Praxishandbuch Medien-, IT- und Urheberrecht

Tekst
0
Recenzje
Przeczytaj fragment
Oznacz jako przeczytane
Czcionka:Mniejsze АаWiększe Aa

1.1 Zulassungsbedürftigkeit

26

Zulassungsbedürftig sind Angebote, denen Rundfunkqualität zugesprochen werden muss. Eine Legaldefinition findet sich in § 2 Abs. 1 RStV. Danach ist Rundfunk ein linearer Informations- und Kommunikationsdienst; er ist die für die Allgemeinheit zum zeitgleichen Empfang bestimmte Veranstaltung und Verbreitung von Angeboten im Bewegtbild oder Ton entlang eines Sendeplans unter Benutzung elektromagnetischer Schwingungen. Zu den persönlichen Zulassungsvoraussetzungen des § 20a RStV gehört zunächst die unbeschränkte Geschäftsfähigkeit bzw. der Zulassungsnehmer darf die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, nicht durch Richterspruch verloren haben, das Grundrecht der freien Meinungsäußerung nicht nach Art. 18 GG verwirkt haben und darf als Vereinigung nicht verboten sein. Darüber hinaus nimmt der RStV einzelne Angebote aus dem Rundfunkbereich wieder heraus bzw. nimmt insoweit eine Negativabgrenzung vor. Angebote, die weniger als 500 potentiellen Nutzern zum zeitgleichen Empfang angeboten werden, zur unmittelbaren Wiedergabe aus Speichern von Empfangsgeräten bestimmt sind, ausschließlich persönlichen oder familiären Zwecken dienen, nicht journalistisch-redaktionell gestaltet sind oder aus Sendungen bestehen, die jeweils gegen Einzelentgelt freigeschaltet werden, sind nach § 2 Abs. 3 RStV ausgenommen. Die sich hieraus ergebenden Definitions- und Abgrenzungsfragen verdienen zu Recht ein eigenes Kapitel im Handbuch. An dieser Stelle sei nur kurz auf einen aktuellen Schwerpunkt hingewiesen. Da zunehmend Inhalte über Videoplattformen wie YouTube geplanter, umfangreicher und ausdifferenzierter eingestellt werden und sowohl in der Breitenwirkung als auch im Professionalisierungsgrad klassischen Rundfunkangeboten immer mehr gleichkommen, haben die Landesmedienanstalten eine entsprechende Handreichung zur Beratung erarbeitet und ins Netz gestellt.[35]

27

Um nicht lizenzierungsbedürftigen Rundfunk handelt es sich darüber hinaus bei Hörfunkangeboten, die ausschließlich im Internet verbreitet werden und nach § 20b RStV lediglich der Anzeigepflicht unterliegen. Ist der Anbieter eines elektronischen Informations- und Kommunikationsdienstes der Auffassung, dass es sich bei seinem Angebot nicht um lizenzierungsbedürftigen Rundfunk handelt, kann er Rechtssicherheit dadurch erhalten, dass er sich dies bei der zuständigen Landesmedienanstalt bestätigen lässt. Stellt die Landesmedienanstalt in diesem Rahmen allerdings fest, dass dem Angebot Rundfunkcharakter beizumessen ist, muss der Anbieter nach seiner Wahl unverzüglich einen Zulassungsantrag stellen oder innerhalb von drei Monaten sein Angebot so verändern, dass kein Rundfunk mehr vorliegt, § 20 Abs. 2 S. 3 RStV.

