Arbeits- und Gesundheitsschutz in Deutschland

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Arbeits- und Gesundheitsschutz in Deutschland
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Arbeits- und Gesundheitsschutz in Deutschland

1  Arbeits- und Gesundheitsschutz in Deutschland

2  I Abkürzungsverzeichnis

3  1 Einleitung

4  2 Entwicklung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes

5  3 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) 1996

6  4 Herausforderungen im heutigen Arbeits- und Gesundheitsschutz

7  5 Führungsstil, Gesundheitsverhalten und Gesundheitsschutz im Unternehmen

8  6 Ausblick

Arbeits- und Gesundheitsschutz in Deutschland

I Abkürzungsverzeichnis

ADAV Allgemeiner Deutscher Arbeiterverein

ArbMedVV Arbeitsschutz - Verordnung zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge

ArbSchG Arbeitsschutzgesetz

ArbStättV Arbeitsstättenverordnung

ASiG Arbeitssicherheitsgesetz

ArbZG Arbeitszeitgesetz

AZO Arbeitszeitordnung

BAuA Bundesanstalt für Arbeitsschutz und -medizin

BaustellV Baustellenverordnung

BEG Betriebliches Eingliederungsmanagement

BetrSichV Betriebssicherheitsverordnung

BGF Betriebliche Gesundheitsförderung

BGM Betriebliches Gesundheitsmanagement

BildscharbV Bildschirmarbeitsplatzverordnung

BioStoffV Biostoffverordnung

BMAS Bundesministerium für Arbeit und Soziales

BVAU Bundesverbandes der Arbeitsrechtler in Unternehmen e.V.

DAF Deutsche Arbeiterfront

EEA Einheitliche Europäische Akte

EINECS European Inventory of Existing Chemical Substances

ELINCS European List of Notified Chemical Substances

EWG Europäische Wirtschaftsgemeinschaft

GefStoffV Gefahrstoffverordnung

GewO Gewerbeordnung

GPSG Geräte- und Produktsicherheitsgesetz

HdA Humanisierung des Arbeitslebens / der Arbeitswelt

JArbSchG Jugendarbeitsschutzgesetz

LAGetSI Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit Berlin

NLP No-longer-polymers

NSDAP Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei

OstrV Arbeitsschutzverordnung zu künstlicher und optischer Strahlung

SiGeKo Sicherheits- und Gesundheitskoordinator

SiGePlan Sicherheits- und Gesundheitsplan

StAfA Staatliches Amt für Arbeitsschutz

STMAS Bayern Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration

1 Einleitung

Der Fokus dieses e-Books liegt auf den gesetzlichen Grundlagen für den Arbeitsschutz in Deutschland in Abgrenzung zur Arbeitsmedizin. Die stetige Entwicklung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes in Deutschland ist aufgrund der rasch fortschreitenden Digitalisierung und der aktuellen demographischen Entwicklung ein sehr nützliches Instrument. Der Arbeits- und Gesundheitsschutz wurde und wird immer noch stark von politischen Entscheidungen und gesellschaftlichen Entwicklungen geprägt.

Die erste Herausforderung für den Arbeits- und Gesundheitsschutz war die Industrialisierung, die vor etwa 200 Jahren begann. Erste Ideen für ein Sozialversicherungssystem für die Absicherung der Gesundheit der Arbeiter wurden unter anderem von Otto von Bismarck und Friedrich von Bodelschwingh entwickelt. Das Bismarck´sche System wurde während der Weimarer Republik weiter ausgebaut und verfeinert. Dann kamen der erste und der zweite Weltkrieg sowie die Nachkriegszeit. Heutzutage sind die zwei größten Herausforderungen für den Arbeitsschutz die Digitalisierung und der demographische Wandel.

