Praxishandbuch Medien-, IT- und Urheberrecht

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1.3 Rundfunkfinanzierung in der beihilferechtlichen Einschätzung der Europäischen Kommission

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Die Einordnung der früheren Rundfunkgebühren bzw. heutigen -beiträge als europäische Beihilfen spielt für die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks eine wichtige Rolle. Beihilfen sind staatliche Maßnahmen, die bestimmten Unternehmen wirtschaftliche Vorteile gewähren, so dass der Wettbewerb und der Handel im Binnenmarkt verfälscht werden. Es muss staatlich oder aus staatlichen Mitteln ein finanzieller Vorteil gewährt werden, der zu einer Begünstigung führt, aufgrund derer eine Wettbewerbsverfälschung und eine Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels eintreten.[262] Ob eine Beihilfe vorliegt und diese zulässig ist, ist zweistufig zu prüfen. Nach der Annahme einer staatlichen Finanzzuführung auf der ersten Stufe ist auf der zweiten Stufe zu untersuchen, ob die Zuwendung unter Berücksichtigung der Ausnahmetatbestände mit dem gemeinsamen Markt vereinbar ist.[263] Als solche Ausnahme kommt im Falle der früheren Rundfunkgebühr bzw. des heutigen Rundfunkbeitrags zum einen Art. 107 Abs. 3 lit. d) AEUV in Betracht. Danach können Beihilfen zur Förderung der Kultur und der Erhaltung des kulturellen Erbes als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden. Dies gilt aber nur, soweit sie die Handels- und Wettbewerbsbedingungen in der Gemeinschaft nicht in einem Maß beeinträchtigen, das dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft.[264] Eine weitere Ausnahme, die für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Betracht kommt, enthält Art. 106 Abs. 2 AEUV für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind.[265]

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Zwischen der Europäischen Kommission, die nach Art. 108 AEUV für die Kontrolle von Verstößen gegen das Beihilferecht zuständig ist, und der Bundesrepublik Deutschland bestand Streit darüber, ob die damaligen Rundfunkgebühren als staatliche Beihilfen einzuordnen sind.[266] Das im April 2007 nach einer Vereinbarung zur Erfüllung von Auflagen eingestellte Verfahren wurde aufgrund einer Beschwerde des Verbandes Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT) gegen die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2005 eingeleitet.[267] Der Verband kritisierte die mangelnde Transparenz bei der Verteilung der Gebühren, die Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in den neuen Medien sowie deren Aktivitäten beim Handel mit Sportübertragungsrechten. Die Kommission hat in einer Entscheidung v. 24.4.2007 ihren Standpunkt bekräftigt, wonach es sich bei der deutschen Finanzierungsgarantie und der Gebührenfinanzierung auch in der bestehenden Form[268] tatbestandlich um staatliche Beihilfen[269] handelt. Auch der EuGH hat in einer Entscheidung zum Vergaberecht klargestellt, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten öffentliche Auftraggeber i.S.d. Richtlinien 92/50 EWG und 2004/18 EG sind und dementsprechend das Kriterium der „überwiegenden Finanzierung durch den Staat“ bejaht.[270] Obwohl sich das Urteil des EuGH mit den Grundsatzfragen der Rundfunkfreiheit nicht unmittelbar befasste, dürften hieraus dennoch Rückschlüsse auf die Beihilfequalität der Rundfunkfinanzierung zu ziehen sein. Der EuGH betont insoweit ausdrücklich das Erfordernis einer funktionellen, am Schutzzweck der einschlägigen Vorschriften, orientierten Betrachtungsweise. Eine „Finanzierung durch den Staat“ sei demnach nicht nur anzunehmen, wenn die jeweiligen Finanzmittel den öffentlichen Haushalt unmittelbar durchlaufen, sondern auch bereits dann, wenn der Staat den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten das Recht einräume, die Gebühren (heute Beiträge) selbst einzuziehen.[271] Die Übertragbarkeit der vergaberechtlichen Entscheidung des EuGH auf die hier in Rede stehende Beihilfeproblematik liegt insoweit nahe, als auch dort die Staatlichkeit der Finanzzuführung notwendiges Merkmal des Beihilfebegriffs ist.[272] Lediglich ein Jahr später wies das EuG die Einnahmen aus den Rundfunkgebühren ausdrücklich als staatliche Mittel aus. Begründet wurde dies insbesondere damit, dass die Pflicht zur Zahlung nicht auf eine vertragliche Verbindung zwischen der dänischen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt TV2 und dem jeweiligen Gebührenschuldner, sondern – wie auch bei der ehemaligen Rundfunkgebühr in Deutschland – auf den bloßen Besitz eines Fernseh- oder Radiogeräts zurückgehe.[273]