1.2 Vorgaben an den Veranstalter

28

Die seit Inkrafttreten des 10. RÄStV im RStV harmonisierten persönlichen Zulassungsvoraussetzungen dienen zunächst der Sicherstellung der rechtlichen Verantwortung des Veranstalters. Eine bestimmte Organisationsform ist nicht vorgeschrieben, zulassungsfähig ist vielmehr jede natürliche oder juristische Person, die die Vorgaben des § 20a RStV erfüllen kann. Eine kleinere Einschränkung besteht für Aktiengesellschaften. Diese Einschränkung korrespondiert mit dem in den meisten Landesmediengesetzen niedergelegten Verbot der Übertragung einer Zulassung. Einem Veranstalter in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft darf nur dann eine Zulassung erteilt werden, wenn in der Satzung bestimmt ist, dass die Aktien nur als Namensaktien oder als Namensaktien und stimmrechtslose Vorzugsaktien ausgegeben werden dürfen. Zu den persönlichen Zulassungsvoraussetzungen gehört auch die Vorgabe, dass der Veranstalter Gewähr dafür bieten muss, unter Beachtung der gesetzlichen Vorschriften und der auf dieser Grundlage erlassenen Verwaltungsakte Rundfunk zu veranstalten, § 20a Abs. 1 Ziff. 6 RStV.

29

Der Veranstalter muss seinen Wohnsitz oder Sitz in der Bundesrepublik Deutschland, einem sonstigen Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben und gerichtlich verfolgt werden können. Weitere standortpolitisch bedingte Vorgaben, wie sie in der Vergangenheit in mehreren Landesmediengesetzen enthalten waren, wie etwa das Erfordernis des Sitzes oder der Produktion im Bundesland enthält der Rundfunkstaatsvertrag nicht und setzt damit den Europäischen Gedanken der Niederlassungsfreiheit um. Der Gedanke, dass eine Landesmedienanstalt in der Bundesrepublik Deutschland auch die Lizenz an einen Veranstalter mit Sitz in z.B. Italien erteilen soll, erscheint auf den ersten Blick befremdlich. Ein Korrektiv ergibt sich über die Zuständigkeit der AVMD-Richtlinie, die in diesem Fall die Aufsicht und Zuständigkeit den italienischen Behörden zuweisen würde. In der Norm ist jetzt klargestellt, dass diese Voraussetzungen bei antragstellenden juristischen Personen von den gesetzlichen oder satzungsmäßigen Vertretern erfüllt sein müssen. Die Zulassungsvoraussetzungen des § 20a Abs. 3 RStV dienen der Umsetzung des Grundsatzes der Staatsfreiheit des Rundfunks, der zu den elementaren Grundsätzen aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG gehört,[36] indem nach § 20a Abs. 3 RStV etwa juristische Personen des öffentlichen Rechts mit Ausnahme von Kirchen und Hochschulen, politische Parteien und Wählervereinigungen und mit diesen verbundenen Unternehmen von der Zulassung ausgeschlossen sind. Dies gilt sowohl für inländische, als auch für ausländische öffentliche oder staatliche Stellen. Während Zulassungsanträge von ausschließlich staatlich oder öffentlich-rechtlich besetzten Unternehmen eher die Rarität sein dürften, hat sich in der Vergangenheit mehrfach die Frage gestellt, ob damit eine Beteiligung gänzlich ausgeschlossen ist. Diese Frage hat das Bundesverfassungsgericht zumindest für politische Parteien verneint. In einer Entscheidung zu einer entsprechenden Regelung des Hessischen Privatrundfunkgesetzes hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass das absolute Verbot für politische Parteien, sich an privaten Rundfunkveranstaltern zu beteiligen, keine zulässige gesetzgeberische Ausgestaltung der Rundfunkfreiheit sei. Das absolute Beteiligungsverbot verfehle die vom Gesetzgeber herzustellende angemessene Zuordnung der verschiedenen Rechtspositionen.[37] Das Bundesverfassungsgericht sah hier die Tatsache, dass auch Parteien sich auf Rundfunkfreiheit berufen können, nicht ausreichend gewürdigt.

