Allmächtig? Ohnmächtig? Gerecht?

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Allmächtig? Ohnmächtig? Gerecht?
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Gerhard Padderatz


Ein Dialog über Gott

und sein Handeln

ADVENT-VERLAG


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ISBN EPUB: 978 - 3-8150 - 2600-7 (1. Auflage 2014)

ISBN PRINT: 978 - 3-8150 - 1885-9 (8. Auflage 2011)

© der E-Book- und der Print-Ausgabe:

Saatkorn-Verlag GmbH, Abt. Advent-Verlag, Pulverweg 6, 21337 Lüneburg

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E-Mail: info@advent-verlag.de

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Datenkonvertierung E-Book:

Zeilenwert GmbH, Rudolstadt

Projektleitung und Lektorat: Werner E. Lange Korrektorat: Sonja Lobitz, Erika Schultz

Einbandgestaltung: Sislak Design, Bad Soden-Salmünster

Titelhintergrund: Creativ Collection

Satz: rimi-grafik, Celle

Gesamtherstellung: CPI – Clausen & Bosse, Leck

Die Bibelzitate sind – falls nichts anderes vermerkt – der

Bibelübersetzung nach Martin Luther (revidierter Text 1984), durchgesehene Ausgabe in neuer Rechtschreibung,

© 1999 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart, entnommen.

Ansonsten bedeuten:

EB = Revidierte Elberfelder Bibel, © 1985, 1991, 2006, SMC R. Brockhaus im SCM-Verlag, Witten

GNB = Gute Nachricht Bibel (revidierte Fassung), Durchgesehene Ausgabe in neuer Rechtschreibung © 2000 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart; hrsg. zusammen mit dem Kathol. Bibelwerk, Stuttgart.

Hfa = Hoffnung für alle – Die Bibel (revidierte Fassung), © 1983, 1996, 2002 International Bible Society, Brunnen-Verlag, Basel und Gießen

8. Auflage 2011

© 2005 Saatkorn-Verlag, Abt. Advent-Verlag,

Pulverweg 6, 21337 Lüneburg

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Alle Rechte vorbehalten.

ISBN 978 - 3-8150 - 1885-9

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Vorwort

1 Eine Reisebekanntschaft

2 Warum viele Menschen Gott ablehnen

3 Das Übel fing im Himmel an

Die Rebellion Luzifers und Gottes Reaktion

4 Gibt es Ufos?

Verführungen durch Satans Engel

5 Erde, Odem und Seele

Die Erschaffung des ersten Menschen

6 Ein Verbot im Paradies

Menschliche Freiheit und der Tod

7 Die verpatzte Prüfung

Der Sündenfall und seine Folgen

8 Unsere zweite Chance

Die Notwendigkeiten im Erlösungsplan

9 Warum ich der Bibel vertraue

Beispiele biblischer Prophetie

10 Kann man einen Foltergott lieben?

Der Irrtum über die Hölle

11 Mehr als Schönheits-Chirurgie

Die Auferstehung der Gläubigen

12 Der Tsunami von Hilo

Die Wiederkunft Christi

13 3-D-Kinos im Himmel

Die tausend Jahre und das Gericht Gottes

14 Wie möchten Sie sterben?

Die Umkehr zu Gott und ihre Folgen

15 Die Freiheit im Rauchverbot

Bekehrung, Buße und Neugeburt

16 Warum geht es schlechten Menschen gut?

Der Segen Gottes und Hiobs Prüfung

17 Eine gefährliche Gratwanderung

Rettender Glaube

18 Das Lebensmotto eines Stehaufmännchens

Die Liebe Gottes

19 Ein Scheck vom Himmel

Erfahrungen mit Gott

20 Wie geht es weiter?

Anhang

Weitere Bücher

Zum Buch / Zum Autor

Fußnoten

Vorwort

Wir leben im Informationszeitalter. Durch das Internet ist uns fast jede Information innerhalb von Sekunden verfügbar. Dennoch haben die meisten Menschen anscheinend keine Antworten auf die wirklich wichtigen Fragen des Lebens.

Gibt es einen Gott? Warum lässt er all das Leid zu, wenn er liebevoll und allmächtig ist? Konnte oder kann er nichts dagegen tun? Kann ich ihm vertrauen oder muss man Angst vor ihm haben? Greift er in unsere Welt oder in mein Leben ein? Welche Rolle spielen die Engel – sofern es sie gibt? Was geschieht nach dem Tod? Droht uns eine Hölle? Endet diese Welt in einem Chaos oder gibt es für uns ein Happyend? Gibt es ein Jenseits, ein ewiges Leben? Und wenn ja, wie kann ich es erlangen?

