Jesus nach 2000 Jahren

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Mk 9,30-41: Zweite Leidensweissagung. Rangstreit unter den Jüngern. Der fremde Exorzist

(30) Und von dort gingen sie hinaus und zogen durch Galiläa. Und er wollte nicht, daß es jemand erfährt. (31) Er lehrte nämlich seine Jünger und sagte ihnen: »Der Sohn des Menschen wird in die Hände von Menschen übergeben und sie werden ihn töten und, getötet, wird er nach drei Tagen auferstehen.«

(32) Sie aber verstanden das Wort nicht, und sie fürchteten sich, ihn zu fragen.

(33) Und sie kamen nach Kapernaum, und als er im Haus war, fragte er sie: »Worüber habt ihr auf dem Weg gestritten?« (34) Sie aber schwiegen. Miteinander hatten sie nämlich auf dem Weg überlegt, wer der größte sei.

(35) Und er setzte sich und rief die Zwölf und sagt ihnen: »Wenn jemand erster sein will, soll er letzter von allen und der Diener von allen sein.« (36) Und er nahm ein Kind und stellte es in ihre Mitte, umarmte es und sagte ihnen: (37) »Wer eines von diesen Kindern in meinem Namen aufnimmt, nimmt mich auf. Und wer mich aufnimmt, nimmt nicht mich auf, sondern den, der mich gesandt hat.«

(38) Es sagte zu ihm Johannes: »Lehrer, wir sahen jemanden in deinem Namen Dämonen austreiben und wir haben ihn daran gehindert, weil er uns nicht nachfolgte.« (39) Jesus aber sprach: »Hindert ihn nicht! Denn es gibt keinen, der in meinem Namen ein Wunder tun wird und bald darauf schlecht über mich reden kann. (40) Wer nämlich nicht gegen uns ist, ist für uns. (41) Wer nämlich euch einen Becher Wasser zu trinken gibt im Namen, daß ihr zu Christus gehört, amen, ich sage euch, er wird seinen Lohn nicht einbüßen.«

Redaktion

V. 30-32: Die Leidens- und Auferstehungsvoraussage entspricht 8,31. Das Motiv der Geheimhaltung findet sich auch 5,43. Das Jüngerunverständnis erscheint bereits 8,32 (vgl. 10,32).

V. 33-34 sind mk Einleitung der folgenden Szene.

V. 35: Mk hat die Zwölf in den Text eingetragen.

V. 36-37: Mk hat V. 36 unter Einwirkung von 10,16 fingiert. V. 37 »gibt eine Regel für die Zeit, wo Jesus nicht mehr selber auf Erden weilt, sondern nur vertretungsweise Beweise der Liebe empfangen kann, da sein Name unter seinen Anhängern fortlebt« (Wellhausen, 396).

V. 38-40 ist ein Traditionsstück, das Mk hier anfügte, um den Gedanken vom unverständigen Jünger weiter einzuschärfen. Gleichzeitig mag der Stichwortanschluß »in deinem Namen« (V. 38) an »in meinem Namen« (V. 37) eine Rolle gespielt haben. Das Erscheinen des Johannes in V. 38 dürfte aus 10,35-45 zu erklären sein, wo Johannes (samt seinem Bruder Jakobus) ebenfalls mit einem Anliegen an Jesus herantritt.

Tradition

V. 35b und V. 37: Mk fand beide Sprüche schon in einer sekundären, paränetisch ausgerichteten Fassung vor (zu V. 37 vgl. Lk 10,16/Mt 10,40; Joh 13,20).

V. 38-40: Die Jüngerschaft tritt als eigene Gruppe auf. V. 38 ist ein singulärer Beleg für die Aussage, daß jemand anders den Jüngern nicht nachfolgt. Also geht es um ein Problem der Gemeinde. V. 39-40: Eine profane Parallele zu V. 40 findet sich bei Cicero, Reden 41: »Für uns sind alle Gegner, außer denen, die mit uns sind, für Cäsar sind alle die Seinen, soweit sie nicht gegen ihn sind.«

V. 41 knüpft an V. 37 an und bildete mit ihm vielleicht traditionell eine Einheit.

Historisches

V. 35b und V. 37a: In beiden Sprüchen wird zuweilen der Geist Jesu wiederentdeckt. »Gibt das erste einen Blick frei auf den Geist, der in der Jüngerschaft herrschen soll, so deutet das zweite nur noch die Stellung Jesu zu den sozial schwachen Kindern an« (Gnilka, Mk I, 57). Doch muß das unbefriedigend bleiben.

