Eine wohltätige Frau

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Eine wohltätige Frau

1  Eine wohltätige Frau

Eine wohltätige Frau

Meinen Verkehr mit Meyer werde ich entschieden abbrechen müssen. Er ist ein zu übelwollender Charakter. Er weiß den einfachsten Dingen einen abscheulich bittern Geschmack zu geben. Die Geschichte, die er uns gestern zu später Stunde erzählte, amüsierte uns ja (wir waren alle halb betrunken), aber heute denke ich mit Entrüstung und mit Ekel daran. Und das mit Recht. Meyer sagte:

„Streiten wir nicht, meine Herren! Ihre Ansicht über Isabell Clarenberg, die heute ein Elender mit drei Revolverschüssen ermordet hat, werden Sie morgen früh im .Telegraphen durch mich selbst voll und ganz bestätigt finden. Sie werden sehen, daß ich eine feinsinnige Parallele gezogen habe zwischen diesen drei Schüssen und denjenigen, die einst der Gatte der schönen Isabell mit ihrem Liebhaber gewechselt hat. Das gibt mir Gelegenheit zu einer kleinen Abschweifung in das Gebiet der tragischen Vergeltung. Der unheilvolle Einfluß dieser Frau , wird beleuchtet werden, sie wird als ›eine Verkörperung derjenigen Tendenzen, die die Familie und damit die Gesellschaft untergraben‹, gebrandmarkt werden. Aber neben der öffentlichen, die er vertritt, hat so ein armer Zeilenschreiber doch zuweilen auch seine private Meinung. Ich persönlich habe es mir geradezu zum Gesetz gemacht, stets etwas anderes zu glauben als das, was ich schreibe. Das verschafft mir, wie soll ich sagen, eine gewisse Genugtuung. Es erhält mich frisch. Und so habe ich nun für meinen Hausgebrauch die Ansicht, daß die selige Isabell eine nützliche Frau, daß ihr Leben wie auch ihr Sterben ein eminent wohltätiges gewesen ist.

Erstens ist Ihnen bekannt, daß sie keine gewöhnliche Kokotte war. Sie alle, denen die Selige, falls sie noch lebte, nichts mehr zu gewähren hätte, haben, geradeso wie ich, eine zarte Befriedigung Ihrer berechtigten Eitelkeit darin gefunden, Tröster einer geschiedenen Frau zu sein – auch wenn die Scheidung allmählich etwas lange her und inzwischen manches vorgefallen war. Als die Geschichte noch neu war und die junge Frau ihren durch den Skandal begründeten Ruf dazu benutzte, um im ›Eden‹ mit so schönen Erfolgen aufzutreten, lernte ich sie kennen. Sie war trotz des eben berührten Details keine Spekulantin, sie hatte eigentlich ›du vague à l’âme‹. Da ich mich des vielleicht nicht unverdienten Rufes erfreue, sympathischen Debütantinnen durch meine ebenso diskrete wie wirksame Reklame nützlicher zu sein als irgendeiner meiner Kollegen, genoß ich ihr Vertrauen. Und ich muß gestehen, daß ich ihre Seele, die sie mir erschloß, bis zu einem erstaunlichen Grade frei von moralischem Sinn fand.

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