Für mich sind das die wirklich wichtigen Fragen des Lebens. Sie mögen mir nicht unmittelbar dabei helfen, meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Aber die Antworten werden einen entscheidenden Einfluss auf mein Lebensgefühl, meinen inneren Frieden, meine emotionale Gesundheit und meinen Umgang mit anderen Menschen haben.

Ich bin überzeugt, dass diejenigen, die die biblischen Antworten auf diese Fragen gefunden haben, keine Angst mehr vor der Zukunft haben müssen. Mehr noch: Diese Antworten befreien uns von vielem Negativen, motivieren uns zu moralischem Handeln und führen uns letztendlich zu einem glücklicheren Leben.

Viele Menschen machen sich ihr eigenes Weltbild, in dem Gott keine Rolle mehr spielt. Dass sie Gott ablehnen, weil sie ihn und sein Handeln nicht verstehen oder ihn für ungerecht, gar für grausam halten, macht mir Sorgen.

Natürlich weiß auch ich nicht alles über Gott und sein Wesen und Handeln. Das wäre vermessen oder naiv. Aber ich habe erfahren, dass sich dem aufmerksamen und nachdenkenden Leser der Heiligen Schrift mehr Geheimnisse erschließen, als viele zunächst für möglich halten.

Ich habe nicht nur die Bibel im Laufe der Jahre schätzen gelernt, sondern auch jeden Dialog über Gott. Dabei haben die vielfältigen Einwände meiner Gesprächspartner mir geholfen, die entsprechenden Zusammenhänge immer besser zu verstehen.

Als Christ und Management-Berater interessieren mich Menschen und ihre Ansichten über Gott, die Bibel und den Glauben. Auf meinen vielen berufsbedingten Reisen führe ich oft Gespräche. Dabei dauert es meistens nicht lange, bis dieser Themenkreis angesprochen wird. Gibt man sich als gläubig zu erkennen, macht das viele Gesprächspartner neugierig, und oft entwickeln sich spannende Dialoge. Für die meisten Menschen in Westeuropa ist man als gebildeter und bekennender Christ ein Exot.

Das diesem Buch zugrunde liegende Gespräch hat auf einem Nachtflug über den Atlantik stattgefunden. Zunächst habe ich mich bemüht, es so gut wie möglich zu rekonstruieren. Dann gab ich das Manuskript einer Schulfreundin, die seit vielen Jahren als Redakteurin beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen arbeitet. Sie war bereit, es durchzuarbeiten und schlüpfte dabei in die Rolle der kritischen Gesprächspartnerin – auch aus eigenem Interesse an den behandelten Fragen. Sie hat maßgeblich zur vorliegenden Gestalt des Buches beigetragen. Ferner hat der Lektor dieses Buches, Werner Lange, aus seiner langjährigen Erfahrung mit Bibelstudienkreisen zahlreiche Erläuterungen und Argumentationen geliefert, die ich als hilfreich empfand und daher eingearbeitet habe. Ihnen beiden danke ich für ihre Beiträge.

 

Ich würde mich freuen, wenn das vorliegende Buch vielen Menschen hilft, Gott besser zu verstehen und ihm zu vertrauen – oder wenn es sie zumindest nachdenklich macht und zum Umdenken anregt.

Gerhard Padderatz

1
Eine Reisebekanntschaft

„Fliegen Sie bis Frankfurt durch oder steigen Sie vorher aus?“, fragte ich die Dame neben mir, als ich mich setzte. Überrascht sah sie auf und stutzte einen Moment. „Wieso? Wir machen doch gar keine Zwischenlandung!“

„Ich hätte mir sonst auch Sorgen gemacht“, erwiderte ich. „Wie ich sehe, haben Sie keinen Fallschirm dabei.“

Sie lachte spontan. Wir begegneten uns auf dem USAir-Flug von Pittsburgh nach Frankfurt am 1. Juli 2003. Es war fast 18 Uhr, als wir in den klaren Sommerhimmel aufstiegen. Wir würden die nächsten acht Stunden nebeneinander sitzen.

