Praxishandbuch Medien-, IT- und Urheberrecht

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I. Einführung

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Die Rundfunklandschaft befindet sich in einer Phase des Umbruchs und der Neubestimmung, in der bisherige Geschäftsmodelle auf den Prüfstand gestellt, neue Verbreitungs- und Finanzierungsformen erprobt und die Balance des dualen Rundfunksystems politisch neu justiert werden. Diese Veränderungsprozesse sind gekennzeichnet von einem sprunghaften Anstieg von Programminhalten, die über die unterschiedlichsten Verbreitungswege und Endgeräte empfangen werden können, sowie einer Verwischung der Grenzen zwischen klassischen Rundfunkprogrammen einerseits und Telemedien andererseits. Der ausschlaggebende Impuls dieser Entwicklung ist jedoch nicht inhaltlicher, sondern vielmehr technischer Natur. Denn erst durch den technischen Prozess der Digitalisierung und Komprimierung von Informationen wurden die Voraussetzungen geschaffen, um Programminhalten neue Verbreitungsmöglichkeiten und Geschäftsmodelle zu eröffnen. Die Veränderung von Geschäftsmodellen in der digitalen Welt kann beispielhaft an der erfolgreichen Veränderung des Vertriebsmodells von „Netflix“ nachvollzogen werden, das sich von einem überwiegend national operierenden DVD-Verleih hin zu einem Subscription Video-On-Demand-Dienst verwandelte, der das Internet als Vertriebsweg für seine globale Expansionsstrategie verwendet. Die Digitalisierung des Rundfunks und der damit einhergehende Prozess der (technischen) Medienkonvergenz stellt die Initialzündung für einen Anstieg von Programmangeboten und eine erhebliche Erweiterung der Programm- und Meinungsvielfalt dar. Ein wichtiges Symbol für diese Entwicklung ist das sog. „web 2.0“ und die damit verbundene Möglichkeit eines jeden Internetnutzers, eigene digitale Inhalte im Internet zu verbreiten. Der Erfolg von „YouTube“ und den dort zum Abruf bereit gestellten Videoclips (sog. „user-generated content“) beweist nicht nur erneut die besondere Attraktivität von audio-visuellen Inhalten, sondern bildet einen Antagonismus zu der bisherigen Monopolisierung von audio-visuellen Inhalten, die in der durch Frequenzknappheit geprägten „analogen Welt“ in der Hand nur weniger Rundfunkveranstalter lag. Die Digitalisierung verändert nicht nur die Art und Weise wie audio-visuelle Inhalte produziert, verbreitet und vermarktet werden, sondern führt entsprechend auch auf Seiten der Konsumenten zu einer Veränderung der Rezeptionsgewohnheiten hinsichtlich der Endgeräte, der Nutzungsweise und des Nachfrageverhaltens. Dieser oftmals auch als Medienkonvergenz beschriebene Prozess verlangt von den Marktbeteiligten ein hohes Maß an Flexibilität und Veränderungswillen und macht auch – wie die erregte Diskussion um die Einführung der Rundfunkgebühr für internetfähige PCs und die nunmehr erfolgende Umstellung auf eine Haushaltsabgabe gezeigt hat – vor medienfremden Unternehmen und Privathaushalten nicht halt. Im Rahmen dieses Veränderungsprozesses treten Verwerfungen auf, die vor allem dadurch hervorgerufen werden, dass eine nationale – häufig zudem föderal fragmentierte – Regulierung auf internationale Marktakteure trifft, die mit ihren internetbasierten Geschäftsmodellen (z.B. YouTube, Netflix, AmazonPrime etc.) versuchen, die Medienkonvergenz für einen möglichst weltweiten Marktauftritt zu nutzen. Dies führt zu unterschiedlichen Regulierungsbedingungen für nationale Unternehmen gegenüber ihren internationalen Wettbewerbern und verlangt eine konsistente und konvergente Regulierung, die ein Zusammenwirken der Gesetzgeber auf Bundes- und Landesebene im Kontext einer immer stärker globalisierten Medienwelt erfordert. Erste Ansatzpunkte für eine modernere Medienregulierung wurden deshalb im Rahmen einer Bund-Länder-Kommission zur Medienkonvergenz erarbeitet, die sich hierbei mit audiovisuellen Mediendiensten, Jugendschutz, Kartellrecht, Plattformregulierung als auch Intermediären beschäftigte.[1]

