Geschichte der USA

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Salutary neglectGroßbritanniensalutary neglectSalutary neglect und imperiale Kontrolle

Nach der Revolution von 1688/89 bildete sich über mehrere Jahrzehnte ein lockeres Beziehungsmuster zwischen Mutterland und Kolonien heraus, das der englische Staatsmann und Philosoph Edmund BurkeBurke, Edmund gegen Ende des 18. Jahrhunderts treffend als „heilsame Vernachlässigung“ (salutary neglectGroßbritanniensalutary neglect) charakterisierte. Allerdings ging das Verlangen nach imperialer Kontrolle nicht ganz verloren, wie sich 1696 in der Einrichtung eines Board of Trade and PlantationsBoard of Trade and Plantations in LondonLondon zeigte. Im selben Jahr verabschiedete das Parlament einen neuen Navigation Act, der u.a. Vizeadmiralsgerichte (Vice Admiralty Courts) in den Kolonien vorsah, die ohne Geschworene über Fälle von Schmuggel und Piraterie entscheiden konnten. Ein weiteres Zeichen dafür, dass die Kolonien allmählich vom Empire „absorbiert“ wurden, ist im Übergang zu dem System der royal colonies nach dem Vorbild der KaribikKaribik-Inseln zu sehen. Die meisten Festlandskolonien waren als charter colonies von Handelsgesellschaften oder als proprietory colonies von adligen Lehnsmännern gegründet worden. Diese Rechtsform, die in der Regel weitreichende Selbstverwaltungsbefugnisse beinhaltete, wurde bis 1720 mehrheitlich durch das Institut der royal colony ersetzt. Der König selbst ernannte die Gouverneure dieser „königlichen Kolonien“, und die Gouverneure wiederum umgaben sich mit Beratern, Beamten und Richtern ihrer eigenen Wahl. Außerdem war die Gesetzgebung der royal colonies einer strengeren Kontrolle durch den Board of Trade und den Privy Council in London unterworfen. Nur vier Kolonien – PennsylvaniaPennsylvania, MarylandMaryland, Rhode IslandRhode Island und ConnecticutConnecticut – behielten ihren alten Rechtsstatus bis zur Revolution bei.

Gemeinsame englische Institutionen und KulturKulturKolonialzeit

Neben verstärkter zentraler Kontrolle wirkten aber noch andere, möglicherweise wichtigere Elemente dem Auseinanderdriften der Kolonien entgegen. Zum einen bildete sich im politischen Leben eine gewisse institutionelle Gleichförmigkeit heraus, die auf das Vorbild des englischenGroßbritannien Parlaments zurückzuführen ist. So gaben sich im Laufe der Zeit fast alle Kolonien ein legislatives Zweikammer-System, in dem ein vom Volk (d.h. von den Grundbesitzern und Steuerzahlern) gewähltes Unterhaus (Assembly oder House of Representatives) das Gegengewicht zum Gouverneur, zum Gouverneursrat (dem Oberhaus oder Senat) und zur königlichen BürokratieRegierungssystemBürokratie bildete. Im Vergleich zu EnglandGroßbritannien war die Basis der Repräsentation sehr breit, denn trotz der Zensusbestimmungen konnten im 18. Jahrhundert 50–80 Prozent der erwachsenen weißen Männer aktiv am politischen Leben teilnehmen. In NeuenglandNeuengland (s.a. Nordosten, Regionen) hatte jede Gemeinde (Town) das Recht, einen oder zwei Abgeordnete ins Kolonialparlament zu schicken; in der Mitte und im SüdenSüden erfolgte die Wahl auf der Ebene der Kreise (Counties) oder Kirchengemeinden (Parishes). Parallel zum Machtgewinn des Westminster-Parlaments trotzten die kolonialen Assemblies den Gouverneuren immer mehr Befugnisse ab, insbesondere im Steuerwesen. Sie bestanden auch, wie das englische Parlament, auf der schriftlichen Fixierung von Rechten und Privilegien, die zum Ausgangspunkt für spätere Grundrechtserklärungen (Bills of Rights) werden konnten. Von New HampshireNew Hampshire bis GeorgiaGeorgia machte das Tauziehen zwischen den Parlamenten und den Gouverneuren einen wesentlichen Teil der kolonialen Politik im 18. Jahrhundert aus. Sowohl die Strukturen als auch die Praktiken und Konflikte des englischenGroßbritannien RegierungssystemsRegierungssystem waren also den meisten Siedlern gut vertraut und bildeten sich bis zu einem gewissen Grade in Nordamerika wieder ab.