Aufgrund ihrer positiven Reaktion dachte ich mir, dass meine Sitznachbarin einer Unterhaltung gegenüber nicht abgeneigt war. Zudem faltete sie die deutsche Tageszeitung, die auf ihrem Schoß lag, nun rasch zusammen.

Auf meinen Flügen unterhalte ich mich gern, weil mich die Ansichten anderer Menschen und ihre Antworten auf die wichtigen Fragen des Lebens interessieren. Vor allem möchte ich ihnen auch gern etwas von dem erzählen, was ich über Gott kennengelernt und mit ihm erfahren habe.

Von meiner Nachbarin – ich schätzte sie auf Anfang 60 – erfuhr ich, dass sie verwitwet war und einen erwachsenen Sohn hatte. Sie stammte aus Düsseldorf und hatte gerade ihre Schwester in Pittsburgh besucht.

„Ich sehe, Sie haben sich schon wieder auf Deutschland eingestellt“, sagte ich, indem ich auf ihre Zeitung deutete.

„Genau. Das ist sogar die Zeitung von heute. Aber es steht nicht viel Neues drin. Und das Meiste sind ohnehin schlechte Nachrichten.“

„So sind die Medien. ,Bad news are good news‘, sagt man ja in Amerika.“

„Das ist schon komisch, dass die meisten von uns lieber schlechte als gute Nachrichten lesen wollen.“ Sie sah mich an.

„Woran liegt das Ihrer Meinung nach?“, fragte ich.

„Ich glaube, wir brauchen das. Vielleicht wollen wir die Tragödien anderer mit unserem eigenen Schicksal vergleichen, damit wir uns besser fühlen. Denn gemessen an den vielen traurigen Geschichten, von denen man liest, geht es den meisten von uns ja ziemlich gut.“

„Ja, das stimmt. Aber wird das so bleiben? Wird die Welt besser oder schlechter?“

„Wie meinen Sie das?“, fragte sie. „Moralisch, wirtschaftlich oder in Bezug auf die Umwelt?“

„Ganz allgemein“, erwiderte ich. „Wohin steuert die Welt? Was bringt uns die Zukunft? Worauf müssen wir uns als Menschheit einstellen?“

„Ich hoffe, Sie wollen mit mir jetzt nicht über Religion reden“, erklärte meine Gesprächspartnerin resolut, aber nicht unfreundlich. „Ich glaube nämlich nicht an Gott.“

Ihre Direktheit gefiel mir. Mein Stichwort war gefallen.

„An Gott glaube ich nicht“, wiederholte sie langsam und fügte nach einer kleinen Pause hinzu: „ … an Schutzengel schon – aber nicht an Gott.“

Ich war verblüfft: „Wieso glauben Sie an Schutzengel?“ Ich ahnte nicht, dass diese Frage der Einstieg in einen Themenkreis war, der uns die nächsten acht Stunden beschäftigen sollte.

„Oh, da könnte ich Ihnen einige Geschichten erzählen“, begann sie. „Als ich 19 war, erlebte ich mit meinen Eltern und meiner Schwester einen schweren Autounfall. Es war Winter und die Straßen waren vereist. Mein Vater verlor in einer Kurve die Kontrolle über den Wagen. Wir rutschten auf dem Glatteis über den Straßenrand und stürzten dann einen Hang hinunter. Dabei haben wir uns zweimal überschlagen. Das Auto war Schrott, aber außer ein paar Schrammen und Beulen war keiner von uns ernsthaft verletzt.

In einem anderen Fall ging es um meinen Onkel. Der lebt schon lange nicht mehr. Damals war er Anfang 50. Seine Tochter hatte gerade ihr erstes Kind bekommen. Als er sie im Krankenhaus besuchte, bekam er ausgerechnet dort einen schweren Herzinfarkt. Er saß am Wochenbett und kippte einfach um. Im Krankenhaus konnte man ihm natürlich innerhalb von Minuten helfen. Nur wenig später wäre er wohl gestorben. Beides waren bestimmt keine Zufälle. Deshalb glaube ich, dass wir alle einen Schutzengel haben.“

„Davon bin ich auch überzeugt, denn die Bibel berichtet an vielen Stellen über Engel. Sie sind Gottes Boten und arbeiten in seinem Auftrag. Viele Menschen wissen leider wenig darüber.“

Meine Sitznachbarin sah mich auffordernd an. Deshalb traute ich mich nachzufragen.