Das Weißbuch „Arbeiten 4.0“ des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) aus dem Jahr2016 stellt die gesetzlichen Rahmenbedingungen für eine künftige digitale Arbeitswelt vor. Bei vielen Arbeits- und Personalrechtlern finden diese Vorschläge bisher wenig Zustimmung. Im Vorfeld hatte ein Forum, bestehend aus mehreren HR-Vorständen, im Juni 2016 Vorschläge für die „Arbeit in der digitalen Transformation“ beim Bundeskanzleramt eingereicht. Die Kritik der Arbeits- und Personalrechtler bezieht sich auf die vier Säulen des Weißbuches, die Beschäftigungsfähigkeit, die Arbeitszeit, den Beschäftigten-Datenschutz sowie die Mitbestimmung und Teilhabe. Das Standpunktpapier des HR-Forums enthält zudem viele Ideen für die Rahmenbedingungen einer Arbeitswelt 4.0. Aus der Sicht der HR-Experten sollte die erste Säule „Beschäftigungsfähigkeit“ folgende Komponenten für eine Chancen-orientierte Gestaltung beinhalten: Qualifikation, Weiterbildung sowie digitale Kompetenzen. Das bestehende Arbeitszeitgesetz (ArbZG) halten die Experten für nicht mehr zeitgemäß und fordern daher in ihrem Arbeitspapier Anpassungen an die digitale Arbeitswelt. Die Experten schlagen Lebensarbeitszeitkonten vor, die Auszeiten erlaubt und flexibel gestaltet werden können. Allerdings stößt dieser Vorschlag auf wenig Gegenliebe in kleinen und mittelständischen Betrieben. Konkrete Vorschläge machen die Experten hinsichtlich der Datenschutzmitbestimmung. Die Rechtssicherheit eines Unternehmens im Umgang mit den Daten der Beschäftigten ist wichtig. Das Mitbestimmungsrecht der Betriebsräte im Umgang mit den Beschäftigten-Daten soll eingeschränkt werden, damit neue Software-Systeme und IT-Anwendungen schneller eingeführt und modifiziert werden können. In Bezug auf „Mitbestimmung und Teilhabe“ sollen digitale Möglichkeiten weiter ausgebaut werden wie beispielsweise die online-Wahl eines Betriebsrates oder die Durchführung von virtuellen Sitzungen.

2 Entwicklung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes
2.1 Arbeitsschutz versus Arbeitssicherheit

Der gesetzliche Arbeitsschutz von Beschäftigten entstand bereits im frühen 19. Jahrhundert. 1839 entstand das preußische Regulativ über die Beschäftigung von Jugendlichen in Fabriken, das als das erste deutsche Arbeitsschutzgesetz gilt. Dieses Regulativ enthielt Pausenzeiten, Arbeitszeiten und die Schulpflicht. Heutzutage wird der Arbeitsschutz im Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) definiert und dient dazu die Sicherheit und Gesundheitsschutz der Belegschaft durch Arbeitsschutzmaßnahmen zu realisieren und zu optimieren. Hier werden z.B. allgemeine Grundsätze, die Grundpflichten des Arbeitgebers und die Beurteilung der Arbeitsbedingungen festgelegt (ArbSchG, 1996, § 4).

Die Definition liess im Gegensatz zu dem „ersten“ Arbeitsschutzgesetz auf sich warten. Im Jahr 1973 wurde das Arbeitssicherheitsgesetz ausgefertigt. Im Arbeitsschutzgesetz wurden bereits in Paragraph 2 Maßnahmen zum Arbeitsschutz definiert. Das Arbeitssicherheitsgesetz stellt lediglich fest, dass (Zitat Anfang):

Der Arbeitgeber (…) nach Maßgabe dieses Gesetzes Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit zu bestellen.“ hat . Diese sollen ihn beim Arbeitsschutz und bei der Unfallverhütung unterstützen.“ (Zitat Ende) (ArbSChG, 1996, § 2; ASiG, 2013).

Hier werden Paragraphen aufgeführt die z.B. die Bestellung und Aufgaben von Betriebsärzten und der Fachkraft für Arbeitssicherheit sicherstellen.