V. 38-40: Die Episode ist unhistorisch, da eine Gemeindesituation zugrunde liegt. Außerdem erscheint es als ausgeschlossen, daß bereits zu Lebzeiten Jesu Menschen außerhalb seiner Jünger sich auf seinen wundersamen Namen berufen haben könnten. In V. 40 handelt sich überdies um einen Spruch, der nachträglich christianisiert worden ist. Man vgl. als Analogie das Jesus in den Mund gelegte Wort »Geben ist seliger als nehmen« (Apg 20,35), das als persischer Grundsatz bei Thukydides II 97,4 erscheint.

V. 41: Die Zugehörigkeit zu Christus weist auf die Gemeinde und nicht auf das Leben Jesu. Das Wort ist daher unecht.

Mk 9,42-43.45.47-50: Von der Verführung zur Sünde. Sprüche vom Salz

(42) »Und wer einem dieser Kleinen, die glauben, Ärgernis gibt, es wäre besser für ihn, wenn ein Mühlstein um seinen Hals gelegt wird und er ins Meer geworfen würde.

(43) Und wenn dir deine Hand Ärgernis gibt, haue sie ab! Es wäre besser für dich, verstümmelt in das Leben einzugehen als zwei Hände zu haben und in die Gehenna, in das unauslöschliche Feuer, wegzugehen.

(45) Und wenn dir dein Fuß Ärgernis gibt, haue ihn ab! Es wäre besser für dich, lahm in das Leben einzugehen, als mit zwei Füßen in die Gehenna geworfen zu werden.

(47) Und wenn dein Auge dir Ärgernis gibt, reiß es aus! Es wäre besser für dich, einäugig in das Reich Gottes einzugehen, als mit zwei Augen in die Gehenna geworfen zu werden, (48) wo ihr Wurm nicht verendet und das Feuer nicht erlischt.

(49) Denn jeder wird mit Feuer gesalzen werden. (50) Gut ist das Salz. Wenn aber das Salz schal geworden ist, womit würzt ihr es? Habt Salz in euch und bewahrt Frieden untereinander!«

Textkritische Vorbemerkung: V. 44 und V. 46 gehören nicht zum ursprünglichen Text.

Redaktion

V. 42-48: Mk setzt mit dieser aus der Überlieferung geschöpften Spruchfolge die mit V. 33 beginnende Belehrung der Jünger fort. V. 42: »Kleine(n)« nimmt »Kind(er)« in V. 36-37 auf. V. 48 schließt die Einheit mit einem Zitat aus Jes 66,24 ab.

V. 49 ist mk Überleitung zum nächsten Vers.

V. 50: Mit der Aufforderung zum Frieden lenkt Mk zum Ausgangspunkt des Jüngerstreites in V. 33-34 zurück und formuliert den Ertrag des eingeschobenen Traditionsstückes, nämlich Frieden miteinander zu bewahren.

Tradition

»Das Geröll isolierter und paradoxer Aussprüche Jesu in 9,33-50, die sich da ausnehmen wie unverdaute Brocken, ist höchst charakteristisch und ohne allen Zweifel das literarisch Primäre. Wie hätte Mc dazu kommen sollen, dieselben aus dem Zusammenhange zu reißen und dadurch unverständlich zu machen?« (Wellhausen, 397). Zu V. 43 und V. 47 finden sich unabhängig von Mk Parallelen in Mt 5,30 und 5,29.

V. 42-48 dürften Teil eines in 9,33-50 eingeflossenen vormk Gemeindekatechismus sein. V. 42 greift (zusammen mit V. 41) in formaler Hinsicht auf V. 37 zurück. Auf das Stichwort »Ärgernis geben« (V. 42), das hier immer die Verführung zum Abfall vom Christentum bedeutet, folgen in V. 43.45.47f drei parallel gebaute Sätze. Es fällt auf, daß im Nachsatz das Eingehen in das Leben (V. 43.45) bzw. in das Reich Gottes (V. 47) jeweils mit dem Geworfen-Werden in die Gehenna kontrastiert wird. (Die Gehenna ist eine Talschlucht südlich von Jerusalem, in der nach jüdischem Volksglauben das Endgericht stattfinden soll.) Zuvor spricht Jesus in radikaler Weise jeweils die Aufforderung aus, im Falle eines Ärgernisses die dieses verursachenden Körperteile zu zerstören.