„Jetzt bin ich neugierig geworden, warum Sie zwar an Schutzengel, aber nicht an Gott glauben.“

Sie drehte sich mir zu.

Um ihr eine Antwort zu erleichtern, fügte ich hinzu: „Ich vermute, dass Sie gute Gründe dafür haben.“

2
Warum viele Menschen Gott ablehnen

Meine Gesprächspartnerin überlegte einen Moment: „Wissen Sie, als Kind bin ich von meinen Eltern christlich erzogen worden und in den Religionsunterricht gegangen. Aber es gibt einfach Dinge im christlichen Glauben, die mich stören oder die ich nicht verstehe. Wenn Gott angeblich gütig und allmächtig ist, warum lässt er dann so viel Leid zu? Was können zum Beispiel Kinder dafür, dass sie in Kriegen so leiden müssen? Warum greift Gott da nicht ein? Ist er ohnmächtig?

Oder: Warum hat Gott im Paradies den Baum der Erkenntnis gepflanzt und Adam und Eva verboten, davon zu essen? Und warum wurden sie gleich mit dem Tod bestraft, als sie es taten?

Und was ist mit der Hölle? Wie kann ich glauben, dass Gott liebevoll sein soll, wenn er Menschen im Höllenfeuer quält? Als Kind hatte ich vor der Höllenstrafe immer Angst.

Und noch etwas: Ist es gerecht, dass es manchen schlechten Menschen so gut geht? Müsste ein angeblich gerechter Gott nicht auch dagegen etwas tun?

Glauben Sie an einen gerechten und gütigen Gott? Es tut mir Leid, aber ich kann das nicht. Unser Schicksal scheint ihm völlig egal zu sein.“

Ich spürte ihre Verbitterung und schwieg zunächst aus Rücksicht auf ihre Gefühle. Es schmerzte mich, dass sie nicht an Gott glauben konnte, weil sie ein falsches Bild von ihm hatte; andererseits wunderte es mich auch nicht, denn ich würde ähnlich denken, wenn ich Gott nicht durch die Bibel anders kennengelernt hätte.

„Sie haben da einige wichtige Fragen aufgeworfen, die mich selbst seit langem beschäftigen“, sagte ich. „Über sie habe ich mir viele Gedanken gemacht und in der Heiligen Schrift wichtige Informationen dazu gefunden. Zusammen mit einigen logischen Schlussfolgerungen helfen sie uns, Gott besser zu verstehen.“

„Sie nehmen es mir sicher nicht übel, dass ich da skeptisch bin.“

„Natürlich nicht. Solche Gesprächspartner sind mir sehr recht. Die Wahrheit Gottes hat ihre eigene Überzeugungskraft, wenn wir sie kennenlernen. Wenn es Sie interessiert, würde ich mit Ihnen gern über einige Aussagen der Bibel und meine Überlegungen dazu sprechen.“

„Wenn Sie mich nicht vollquatschen“, sagte sie. „Ich kann nämlich eines nicht ertragen: Leute, die andere missionieren wollen. Ich bin nun mal eine Skeptikerin und mag nicht mundtot geredet werden. Wahrscheinlich gehören Sie auch zu diesen Menschen, die einmal ihren Glauben gefunden haben und nun jede Gelegenheit ergreifen, um ihre Überzeugungen anzubringen.“ Sie setzte sich kerzengerade hin und sah mich herausfordernd an.

Ich lächelte sie an und erklärte: „Ich möchte vielmehr meine Schlussfolgerungen im Gespräch mit anderen überprüfen, denn von ihren Einwänden und Fragen habe ich immer selbst profitiert.“

„Einwände und Fragen habe ich sicher eine Menge. Da sind Sie bei mir an der richtigen Adresse.“

„Das freut mich. Mit Ihrer Skepsis Gott gegenüber stehen Sie ja nicht allein da.“ Ich hielt inne.