30

Die Frage der Staatsferne stellt sich in letzter Zeit aktueller denn je, da sich das Kommunikationsverhalten staatlicher Stellen und Behörden geändert hat. Mediale Verlautbarungen von Hoheitsträgern insbesondere über soziale Medien werfen die Frage auf, ob es sich hierbei noch um zulässige Informationstätigkeit oder bereits um verfassungsrechtlich bedenkliche Rundfunkangebote handelt.[38] Das Gebot der Staatsfreiheit des Rundfunks kommt in Bezug auf ausländische öffentliche oder staatliche Stellen allerdings nur im Rahmen des Zulassungsverfahrens zum Zuge. Die Einschränkungen gelten nicht für den Fall der Weiterverbreitung. Nach § 51b RStV sind die in Europa in rechtlich zulässiger Weise veranstaltenden Programme im Regelfall ohne weitere Kontrolle weiterzuverbreiten. Das führt dazu, dass Programme, an denen ausländische staatliche Beteiligungen in einem Umfang bestehen, die mit § 20a Abs. 3 S. 3 RStV nicht vereinbar wären, mit einer europäischen Zulassung weiterzuverbreiten sind.[39]

1.3 Anforderungen an das Programm

31

Bei den sachlichen Zulassungsvoraussetzungen steht die Frage im Vordergrund, ob das geplante Programm von seiner Anlage her geeignet ist, den Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrages zu entsprechen. Neben den angeforderten Erklärungen der Veranstalter zur Einhaltung der Programmgrundsätze, der Regelungen zu Werbung und Teleshopping bzw. Sponsoring, der Regelungen zu Gewinnspielen und der Regelungen zum Schutz der Menschenwürde und zum Jugendschutz nach dem JMStV dienen zum Nachweis Programmschemata und weitere Programmerläuterungen sowie Angaben zu den Sendezeiten. Die Zulassung erfordert die Benennung eines Programmverantwortlichen sowie die Benennung eines Jugendschutzbeauftragten, der die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 und 4 JMStV erfüllen muss.

32

Da nach § 20 Abs. 1 S. 2 in der Zulassung für Veranstalter bundesweit verbreiteter Programme die Programmkategorie (Voll- oder Spartenprogramm) festzulegen ist, muss das Programmschema die Wünsche des Veranstalters insoweit auch stützen und z.B. bei Vollprogrammen ausweisen, dass das Programm vielfältige Inhalte aufweist und Information, Bildung, Beratung und Unterhaltung einen wesentlichen Teil des Gesamtprogramms bilden.[40]

1.4 Wirtschaftliche und organisatorische Leistungsfähigkeit

33

Anders als in einigen Landesmediengesetzen ist die Voraussetzung der wirtschaftlichen und organisatorischen Leistungsfähigkeit des Veranstalters in den nunmehr für den bundesweiten Rundfunk harmonisierten Zulassungsvoraussetzungen nicht ausdrücklich aufgeführt. Als Unterfall des § 20a Abs. 1 Ziff. 6 RStV wird in der Regel die Prüfung durchzuführen sein, ob der Veranstalter nicht nur nach seiner Struktur und den vorgelegten Erklärungen zu den materiellen Zulässigkeitsnormen, sondern auch nach seinem organisatorischen Aufbau und den Wirtschaftsdaten die Gewähr dafür bietet, unter Beachtung der gesetzlichen Vorschriften und der Festlegungen des Zulassungsbescheides Rundfunk zu veranstalten. Wirtschafts- Organisations- und Stellenpläne können insoweit auf Plausibilität geprüft werden.

 

1.5 Einhaltung der Regelungen zur Sicherung der Meinungsvielfalt

34

Unter Einschaltung der KEK ist im Verfahren der Zulassung von Fernsehprogrammen ebenfalls zu prüfen, ob Bedenken gegen die Einhaltung der Regelungen zur Sicherung der Meinungsvielfalt bestehen. Für den Hörfunk, auch den bundesweit verbreiteten Hörfunk, gelten die Regelungen der §§ 25 ff. RStV nicht. Insoweit wirkt die Annahme fort, dass es hier keiner harmonisierten Vielfaltsregelungen bedarf. Das Medienkonzentrationsrecht dient dem Ziel, das Entstehen vorherrschender Meinungsmacht eines Veranstalters zu verhindern und damit i.S.d. verfassungsrechtlichen Vorgabe zu gewährleisten, dass der Rundfunk nicht einzelnen gesellschaftlichen Gruppen ausgeliefert wird, sondern in ihm inhaltlich die Vielfalt der Meinungen im Wesentlichen zum Ausdruck kommen muss.