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Die Bundesrepublik Deutschland stand demgegenüber zumindest bis zum Abschluss des zur Verfahrenseinstellung führenden Kompromisses aus dem April 2007 auf dem Standpunkt, dass bei den damaligen Rundfunkgebühren schon tatbestandlich nicht von Beihilfen auszugehen sei. Diesen Standpunkt stützte sie auf Entscheidungen des EuGH, die zwar nicht zum Rundfunkbereich ergangen sind, sich aber nach Auffassung der Bundesregierung hierauf übertragen lassen. So verneinte der EuGH in der Entscheidung Ferring/Acoss[274] das Vorliegen einer Beihilfe auf Tatbestandsebene im Hinblick auf den wirtschaftlichen Vorteil bei einem mit einer gemeinwirtschaftlichen Aufgabe betrauten Unternehmen, wenn sich die Kosten von Aufgabenerfüllung und Vergünstigung decken. In der Entscheidung Altmark Trans[275] stellte der EuGH vier Kriterien für das Vorliegen einer Beihilfe bei Unternehmen mit gemeinwirtschaftlicher Aufgabe auf, die bei der Gebührenfinanzierung gegen das Vorliegen eines wirtschaftlichen Vorteils sprechen. Da die Rundfunkgebühren und -beiträge nach dem oben geschilderten Verfahren staatsfrei und mit Hilfe der KEF festgesetzt werden, konnte der Standpunkt der Bundesregierung auch auf die Entscheidung Preußen Elektra[276] gestützt werden. Hier ging es um das Merkmal der (fehlenden) Staatlichkeit. Für den EuGH liegt Staatlichkeit vor, wenn der Staat eine irgendwie geartete Kontrolle über Mittel innehat. Dies ist der Fall, wenn diese unmittelbar aus dem Haushalt stammen oder wenn sie mittelbar über öffentliche oder private Einrichtungen ausgezahlt werden, die staatlich benannt oder errichtet sind.[277]

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Die Einstellung des Verfahrens im April 2007 erfolgte, nachdem die Bundesrepublik Deutschland im Dezember 2006 Vorschläge zur Änderung der Rundfunkfinanzierungsregelung unterbreitet hatte. Auf deren Basis mussten nun binnen zwei Jahren ab dem Datum der Einstellung „zweckdienliche Maßnahmen“ durch die Bundesrepublik Deutschland getroffen werden, um die Bedenken der Kommission auszuräumen.[278]

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Dazu zählte zum ersten eine klare Definition des öffentlich-rechtlichen Auftrags hinsichtlich neuer Mediendienste.[279] Dabei kam es der Kommission vornehmlich auf eine Konkretisierung der Programmkonzepte und des Auftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Bezug auf digitale Zusatzkanäle[280] an. Zudem sollte der gemeinwirtschaftliche Charakter des genannten Angebots unter Berücksichtigung der auf dem Markt vorhandenen Programme beachtet werden.[281] Ferner sei – so die Kommission – den Rundfunkanstalten ihr hinreichend präzise definierter öffentlicher Auftrag förmlich zu übertragen.[282]