Offene Fragen: a) Wie verhält sich »Leben« zu »Reich Gottes«? b) Wie ist die Metaphorik zu deuten? Ich setze voraus, daß die Zerstörung der Ärgernis erregenden Gliedmaßen nicht wörtlich zu nehmen ist. Gehört das zur mk Gemeinde, in der auch andere metaphorische Interpretationen festzustellen sind? S. nur 8,14-21. Vgl. zur Metaphorik noch die Ausführungen zu Mt 5,29-30.

Daß allgemein eine Gemeindesituation zugrunde liegt, belegt eindeutig V. 42, der in technischer Terminologie von den Kleinen, die glauben, spricht.

V. 50: Vgl.Mt 5,13/Lk 14,34f. Die dort vorliegende Q-Fassung des Salzwortes ist traditionsgeschichtlich älter.

Historisches

V. 42-48: Auch der Grundbestand dieser Worte geht nicht auf Jesus zurück. Denn für alle ist eine Gemeindesituation vorauszusetzen. Zur Unechtheit der Worte Jesu in V. 43 und V. 47 vgl. die Ausführungen zu Mt 5,29-30.

Zu V. 50 vgl. das Urteil zu der traditionsgeschichtlich älteren Fassung Mt 5,13/Lk 14,34-35.

Mk 10,1-12: Von der Ehescheidung

(1) Und er bricht von dort auf und kommt in das Gebiet von Judäa und jenseits des Jordans, und es versammeln sich wiederum Volksmassen bei ihm, und wie gewöhnlich lehrte er sie wiederum.

(2) Und es kamen zu ihm Pharisäer und fragten ihn, ob es dem Mann erlaubt sei, die Frau zu entlassen, um ihn zu versuchen. (3) Er aber antwortete und sagte ihnen: »Was hat euch Mose befohlen?« (4) Sie aber sagten: »Mose erlaubte, eine Scheidungsurkunde zu schreiben und zu entlassen.« (5) Jesus aber sagte ihnen: »Um eurer Hartherzigkeit willen schrieb euch Mose dieses Gebot. (6) Vom Schöpfungsbeginn an aber

erschuf er sie als männlich und weiblich.

[Gen 1,27; 5,2]

(7) Deshalb wird ein Mensch seinen Vater und die Mutter verlassen.

(8) Und die zwei werden zu einem einzigen Fleisch werden.

[Gen 2,24 LXX]

Daher sind sie nicht mehr zwei, sondern ein einziges Fleisch. (9) Was also Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht trennen.«

(10) Und im Haus fragten ihn die Jünger wieder darüber.

(11) Und er sagt ihnen: »Wer seine Frau entläßt und eine andere heiratet, begeht an ihr Ehebruch.

 

(12) Und wenn sie, nachdem sie ihren Mann entlassen hat, einen anderen heiratet, begeht sie Ehebruch.«

Redaktion

V. 1 ist eine mk Bildung, die den Aufbruch nach Jerusalem andeutet und Jesus wiederum lehrend zeigt. Sowohl Lk (9,51) als auch Mt (19,1) heben diesen Aufbruch stärker als Mk hervor. Mk hat ihn jedoch durch die beiden Leidensweissagungen in 8,31 und 9,31 angekündigt und wird ihn später noch einmal in 10,32 ansprechen.

V. 10 ist als typisch mk Jüngerbelehrung im Haus (vgl. vorher 9,33) redaktionelle Überleitung zum ursprünglich isolierten Logion V. 11f, das in Q (Mt 5,32/Lk 16,18) eine Parallele hat. Vgl. das bei Paulus ausdrücklich als Herrenwort eingeführte Logion 1Kor 7,10f.

Tradition

V. 2-9 sind ein Streitgespräch, in dem Jesus auf die Frage der Gegner zunächst eine Gegenfrage stellt und erst später eigentlich antwortet, und zwar in V. 9. Die Reaktion der Gegner darauf wird nicht mehr erzählt. V. 9 ist die älteste Schicht. Nur in V. 9 begegnen die zentralen Verben »zusammenfügen« und »trennen«, während in V. 2-8 für den Scheidungsakt nie »trennen«, wohl aber »entlassen« gebraucht wird.