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In dieser Umbruchphase ändern sich auch die Nutzungsgewohnheiten und Rezeptionsweisen der Zuschauer, da Rundfunkinhalte nicht mehr ausschließlich von einem Anbieter an viele Rezipienten zur zeitgleichen Nutzung gesendet werden (Punkt-zu-Multipunkt-Verbindung). Vielmehr werden die Zuschauer durch die im Internet verwendete „streaming“-Technologie verstärkt in die Lage versetzt, im Wege des Programmabrufs (Punkt-zu-Punkt-Verbindung) über den Zeitpunkt der Rezeption selbständig zu entscheiden (z.B. Video-On-Demand-Angebote). Es sind hierbei aber auch moderne Endgeräte wie der Personal Video-Recorder (PVR), die einen maßgeblichen Einfluss auf die Veränderung des Nutzungsverhaltens haben werden, da diese Geräte mit großen Festplatten zur zeitgleichen Speicherung verschiedener Rundfunkprogramme ausgestattet sind. Dadurch wird der Zuschauer in die Lage versetzt, die klassischen Rundfunkverbreitungswege nur noch dazu zu verwenden, den PVR mit neuen Programmen zu füttern, die entsprechend den individuellen Vorlieben gespeichert und erst zu einem späteren Zeitpunkt abgerufen werden. Die technischen Rahmenbedingungen einer effizienten, cloud-basierten Programmspeicherung (sogenannter Network-PVR) wurden hierbei bereits zum Gegenstand höchstrichterlicher Rechtsprechung.[2] Ferner erobern auch Internet-Giganten wie Google und Apple das heimische TV-Gerät, indem durch die Einbindung des Internetzugangs in das Fernsehgerät bei entsprechender Verwendung zusätzlicher „Konvergenz-Geräte“ eine Fusion der linearen Rundfunkwelt mit der nicht-linearen Internetwelt ermöglicht wird (z.B. Google-TV oder Apple TV). Hybride Fernsehgeräte, die über einen integrierten Internetzugang und entsprechende Programmier-Schnittstellen verfügen, werden zunehmend auch von den Programmveranstaltern genutzt, die entsprechende interaktive Applikationen entwickeln, mit denen der Fernsehzuschauer aus dem laufenden Programm heraus einen Ausflug in die Internetwelt unternehmen kann, um dort weitergehende Informationen oder Zusatzdienste in Anspruch zu nehmen. Die damit einhergehende technische Emanzipation des Zuschauers und seine wachsende Fähigkeit der selbstbestimmten Rezeption von Inhalten weit über die Grenzen des herkömmlichen Fernsehens hinweg wird von den Gazetten bereits plakativ betitelt: „Der Zuschauer ist tot, es lebe der Nutzer.“[3] Jedoch können bei interaktiven Nutzungsformen die individuellen Nutzungsdaten gespeichert und auf ihrer Grundlage mit Hilfe von Algorithmen entsprechende personalisierte Programmempfehlungen ausgesprochen werden, so dass auch das Spannungsfeld von Nutzung und Empfehlung zu einer Veränderung gegebenenfalls aber auch Verfestigung der inhaltlichen Präferenzen des Rezipienten führt. In dieser Situation ist der europäische und deutsche Gesetzgeber bemüht, mit dem raschen Tempo der technischen Veränderungsprozesse Schritt zu halten und der gewachsenen Bedeutung der technischen Verbreitungsinfrastrukturen und Empfangstechnik gerecht zu werden. Infrastrukturbetreiber, Inhalteanbieter, Internetdienste und kommerzielle Vermarkter dieser Inhalte erweitern in immer neuen Kooperationsformen ihre Geschäftsfelder und geraten hierbei in ein komplexes Geflecht wechselseitiger Abhängigkeiten, in deren Mitte der Nutzer steht, da er Inhalte auf verschiedene Wege empfangen und auch verbreiten kann. Auch die Grenzen zwischen der Produktion und der Verbreitung von Inhalten werden immer fließender, da im Rahmen verschiedener Unternehmenszusammenschlüsse eine immer stärkere vertikale Integration geschaffen wird.[4] Ferner nimmt die maschinengesteuerte Einflussnahme auf den Meinungsbildungsprozess mittels sog. Social-Bots über die vermehrt Fake-News und Hasskriminalität in sozialen Netzwerken verbreitet werden, eine immer bedeutsamere Rolle ein, so dass auch zu hinterfragen ist, ob die hinter der Medienregulierung stehenden Überzeugungen zur Art und Weise der Massenkommunikation noch zeitgemäß sind.[5] Umso schwieriger ist die gesetzgeberische Aufgabe, bei der positiven Ausgestaltung der Rundfunkordnung[6] einerseits die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Inhalteanbieter im dualen System angemessen zu berücksichtigen und andererseits eine technologieneutrale Regulierung zu schaffen, die zu keinen Verzerrungen des immer stärker werdenden Infrastruktur- und Plattformwettbewerbs führt. Insbesondere die Fragen des Zugangs zu Verbreitungswegen und der technischen Ausgestaltung der Empfangsgeräte sind Gegenstand gemeinschaftsrechtlicher sowie nationaler medien- und telekommunikationsrechtlicher Regulierung. Hierbei verfolgt das Gemeinschaftsrecht das Ziel einer strikten Trennung zwischen der Regulierung von Inhalten und der Regulierung von Infrastrukturen[7] wobei die Diskussion um die komplexen Fragen der sog. „Neutralität“ gezeigt haben, dass dieses Trennungsprinzip teilweise schwierig aufrecht zu erhalten ist.[8] Auf der Ebene der nationalen Infrastrukturregulierung, die im Folgenden näher dargestellt wird, kommt es in vielen Fällen zu einer parallelen Anwendung von telekommunikationsrechtlichen Regelungen des Bundes, der die Gesetzgebungskompetenz für Fragen der Infrastrukturregulierung inne hat,[9] und den inhaltsbezogenen Bestimmungen des Medienrechts, das der Gesetzgebungskompetenz der Länder unterliegt.[10] Die damit einhergehenden rechtlichen Friktionen und teilweise verfassungsrechtlich bedenklichen Formen der Doppelregulierung zeugen einerseits von der Komplexität der Regelungsmaterie und den zugrundeliegenden technischen Zusammenhängen sowie andererseits von den kompetenzrechtlichen Verteilungskämpfen zwischen dem Bund und den Ländern. Flankiert werden die vorgenannten Veränderungsprozesse von der politischen Diskussion, wie die Zugangs- und Nutzungsbedingungen in einer vom Internet dominierten digitalen Medienwelt ausgestaltet werden sollen.

