder geschlossen und der Patient aufgeweckt wird.



Je nach Typ und Erscheinung kann die Aufnahme des Kontakts und der Beginn einer Beziehung mit den bisher nicht bzw. eingeschränkt zugänglichen Ego-States einen schwierigen Behandlungsschritt darstellen, da er für die Patienten beispielsweise mit großen Ängsten, starker Ablehnung, Scham oder weiteren aversiven Zuständen verbunden ist. Eine besondere Rolle spielen hier zum Beispiel Ego-States, die in Zusammenhang mit Taten der Patientin stehen, die sie nicht rückgängig machen kann und akzeptieren muss. Gleichfalls schwierig kann die Akzeptanz von traumatisierten Ego-States sein, da sie bedeutet, dass die Traumatisierungen tatsächlich geschehen und somit in der Biografie vorhanden sind. Für viele Patientinnen und Patienten löst dies eine Identitätsirritation aus. Bisher gingen sie davon aus, nicht traumatisiert zu sein. Nun scheint sich dies ins komplette Gegenteil verwandelt zu haben.



Eine weitere Herausforderung der zweiten und dritten Beziehungsebene besteht darin, dass ein destruktiv wirkender bewältigender Ego-State konsequenterweise absolut gegen den Kontakt der Patientin oder bereits zuvor der Therapeutin mit einem traumatisierten Ego-State eingestellt ist. Zu seinen Aufgaben gehörte ja gerade, diesen Kontakt dauerhaft zu unterbinden. Teilweise verwehren destruktiv wirkende bewältigende Ego-States generell die Kontaktaufnahme bzw. versuchen, diese zu stören. Ebenso wie sich Ego-States nicht

auf Zuruf

 integrieren lassen, kann die Begegnung mit ihnen nicht

per Ansage

 realisiert werden. Die Beziehungen werden entsprechend sorgfältig vorbereitet, vorsichtig begonnen und angemessen gestaltet.



Die Therapeutin übernimmt auf dieser Ebene die Rolle einer

Geburtshelferin

 für eine neue Beziehung der Patientin: die Beziehung mit einem Anteil ihrer Persönlichkeit. Sie unterstützt dabei beide Seiten: die Patientin und den entsprechenden Ego-State. Sie vermittelt, moderiert, fragt nach, sucht mit nach Lösungen und bringt sich eventuell mit Impulsen, Ideen und Vorschlägen ein.



Für die bisher eher isolierten Ego-States ist es von großer Bedeutung, von der Patientin wahrgenommen, akzeptiert und unterstützt zu werden. Ein großer Anteil der Wirkung des Behandlungsmodells wird dieser Unterstützung von Ego-States zugeschrieben. Von gleich großer Bedeutung sind das Erleben der Patientin sowie die dafür notwendigen Fertigkeiten, selbst Unterstützung geben zu können. Darin erhält sie aktive Hilfe von der Therapeutin.



Das Erleben der Kompetenz von Versorgen, Akzeptieren und Würdigen der eigenen Ego-States wird als weiterer wichtiger Wirkfaktor der Ego-State-Therapie angesehen.



Insofern besteht in jeder Behandlung unter anderem die Aufgabe, die Beziehungsebene 3 aktiv zu gestalten. Das Geschehen auf der dritten Beziehungsebene besitzt hinsichtlich der Einschätzung der Stabilität der Veränderungen prognostisch einen hohen Wert.








3.4.4Beziehungsebene der Ego-States untereinander





Ego-States können miteinander in Beziehung treten. Dabei entwickeln sich Dynamiken, wie sie aus Familien, Teams oder Gruppen bekannt sind. Auf dieser Beziehungsebene zeigt sich die Vielfalt von Gruppenprozessen und Gruppenphänomenen, wie zum Beispiel Koalition, Isolation, Ausschluss, Machtkampf, Rebellion, Widerstand, Intrigen, Arbeitsteilung, Hierarchien und vieles mehr. Therapeutin und Patientin entwickeln einen Zugang zu diesen Prozessen und versuchen – ähnlich einem Gruppentherapeuten – die Probleme zwischen den Gruppenmitgliedern, also den Ego-States, zu verstehen und zu lösen bzw. dafür Impulse zu geben.



Häufig fürchten sich zum Beispiel die traumatisierten vor den destruktiv wirkenden bewältigenden Ego-States. Letztere sehen sich in der Pflicht, die traumatisierten Ego-States »

in der Versenkung

« zu halten. Teilweise drangsalieren sie sie in ähnlicher Form, wie es zuvor die äußeren Täter machten. Bei jeder Patientin und jedem Patienten zeigen sich auf der vierten Beziehungsebene typische innere Dynamiken zwischen den Ego-States.