Das ursprünglich isolierte Stück V. 11-12 präzisiert das abschließende Votum Jesu aus V. 9 inhaltlich dahin, daß auch den Frauen die Scheidung verboten wird. Die darin vorausgesetzte Möglichkeit einer Scheidung von seiten der Frau ist im judenchristlichen Bereich auszuschließen; sie dürfte am ehesten innerhalb der Gemeinde des Mk gegeben sein und entspricht der römischen und griechischen Gesetzgebung, die auch der Frau die Scheidung von ihrem Mann gestatten.

Historisches

V. 9 und V. 11: Beide Logien sind echt, denn die radikale Ablehnung der Ehescheidung durch Jesus ist sowohl in der Q-Tradition (Mt 5,32/Lk 16,18) als auch bei Paulus in 1Kor 7,10-11 belegt. Es ergibt sich, daß Jesus nach den ältesten Texten zur Sache jeweils die Unauflöslichkeit der Ehe betont. In V. 9 erfahren wir die eigentliche theologische Begründung dieser Sicht aus dem Schöpfungswillen Gottes. Vielleicht ergibt sich von hier aus eine Brücke zum Sabbatgebot in 2,27.

Mk 10,13-16: Die Kinder und das Reich Gottes

(13) Und sie brachten zu ihm Kinder, damit er sie berühre, die Jünger aber bedrohten sie. (14) Als das aber Jesus sah, wurde er unwillig und sagte ihnen: »Laßt die Kinder zu mir kommen, hindert sie nicht, solchen nämlich gehört das Reich Gottes.

(15) Amen, ich sage euch, wer nicht das Reich Gottes wie ein Kind annimmt, wird nicht in es hineinkommen.« (16) Und er umarmte sie und segnet (sie), indem er ihnen die Hände auflegte.

Redaktion

Nach dem Thema der Ehe (10,1-12) schließt sich im Rahmen des MkEv hier das Thema der Kinder sinnvoll an (Lührmann, 171). Die Perikope war Vorbild für die Szene 9,36f und weist auf das innergemeindliche, in V. 29f zu behandelnde Problem voraus.

V. 13: Die negative Zeichnung der Jünger in V. 13b dürfte auf Mk zurückgehen.

V. 14: Nur hier ist vom Unwillen Jesu die Rede; vgl. dagegen den Unwillen der Jünger in 10,41 und 14,4. Mt 19,14; Lk 18,16 haben die Notiz über diese Gefühlsregung Jesu unabhängig voneinander ausgelassen.

V. 15: Erst Mk hat den Spruch hier eingefügt (Mt 19,14-15 macht das rückgängig) und damit »Kinder« nicht mehr soziologisch, sondern symbolisch verstanden (ähnlich Th 22,2). Entsprechend bezeichnet der Ausdruck »Reich Gottes« an dieser Stelle eine gegenwärtige Größe. Man soll es »wie ein Kind« annehmen.

Tradition

Ausgangspunkt der Analyse ist die Beobachtung, daß die Pointe des Stückes nach V. 15 eine andere ist als nach V. 14: V. 15 ist ein ursprünglich freies Herrenwort, das in die Szene V. 13-16 eingesetzt wurde – nicht umgekehrt, denn V. 13-16 sind auch ohne V. 15 »ein geschlossenes Apophthegma, das seine Pointe in V. 14 hat« (Bultmann, 32). V. 13-14.16 stellen eine ideale Szene dar, die einen Anhalt in dem jüdischen Brauch der Segnung hat und zum Ausdruck bringt, daß Kinder am Reich Gottes Anteil erhalten (Bultmann, 32).

Als Urheberin des Stückes ist die Gemeinde anzunehmen. Der Anlaß zu seiner Bildung mag eine Diskussion über die Zulässigkeit der Kindertaufe gewesen sein. Jesu allgemeines Verhalten zu Kindern könnte als Erinnerung zugrunde gelegen haben.