Sie schaute mich fragend an. Das war für mich das Zeichen fortzufahren. „Ich habe einmal in Kalifornien einen Theologieprofessor kennengelernt“, erzählte ich. „der seine Studenten durch die ganze Heilige Schrift führte, und zwar immer mit der einen Frage:

,Welch ein Bild zeichnet das jeweilige Buch der Bibel von Gott?‘ Um Anschauungsmaterial für seine Vorlesungen zu sammeln, flog er auch nach England und nahm dabei ein Kamerateam mit. Er interviewte viele Leute und stellte dabei immer die gleichen Fragen. Die erste lautete: ,Glauben Sie an Gott?‘ Viele antworteten etwa: ,Früher als Kind habe ich an Gott geglaubt, aber heute kann ich das nicht mehr.‘ “

„Als Kind habe ich auch geglaubt“, sagte meine Sitznachbarin. „Aber das lag sicher daran, dass ich damals noch nicht so viel wusste wie heute.“

Ich spürte, dass ihre Abwehrhaltung verschwunden war, und fuhr fort: „Der Professor fragte dann weiter: ,Wie müsste ein Gott sein, dem Sie vertrauen würden?‘ Die meisten Antworten lauteten: ,Er müsste wie ein guter Freund sein, auf den ich mich verlassen kann.‘, ,Jemand, der immer da ist, wenn ich ihn brauche.‘, Er sollte mich verstehen und lieben und nachsichtig mit mir umgehen.‘ All diese Personen haben Gott so beschrieben, wie Jesus Christus ihn uns dargestellt hat und wie er tatsächlich ist! Der Gott aber, den sie ablehnten, war nicht der wahre Gott, sondern eine schlechte Karikatur von ihm.“

„Irgendwie müssen diese Menschen ja darauf gekommen sein“, sagte meine Gesprächspartnerin trocken. „Sicherlich haben sie schlechte Erfahrungen mit Gott gemacht. Schauen Sie sich doch mal das ganze Elend auf diesem Planeten an. Wo, bitteschön, ist da Ihr Gott?“

3
Das Übel fing im Himmel an Die Rebellion Luzifers und Gottes Reaktion

„Die ganze Sache hat mit den Engeln zu tun, an die Sie glauben. Wissen Sie, dass es einmal eine Rebellion unter ihnen gab?“

„Nein, davon habe ich noch nie gehört.“

„Die Heilige Schrift berichtet, dass es einen Engelsfürsten gab, der in der lateinischen Übersetzung als ,Luzifer‘ bezeichnet wird.1 Sein Name bedeutet ,Lichtträger‘ oder, der ,Scheinende‘. Er war überragend schön und sehr intelligent. Luzifer war wohl der höchste Engel an Gottes Thron, ein geschaffenes Wesen, aber doch vollkommen.2

Irgendwann sind Luzifer jedoch seine Schönheit und Intelligenz zu Kopf gestiegen. Die Bibel berichtet, dass er sich wegen seiner Schönheit gegen Gott erhob.“3

„Wie ist das passiert?“

„Darüber berichtet uns die Bibel nichts. Aber mir hat ein Bild sehr geholfen, es besser nachvollziehen zu können. Wie entdeckt jemand, dass er oder sie schön ist? Meistens doch, indem sie in den Spiegel blicken und sich mit anderen vergleichen. So etwas Ähnliches muss Luzifer getan haben. Ihm ist sozusagen im Spiegel bewusst geworden, welch hervorragende Fähigkeiten er gegenüber den anderen Engeln besaß. Aber zu viel in den Spiegel oder auf sich selbst zu schauen hat einen großen Nachteil.“

„Was meinen Sie damit?“

„Luzifer hat dabei Gott aus den Augen verloren – seinen Schöpfer, dem er doch alles verdankte, was er war und konnte.“

Ich hielt inne und sah meine Gesprächspartnerin an. „Darin steckt für mich eine tiefe existentielle Wahrheit: Wenn wir in unserem Leben Gott aus den Augen verlieren, geht immer etwas schief – jedenfalls auf lange Sicht. Ich habe das oft beobachtet und auch selbst erfahren.“

„Meinen Sie wirklich?“

„Bei Luzifer war es jedenfalls so. Irgendwann war er mit seiner Stellung unter Gott nicht mehr zufrieden. Es gab dafür keinen plausiblen Grund, denn er war ja das höchste geschaffene Wesen. Die Bibel berichtet über Luzifers Absichten, Gott gleich zu sein und einen eigenen Thron zur Herrschaft über die anderen Engel zu errichten.4 Kennen wir das nicht zur Genüge: Machtgier und Egoismus?“

„Ja, das ist leider weit verbreitet.“

„Mit der Selbstsucht hat also das ganze Übel im Universum angefangen. Bei einer selbstsüchtigen Person kreist alles um sie selbst – und die Kreise werden immer enger. Das steht im Gegensatz zum Lebensprinzip Gottes, der selbstlosen Liebe. Da weiten sich die Kreise immer mehr und schließen andere mit ein.“