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Die Umsetzung dieser Verpflichtungen war neben der Gebührenfrage ein zweites wichtiges Thema des 12. RÄStV. Die erwähnte Definition des Funktionsauftrages des öffentlich-rechtlichen Rundfunks stellte auf Grund der Rspr. des BVerfG ein besonderes Problem dar, denn sie stand im Widerspruch zum Einstellungsbeschluss der Kommission aus dem April 2007 und den in diesem Zusammenhang eingegangen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland. Während das BVerfG aus Gründen der Staatsferne des Rundfunks eine abstrakte Festlegung zuließ, verlangte die Kommission eine konkrete Festlegung des Funktionsauftrages, die eine stärkere Kontrolle des Rundfunks durch den Staat implizierte. Eine Einhaltung der Kriterien aus dem Einstellungskompromiss tat besonders Not, weil das Europarecht im Kollisionsfall bis zur Überschreitung der Wesensgehaltsgrenze Vorrang gegenüber dem Verfassungsrecht genießt und sich bei Nichtbeseitigung des Dissenses durchgesetzt hätte.

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Es konnte nicht um eine ungebremste gebührenfinanzierte Expansion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in den Neuen Medien, namentlich dem Internet, und nicht um die unbegrenzte Einrichtung neuer Spartenkanäle gehen. Daher musste der Rundfunkgesetzgeber den Rahmen für die Beteiligung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks an den neuen Verbreitungswegen und im Hinblick auf neue Formate stecken und dabei auch die Frage nach der Kosten-Nutzen-Relation für die Betätigung in den neuen Medien stellen. Zu erwägen war weiter, wie die den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nach der Rspr. des BVerfG legitimierende Qualität im Internet gewahrt werden konnte.

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Vor diesem Hintergrund wurde von ARD und ZDF für die betroffenen Angebote nach dem Vorbild des britischen „Public-Value-Tests“ der sog. Drei-Stufen-Test eingeführt.[283]

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Ferner verlangte die Kommission angemessene Vorkehrungen zur Verhinderung von Überkompensation und Quersubventionierung innerhalb des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.[284] Die Führung getrennter Bücher sollte es ermöglichen, zwischen den öffentlich-rechtlichen und sonstigen Tätigkeiten zu unterscheiden.[285] Kommerzielle Tätigkeiten sollten von den Aufgaben im Zusammenhang mit dem öffentlich-rechtlichen Auftrag getrennt werden und der Kontrolle der Landesrechnungshöfe unterstehen. Dies entspricht den Anforderungen der auf der Grundlage von Art. 86 Abs. 3 EG (heute Art. 106 Abs. 3 AEUV) ergangenen Transparenzrichtlinie. Sie bezweckt eine angemessene und wirkungsvolle Anwendung der Beihilfenvorschriften auf öffentliche und private Unternehmen. Finanzielle Transaktionen zwischen Staaten und öffentlichen Unternehmen sollen transparent gestaltet werden (Art. 1 der Transparenzrichtlinie). Zudem legt die Richtlinie eine Pflicht zur getrennten Buchführung fest (Art. 2 Abs. 1 lit. d) Transparenzrichtlinie), um etwaige Quersubventionen offenzulegen.[286]

 

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Außerdem wurde die Einhaltung marktwirtschaftlicher Grundsätze bei kommerziellen Tätigkeiten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten angemahnt.[287] Diese Vorgaben sind in den §§ 16a–e RStV umgesetzt.[288]

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Schließlich muss erhöhte Transparenz auch bei der Vergabe von Sublizenzen für Sportrechte gewahrt werden. Solche Rechte sollen zwar im bestehenden Umfang auch mit Exklusivlizenzen erworben werden können. Um eine Weitergabe nicht genutzter Teilrechte zu sichern, sind aber Sublizenzierungsmodelle einzuführen. Der Weiterverkauf der Sublizenzen muss zu angemessenen Preisen und transparent geschehen.[289]