3.4.5Beziehungsebene zwischen den Ego-States der Therapeutin und denen der Patientin





Letztlich reagieren auch die Ego-States der Therapeutin auf die der Patientin. Die fünfte Beziehungsebene ist als Erweiterung des Übertragungs- und Gegenübertragungskonzepts zu verstehen. Es geht vor allem um die Frage, welche Geschichte die Ego-States der Therapeutin haben und in welcher Form sie auf die Ego-States der Patientin reagieren. Natürlich lässt sich dies nur unter Einbeziehung des inneren Geschehens der Patientin betrachten. Die fünfte Beziehungsebene zielt jedoch mehr auf die Besonderheiten der Ego-States der Therapeutin ab, sozusagen bevor oder nachdem Übertragungs- und Gegenübertragungsprozesse betrachtet werden können. Diese Beziehungsebene erfordert ein hohes Maß an Selbstreflexion, unabhängig von der

psychotherapeutischen Sozialisation

. Einhundertprozentige Einsicht und Kontrolle über die eigenen Ego-States ist ebenso unmöglich wie eine solche Kontrolle über das eigene Unbewusste.



Es geht also um die Ego-States der Therapeutinnen und Therapeuten, die aufgrund ihrer eigenen Biografie entstanden sind und die trotz aller Bemühungen um die Analyse des eigenen Innenlebens, um Selbstreflexion, Mentalisierung, Achtsamkeit und Selbstakzeptanz eine Art

Eigenleben

 führen. Zwischen den Ego-States der Therapeutin und denen der Patientin kann ein eigenes Beziehungsgefüge entstehen, das mehr oder weniger gut reflektiert wird. Meiner Auffassung nach bringen sich die Ego-States der Therapeutinnen und Therapeuten (ungefragt) aktiv in die therapeutische Beziehung und die therapeutische Arbeit ein. Je nach psychotherapeutischer Herkunft kann dies sehr vertraut und selbstverständlich oder irritierend und befremdlich sein. In jedem Fall ist es für Therapeutinnen und Therapeuten notwendig (ebenso wie für die Patientinnen und Patienten), eigene Ego-States sowie deren Reaktionen, Bedürfnisse und Strategien zu erkennen und mit ihnen in Kontakt treten zu können. Beispielsweise ist es hinsichtlich einer gelungenen Psychohygiene wichtig, sich mit den eigenen Ego-States in einem möglichst weiten Umfang auszukennen, je mehr, desto besser. Auf der fünften Beziehungsebene spielen viele therapeutische Selbsterfahrungsfragen eine besondere Rolle. Die Fragen beschäftigen sich mit den Vorlieben und Befürchtungen der Therapeutinnen und Therapeuten in ihrer Arbeit. Welche Patientengruppen werden bevorzugt behandelt, welches Geschlecht oder welche Altersgruppen als angenehmer erlebt? Welche therapeutischen Aspekte bereiten besondere Schwierigkeiten oder fallen im Gegenteil besonders leicht? All diese Fragen stehen auch in Zusammenhang mit dem Erleben der Ego-States der Therapeutinnen und Therapeuten, die zum Teil

eigene

 Ziele zu verfolgen bzw.

eigene

 Entscheidungen zu treffen scheinen.







Fallbeispiel 9





Ich erinnere mich an ein Ehepaar, das sich nach dem Suizid ihres Sohnes bei mir um traumatherapeutische Hilfe bemühte. Sie waren akut traumatisiert und benötigten zunächst entsprechende notfallpsychologische Hilfe. Was sie nicht wissen konnten, war, dass mein Sohn im gleichen Alter war. Während ich mit ihnen die anstehenden Schritte abklärte, lief parallel ein zweiter Prozess bei mir, den ich kaum kontrollieren konnte und der sich um den Zustand meines Sohnes, mögliche Belastungsfaktoren, unsere Beziehung und meine Vaterrolle drehte. Für manche wäre dies eventuell ein Grund, im Sinne einer Psychohygiene die Behandlung nicht zu übernehmen. Andere würden die Situation vielleicht als unproblematisch einschätzen, da sie sich der nötigen Distanz sicher wären.



Die fünfte Beziehungsebene bezieht die Lebensgeschichte und Lebenssituation der Therapeutinnen und Therapeuten insofern mit ein, als die eigenen Ego-States ernst genommen werden. In den Selbsterfahrungen und Supervisionen spielt diese Ebene eine wichtige Rolle.








3.5Prozessorientierte Ziele der Ego-State-Therapie





Die prozessorientierten Ziele der Ego-State-Therapie (POZ) beinhalten verschiedene Funktionen und wurden ausführlich beschrieben (Fritzsche 2018a, S. 146 ff.). Sie sind in

Tab. 7

 zusammenfassend dargestellt.



Zum einen verweisen sie auf wichtige

Behandlungsschritte

, von denen jeder einzelne ein eigenes therapeutisches Projekt im Behandlungsverlauf darstellt. Die Differenzierung dieser Schritte unterstreicht ihre jeweilige Bedeutung und zeigt, dass sie sich nicht automatisch oder wie von selbst erledigen. Wir haben Aufgaben zu lösen, die uns vor unterschiedlic