Praxishandbuch Medien-, IT- und Urheberrecht

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B. Schutzpflichten Privater

I. Einführung von Internetfiltern

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Neben dem Staat sind allerdings auch Private in der Pflicht, Minderjährige vor dem Konsum entwicklungsgefährdender Inhalte zu schützen. Vor allem Erziehungsberechtigte können einer Konfrontation mit unerwünschten Angeboten durch die Installation geeigneter Jugendschutzsoftware vorbeugen. Dem gestiegenen Bedürfnis nach Jugendschutz durch Programme, die geeignete Internetangebote altersdifferenziert freischalten bzw. ungeeignete Inhalte blockieren, trägt der novellierte Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) Rechnung. Danach obliegt nun den anerkannten Selbstkontrolleinrichtungen die Beurteilung über die Eignung von Jugendschutzprogrammen i.S.v. § 11 Abs. 1 JMStV sowie solchen nach § 11 Abs. 2 JMStV, die also lediglich auf einzelne Altersstufen ausgelegt sind oder den Zugang zu Telemedien innerhalb geschlossener Systeme ermöglichen (z.B. Spielekonsolen). Bislang wurde auf die Verwendung derartiger – insbesondere durch die Kommission für Jugendmedienschutz anerkannte – Programme verzichtet.[4] Die geänderten Vorschriften des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages sollen daher die technische Entwicklung und den vermehrten Einsatz von Jugendschutzprogrammen vorantreiben.[5] Ziel ist die Anpassung an die Entwicklungen der Medienkonvergenz und das damit einhergehende Nutzungsverhalten von Kindern und Jugendlichen[6].[7] Gerade bei mobilen Endgeräten, die von Minderjährigen verstärkt genutzt werden, bestehen erhebliche Schutzlücken im Hinblick auf den technischen Jugendschutz und es gibt noch keine anerkannten Filterprogramme für mobile Endgeräte.[8] Vor diesem Hintergrund wird auf Jugendschutzfilter nach britischem Vorbild hingewiesen.[9] Ende des Jahres 2013 hatten die vier großen Internetprovider in Großbritannien auf Druck der Regierung Jugendschutzfilter installiert, die pornographische Inhalte blockieren sollen. Dabei handelt es sich um vorinstallierte Programme, die auf Wunsch des Anschlussinhabers deaktiviert werden können. Andererseits können – je nach Bedürfnis des Anschlussinhabers – auch weitere Inhalte zu anderen jugendgefährdenden Themenbereichen (z.B. Gewalt, Suizid- und Magersuchtforen) gefiltert werden.[10]