1.4 Finanzgewährleistungsanspruch nach nationalem Recht

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Die Veranstaltung von Rundfunk steht nicht nur unter technischen, organisatorischen und personellen Bedingungen. Die inhaltlich unabhängige Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Programmauftrages setzt auch eine angemessene Finanzausstattung der Rundfunkanstalten voraus.[290]Verfassungsrechtlicher Rechtfertigungsgründe hierfür sind die Wahrnehmung der für die Demokratie vor dem Hintergrund der Bedeutung von Individual- und Massenkommunikation entscheidenden Aufgaben sowie die Erfüllung des Grundversorgungsauftrages,[291] bei dem insbesondere Ausgewogenheit unter Berücksichtigung der Bedürfnisse aller gesellschaftlichen Gruppen eine wichtige Rolle spielen.[292] Aus diesem Grund ist es dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk verwehrt, nur besondere – etwa besonders kaufkräftige Zielgruppen – im Auge zu haben. Das Programm muss alt und jung, arm und reich, intellektuell und weniger intellektuell interessierte Rezipienten gleichermaßen ansprechen. Private Rundfunkunternehmen sind demgegenüber frei, ihr Angebot auf spezielle Zielgruppen zuzuschneiden. Dieser Nachteil ist gegenüber den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auszugleichen, damit der öffentlich-rechtliche Rundfunk im publizistischen Wettbewerb mit den privaten Veranstaltern bestehen kann.

1.4.1 Verfassungsrechtliche Vorgaben im Dualen System

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Um seine Aufgaben im dualen System funktionsgerecht wahrnehmen zu können, hat der öffentlich-rechtliche Rundfunk einen Finanzgewährleistungsanspruch gegenüber dem Staat.[293] Im dualen Rundfunksystem vertraut der Gesetzgeber nämlich nur für die privaten Anbieter „im Wesentlichen auf Marktprozesse“. Der „öffentlich-rechtliche Rundfunk unterliegt demgegenüber (anders als der private) besonderen normativen Erwartungen an sein Programmangebot“. Dessen Veranstalter sind „besonderen organisatorischen Anforderungen zur Sicherung der Vielfalt und Unabhängigkeit unterworfen“. Die Erfüllung des klassischen Funktionsauftrages umfasst „neben seiner Rolle für die Meinungs- und Willensbildung, neben Unterhaltung und Information (…) kulturelle Verantwortung“. Das duale Rundfunksystem ist nur dann verfassungskonform, wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk diese Funktion ausfüllt und „er im publizistischen Wettbewerb mit den privaten Veranstaltern bestehen kann“. Nur in diesem Fall sind nämlich die weniger strengen Anforderungen an private Veranstalter zu rechtfertigen.[294] Weil er der Bestands- und Entwicklungsgarantie für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk verpflichtet ist, „muss der Gesetzgeber vorsorgen, dass die dafür erforderlichen technischen, organisatorischen, personellen und finanziellen Vorbedingungen bestehen“.[295] Insofern muss „das Programmangebot auch für neue Inhalte, Formate und Genres sowie für neue Verbreitungsformen offen bleiben“ und der Auftrag „dynamisch an die Funktion des Rundfunks gebunden“ sein.[296] Aus diesem Grund „darf der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht auf den gegenwärtigen Entwicklungsstand in programmlicher, finanzieller und technischer Hinsicht beschränkt werden“.[297] Vielmehr muss die Finanzierung „entwicklungsoffen und entsprechend bedarfsgerecht gestaltet werden“. Ferner muss die Mittelausstattung im Rahmen der funktionsgerechten Finanzierung „nach Art und Umfang den jeweiligen Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gerecht werden“.[298]

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Diese Vorgaben sind in §§ 12 ff. RStV einfachgesetzlich verankert. Die Finanzausstattung muss den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in die Lage versetzen, „seine verfassungsmäßigen und gesetzlichen Aufgaben zu erfüllen; sie hat insbesondere den Bestand und die Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu gewährleisten.“