2.2 Was ist Gesundheitsschutz?

Bereits im Titel des Arbeitsschutzgesetzes wird dem Begriff Gesundheitsschutz ein Ziel zugewiesen. Der Gesundheitsschutz deckt zusammen mit der Arbeitssicherheit die Ziele des Arbeitsschutzgesetzes ab und zählt heutzutage ebenfalls zu den Arbeitgeberpflichten (BMJV, 2015, S. 1-2; Beratungsstelle Arbeits- & Gesundheitsschutz, 2017).

Das betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) fasst die freiwillige betriebliche Gesundheitsförderung (BGF), den gesetzlich verpflichtenden Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) zusammen und bildet den Rahmen dieser Maßnahmen (Krauss-Hoffmann, Molnár & Sochert, 2014, S. 10).

BGF hat somit hier keine übergeordnete, sondern eine ausführende Rolle. Die Aufgabe der BGF ist es, Belastungen der Mitarbeiter zu senken und Ressourcen zu stärken. Die Themenfelder der Maßnahmen sind unter anderem Ernährung, Bewegung und Stressbewältigung. Auf diese Art und Weise soll die Gesundheit der Mitarbeiter gewährleistet und gefördert werden (BKK, 2014).

2.2 Gesetze vs. Verordnungen im Arbeitsschutz

Gesetze wie das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) geben ein grobes Ziel vor. Das oberste Ziel hierfür heißt: Sicherung der Sicherheit und Gesundheitsschutz für die Beschäftigten bei der Arbeit durch Maßnahmen des Arbeitsschutzes. Unter anderem werden in §5 Satz 3 ArbSchG „Beurteilung der Arbeitsbedingungen“ festgelegt, dass sich Risiken durch das Design sowie die Einrichtung von Arbeitsplätzen ergeben können (BMJV, 2015, S. 3).

Wie allerdings eine Einrichtung des Arbeitsplatzes in einer Arbeitsstätte auszusehen hat, wird in diesem Paragraphen des Arbeitsschutzgesetzes nicht beschrieben. Um einen Fall wie diesen gesetzlich konkretisieren zu können gibt es Verordnungen wie z.B. die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV). Um dem §5 Abs. 3 Satz 3 ArbSchG nun mit einer Konkretisierung zu verhelfen, werden hier unter anderem die Gefährdungsbeurteilung, das Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten sowie die Unterweisung von Beschäftigten festgelegt (ArbSchG, 1996, § 5 Abs. 3, 3; IFA 2015).

 

2.3 Historische Entwicklung

Vor dem 18. Jahrhundert

Die Entwicklung des Arbeitsschutzes und Gesundheitsschutzes reicht bis weit in die Geschichte bis in die Zeit vor der Geburt Christi. Damals waren Begriffe wie Arbeitsschutz und Gesundheitsschutz natürlich noch nicht in der aktuellen Form bekannt. Im alten Testament werden jedoch bereits die ersten Bausteine für den späteren Arbeitsschutz gelegt. 400 vor Christus erkannte Hippokrates (460-360 v. Chr.), dass Krankheiten nicht ohne Grund auftauchen, sondern aus „ täglichen Sünden wider die Natur“ entstehen. Demnach hielt Hippokrates es für wichtig bei künftigen Untersuchungen nach der beruflichen Tätigkeit zu fragen. Circa zweitausend Jahre später (1300 n. Chr.) wurden Bergordnungen erlassen, die als die ersten Sicherheitsvorschriften gelte (Hofmeister, 2006, S. 84 f.; Skiba, 2000, S. 16).

Im 15. Und 16. Jahrhundert herrschten menschenverachtende Umstände. Die Menschheit wurde von Armut, Hunger und Arbeitslosigkeit und Krankheiten wie Pocken, Lepra, Syphillis und der Pest geplagt. Die wenigsten Menschen konnten sich eine medizinische Versorgung leisten. Mit dem Aufkommen des Protestantismus und der Reformation Luthers wurde dem Wohlbefinden der Menschen mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Zunehmend bekamen Menschen Arbeitsplätze und jene, die nicht arbeiten konnten, kamen in den Genuss einer Art Sozialkasse. In dieser Zeit befasste sich Theophrastus, Bombast von Hohenheim, bekannt als Paracelsus (1493-1541), mit Krankheiten, die vermehrt bei Berg- und Hüttenarbeitern vorkamen (Faderl, Hagemann & Rieger, 2014, S. 5; Paracelsus, 2013, S. 1).