II. Kritik

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In Deutschland wird die Einführung eines derartigen verpflichtenden Filters weiterhin diskutiert. Zwar wurde der Anstoß zur Diskussion über die Verantwortung der Internetprovider grundsätzlich als positiv begrüßt. Andererseits wurde die mangelnde Effizienz eines solchen Filtersystems bemängelt und vor unerwünschten Nebenwirkungen gewarnt.[11] An vergleichbaren Bedenken scheiterte im Jahr 2011 bereits das Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen (Zugangserschwerungsgesetz).[12] Hiermit wurden die großen Internetprovider verpflichtet, den Zugriff auf kinderpornographische Inhalte anhand einer vom Bundeskriminalamt herausgegebenen und täglich aktualisierten Liste zu sperren.[13] Nachdem das Gesetz Anfang 2010 zunächst in Kraft getreten war, wurde es bereits Ende 2011 wieder aufgehoben.[14] Grund für die Aufhebung waren erhebliche Proteste in Gesellschaft und Politik.[15] Kritisiert wurde dabei die umfassende Kontrolle der Internetkommunikation. Zudem wurde die Befürchtung geäußert, die Filterung von Inhalten könne auf weitere Problembereiche ausgeweitet werden, so dass das Internet einer weitreichenden Zensur unterworfen sei.[16] Ferner wurde auf die Gefahr verwiesen, dass legale Inhalte versehentlich gesperrt (sog. Overblocking) und dadurch die Meinungs- und Informationsfreiheit unverhältnismäßig beeinträchtigt werden.[17] Dass Bedenken dieser Art durchaus gerechtfertigt sind, zeigt sich aktuell am Beispiel Großbritanniens. Hier wurden nicht – wie beabsichtigt – ausschließlich pornographische Inhalte, sondern teils auch harmlose oder sogar beratende Webseiten gesperrt.[18] Dennoch sind die auf freiwilliger Basis verwendbaren Jugendschutzprogramme derzeit die einzig sinnvolle und in Anbetracht der rechtlichen Vorgaben auch verhältnismäßige Alternative. Insbesondere vor dem Hintergrund einer ständig vernetzten Gesellschaft mit einem schier unermesslichen Umfang an telemedialen Inhalten sind Filterprogramme auch aus Anbietersicht die praktikabelste Lösung, ohne dabei eine abschreckende Vor- bzw. Zugangssperre zu errichten. Im Jahre 2012 wurde erstmals ein Jugendschutzprogramm staatlich anerkannt.[19] Tatsächliche Verhältnismäßigkeitsabwägungen lassen sich dabei beispielhaft an den Eignungsvoraussetzungen von Jugendschutzprogrammen belegen, welche die gesetzlich geregelten Anerkennungskriterien spezifizieren. Somit richtet sich die erforderliche Filterleistung nach dem sog. „Paretoprinzip“, wonach die geforderte Zuverlässigkeit eines Programms erst dann gegeben ist, wenn vier von fünf Angeboten zutreffend beurteilt wurden. Entscheidend ist dabei nicht nur das „Underblocking“, sondern insbesondere auch das „Overblocking.[20]

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Derartige Probleme machen deutlich, dass die Funktionsweise des Internets bei der konkreten Ausgestaltung einer Sperrmaßnahme keinesfalls unberücksichtigt bleiben darf. Weil die jederzeitige Verfügbarkeit einer nahezu unbegrenzten Informationsfülle maßgebliches Charakteristikum des Internets ist,[21] wirken zu großflächig ansetzende Sperrmaßnahmen den netzseitigen Grundprinzipien und damit auch der verfassungsrechtlich garantierten Informationsfreiheit entgegen. Andererseits müssen Kinder und Jugendliche vor entwicklungsbeeinträchtigenden Einflüssen geschützt werden, die das Internet bereithält und mit hoher Geschwindigkeit verbreitet. Die Schwierigkeit besteht folglich darin, die Meinungs- und Informationsfreiheit mit den ebenfalls verfassungsrechtlich garantierten Belangen des Jugendschutzes im Wege praktischer Konkordanz in Einklang zu bringen.

III. Verantwortlichkeit der Provider

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Hinsichtlich der Providerverantwortlichkeit muss entsprechend der §§ 7 ff. TMG zwischen Access-, Host- und Contentprovidern differenziert werden. Der Anbieterbegriff nach dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (vgl. § 3 Nr. 2 JMStV) ist z.T. umstritten.[22] Die h.M. geht von einem weiten Anbieterbegriff aus, so dass die §§ 8 ff. TMG Anwendung finden.[23] Ein pauschaler Ausschluss von Access-Providern geht aber zu weit. Zugangsanbieter (Accessprovider) verbreiten zwar regelmäßig keine eigenen Inhalte. Allerdings stellen sie die maßgebliche Infrastruktur zur Verfügung, um auf die im Internet bereitgehaltenen Informationen zugreifen zu können. Auch wenn die Provider für entwicklungsbeeinträchtigende Angebote rechtlich nicht verantwortlich sind, tragen sie doch in wesentlichem Maße dazu bei, dass Kinder und Jugendliche mit Inhalten konfrontiert werden, die ihrem Alter und Entwicklungsstand unangemessen sind.[24] Provider können entsprechend der §§ 8 ff. TMG auch aus jugendschutzrechtlicher Sicht zur Verantwortung gezogen werden. Infolge des Dritten Gesetzes zur Änderung des Telemediengesetzes[25] sind Ansprüche gegen Access-Provider allerdings auf einen Sperranspruch nach § 7 Abs. 4 S. 1 TMG begrenzt. Forderungen nach Filtersystemen, die derartige Angebote von Minderjährigen fernhalten, sind daher nachvollziehbar. Andererseits muss auch das Internet in seinen Eigengesetzlichkeiten respektiert werden, die einer Zensur nur bedingt zugänglich sind.[26]