Als weitere Bindemittel kamen das englische Gewohnheitsrecht (common lawCommon Law) und die englische Sprache hinzu. Da das gesamte Gerichtswesen auf dem common lawCommon Law beruhte, wurden seine Regeln auch für diejenigen Siedler verbindlich, die aus anderen, kontinentaleuropäischen Rechtskulturen kamen. Die englische SpracheKulturKolonialzeit mussten sie lernen, wenn sie am politischen Leben der Kolonien teilnehmen wollten. KulturellKulturKolonialzeit bewahrten sich beispielsweise die DeutschenEinwanderungEthnienDeutsche in PennsylvaniaPennsylvania und die Niederländer in New YorkNew York ein großes Maß an Autonomie, doch die Abgeordneten, die sie in die Parlamente schickten, um ihre Interessen zu vertreten, waren allesamt zweisprachig. Das ebenso hartnäckige wie falsche Gerücht, Deutsch wäre beinahe die offizielle Sprache der Vereinigten Staaten geworden, geht auf historische Missverständnisse, z.T. auch auf bewusste nationalistische Propaganda im Kaiserreich und in der NS-Zeit zurück. In Pennsylvania und MarylandMaryland erschienen ab Mitte des 18. Jahrhunderts deutschsprachige Zeitungen, und die Gesetze beider Kolonien wurden sowohl in deutscherEinwanderungEthnienDeutsche als auch in englischer Sprache veröffentlicht. Alle Parlamentsdebatten fanden aber auf Englisch statt, und wer über das Geschehen in den Kolonien und Europa informiert sein wollte, der tat gut daran, eine der bedeutenden englischsprachigen Zeitungen zu abonnieren. Solche „Gazetten“ wurden kostenlos vom Postdienst befördert, den die englische Kolonialverwaltung seit 1710 aufbaute und den Benjamin FranklinFranklin, Benjamin als königlicher Postmaster General in den 1750er Jahren wesentlich erweiterte. In einer Zeit, als die Kutschfahrt von New York nach PhiladelphiaPhiladelphia drei Tage oder länger dauerte, waren solche Verbindungen für das Zusammengehörigkeitsgefühl besonders wichtig.

Die gebildeten Kolonisten verstanden sich als Angehörige einer transatlantischen KulturgemeinschaftKulturKolonialzeit und nahmen durchaus aktiv an den geistigen Bewegungen und Auseinandersetzungen der Europäer teil. Das betraf die AufklärungAufklärung, die in PhiladelphiaPhiladelphia besonders starke Resonanz fand, ebenso wie den Pietismus, der das Great AwakeningGreat Awakening beeinflusste. Viele Söhne wohlhabender Familien absolvierten ihr Studium in EnglandGroßbritannien, und die neueste englische und französische LiteraturKulturKolonialzeit erreichte in relativ kurzer Zeit amerikanische Leser. Besondere Aufmerksamkeit fanden – neben den Werken von BlackstoneBlackstone, Sir William, HumeHume, David und MontesquieuMontesquieu, Charles de Secondat, Baron de – englische politische Schriftsteller, die das Zeitgeschehen kritisch kommentierten. Bezeichnenderweise wurde in NeuenglandNeuengland (s.a. Nordosten, Regionen) und den Mittelkolonien die radikale Form dieser Kritik (vorgetragen von den Real WhigsWhig-Partei und Commonwealthmen) stärker rezipiert als ihre gemäßigte Variante in Form der Country-IdeologieCountry-Ideologie eines Lord BolingbrokeBolingbroke, Henry St. John, Viscount, die dafür im SüdenSüden besser ankam. Ob diese intellektuellenKulturKolonialzeit Einflüsse allerdings schon ein amerikanisches Sonderbewusstsein entstehen ließen oder ob sie das gemeinsame englische Erbe festigten, ist schwer zu ermessen.