II. Digitalisierung

1. Politische Bedeutung

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Die politische Bedeutung der Digitalisierung erklärt sich vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Wachstumsprognosen und -erwartungen, die an die Digitalisierung von Inhalten und die gleichzeitige Verbreitung von schnellen (breitbandigen) Internetzugängen sowie die Vervielfachung der Distributions- und Rezeptionsmöglichkeiten über verschiedene Infrastrukturen anknüpft.[11] Die Europäische Kommission sieht in der digitalen Technik sogar die Grundlage für eine umfangreiche und bedeutende Wachstums- und Beschäftigungsstrategie innerhalb der Europäischen Gemeinschaft.[12] Der technische Prozess der Digitalisierung hat jedoch insbesondere eine herausragende und aktuelle Bedeutung für den Informations- und Kommunikationsbereich, da sie die ehemals vorwiegende Verbreitungsform – die analoge Aufnahme- und Sendetechnik – bereits fast vollständig ersetzt hat. Dieser analoge Switch-Off ist nicht nur von Seiten der Medienwirtschaft erwünscht, sondern inzwischen auch in nahezu allen europäischen Staaten politischer Konsens, da mit der Digitalisierung erhebliche Vorteile verbunden sind. Diese liegen gegenüber dem analogen Rundfunk bislang in erster Linie in der effizienteren Frequenznutzung, der einfacheren Speicherung und Archivierung der Inhalte, der allgemein besseren Bild- und Tonqualität, der Mehrkanalfähigkeit sowie mittelbar in einer größeren Programmvielfalt. So hatte in Deutschland die Bundesregierung einer frühen Empfehlung der Initiative „Digitaler Rundfunk“ folgend[13] in § 63 Abs. 5 TKG festgelegt, dass die Frequenzzuteilungen für die analoge Rundfunkverbreitung für den Fernsehrundfunk bis spätestens Ende 2010 und für den UKW-Hörfunk bis spätestens Ende 2015 widerrufen werden solle, was zur Folge haben soll, dass danach nur noch die digitale terrestrische Übertragung möglich ist. Aufgrund des langsamen Digitalisierungsprozesses beim Hörfunk wurde jedoch in § 63 Abs. 5 TKG eine Verlängerungsoption vorgesehen, auf deren Grundlage die analoge UKW-Verbreitung um bis zu 10 weitere Jahre ermöglicht wurde. Bereits heute nutzen über 92 % der ca. 38 Mio. deutscher TV-Haushalte digitales Fernsehen,[14] so dass das politische Ziel einer vollständigen Digitalisierung der Verbreitungswege in greifbare Nähe rückt. Im Bereich des terrestrischen Fernsehens ist der Digitalumstieg durch die ausschließliche Nutzung von DVB-T (Digital Video Broadcasting Terrestrial) zum Zweck der terrestrischen TV-Verbreitung mittlerweile vollständig vollzogen worden. Jedoch sind die Kosten der DVB-T-Verbreitung angesichts der vergleichsweise geringen Nutzungsakzeptanz signifikant, weshalb sich bislang nur die öffentlich-rechtlichen Programmveranstalter eine flächendeckende DVB-T-Verbreitung leisten. Private Programmveranstalter nahmen eine DVB-T-Verbreitung in der Regel nur in Ballungszentren vor, da die Programmverbreitung in den bevölkerungsärmeren ländlichen Gebieten nicht wirtschaftlich ist. Gerade wegen der hohen Kosten dieses Verbreitungsweges konnte die terrestrische Fernsehverbreitung erst durch eine Subventionspolitik initiiert werden, die jedoch aufgrund ihrer wettbewerbsverzerrenden Wirkung auf den Infrastrukturwettbewerb von Seiten der EU-Kommission beendet wurde.