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Vor diesem Hintergrund gilt es, den verfassungsrechtlichen Schutzauftrag für Kinder und Jugendliche mit der Zwecksetzung des Internets als „kommunikativem Möglichkeitsraum“[27] zu verbinden. Gelingen könnte dies mit einem Programm nach britischem Vorbild, das entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte per Voreinstellung filtert. Sofern dem Anschlussinhaber eine Deaktivierung des Filtersystems vorbehalten bliebe, würde seine Informationsfreiheit im Hinblick auf die betroffenen Angebote nicht unangemessen beeinträchtigt. Durch die Möglichkeit des Widerspruchs würde auch das Vertrauensverhältnis der Provider zu ihren Kunden und damit die grundrechtlich geschützte Berufsfreiheit nicht unzumutbar gestört. Weil eine derart voreingestellte Schutzmaßnahme den Erziehungsberechtigten kein aktives Tun abverlangt, sondern die jugendgefährdenden Inhalte bereits vom Provider gesperrt werden, wäre im Vergleich zu anderen Jugendschutzprogrammen eine weitaus höhere Verbreitung zu erwarten.

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Neben der Programmierung eines Filtersystems, das jugendschutzrelevante Inhalte genau und zuverlässig erkennt, wird eine weitere Herausforderung wohl darin bestehen, die Provider ohne gesetzlichen Zwang zur Einführung derartiger Sperrmaßnahmen zu bewegen. Sollte dies nicht gelingen, bestünde indessen auch die Möglichkeit einer gesetzlichen Regelung.[28] Das Modell eines voreingestellten Jugendschutzfilters, der entwicklungsbeeinträchtigende Angebote präzise filtert, wobei die betroffenen Inhalte auf Wunsch des Anschlussinhabers auch freigeschaltet werden können, würde die Rechtspositionen aller Beteiligten hinreichend berücksichtigen und keinen unverhältnismäßigen Eingriff in deren Grundrechte darstellen.

C. Gesetzliche Ausgestaltung

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Die gesetzlichen Regelungen zum Jugendschutz in den Medien finden sich seit einer weitreichenden Neuregelung im Jahr 2003 im Jugendschutzgesetz (JuSchG) des Bundes sowie im Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien (JMStV) der Länder.[29] Während das JuSchG vor allem den Jugendschutz in der Öffentlichkeit sowie Verbreitungsbeschränkungen bei jugendgefährdenden Trägermedien (Printmedien, Videos, CD-Roms, DVDs, Kinofilme, etc.) regelt, wurde mit dem JMStV ein einheitlicher Jugendschutz für den Rundfunk und die Telemedien verankert. Beide Regelwerke ergänzen einander und bieten durch ihr gesetzliches Zusammenwirken umfassenden Schutz vor jugendgefährdenden Einflüssen in Öffentlichkeit und Medien.[30] Dennoch gibt es Verbesserungsbedarf, so dass weiterhin Bestrebungen existieren, wonach ein einheitliches JuSchG geschaffen werden soll. In einigen Bereichen zeichnen sich somit schwer nachvollziehbare Differenzen bei der Behandlung von jugendschutzrelevanten Inhalten ab, die dringend zu vereinheitlichen sind.[31] Angesichts der zunehmenden Nutzung von Social-Media-Plattformen, Blogs, Foren, Chatangeboten und Videoportalen, die häufig einen ungehinderten Zugang zu gefährdenden oder beeinträchtigenden Inhalten bieten, steht das Jugendschutzrecht vor neuen Herausforderungen, die es nicht nur auf nationaler, sondern zugleich auf europäischer Ebene[32] zu bewältigen gilt.[33]

 