 

„Warum hat Gott dem egoistischen Streben Luzifers denn nicht gleich einen Riegel vorgeschoben? Er war doch allmächtig.“

„Das ist die entscheidende Frage“, pflichtete ich ihr bei. „Die müssen wir unbedingt klären, um Gottes Handeln zu verstehen. Was hätte Gott denn tun können oder müssen, um völlig sicher zu sein, dass sich keines seiner Geschöpfe je gegen ihn auflehnt?“

„Er hätte sie vollkommen schaffen müssen, ohne irgendwelche schlechten Neigungen.“

„Nach dem Bericht der Bibel hat Gott genau das getan. Luzifer wird ausdrücklich als, Abbild der Vollkommenheit‘ und, ohne Tadel‘ bezeichnet.5 Gott hat keine Engel mit Defekt geschaffen, nur solche mit besonderen Gaben – und einem freien Willen. Und darin liegt die Möglichkeit, dass sie sich gegen ihn entscheiden konnten.“ Ich hielt inne.

Meine Nachbarin schien nachzudenken. Sie sah mich eine Weile schweigend an, dann sagte sie langsam: „Ich glaube, ich verstehe, worauf Sie hinauswollen: Er hätte alle Geschöpfe ohne einen freien Willen schaffen müssen. Nur dann wäre ausgeschlossen, dass sich jemand gegen ihn auflehnt.“

„Ja, das denke ich auch. Alle geschaffenen Wesen müssten ähnlich wie Roboter oder Marionetten funktionieren. Damit ergibt sich die nächste wichtige Frage: Wenn Gott Gott ist, wusste er doch sicher, wohin es führen kann, wenn er seinen höheren Geschöpfen einen freien Willen gibt. Warum hat er es dennoch riskiert?“

„Woher soll ich das wissen? Das würde ich Gott auch gerne fragen“, sagte sie mit einem leisen Ton der Empörung.

„Ich meine, wir sollten nicht zu früh aufgeben, Gott verstehen zu wollen. Gott hat uns Menschen, nach seinem Bild‘ geschaffen,6 mit Vernunft und der Fähigkeit, ihn zu erkennen. Gehen wir die Frage von einer anderen Seite an: Was schätzen Sie an zwischenmenschlichen Beziehungen am meisten?“

Sie dachte einen Augenblick nach. „Dass ich einem anderen vertrauen kann und er mir vertraut.“

„Ich auch. Und noch mehr schätze ich es, von einer anderen Person geliebt zu werden.“

„Da haben Sie natürlich Recht. Das ist das Wertvollste.“ Sie nickte.

„Erlauben Sie mir eine persönliche Frage: Was würde es Ihnen als Mutter bedeuten, wenn es bei Ihrem Sohn einen Knopf gäbe, auf den Sie nur drücken müssten, damit er sagt: ,Mutti, du bist die Beste. Mutti, ich hab dich lieb!‘?“

„Natürlich nichts!“, sagte sie mit Nachdruck.

„Es ist klar: Ohne eine freie Entscheidung gibt es keine echte Liebe. Wenn ich eine Waffe in der Hand hätte, könnte ich Sie wahrscheinlich zwingen, aufzustehen oder bestimmte Dinge zu tun. Ich könnte Sie aber nicht dazu bringen, mich zu lieben oder mir zu vertrauen.“

„Sicher nicht.“

„Das kann man nicht erzwingen“, wiederholte ich, um ihr diesen wichtigen Punkt einzuprägen. „Man kann Liebe und Vertrauen nur freiwillig erweisen.“

Sie lachte. „Ich könnte Ihnen etwas vorheucheln und Ihnen sagen, was Sie hören wollen. Aber in dem Moment, in dem Sie keine Waffe mehr hätten, wäre ich weg. Ich würde Sie verachten, weil Sie mich zum Heucheln gebracht haben, oder hätte noch Angst.“

„Wie finden Sie einen solchen Gott, dem es wichtiger ist, in seinem Universum Beziehungen zu ermöglichen, die auf Vertrauen und Liebe basieren, statt völlige Sicherheit zu gewährleisten?“