Historisches

V. 13-14.16: Dieses Stück ist eine Gemeindebildung und daher unecht.

V. 15: Für die Echtheit spricht die Möglichkeit, dieses Wort nahtlos anderen Jesuslogien zuzuordnen (Kohärenzkriterium). In Mt 6,25-33/Lk 12,22-31 weist Jesus die Sorge um den Lebensunterhalt ab, weil Gott als Vater sich um die Seinen kümmern wird. Auch das Gebet Jesu richtet sich an den »Vater« (Mt 6,9/Lk 11,2).

Mk 10,17-31: Die Frage des Reichen. Der Lohn der Nachfolge

(17) Und als er hinausging auf den Weg, lief einer herzu, fiel vor ihm auf die Knie und fragte ihn: »Guter Lehrer, was soll ich tun, damit ich ewiges Leben erbe?«

(18) Jesus aber sagte ihm: »Was nennst du mich gut? Niemand ist gut als Gott allein. (19) Die Gebote kennst du:

›Du sollst nicht töten,

du sollst nicht ehebrechen,

du sollst nicht stehlen,

du sollst nicht falsches Zeugnis reden,

du sollst nicht berauben, ehre deinen Vater und deine Mutter!‹«

[Ex 20,12-16]

(20) Er aber sagte ihm: »Lehrer, das alles habe ich seit meiner Jugend beachtet.« (21) Jesus aber blickte ihn an und gewann ihn lieb und sagte ihm: »Eines fehlt dir: Geh; was du hast, verkaufe, und gib es den Armen, und du wirst einen Schatz im Himmel haben, und komm, folge mir nach!« (22) Der aber war betrübt über dieses Wort und ging traurig weg. Er hatte nämlich viele Güter.

(23) Und Jesus blickte um sich und sagt seinen Jüngern: »Wie schwer werden die Begüterten in das Reich Gottes hineinkommen!« (24) Die Jünger aber entsetzten sich über seine Worte. Jesus aber wiederum antwortete und sagt ihnen: »Kinder, wie schwierig ist es, in das Reich Gottes hineinzukommen! (25) Leichter ist es, daß ein Kamel durch ein Nadelöhr hindurchgeht, als daß ein Reicher in das Reich Gottes hineinkommt.« (26) Sie aber entsetzten sich und sagten zueinander: »Und wer kann gerettet werden?« (27) Jesus blickte sie an und sagt: »Bei Menschen ist es unmöglich, aber nicht bei Gott. Alles ist nämlich möglich bei Gott.«

(28) Und Petrus begann zu ihm zu sprechen: »Siehe, wir haben alles verlassen und sind dir nachgefolgt.« (29) Es sagte Jesus: »Amen, ich sage euch: Es gibt keinen, der Haus oder Brüder oder Schwestern oder Mutter oder Vater oder Kinder oder Äcker um meinetwillen und um des Evangeliums willen verlassen hat, (30) ohne daß er Hundertfaches empfangen wird: jetzt in dieser Zeit Häuser und Brüder und Schwestern und Mütter und Kinder und Äcker – unter Verfolgungen – und im kommenden Äon ewiges Leben.

(31) Viele Erste aber werden Letzte sein und Letzte Erste.«

Redaktion

»Auf 1–2 (Ehe) und 13–16 (Kinder) folgt ein dritter Abschnitt, der sich mit Blick auf die Nachfolge zunächst mit der Frage des Besitzes beschäftigt (17–27), dann (28–31) grundsätzlich mit der Frage der oikia (= oikos = lat. familia)« (Lührmann, 173).

V. 17-22: Nur V. 17a enthält typisch mk Motive; vgl. zu 8,27.

V. 23-27 sind ein erster mk Anhang zur Gefahr des Reichtums.

V. 28-30 sind ein zweiter Anhang zum Thema »Lohn der Nachfolge«. Der redaktionelle V. 28 knüpft an V. 21 an und bringt unausgesprochen zur Geltung, daß Petrus und den anderen Jüngern eigentlich der Eingang in das Reich Gottes zusteht. Die unausgesprochene Folgerung lautet: »Also haben wir doch Eintritt in das Reich verdient?« Mk hat V. 29-30 als Illustration der Nachfolge angefügt.

V. 31, ein isolierter Spruch, erscheint auch Mt 20,16 und Lk 13,30 und wurde von Mk hier angeschlossen (vgl. bereits 9,35). Er rundet den Abschnitt ab.