I. Gesetzgebungskompetenzen

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Grund für die Zweiteilung des deutschen Jugendschutzrechts sind die unterschiedlichen Gesetzgebungskompetenzen des Bundes und der Länder. Hier ergibt sich eine besondere Gemengelage. Für den Erlass von Rechtsvorschriften zum Jugendschutz steht dem Bund gem. Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für das Recht der öffentlichen Fürsorge zu, welches auch das Recht der Jugendfürsorge mit einschließt, insbesondere um Gefahren für Jugendliche bereits im Vorfeld der Jugendhilfe abzuwehren.[34] Hingegen fällt der Jugendschutz im Rahmen der klassischen Rundfunkangebote in die Kompetenz der Länder, da diese Materie einen engen Bezug mit der Rundfunkregulierung aufweist, die der Erreichung kommunikationsbezogener Ziele wie Vielfalt und kommunikativer Chancengerechtigkeit dient und eindeutig den Ländern obliegt.[35]

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Bis zur Neuregelung des Jugendmedienschutzes im Jahr 2003 bestand der unbefriedigende Zustand, dass dieselben Inhalte je nach Art ihrer Verbreitung unterschiedlichen Regularien und Aufsichtsbehörden unterlagen. Der Jugendschutz für klassische Rundfunkangebote fiel in die Regelungskompetenz der Landesgesetzgeber und wurde entsprechend in den Landesmediengesetzen bzw. dem Rundfunkstaatsvertrag gesichert. Ebenfalls der Gesetzeskompetenz des Landesgesetzgebers unterlagen die sogenannten Mediendienste, die ähnlich wie klassische Rundfunkangebote zur Verbreitung an die Allgemeinheit bestimmt waren, denen aber das Moment der Darbietung fehlte. Teledienste, d.h. nach der bis 2002 geltenden Definition im Teledienstegesetz alle elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste, die für eine individuelle Nutzung von kombinierbaren Daten wie Zeichen, Bilder oder Töne bestimmt waren, und denen eine Übermittlung mittels Telekommunikation zugrunde lag, wurden nach dem Informations- und Kommunikationsdienstegesetz (IuKDG) für den Jugendschutz dem Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften und Medieninhalte (GjS) des Bundes zugeordnet, das zugleich auch den Jugendschutz in sog. Trägermedien regelte. Die sich daraus ergebenden Rechtsunsicherheiten, Abgrenzungs- und Anwendungsprobleme sind mit Inkrafttreten des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages (JMStV) zwar nicht völlig gelöst, jedoch abgemildert worden. Der Bund nahm seine Regelungskompetenz für den Jugendschutz in den neuen Medien zurück, sodass die Bundesländer eine einheitliche staatsvertragliche Regelung für alle elektronischen Medien und den Rundfunk vornehmen konnten. Der Anwendungsbereich des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages erstreckt sich nunmehr auf elektronische Informations- und Kommunikationsmedien (Rundfunk und Telemedien), soweit sie nicht Telekommunikationsdienste i.S.d. Telekommunikationsgesetzes (TKG) sind und löst damit die entsprechenden Regelungen im Rundfunkstaatsvertrag, im Mediendienste-Staatsvertrag[36] sowie im Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften und Medieninhalte[37] ab.

II. Das Jugendschutzgesetz

1. Anwendungsbereich

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Die medienrechtlich relevanten Vorschriften des JuSchG finden sich in dessen Abschnitten 3 und 4 (§§ 11–25) und betreffen sog. Trägermedien.[38] Der im zuvor geltenden GjS verwandte Begriff „Schriften“ wurde im Zuge der Neuregelung durch den Oberbegriff „Trägermedien“ ersetzt, da Schriften nicht mehr typisch für die Medienwelt sind.[39] Nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 2 S. 1 JuSchG sind Trägermedien „Medien mit Texten, Bildern oder Tönen auf gegenständlichen Trägern, die zur Weitergabe geeignet, zur unmittelbaren Wahrnehmung bestimmt oder in einem Vorführ- oder Spielgerät eingebaut sind“, also alle mobilen Datenträger.[40]