In PhiladelphiaPhiladelphia, das sich nach 1720 zur kulturellen Hauptstadt der Festlandskolonien entwickelte, wurden aufklärerische Ideen am entschiedensten in praktische Neuerungen umgesetzt. Diese Vorrangstellung der QuäkerQuäker-Kolonie ist eng mit der Person Benjamin FranklinsFranklin, Benjamin verbunden, der nach der Jahrhundertmitte, als er sich lange Zeit in diplomatischer Mission in LondonLondon und ParisParis aufhielt, zur Leitfigur einer praktisch-gemäßigten amerikanischen AufklärungKulturKolonialzeitAufklärung avancierte. FranklinFranklin, Benjamin neigte seit seiner ersten Englandreise 1724/25 dem Deismus zu, verzichtete aber auf religiöse Spekulation und konzentrierte sich auf sein berufliches Fortkommen. Im Poor Richard’s Almanack säkularisierte er ab 1732 calvinistischeCalvinisten Tugenden und übermittelte den Zeitgenossen Verhaltensregeln und Lebensweisheiten, die zu einem Leitfaden für den amerikanischen self-made man wurden. Nach dem Aufstieg zum angesehensten Buchdrucker und Zeitungsverleger Nordamerikas konnte er sich 1748 aus dem Geschäftsleben zurückziehen und seinen wissenschaftlichen und politischen Interessen widmen. Große Bedeutung für die Verbreitung aufklärerischen Gedankenguts erlangten die von ihm 1743 organisierte American Philosophical Society, die Library CompanyLibrary Company als erste öffentliche Bibliothek in den Kolonien sowie das College of PhiladelphiaKulturKolonialzeit. Um FranklinFranklin, Benjamin bildete sich ein Kreis von Aufklärern, aus dem der Astronom David RittenhouseRittenhouse, David, der Arzt Benjamin RushRush, Benjamin, der Literat Francis HopkinsonHopkinson, Francis und die Künstler Benjamin WestWest, Benjamin und Charles Willson PealePeale, Charles Willson herausragten. Sie hielten Verbindung mit gleich gesinnten Persönlichkeiten und Gruppen in den anderen Kolonien und korrespondierten mit aufklärerischen Organisationen und wissenschaftlichen Akademien in Europa. In der ebenso vitalen wie toleranten und weltlich geprägten Atmosphäre Philadelphias vollzog sich die Gleichsetzung von Amerika, naturwissenschaftlicher Erkenntnis und sozialem Fortschritt, die das öffentliche Bewusstsein der Revolutionsepoche prägen sollte. Das puritanische NeuenglandNeuengland (s.a. Nordosten, Regionen) konnte auf diesem Gebiet trotz des relativ hohen BildungsniveausBildungswesenKulturKolonialzeit nicht ganz mithalten: Erst 1780 gründete der Rechtsanwalt und Politiker John AdamsAdams, John in BostonBoston die American Academy of Arts and SciencesAmerican Academy of Arts and Sciences als Gegenstück zur American Philosophical SocietyAmerican Philosophical Society.

 

Die Kolonien im englischen MerkantilsystemGroßbritannienMerkantilsystem

Die Auswirkungen der wirtschaftlichenWirtschaft Beziehungen zwischen Kolonien und Mutterland auf das Bewusstsein der Siedler lassen sich kaum eindeutig bestimmen. Ihre zunehmende Dichte und Intensität besagen noch nicht, dass sie den Zusammenhalt der Kolonisten förderten. Die Zahlen sind allerdings eindrucksvoll: 1760 engagierte sich die Hälfte der englischen Flotte im Amerikahandel, und die Festlandskolonien, deren BevölkerungBevölkerungsentwicklung seit 1700 von 250.000 auf über 2 Millionen angestiegen war, nahmen 25 Prozent der englischen Exporte auf. Hatte die gemeinsame Wirtschaftsleistung der Kolonien um 1700 noch 5 Prozent derjenigen des Mutterlandes betragen, so stieg dieser Prozentsatz bis zur UnabhängigkeitserklärungUnabhängigkeitserklärung auf ca. 40 Prozent an. Andererseits blieben die einzelnen Kolonien in dem monopolartigen System der Navigation ActsNavigation Acts vorrangig auf das Mutterland hin ausgerichtet: Besonders wertvolle enumerated goods wie Tabak, Reis, Indigo, Wolle und Pelze durften nur an das Mutterland verkauft werden; alle Güter, die aus Europa eingeführt wurden, mussten via EnglandGroßbritannien transportiert werden; und den Kolonien war gesetzlich verboten, bestimmte Produkte wie Kleidung, Hüte und Eisen herzustellen und zu exportieren, die mit englischenGroßbritannien Waren konkurrierten. Eine wirkliche regionale Arbeitsteilung und wechselseitige Ergänzungen konnten unter solchen Umständen nicht zustande kommen. Der Austausch zwischen den dreizehn Kolonien lag um die Mitte des 18. Jahrhunderts zwar immerhin bei 25 Prozent des Gesamtvolumens, aber der Außenhandel mit der KaribikKaribik und EnglandGroßbritannien war nach wie vor Motor des Wachstums, denn nur hier konnte man das für zusätzliche Investitionen benötigte Hartgeld verdienen. Daraus erwuchsen Rivalitäten zwischen benachbarten Kolonien, die um einen möglichst großen Anteil am Handelsaufkommen konkurrierten.