[15] Ab dem 29.3.2017 begann die Umstellung vom bisherigen terrestrischen Übertragungsstandard DVB-T auf den moderneren Standard DVB-T2, der aufgrund einer höheren Übertragungsbandbreite erstmals eine terrestrische Verbreitung von Programmen im hochauflösenden HDTV-Bildstandard ermöglicht. Die Verbreitung von Programmen privater Programmveranstalter erfolgt hierbei wie zuvor in erster Linie in Ballungsgebieten und zudem erstmals in verschlüsselter Form, um mittels entsprechender Abonnementsentgelte zusätzliche Distributionserlöse zu erwirtschaften, die zur Finanzierung der kostenintensiven terrestrischen Verbreitung beitragen. Beim Satellitenfernsehen wurde der vollständige Umstieg von analoger auf digitale Verbreitungstechnik im Mai 2012 vollzogen, indem die bis dahin noch vorhandene analoge Satelliten-Verbreitung der Rundfunkprogramme beendet wurde. Von diesen Migrationsproblemen verschont werden hingegen die jüngsten Übertragungswege (z.B. DSL, offenes Internet, LTE), welche bereits von Anfang an ausschließlich digital nutzbar sind, so dass in erster Linie nur die klassischen Rundfunkverbreitungswege Terrestrik (Radio), Satellit und Kabel von einem zukünftigen Umstieg auf (ausschließlich) digitale Verbreitungstechnik betroffen sind bzw. waren. Jedoch muss hierbei berücksichtigt werden, dass die Geschwindigkeit und der Erfolg dieser Migrationsprozesse im Wesentlichen von den Faktoren Frequenzknappheit, Zuschauernachfrage und Verbreitungskosten abhängig sind. Wie sich der Umstellungsprozess auf ausschließlich digitale Verbreitungstechnik in dem Verbreitungsweg terrestrischer Hörfunk (insbesondere UKW) vollzieht, bleibt abzuwarten, da in der Regel die Zuschauer durch den Erwerb eines digitalen Endgerätes den Umstellungsprozess individuell steuern. Unter Berücksichtigung dieses nachfrageorientierten Digitalisierungsprozesses und der Reichweitenabhängigkeit vieler werbefinanzierter Programmanbieter ist es naheliegend, eine Beendigung der parallelen analogen Frequenznutzung deshalb von dem bereits erreichten Nutzungsgrad des digitalen Empfangsweges abhängig zu machen. Gerade der Bereich des digitalen Hörfunks (DAB) hat gezeigt, dass trotz eines bundesweit ausgebauten digitalen Sendenetzes die Nutzungsakzeptanz von digitalem Radio noch sehr gering ist, da der Preis der Endgeräte vergleichsweise hoch ist und nicht alle analog verfügbaren Programme auch digital verbreitet werden. Zugleich nimmt die Radionutzung über das Internet beständig zu, da über dieses Verbreitungsmedium ebenfalls ein mobiler Zugriff auf Radioinhalte mit mobilen Endgeräten (meist mittels Smartphone oder Tablet) problemlos möglich ist und zudem die Vielfalt des Angebots unvergleichlich größer ist. Ferner ermöglicht das Internet-Streaming den Programmveranstaltern eine erhebliche Senkung der Verbreitungskosten. Problematisch ist jedoch, ob und inwieweit die Mechanismen der Werbefinanzierung eines in der Regel lokal/regional ausgerichteten Radioangebots auf ein meist international verfügbares Hörfunkangebot übertragen werden können. Im Bereich der Kabelverbreitung nutzen im Jahr 2016 jedoch bereits über 82 % der Kabelhaushalte das digitale Programmangebot, so dass der Ausstieg aus der ineffizienten und kapazitätsintensiven analogen Verbreitungstechnik in den nächsten Jahren zu erwarten ist.