„Das verstehe ich nicht. Was hat das mit Sicherheit zu tun?“

„Ich meine hier die Sicherheit vor einer Rebellion gegen seine Herrschaft“, erklärte ich. „Mit Zwang und Gewalt kann man vor einer Auflehnung eher sicher sein als mit Freiheit, Liebe und Vertrauen. Das birgt immer ein gewisses Risiko in sich. Aber gerade vor solch einem Gott, der dieses Risiko eingeht, damit es liebevolle und vertrauensvolle Beziehungen geben kann, habe ich großen Respekt. Ja, ich finde ihn großherzig und liebenswert.“

„Das kann ich nachvollziehen.“

„Verfolgen wir die Geschichte dieses Aufruhrs weiter: Wie mag Gott auf die Machenschaften Luzifers reagiert haben?“

„Woher soll ich das wissen? Sie sind doch der Bibelexperte. Was hat er denn getan?“

„Das wird in der Bibel nicht beschrieben. Aber an vielen Stellen wird Gott als barmherzig, gnädig und geduldig bezeichnet.7 Einmal, als er Mose erschien, bezeichnete er sich sogar selbst so.8 Und da Gott sich in seinem Charakter nicht verändert,9 können wir schlussfolgern, dass er auch gegenüber Luzifer so reagiert hat. Er wird ihm erklärt haben, dass es keinen Grund für seine Unzufriedenheit und seine Bestrebungen nach mehr Macht gibt und es vom Prinzip her einem Geschöpf unmöglich ist, seinem Schöpfer gleich zu sein. Gott wird ihm sicher auch angeboten haben, ihm zu verzeihen, wenn er seine gefährlichen Ambitionen aufgibt und ihm gegenüber loyal bleibt. Können Sie sich vorstellen, wie Luzifer darauf reagiert haben könnte?“

„Keine Ahnung. Aber jetzt wird’s spannend. Wenn ich mich in Luzifer hineinversetze, dann würde ich versuchen, Gott weiter auszutesten, und ausprobieren, wie weit ich gehen kann.“

„So tun es ja oft Kinder ihren Eltern gegenüber“, sagte ich. „Und wenn man nachgiebig ist, wird das schnell als Schwäche ausgelegt. Kinder und auch Erwachsene fühlen sich dann bestärkt fortzufahren. So hat wohl auch Luzifer Gottes sanfte Reaktion als ein Zeichen von Schwäche angesehen. Jedenfalls hat er sich von seinem Vorhaben, Gottes Stellung einzunehmen, nicht abbringen lassen, wie wir wissen. Er hat mit seiner Rebellion weitergemacht und etliche Engel auf seine Seite gezogen.“

„Aber warum hat Gott diesen Aufruhr nicht gleich zerschlagen und im Keim erstickt? Warum hat er Luzifer und dessen Anhänger nicht sofort getötet, als er wusste, dass sie nicht mehr umkehren würden?“

„Damit sind wir bei der alles entscheidenden Frage, die wir unbedingt klären müssen, um besser zu verstehen, warum es so viel Leid und Elend auf dieser Welt gibt. Die Bibel beantwortet diese Frage zwar nicht direkt, erwähnt aber einige Charaktereigenschaften und Handlungsweisen Satans, aus denen wir ersehen können, wie er vorgegangen ist. Daraus können wir dann eine Antwort ableiten.“

„Sie machen es aber kompliziert. Und wieso reden Sie plötzlich von Satan?“, warf meine Nachbarin ein.

„Die ganze Sache mit dem Aufkommen der Sünde und dem Ursprung des Leides ist tatsächlich kompliziert, sonst würden nicht so viele Menschen an Gottes Handeln zweifeln“, räumte ich ein.

„Da haben Sie Recht“, sagte meine Gesprächspartnerin mit einem leicht resignierten Unterton.

„Nun zu Ihrer Frage. Durch seine Rebellion hat sich ,Luzifer‘, der ,Lichtträger‘, selbst zum ,Satan‘ gemacht. Dieses hebräische Wort bedeutet übersetzt ,Widersacher‘ oder ,Feind‘ und beschreibt seine Stellung zu Gott. Im Neuen Testament wird er hauptsächlich als ,Teufel‘ bezeichnet. Das Wort stammt von dem griechischen ,diabolos‘, was ,Verleumder‘ bedeutet. Wir nennen ja etwas ,diabolisch‘, wenn wir meinen, es sei teuflisch.“