Auch im darauffolgenden Jahrhundert änderten sich die Arbeits- und Lebensbedingungen nur wenig. Auch das 17. Jahrhundert weist katastrophale Arbeits- Lebensbedingungen auf. Das Land war durch den Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) verwüstet. Krankheiten, Armut und Hungersnot nahmen weiter zu. Es gab Arbeitsplätze, aber die Bezahlung reichte nicht annähernd für alltägliche Dinge des Lebens oder medizinische Versorgung.

Das 18. Jahrhundert

Im 18. Jahrhundert hielt der Liberalismus in Europa Einzug. Die Worte „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ prägten die Revolutionen in Deutschland und Frankreich. Das französische Bürgertum lehnte sich erstmals im Jahr 1789 gegen die jahrhundertelange Unterdrückung und Benachteiligung auf. Mit der Kriegserklärung gegen europäische Monarchien radikalisierte sich die Revolution und der dadurch entstandene Terror endete erst mit der Guillotinierung von Robespierre (1758-1794) im Jahr 1794. Erst Napoleon Bonaparte (1769-1821) konnte die französische Revolution offiziell beenden und riss im Jahr 1799 die Macht in Frankreich an sich. Nichtsdestotrotz beeindruckte diese Revolution weitere Gegner der Monarchie wie beispielsweise in Deutschland. Die deutsche Revolution ist als Märzrevolution oder Deutsche Barrikaden von 1848/1849 bekannt. Politische Freiheit, freie Meinungsäußerung, Gleichberechtigung und die Vereinigung Deutschlands waren das Ziel der Aufbegehrenden. Die Deutschen Barrikaden führten zu Neuwahlen, einer neuen deutschen Nationalversammlung und die Aufhebung der zuvor einführten Pressezensur. Ursache für diese Revolution waren wirtschaftlicher und auch politischer Natur. Einer starken Missernte im Jahr 1846 folgten Hungersnöte und -revolten. Es gab keine Kaufkraft und die Textil- und Handwerksindustrie befand sich im Abwind. Die Arbeiterklasse konnte sich keine medizinische Minimalversorgung leisten (Faderl, Hagemann & Rieger, 2014, S. 5).

Der Fortschritt der Industrialisierung hatte nach diesen Umstürzen auch Einfluss auf den Arbeitsschutz. Kurz nach der französischen Nationalversammlung begann im Rheinland die Fingerhutindustrie. Bereits 1746 nutzte ein holländischer Goldschmied Fingerhüte für seine Näharbeiten (Greif, 2017; Skiba, 2000, S. 15).

Mit der Einführung der Dampfmaschine in der Textilindustrie begann die Industrialisierung auch in England. Während dieser Zeit wurde es üblich, von Betrieben anstatt von Werkstätten zu sprechen. Die Industrialisierung wird häufig auch als „industrielle Revolution“ betitelt. Einige Autoren halten den Ausdruck „industrielle Revolution“ allerdings nicht für passend. Da dieser Wandel über einen Zeitraum von einigen Jahrzehnten anhielt und nicht als kurzzeitiges Ereignis anzusehen war. Nachdem in den Nachbarländern England und Frankreich die Industrialisierung im Gange war, begann diese auch um 1795 in Deutschland. (Henning, 1996, S. 343 f.; Hubert und Albert, 1998, S. 14).

Im 19. Jahrhundert verbreiteten sich Spinnereien und Webereien sowie die Dampfmaschine in Deutschland.

Das 19. Jahrhundert

Auffallend in der deutschen Industrialisierung war die Mechanisierung von Spinnereien und Webereien im Rheinland und die Verbreitung der Dampfmaschine. Für die Maschinen wurden immer größere Fabrikhallen und große Mengen von Arbeitern benötigt. Aufgrund des wirtschaftlichen Aufschwungs ging es den Arbeitgebern wirtschaftlich gut. Deshalb liessen viele Betriebe ihre ungelernten Arbeiter, darunter viele Frauen und Kinder, bis zu 14 Stunden pro Tag arbeiten (Skiba, 2000, S. 5; Mertens, 1978, S. 5).