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Der Kabelnetzbetreiber Unitymedia wird aufgrund der überdurchschnittlich hohen digitalen Nutzung in seinem Netz bereits im Juni 2017 die analoge TV-Verbreitung einstellen. Folglich ist zu erwarten, dass danach viele Kabelnetzbetreiber der Empfehlung der Medienanstalten und des Kabelnetzbetreiber-Verbandes ANGA oder der Vorgabe des Sächsischen Gesetzgebers nach § 4 Abs. 6 SächsPRG folgen und die analoge TV-Verbreitung zum Ende des Jahres 2018 einstellen werden. Die Migration des analogen Hörfunks hin zu digitaler Radionutzung stellt sich jedoch aufgrund der geringen Durchdringung digitaler Radioempfänger schwieriger dar, weshalb die Digitalisierung der TV- und Radio-Verbreitung – wie auch bei der Terrestrik zu beobachten ist – sich zeitlich versetzt vollziehen wird.

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Da die Medien- und Kommunikationsbranche sehr schnellen Veränderungszyklen unterworfen ist, müssen angesichts der Vielzahl der technischen Veränderungen und Möglichkeiten stets die telekommunikationsrechtlichen Rahmenbedingungen berücksichtigt werden, die in § 2 Nr. 7 TKG die Sicherstellung der effizienten und störungsfreien Nutzung von Frequenzen auch unter Berücksichtigung der Belange des Rundfunks als eines der maßgeblichen Regulierungsziele des Telekommunikationsgesetzes nennen. Gerade die effizientere Frequenznutzung[16] und die wesentlich geringeren Probleme mit möglichen Störstrahlungen bzw. Interferenzen sind hierbei signifikante Vorteile des Digitalisierungsprozesses, weshalb die digitale Frequenznutzung nicht nur aus Sicht der Marktteilnehmer und Zuschauer vorteilhaft ist, sondern auch aus regulatorischer und gesamtwirtschaftlicher Sicht große Vorzüge aufweist.