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Darüber hinaus wird nach § 1 Abs. 2 S. 2 JuSchG auch die unkörperliche elektronische Verbreitung[41] der gegenständlichen Verbreitung gleichgestellt. Jedoch ist es technisch bereits nicht möglich, nicht digitalisierte Medienträger elektronisch zu verbreiten. Wird ein entsprechender Inhalt zuvor in ein elektronisch übertragbares Datenformat umgewandelt, also z.B. durch Einscannen digitalisiert und auf dem Rechner gespeichert, so liegt in der Regel bereits kein Trägermedium i.S.d. § 1 Abs. 2 S. 1 JuSchG mehr vor,[42] sondern vielmehr ein Telemedium, dessen Regelung gem. § 16 JuSchG dem Landesrecht vorbehalten ist.[43] Rundfunksendungen sind vom Anwendungsbereich des JuSchG gem. § 1 Abs. 2 S. 2 JuSchG ausdrücklich ausgenommen.

2. Alterskennzeichnung

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Das Instrument der Alterskennzeichnung für Filme sowie Film- und Spielprogramme ist in § 14 JuSchG normiert. Es verfolgt den Zweck, dass an entsprechende Inhalte nur Kinder und Jugendliche der gekennzeichneten Altersstufe gelangen. Der Kennzeichnungspflicht unterliegen Filme, Film- oder Spielprogramme, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen (§ 14 Abs. 1 JuSchG). Hierdurch soll die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen umfassend, d.h. sowohl in körperlicher und geistiger als auch in seelischer Hinsicht, geschützt werden.[44] Die Alterskennzeichnung wird von der obersten Landesbehörde oder von einer Organisation der freiwilligen Selbstkontrolle[45] vorgenommen. Die Kennzeichnungspflicht ergibt sich aus dem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt bzw. dem Freigabevorbehalt (insbesondere § 12 Abs. 1 JuSchG). Jedes Medium muss gekennzeichnet sein, unabhängig von seinem tatsächlichen Beeinträchtigungspotential, sonst gelten die gesetzlichen Restriktionen. Auch offensichtlich nicht beeinträchtigende Trägermedien sind zu kennzeichnen. Gem. § 14 Abs. 7 JuSchG kann die Kennzeichnung als „Info- oder Lehrprogramm“ durch den Anbieter selbst erfolgen.

3. Liste jugendgefährdender Medien (Indizierung)

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Neben der Alterskennzeichnung normiert das JuSchG das schärfere Mittel der Indizierung jugendgefährdender Medien. Träger- und Telemedien, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu gefährden, sind gem. § 18 Abs. 1 S. 1 JuSchG von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) in eine Liste jugendgefährdender Medien aufzunehmen (Indizierung). Ist ein Träger- oder Telemedium in die Liste nach § 18 JuSchG aufgenommen, entfällt die Kennzeichnungspflicht nach § 14 JuSchG (§ 14 Abs. 3 S. 1 JuSchG). Insbesondere verhindert eine Kennzeichnung per Verwaltungsakt eine spätere Indizierung (§ 18 Abs. 8 JuSchG). Soweit § 18 Abs. 1 JuSchG explizit auch die Telemedien benennt, ist § 18 Abs. 6 JuSchG zu beachten, wonach eine Aufnahme von Telemedien in die Liste der jugendgefährdenden Medien nur auf Antrag der zentralen Aufsichtsstelle der Länder für den Jugendmedienschutz erfolgt.

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Dabei wird bei der Aufnahme in die Liste zwischen online und nicht online erhältlichen Träger- und Telemedien differenziert:[46] Während jugendgefährdende oder bestimmte strafbare Trägermedien, die nicht im Internet erhältlich sind, in einer öffentlichen Liste geführt werden (Listenteile A und B, § 18 Abs. 2 Nr. 1 und 2 JuSchG), werden Telemedien oder online abrufbare Trägermedien, die jugendgefährdend oder nach Ansicht der Bundesprüfstelle strafbaren Inhalts sind, in nicht öffentlichen Listen[47] aufgenommen (Listenteile C und D, § 18 Abs. 2 Nr. 3 und 4 JuSchG).[48] Es wird erwogen, die vier Listen auf zwei zusammenzulegen, wobei die Aufnahme in eine Liste unabhängig vom Verbreitungsweg erfolgen soll. Solange der Schutzzweck nicht gefährdet ist, könnte eine öffentliche Listenführung eingeführt werden. Außerdem wird diskutiert, ob bei einer Strafrechtsrelevanz automatisch die zuständige Strafverfolgungsbehörde informiert werden soll.