1.4.2 Sicherung durch Verfahren

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Da die Art und Weise der Finanzierung ein Instrument zur Usurpation des Rundfunks durch den Staat wäre, die es aufgrund der Staatsfreiheit des Rundfunks und der daraus resultierenden Programmautonomie von Verfassungs wegen zu verhindern gilt, hat das BVerfG in Entscheidungen aus den Jahren 1994 und 2007 genaue Vorgaben zum Verfahren der Gebührenfestsetzung (heute Beitragsfestsetzung) gemacht. Es soll insbesondere das Dilemma[299] verfahrensrechtlich absichern, dass die Rundfunkanstalten bei der Art und Weise ihrer Funktionserfüllung weitgehend frei sind.[300]

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Nach der 2007 bestätigten[301] Systematik des 8. Rundfunkurteils von 1994[302] soll sich der Betrag, den der öffentlich-rechtliche Rundfunk zur Erfüllung seiner Aufgaben benötigt, nicht anhand von materiellen Regelungen konkretisieren und errechnen lassen. Es ist vielmehr erforderlich, die Rundfunkfreiheit im Zusammenhang mit der Beitragsfestsetzung im Wege eines sachgerechten Verfahrens zu schützen. Dieses hat das BVerfG in Grundzügen vorgegeben[303] und es hat seinen Niederschlag in den §§ 1–7 Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag (RFinStV) gefunden. Besondere Bedeutung hat dabei die Kommission zur Überprüfung und Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF), für die eine rundfunk- und politikfreie Zusammensetzung vorgeschrieben ist[304] und deren Aufgaben und Befugnisse in § 3 RFinStV niedergelegt sind. Die Unabhängigkeit der KEF-Mitglieder ist zudem durch den Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag ausgestaltet. Das Gremium besteht gem. § 4 RFinStV aus 16 unabhängigen Sachverständigen, die durch die Länder benannt werden und die bestimmten Bereichen entstammen sollen,[305] damit die funktionsgerechte Finanzierung mittels Verfahren gewährleistet wird.

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Der RFinStV gibt ein dreistufiges Verfahren, bestehend aus Bedarfsanmeldung (§ 1 RFinStV), Bedarfsüberprüfung (§ 3 RFinStV) und Beitragsfestsetzung (§ 8 RFinStV) vor. Die Bedarfsanmeldung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten beruht auf ihren Programmentscheidungen und muss sich nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit richten. Die fachliche (nicht politische) Kontrolle der Bedarfsprüfung durch die KEF bezieht sich darauf, ob sich die Anmeldung im rechtlich umgrenzten Rundfunkauftrag bewegt und ob der abgeleitete Finanzbedarf vorliegt und in Einklang mit den Grundsätzen von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ermittelt wurde. Die Prüfung der KEF mündet in einem konkreten Beitragsvorschlag auf der Grundlage des überprüften Finanzbedarfs, der in einem KEF-Bericht an die Landesregierungen niedergelegt wird, der mindestens alle zwei Jahre erstattet werden muss. Er enthält Stellungnahmen, wann und in welcher Höhe eine Neufestsetzung der Rundfunkgebühr bzw. des heutigen Rundfunkbeitrags erfolgen soll.[306] Die Festsetzung des Beitrags erfolgt sodann im Wege des RBStV. Diesem müssen alle Landesparlamente zustimmen, wobei Abweichungen von dem Vorschlag der KEF nur in begründeten Ausnahmefällen zulässig sind.[307] Eine solche Abweichung darf sich nur aus Gesichtspunkten des Informationszuganges und der Sozialverträglichkeit der Gebühr bzw. des heutigen Beitrags ergeben.[308] Wenn der Beitrag nicht wie beantragt festgesetzt wird, so ist dies im Einzelnen zu begründen.