„Was so alles in diesen Namen steckt, hätte ich nicht gedacht.“

„Christus bezeichnete Satan einmal als, Vater der Lüge‘“,10 fuhr ich fort. „Wir würden sagen: ,Erfinder der Lüge‘. Deshalb können wir schlussfolgern, dass er von Anfang an bei seiner Auflehnung gegen Gott nicht offen, sondern mit Lügen, Unterstellungen und Verleumdungen gearbeitet hat. Auch gegenüber den ersten Menschen hat er behauptet, sie würden nicht sterben, wenn sie vom ,Baum der Erkenntnis‘ essen würden, obwohl Gott genau das Gegenteil gesagt hatte.11

Um Gottes Reaktion auf Satans Machenschaften zu verstehen, müssen wir zunächst die Frage klären: Wie schaffen wir Lügen und Verleumdungen wieder aus der Welt? Lassen Sie mich ein absurdes Beispiel nehmen: Angenommen, ich würde in Düsseldorf bei Leuten, die Sie kennen, Lügen und Verleumdungen über Sie verbreiten. Sie wären das sicher bald leid. Nehmen wir weiter an, Sie würden mich daraufhin erschießen. Was würden die Leute über das denken, was ich über Sie verbreitet habe?“

„Ihr Beispiel ist wirklich absurd. Ich glaube, meine Nachbarn wären erst einmal über meine Reaktion schockiert, bevor sie über den Inhalt Ihrer Aussagen nachdenken könnten.“

„Natürlich, das hätten sie nie von Ihnen erwartet. Könnte es aber sein, dass einige nach einer Weile denken würden: Da muss doch etwas dran gewesen sein, wenn sie zu solch einer Maßnahme greift?“

„Das mag durchaus sein.“

„Meine Lügen hätten also durch Ihre Reaktion mit Gewalt nur an Glaubwürdigkeit gewonnen, nicht wahr? Lügen kann man also nicht ausrotten, indem man den Lügner einfach umbringt“, erklärte ich mit Nachdruck. „Das Problem, das durch die Lügen und Verleumdungen Satans entstanden war, war also nicht mit dem Einsatz von Macht und Gewalt zu lösen. Selbst göttliche Macht konnte hier nichts ausrichten.“

„Das leuchtet mir ein.“

„Außerdem erfahren wir in der Heiligen Schrift, dass Satan mit List arbeitet12 und zudem seinen Bestrebungen einen positiven Anschein gibt. Paulus schrieb, er verstelle sich als, Engel des Lichts‘,13 d. h. er tue so, als verfolge er gute Absichten und Ziele. Bei all seinen Verleumdungen gegen Gott hat er sich also noch als Wohltäter der Engel hingestellt und versucht, ihnen weiszumachen, dass sie es unter seiner Regierung besser hätten als unter Gottes Herrschaft.

Das war natürlich für die Engel schwer zu durchschauen, als Luzifer mit seiner Rebellion anfing. Sie kannten so etwas ja nicht. Vor welcher Frage standen die Engel also damals?“

„Sind wir jetzt im Religionsunterricht? Sie haben manchmal eine schulmeisterliche Art!“, sagte meine Sitznachbarin etwas genervt.

„Entschuldigen Sie bitte“, sagte ich schnell. „Das will ich nicht. Ich versuche nur, Sie durch meine Fragen in die Logik des Gedankenganges mit einzubeziehen. Ich möchte Ihnen ja weder etwas vorpredigen noch einfach fertige Antworten liefern. Beides würde Ihnen wenig dabei helfen, Gott besser zu verstehen.“

„Ich verstehe Ihre Absichten“, lenkte sie ein.

Dadurch ermutigt, fuhr ich fort: „Mir hat die genannte Frage viel weitergeholfen, um einen wichtigen Aspekt in Bezug auf den Glauben an Gott zu verstehen. Wenn Luzifer etwas anderes sagte als Gott, mussten sich die Engel entscheiden, wem sie vertrauen sollten. Vertrauen in Gott war eine der Grundlagen für ein vollkommenes Universum. Die Notwendigkeit, an Gott zu glauben, d. h. ihm zu vertrauen, bestand selbst für die Engel im Himmel, die Gott sehen und mit ihm reden konnten. Dass wir Gott vertrauen müssen, hat nichts damit zu tun, dass wir ihn nicht sehen können.“

„Sie sagen, vertrauen ,müssen‘. Das Wort ,müssen‘ hat aber nichts mit Freiwilligkeit zu tun!“