Tradition

V. 17b-22: Es handelt sich um eine einheitlich gestaltete Geschichte, in der die Worte Jesu allein mit den Fragen organisch verbunden sind. Die Erzählung hat kein individuelles, sondern ein sachliches Interesse. Beispielsweise erfahren wir weder den Namen des Reichen noch das Motiv, das ihn zu Jesus trieb.

V. 23-27: Dieses Stück ist eine Verarbeitung zweier Einzellogien Jesu über den Reichtum: »Wie schwer werden die Begüterten in das Reich Gottes hineinkommen!« (V. 23b) und »Leichter ist es, daß ein Kamel durch ein Nadelöhr hindurchgeht, als daß ein Reicher in das Reich Gottes hineinkommt« (V. 25). Doch vermeidet Jesus bewußt Drohungen gegen die Reichen (so dagegen 1Hen 94-96).

V. 29-30: Zweierlei ist in diesem Wort zusammengekommen. Erstens geht es hier darum, daß einzelne – wie einst Jesus selbst – mit der eigenen Familie gebrochen haben. Zweitens haben manche Christen sich asketisch von allen irdischen Bindungen gelöst. Daraus ergab sich die Frage, wovon sie leben sollten. Antwort: Die Gemeinde wird sie erhalten. Das Wort dürfte ursprünglich aber nur bis »Hundertfaches empfangen wird« gereicht haben. »Was folgt, ist die Unterscheidung eines Lohnes im Diesseits und Jenseits, wobei jener (wohl ganz sekundär) noch wieder spezialisiert wird. Ursprünglich ist die hundertfache Vergeltung zweifellos eine ›jenseitige‹, d.h. sie bedeutet den Lohn im messianischen Reich« (Bultmann, 115).

V. 31: Vgl. Mt 20,16; Lk 13,30.

Historisches

V. 17b-22: Daß der historische Jesus von Gott als gut gesprochen und dieses Gottes-Prädikat von sich abgewehrt hat (V. 18), dürfte historisch zutreffen. V. 21 paßt zur Radikalität des Nachfolgerufes Jesu und zur Seligpreisung der Armen (Lk 6,20b).

V. 23b: Das Kohärenzkriterium macht die jesuanische Herkunft dieses Wortes wahrscheinlich (vgl. zu V. 25).

V. 25 dürfte wegen seiner originellen Hyperbolik auf Jesus zurückgehen (vgl. 11,23).

V. 29-30: Auch die ursprüngliche Form dieses Logions stammt aus der Gemeinde. Historisch bleibt nur zurück Jesus als Modell desjenigen, der mit seiner leiblichen Familie gebrochen hat.

V. 31: Der Spruch kann an verschiedenartigste Geschichten angehängt werden und eignet sich nicht als Gegenstand von Echtheitsurteilen.

Mk 10,32-34: Die dritte Leidens- und Auferstehungsankündigung

(32) Sie waren aber auf dem Wege und gingen nach Jerusalem hinauf. Und Jesus zog ihnen voran, und sie erschraken. Die aber nachfolgten, fürchteten sich.

Und wiederum nahm er die Zwölf (beiseite) und begann zu ihnen zu sprechen über das, was ihm zustoßen werde: (33) »Siehe, wir gehen nach Jerusalem, und der Menschensohn

wird den Hohenpriestern und den Schriftgelehrten ausgeliefert werden.

Und sie werden ihn zum Tode verurteilen

und ihn den Heiden übergeben,

(34) und sie werden ihn verspotten

und ihn anspucken

und ihn auspeitschen

und töten,

und nach drei Tagen wird er auferstehen.«

Redaktion und Tradition

V. 32-34: V. 32 ist redaktionell geprägt; vgl. nur das Jüngerentsetzen, die besondere Haltung Jesu zu den Zwölf (vgl. 3,14 u.ö.) und das Wegmotiv. V. 33-34: Diejenigen Begriffe der Leidensweissagung, die in der Übersetzung unterstrichen sind, schließen sich eng an den mk Passionsbericht an: »verurteilen«: 14,64; »anspucken«: 14,65; 15,19; »verspotten«: 15,20.31; zu »auspeitschen« vgl. 15,15. Auch diese ausführlichste Leidensansage hat Mk selbst formuliert. Er hat ihr als der letzten und längsten großes Gewicht beigemessen, wobei ein besonderer Akzent auf ihrer judenfeindlichen Absicht liegt.

Historisches

Die Behandlung dieser Frage entfällt.