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Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien, die für die Indizierung zuständig ist, wird in der Regel auf Antrag (§ 21 Abs. 1 JuSchG), ausnahmsweise von Amts wegen tätig (vgl. § 21 Abs. 4 JuSchG). Antragsberechtigt sind gem. § 21 Abs. 2 JuSchG vor allem das Bundesfamilienministerium, die obersten Landesjugendbehörden, die zentrale Aufsichtsstelle der Länder für den Jugendmedienschutz, die Landesjugendämter und die Jugendämter. Für den Antrag auf Streichung aus der Liste und für den Antrag auf Feststellung, dass ein Medium nicht mit einem bereits in die Liste aufgenommenen Medium ganz oder im Wesentlichen inhaltsgleich ist, sind grundsätzlich auch die Urheber, die Inhaber der Nutzungsrechte sowie bei Telemedien die Anbieter antragsberechtigt (§ 21 Abs. 2 i.V.m. Abs. 7 JuSchG). Erfasst sind hierbei die sich aus den §§ 31 i.V.m. 15 ff. UrhG ergebenden Nutzungsrechte, auch bei lediglich zwischenzeitlicher Rechtsübertragung, es sei denn eine Antragsberechtigung widerspricht eindeutig dem vorgesehenen Zweck der erfolgten Rechtsübertragung.

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Die Rechtsfolgen einer Indizierung unterscheiden sich nach der Liste, in der das jeweilige Trägermedium eingetragen ist. Das JuSchG regelt die Rechtsfolgen einer Indizierung in den öffentlichen Listen, während sich die Rechtsfolgen einer Indizierung in den nicht öffentlichen Listen aus dem JMStV ergeben (vgl. § 16 JuSchG sowie § 4 Abs. 1 Nr. 11, Abs. 2 Nr. 2 JMStV).[49] Als Rechtsfolgen einer Indizierung in den öffentlichen Listen regelt § 15 JuSchG zahlreiche Verbote für den Umgang mit jugendgefährdenden Medien. So normiert § 15 Abs. 1 Nr. 1 JuSchG für Trägermedien, deren Aufnahme in die (öffentliche) Liste jugendgefährdender Medien nach § 24 Abs. 3 S. 1 JuSchG bekannt gemacht ist, das Verbot, diese einem Kind oder einem Jugendlichen anzubieten, zu überlassen oder sonst zugänglich zu machen. Darüber hinaus dürfen diese Trägermedien auch nicht an einem Ort, der Kindern oder Jugendlichen zugänglich ist oder von ihnen eingesehen werden kann, ausgestellt, angeschlagen, vorgeführt, angeboten, angekündigt, angepriesen oder sonst zugänglich gemacht werden (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 6 JuSchG). Neben weiteren Tatbeständen ist zudem das Herstellen, Beziehen, Liefern, Vorrätighalten oder Einführen jugendgefährdender Trägermedien zu einer entsprechenden Verwendung verboten (§ 15 Abs. 1 Nr. 7 JuSchG).

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Schwer jugendgefährdende Trägermedien unterliegen den gleichen Beschränkungen, ohne dass es einer Aufnahme in die Liste und einer Bekanntmachung bedarf (§ 15 Abs. 2 JuSchG). Dabei handelt es sich um solche Trägermedien, die einen der in §§ 86, 130–131 StGB oder §§ 184–184c StGB bezeichneten Inhalte haben oder die den Krieg verherrlichen, leidende Menschen in einer die Menschwürde verletzenden Weise darstellen, besonders realistische, grausame und reißerische Darstellungen selbstzweckhafter Gewalt beinhalten,[50] Kinder und Jugendliche in unnatürlicher, geschlechtsbetonter Körperhaltung darstellen oder offensichtlich geeignet sind, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit schwer zu gefährden (§ 15 Abs. 2 Nr. 1–5 JuSchG).

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Die vorgenannten Verstöße stellen gem. § 27 Abs. 1 JuSchG eine Straftat dar, die bei vorsätzlicher Begehung mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe geahndet wird.