35

Der dritte Unterabschnitt des RStV enthält Momente der Außen- und Innenpluralität; er formuliert Anforderungen an den privaten Rundfunk in seiner Gesamtheit sowie Vorgaben für jedes einzelne Programm, wobei insbesondere die Vollprogramme einem verstärkten Programmauftrag zu genügen haben. Dort müssen die bedeutsamen, politischen, weltanschaulichen und gesellschaftlichen Kräfte und Gruppen angemessen zu Wort kommen. Bis zum Jahr 1997 verfolgte der Gesetzgeber den Ansatz der Außerpluralität durch ein Marktanteilsmodell. Die Anzahl der Programme, insbesondere der für die Meinungsvielfalt besonders bedeutsamen Voll- und Informationsspartenprogramme, die von einem Unternehmen veranstaltet werden durften, waren begrenzt. Nach der Neuordnung des Medienkonzentrationsrechts im Sinne eines Zuschauermarktanteilsmodells[41] gilt nun der Grundsatz, dass ein Unternehmen in der Bundesrepublik Deutschland eine unbegrenzte Anzahl von Programmen veranstalten darf, es sei denn, es erlangt dadurch vorherrschende Meinungsmacht. Erreichen die einen Unternehmen zurechenbaren Programme im Durchschnitt eines Jahres einen Zuschauermarktanteil von 30 %, so wird – unwiderleglich – vermutet, dass vorherrschende Meinungsmacht gegeben ist. Bei Erreichen eines Zuschaueranteils von 25 % ist darüber hinaus zu gewichten, welche Stellung das Unternehmen auf medienrelevanten verwandten Märkten hat. Ergibt eine Gesamtbeurteilung seiner Aktivitäten im Fernsehen und auf medienrelevanten verwandten Märkten, dass der hierdurch erzielte Meinungseinfluss dem eines 30 %igen Zuschauermarktanteils im Fernsehen entspricht, greift die Vermutung vorherrschender Meinungsmacht ebenfalls ein. Von dem tatsächlichen Zuschaueranteil können allerdings Prozentpunkte in Abzug gebracht werden, wenn bereits vielfaltssichernde Maßnahmen bestehen. Der Zuschaueranteil vermindert sich um zwei Prozentpunkte, wenn in dem dem Unternehmen zurechenbaren Vollprogramm mit dem höchsten Zuschaueranteil Regionalfensterprogramme aufgenommen sind. Bei gleichzeitiger Aufnahme von Sendezeit für Dritte können weitere drei Prozentpunkte in Abzug gebracht werden. Die Frage, ob es sich bei den in § 26 Abs. 2 RStV genannten Zuschauermarktanteilsgrenzen um starre Untergrenzen handelt, ist in der Vergangenheit von der KEK und den Landesmedienanstalten unterschiedlich gesehen worden. Während die KEK davon ausgeht, dass auch außerhalb der Vermutensregelungen nach dem Rundfunkstaatsvertrag eine vorherrschende Meinungsmacht angenommen werden kann,[42] haben die Landesmedienanstalten in Form der KDLM die Auffassung vertreten, dass es sich um echte Vermutungsregelungen handelt und der KEK kein weitergehender Entscheidungsfreiraum zusteht. Die Schwierigkeiten der Gewichtung der Meinungsmacht in unterschiedlichen Mediengattungen haben sich im Verfahren Springer/Pro7Sat1deutlich gezeigt, in dem die KEK die Auswirkungen von Marktmacht auf sogenannten medienrelevanten verwandten Märkten im Print- Hörfunk- und Onlinebereich festzustellen versucht hat. Über die Entscheidung der KEK zur Bewertung der Cross-Ownership-Phänomene hat nunmehr das Bundesverwaltungsgericht insofern entschieden, als es die Sache an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen hat. Dieser hatte sich materiell nicht mit den Berechnungen der KEK beschäftigt, weil er Springer nach Aufgabe der Übernahmepläne das berechtigte Interesse an der nachträglichen Feststellung abgesprochen hatte. Das Bundesverwaltungsgericht sah dies anders, weil aufgrund der ungünstigen BLM-Entscheidung damit zu rechnen gewesen sei, von einem potentiellen Veräußerer gar nicht als ernsthafter Verhandlungspartner für eine künftige Übernahme in Betracht gezogen zu werden.[43] In seiner Entscheidung vom 15.2.2012, gegen die die Revision nicht zugelassen worden war, hatte der BayVGH die Rechtsauffassung Springers bestätigt. Das Bundesverwaltungsgericht hat zwischenzeitlich am 22.1.2013 der Nichtzulassungsbeschwerde der formal richtigen Beklagten, der BLM, stattgegeben. Mit Urteil vom 29.1.2014 (6 C 2.13) hat das BVerwG die Revision der BLM zurückgewiesen und damit einen vorläufigen Schlusspunkt unter die Debatte gesetzt. Jedenfalls bei einem Zuschaueranteil von unter 20 % werde die Stellung auf dem Fernsehmarkt nach den Wertungen des Gesetzgebers regelmäßig nur noch ein so geringes Gewicht haben, dass es auch unter Berücksichtigung von Aktivitäten auf verwandten medienrelevanten Märkten nicht mehr zur Annahme vorherrschender Meinungsmacht ausreiche.