Kurz zuvor, im Jahr 1794, wurde das Allgemeine Preußische Landrecht erlassen. Dieses Landrecht schrieb eine dreijährige Schulpflicht von Kindern vor. Durch die stundenlange Arbeit waren die Kinder, zeitlich oftmals verhindert und nicht mehr in der Lage dem Unterricht nach einer langen Arbeitsschicht zu folgen. Aber nicht nur die Bildung wurde durch die harte Arbeit verdrängt, sondern die Kinder trugen häufig schwere gesundheitliche Folgen davon (Mertens, 1978, S. 5).

Die im 18. Jahrhundert üblichen 80-Stunden-Wochen sollten Maßnahmen gegen Faulheit sein. Viele Arbeitskräfte dieser Zeit waren entweder Waisenkinder, Landstreicher, Sträflinge oder entlassene Soldaten. Durch die langen Arbeitszeiten wurden viele Soldaten durch die Nacht- und Schichtarbeit zu Krüppeln. 1828 meldete Generalleutnant von Horn, dass in Gebieten großer Fabriken die Männer als Ersatz für die Armee fehlten. Das war auf die harte Kinder-Arbeit durch die viele Kinder bereits früh verstarben zurückzuführen. Dadurch entstand eine Diskussion mit Wirtschaftspolitikern dieser Zeit. Diese sahen einen Wettbewerbsnachteil für den Fall, wenn Kinder-Arbeit abgeschafft werden würde. 1835 forderte auch der Oberpräsident der Rheinprovinz, Friedrich von Bodelschwingh (1831-1910) nach einer Verordnung zum Schutz von Kindern während der Arbeit. Das ergab einen erneuten Anstoß zu einer Handlung hinsichtlich Kinder- und Arbeitsschutz Dörr, 2004, S. 142; Mertens, 1978, S. 5; Skiba, 2000, S. 2).

Kurz darauf erließ der damalige König von Preußen, Friedrich Wilhelm III. (1770-1840) am 6. April 1839 ein Kompromiss, das die Kinder-Arbeit einschränkte, aber nicht abschaffte. Das sogenannte „Regulativ über die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter in Fabriken“ legte in erster Linie ein Arbeitsverbot für Kinder unter 9 Jahren fest und schränkte die Arbeitszeiten für ältere Kinder ein. Unter anderem wurden die dreijährige Schulpflicht, die erlaubte Stundenanzahl und die Pausenregelung mit Bewegung an frischer Luft als Paragraphen hinzugefügt (Kön. Staatsm, 1839).

Auch vor Beginn der Industrialisierung existierte das Phänomen der Kinder-Arbeit. Diese Kinder-Arbeit beschränkte sich oft auf die Agrarwirtschaft innerhalb der Familie. Da die Kinder meistens für die eigene Familie arbeiteten, gab es hier klare Grenzen zur Ausbeutung. Aufgrund der schlechten Bezahlung hatten viele Familien während der Industrialisierung keine andere Wahl, als ihre Kinder in die Fabriken zu stecken. Bereits in den frühen Jahrhunderten, war auch im 19. Jahrhundert die Massenarmut ein permanenter Faktor des Lebens Für die Industrie im 19. Jahrhundert waren die Kinder lediglich „junge Erwachsene“, die die richtigen Fähigkeiten mitbrachten, und zwar kleine flinke Hände (Dörr, 2004, S. 142).