1.1 Die Digitalisierung von Programminhalten

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Der wesentliche technische Unterschied der digitalen[17] zur analogen[18] Aufnahme- und Sendetechnik besteht darin, dass die Darstellung und Übertragung von Informationen nicht mehr durch eine kontinuierliche Amplitude erfolgt, die hierbei die Dimensionen Zeit und Wert abbildet.[19] Die Übersetzung aller Bildinformationen (z.B. Helligkeit, Farbe, Ton), die den Zeit- und Wertbereich der Bildpunkte beschreiben, geschieht nicht mehr mittels einer Schwingung (Amplitude), sondern in einer geordneten Folge von einzelnen (diskreten) Zahlenwerten, die in das binäre System codiert werden. In diesem binären System werden alle Bildinformationen ausschließlich mit den beiden Werten 0 und 1 – die sog. Bits – ausgedrückt. Übertragen auf den Fernsehbereich bedeutet das, dass Programme nicht mehr durch elektrische Schwingungen in Form von Bild-, Ton- und Synchronisierungswellen, sondern als digitaler Datenstrom in Gestalt eines Binär-Codes gesendet werden. Dieser digitale Binär-Code wird über die Frequenzen des jeweiligen Übertragungsweges verbreitet.

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Sofern die Bild- und Tonsignale audiovisueller Inhalte nicht bereits mit digitaler Aufnahmetechnik produziert werden oder wurden, sondern noch in analoger Form vorliegen, müssen sie erst mittels der (Quell-) Codierung bzw. des sog. Encodings in digitale Signale umgewandelt werden. Hierzu werden erstens die Zeitwerte der analogen Signale ermittelt (Abtastung), zweitens den einzelnen Zeitwerten ein jeweiliger Amplitudenwert zugeordnet (Quantisierung) und drittens die so erfassten Signalwerte in eine Abfolge binärer Werte umgeformt (Codierung). Bei der Quellcodierung digitaler Fernsehbilder hat sich der MPEG-2 Standard international durchgesetzt und wurde sowohl in Europa als auch in den USA gesetzlich festgeschrieben. Dieser Codierungsstandard konnte sich für die Umwandlung von Bewegtbildern deshalb durchsetzen, weil er eine Reduktion der Datenmenge durch die Verwendung von Kompressionsverfahren ermöglicht[20] und damit eine der wichtigsten Voraussetzungen für den Erfolg des digitalen Fernsehens schafft.[21] Beim Encoding von analogen Bewegtbildern und Tönen entsteht ein sehr hohes Volumen digitaler Daten, deren Verbreitung eine enorme Speicher- und Übertragungskapazität erfordern würde.[22] Die Komprimierungsverfahren nach dem MPEG-2 Standard ermöglichen jedoch eine derart effiziente Datenreduktion, dass im Ergebnis die digitalen Signale eine erheblich geringere Übertragungskapazität benötigen als die analogen Signale.[23] Da die derzeit schnell voranschreitende Umstellung auf hochauflösende Bildformate (HDTV und UltraHD) und die beginnende Einführung von 3-D-Filmen erneut die zur Programmübertragung benötigte Übertragungskapazität um ein Vielfaches erhöht, werden hierfür weiterentwickelte Kompressionsverfahren verwendet wie MPEG-4 mit dem H264 Codec für HDTV Inhalte und HEVC mit dem H265-Codec für UltraHD bzw. 4K. Es ist deshalb bereits jetzt abzusehen, dass sich in Zukunft der MPEG-4 Standard, der auch bei IPTV und DVB-T2 verwendet wird, aufgrund seiner höheren Datenkompression und der damit verbundenen effizienteren Nutzung von Übertragungskapazitäten den MPEG-2 Standard in der Praxis vollständig ablösen wird.[24] Diese Entwicklung wird auch politisch forciert, indem die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) den öffentlich-rechtlichen Sendeunternehmen die Finanzierung der Satellitenverbreitung im SD-Standard bislang nur bis zum Ende des Jahres 2019 genehmigt hat. Neben der Art und Weise der Datenkompression ist auch die für den Sendevorgang verwendete Modulation sowie das Bandbreitenmanagement (insbesondere das Multiplexing) für die Frage der effizienten Nutzung von Übertragungskapazitäten von besonderer Bedeutung.