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In dem der Entscheidung des BVerfG von 2007 zugrunde liegenden Sachverhalt hatten die Länder die Höhe der damals geltenden Gebühr gem. Vorschlag der KEF im 8. RÄStV um 0,21 EUR monatlich gekürzt. Zudem hatten sie die Erhöhung erst drei Monate später als vorgeschlagen zum 1.4.2005 in Kraft gesetzt. Aus diesem Grund hatten die ARD-Rundfunkanstalten sowie das ZDF und das Deutschlandradio[309] sowohl gegen die Festsetzung der damaligen Rundfunkgebühr für den Zeitraum 1.4.2005 bis 31.12.2008 als auch gegen die Erweiterung der Kriterien zur Bedarfsanmeldung der Rundfunkanstalten ab 1.1.2009 Verfassungsbeschwerden eingelegt.[310] In seiner Entscheidung vom 11.9.2007 gab das BVerfG den Rundfunkanstalten im Wesentlichen Recht. Die vorgenommene Gebührenfestsetzung unterhalb der KEF-Empfehlung stellt danach eine Verletzung der Rundfunkfreiheit dar.[311] Teilweise verstößt die Abweichungsentscheidung als solche gegen die Rundfunkfreiheit. In anderen Fällen ist sie für das BVerfG nicht nachvollziehbar oder legt nach dessen Wertung offensichtlich falsche Annahmen zugrunde.[312] Das BVerfG sah eine Neufestsetzung der damaligen Gebühren bis zum 1.1.2009 als nicht erforderlich an. Gegebenenfalls steht den Rundfunkanstalten aber ein Ausgleich zu, wenn sie aufgrund des Abzuges Nachteile erlitten haben.[313] Mit dem 16. RÄStV wurde der Beitrag erstmals von vormals 17,98 EUR auf 17,50 EUR ab April 2015 gesenkt, § 8 RFinStV.[314]

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Eine Kontrolle des Gebühren- bzw. nunmehrigen Beitragsvorschlages durch den Gesetzgeber ist indes ausdrücklich zulässig, da dieser mit der Festsetzung die demokratische Verantwortung für die Entscheidung trägt.[315] Diese Überprüfungsmöglichkeit stellt für das BVerfG keine „bloße Missbrauchskontrolle“ dar. Eine Korrektur hat die „Belange der Gebührenzahler“ (heute Beitragszahler) zu berücksichtigen.[316] Da der Weg des Beitragszahlers zur Information „durch die Höhe der Gebühr (heute Beitrag) unangemessen belastet oder versperrt“ werden kann, muss eine Kürzungsentscheidung des Gesetzgebers den „Ausgleich zwischen den Interessen der Bürger und dem Recht der Anstalten zur autonomen Entscheidung über das Rundfunkprogramm im Rahmen des gesetzlichen Funktionsauftrags und eine darauf abgestimmte Finanzierung“ leisten.[317] Jedenfalls aber ist zu verhindern, dass über die Korrektur der Gebühren- bzw. heutigen Beitragsentscheidung Medienpolitik betrieben wird.[318] Auch „außerhalb des Rundfunks liegende Faktoren wie die allgemeine wirtschaftliche Lage, die Einkommensentwicklung oder sonstige Abgabenbelastungen der Bürger darf der Gebührengesetzgeber (heute Beitragsgesetzgeber) im Rahmen der Abweichungsbefugnis berücksichtigen, soweit sie sich auf die finanzielle Belastung der Gebührenzahler (heute Beitragszahler) auswirken oder deren Zugang zur Information durch Rundfunk gefährden“.[319] Praktisch hat der Gesetzgeber freilich nur sehr geringe Kontrollmöglichkeiten,[320]weil der Umfang der vormaligen Rundfunkgebühr und des heutigen Rundfunkbeitrags vom Funktionsauftrag der Anstalten abhängt, den diese im Ergebnis selbst festlegen.[321]

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Die KEF prüft seit 2009 auch, ob der Finanzbedarf, den die Anstalten angemeldet haben, unter Berücksichtigung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und der Entwicklung der Haushalte der öffentlichen Hand ermittelt wurde (Art. 6 Nr. 2, 8. RÄStV). Die ebenfalls gegen diese Ergänzung der Prüfkriterien der KEF eingelegte Verfassungsbeschwerde führte nicht zum Erfolg, weil diese Kriterien nicht als zusätzlicher Prüfungsgegenstand hinzutreten sollen, sondern im Wege der verfassungskonformen Auslegung als Hilfskriterien für dessen nähere Bestimmung zu verstehen seien.[322]