36

Stellt die KEK vorherrschende Meinungsmacht nach diesen Normen fest, so darf dem Unternehmen eine Zulassung nicht erteilt bzw. von ihm eine Beteiligung nicht erworben werden. Die KEK hat mit dem Unternehmen zu erörtern, ob es ihm zurechenbare Beteiligungen an Veranstaltern aufgeben will bzw. dort wo es relevant ist, seine Marktstellung auf medienrelevanten verwandten Märkten vermindern möchte oder die im Rundfunkstaatsvertrag vorgesehenen vielfaltssichernden Maßnahmen, Einräumung der Sendezeit für unabhängige Dritte oder Einrichtung eines Programmbeirates, ergreifen will. Bei einer Vielzahl von Programmvorhaben dürften sich im Zulassungsverfahren aus den Vorgaben zur Sicherung der Meinungsvielfalt keine Probleme ergeben. In die Nähe der relevanten Zuschauermarktanteile gelangen allenfalls die RTL-Group bzw. die ProSiebenSat.1 Media AG mit ihren Angeboten. Die diesen Gruppen zuzurechnenden beiden bundesweit verbreiteten reichweitenstärksten Fernsehvollprogramme, RTL und Sat.1 sind ohnehin verpflichtet, mindestens im zeitlichen und regional differenzierten Umfang der Programmaktivitäten zum 1.7.2002 Regionalfensterprogramme fortzuführen.[44] Hauptprogrammveranstalter und Fensterprogrammveranstalter sollen dabei nicht zueinander im Verhältnis eines verbundenen Unternehmens stehen. Einige Regionalfensterprogramme genügten dieser Anforderung zunächst nicht. Für eine Übergangszeit sah der Rundfunkstaatsvertrag ein Moratorium vor. Jetzt überlässt er dies dem Landesgesetzgeber, indem bereits bestehende landesrechtliche Regelungen die Unabhängigkeit auch in anderer Weise sicherstellen können.[45]