Allerdings wurde das erhoffte Ziel nicht erreicht. Das Regulativ zur Verbesserung der Situation der Kinder am Arbeitsplatz beinhaltete einige Ausnahmeregelungen, die die Situation nicht optimierte. Daraufhin wurde 1845 die preußische Gewerbeordnung (GewO) erlassen. Die GewO unterstützte Lehrlinge, verwaltete Krankenkassen und sorgte unter anderem für Witwen und Waisen von Innungsmitgliedern. Dadurch konnte jedoch nur ein Mindestmaß an Not gelindert werden. Daher fingen die Bürger an, mittels Hilfsorganisationen Geld zu sammeln und Bedürftigen zu helfen. Die Bürger verlangten nach einem Arbeitsministerium, das die Arbeitsbedingungen ins Verhältnis zu dem Verdienst regeln sollte (Hamburger Stiftung für Sozialgeschichte, 1990, S. 11-12; Mertens, 1978, S. 6).

Nach vielen abgeschlagenen Forderungen wurden erneute Forderungen zur Gründung einer Gewerkschaft laut. Die erste Gewerkschaft nannte sich „Allgemeine deutsche Arbeitsverbrüderung“. In den folgenden fünf Jahren konnten einige Forderungen durchgesetzt werden, die allerdings 1854 mit dem Verbot aller Arbeiterverbrüderungen wieder abgeschafft wurden. Ungefähr zur gleichen Zeit wurden Überwachungsgremien eingesetzt, um das preußische Regulativ zu verbessern,. Die sogenannten ehrenamtlichen Lokalkommissionen standen unter großem Einfluss der Unternehmer und erzielten daher auch keinen positiven Effekt für die Arbeiter. Die Aufgabe der Überwachung konnte nicht mehr den Lokalkommissionen überlassen werden, sondern wurden ab dem 16. Mai 1853 an Organe der Staatsbehörden übergeben. Der Grund dafür war eine Abänderung des preußischen Regulativs. Die Änderungen verbesserten den Kinder-Arbeitsschutz in vielen Bereichen. Das Arbeitsalter und die Pausenregelung wurde angehoben, die Arbeitszeiten erneut verringert, die Meldepflicht von jugendlichen Arbeitern bei der Polizei erlassen und eine Beschwerdemöglichkeit gegen das Regulativ wurde eingerichtet. Der tägliche Schulbesuch von nur drei Stunden wurde weiterhin für ausreichend empfunden (Hamburger Stiftung für Sozialgeschichte, 1990, S. 13-14; Mertens, 1978, S. 6; Dörr, 2004, S. 142).

Nach Erlass des Ergänzungsgesetzes im Jahr 1854, wurden drei Inspektoren in den Regierungen zu Aachen, Düsseldorf und Arnsberg eingesetzt die als Sonderbevollmächtigte der Polizeibehörden galten.Um 1860 entstanden in der deutschen Wirtschaft 100 neue Arbeitervereine. Weitere Forderungen wurden gestellt. Der Sozialist Ferdinand Lassalle (1825-1864) gründete 1863 den „Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein“ (ADAV). Dieser forderte unter anderem eine politische Vertretung der Arbeiterschaft im Parlament. Weiterhin entstanden Vereine, Verbände und Parteien, die mit der Reichsgründung 1871 durch Reichskanzler Otto von Bismarck (1815-1898) erneut verboten wurden (Hamburger Stiftung für Sozialgeschichte, 1990, S. 14-15; Skiba, 2000, S. 7).

In der Zwischenzeit wurde 1865 ein weiteres Gesetz im Arbeitsschutz veröffentlicht. Das preußische Berggesetz, das von nun an mehr Schutz im Bergbau regeln soll. Mit dem Erlass des Reichshaftpflichtgesetzes 1871 blieben Betriebsunfälle dennoch unentschädigt. In den Folgejahren spitzte sich die Situation der Inspektionen zu. Auch viele andere Bundesstaaten setzten sich für Fabrikinspektionen ein, wodurch 1878 eine Novelle zur Gewerbeordnung entstand. Damit wurde die Fabrikinspektion in allen deutschen Bundesstaaten gegen den Willen Bismarcks verpflichtend. Die ergänzte GewO verbesserte erneut die Arbeitsbedingungen von Frauen und Kindern. Frauen durften nach der Geburt eines Kindes drei Wochen der Arbeit fern bleiben (Mertens, 1978, S. 6; Skiba, 2000, S. 7).

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