37

Die Entscheidungspraxis der KEK im Zusammenhang mit der Vielfaltssicherung berührt eine Frage, die durch das Bundesverfassungsgericht abschließend beantwortet zu sein scheint, nämlich die Frage nach dem Begriff des Veranstalters. Als Veranstalter ist danach anzusehen, wer bezogen auf das Gesamtprogramm dessen Struktur festlegt, die Abfolge plant, die Sendungen zusammenstellt und unter einheitlichen Bezeichnung dem Publikum anbietet.[46] Entscheidend ist die Programmverantwortung bei der Gesamtgestaltung.[47]

38

Die KEK hat in einigen Fällen Programme Infrastrukturbetreibern zugerechnet.[48] Ob der Gesetzgeber die sicherlich bestehenden Gefährdungspotentiale nicht doch abschließend über die Regelungen zur Plattformregulierung aufgegriffen hat und sie dort besser verortet sind, oder ob auch hier die Regelungen zur Sicherung der Meinungsvielfalt greifen, ist noch kein Thema gerichtlicher Auseinandersetzung geworden. Bislang hat die Entscheidungspraxis der KEK noch zu keiner Ablehnung der Zulassung geführt. Es bestehen aber unterschiedliche Auffassungen der KEK und der Landesmedienanstalten über die Vorlagepflicht sogenannter Plattformverträge.

39

Veranstalter von Fernsehprogrammen haben nicht nur alle geplanten Änderungen der Beteiligungsverhältnisse und relevanten Einflussmöglichkeiten anzuzeigen und prüfen zu lassen. Sie unterliegen darüber hinaus den Publizitätspflichten des § 23 RStV. Einmal jährlich bis zum Ende des Septembers hat der Veranstalter unabhängig von seiner Rechtsform nach Maßgabe der Vorschriften des HGB für das vorangegangene Geschäftsjahr seinen Jahresabschluss und einen Lagebericht zu erstellen und bekanntzugeben sowie eine Aufstellung seiner Programmbezugsquellen vorzulegen. Diese Vorschriften zielen auf die Transparenz der Medienkonzentration und unterlagen zunächst dem Vorbehalt einer Überprüfung. Diesen Erprobungscharakter haben die Publizitätspflichten verloren, sie bestehen weiterhin.[49] Angesichts der Tatsache, dass unter die zulassungspflichtigen Rundfunkangebote zunehmend gestreamte Internetangebote fallen, die sich in Organisation, Bedeutung und Reichweite deutlich von klassischen Rundfunkangeboten unterscheiden, sollte neu gedacht werden. Soweit nicht für diese Angebote de lege ferenda von der Zulassungspflicht ohnehin abgesehen werden sollte, wären zumindest, ähnlich wie bei Teleshoppingangeboten, Ausnahmeregelungen im Bereich des Medienkonzentrationsrechts angebracht.

1.6 Sonderfall Teleshopping

40

Reine Teleshoppingangebote, d.h. Angebote, die ausschließlich aus direkten Angeboten an die Öffentlichkeit für den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen gegen Entgelt bestehen, waren zunächst ausdrücklich durch den Mediendienste-Staatsvertrag den zulassungs- und anzeigefreien Mediendiensten zugeordnet. Insbesondere als Ausfluss der AVMD-Richtlinie sieht der Rundfunkstaatsvertrag für dieses Angebot jetzt ebenfalls eine Zulassungspflicht vor, stellt sie allerdings den übrigen Rundfunkangeboten nicht vollständig gleich. Die Annahme, dass es sich bei solchen Angeboten um für die Meinungsvielfalt nachrangige Angebote handelt, setzt sich auch nach Einführung der Zulassungspflicht dadurch fort, dass Teleshoppingangebote von den Anwendungen der bereits geschilderten medienkonzentrationsrechtlichen Regelungen ausgenommen sind. Im Übrigen gelten die Normen des Rundfunkstaatsvertrags dort, wo sie ausdrücklich auch auf Teleshopping erstreckt sind. Angeboten, die bei Inkrafttreten der Regelung bereits auf dem Markt waren, ist die „Erstzulassung“ durch den RStV selbst erteilt worden.[50]