Kriege für das Empire

Ambivalenter Natur scheinen auch die Folgen gewesen zu sein, die sich aus der Beteiligung der Siedler an militärischen Unternehmungen der englischenGroßbritannien KroneGroßbritannien ergaben. Diese Praxis begann bereits im Pfälzischen Krieg von 1689–1697, mit dem das englisch-französische Ringen um die Vorherrschaft eröffnet wurde und der in Nordamerika als King William’s WarPfälzischer Erbfolgekrieg (King William’s War) seinen Widerhall fand. Sie setzte sich im Spanischen Erbfolgekrieg von 1701 bis 1713 (Queen Anne’s WarSpanienSpanischer Erbfolgekrieg (Queen Anne’s War)) fort und erreichte einen ersten Höhepunkt während des Österreichischen Erbfolgekrieges von 1740 bis 1748 (King George’s War). Stets unterstützten koloniale Milizen die regulären britischenGroßbritannien Truppen im Kampf gegen Franzosen, Spanier und Indianer, und in der KaribikKaribik beteiligten sich amerikanische Freibeuter (privateers) am Kaperkrieg der Seemächte. Wenig deutet aber darauf hin, dass sich aus diesen Aktivitäten ein eigenständiges amerikanisches Bewusstsein, eine vom Mutterland separate Identität ergeben hätte. Zunächst scheinen sie eher das emotionale Band zur KroneGroßbritannien und zum jeweiligen englischenGroßbritannien König als dem „obersten Kriegsherrn“ noch gefestigt zu haben. Als 1752 bewaffnete Zusammenstöße im OhioOhio-Tal eine neue Runde des Hegemonialkampfes ankündigten, versuchte FranklinFranklin, Benjamin vergeblich, die Kolonien mit seinem Albany Plan of UnionAlbany Plan of Union (1754) von 1754 auf eine gemeinsame Sicherheitspolitik zu verpflichten. In dem Krieg, der wenig später ausbrach, war die Loyalität der einzelnen Kolonien und ihrer Milizen zur KroneGroßbritannien niemals gefährdet, und 1760 feierten die Siedler fast überschwänglich die Thronbesteigung ihres neuen, jugendlichen Königs George III. Dennoch wurde dieser Siebenjährige KriegFrankreichSiebenjähriger KriegSiebenjähriger Krieg (French and Indian War), der in den Kolonien wieder einen eigenen Namen erhielt (French and Indian War), in vieler Hinsicht zum Auslöser der amerikanischen Unabhängigkeit.

Im Juli 1754 erlebte der 22-jährige Major George WashingtonWashington, George an der Spitze der virginischen Miliz bei Fort DuquesneFort Duquesne, im Gebiet des heutigen PittsburghPittsburgh, seine Feuertaufe. Ein Jahr später erlitt er an der Seite eines englischenGroßbritannien Generals in derselben Gegend eine schwere Niederlage gegen die Franzosen, die den Krieg letztlich auslöste. In Europa begannen die Feindseligkeiten 1756 mit dem renversement des alliances, bei dem Engländer und FranzosenFrankreichKolonien ihre traditionellen Verbündeten „austauschten“. Frankreich wandte sich von PreußenPreußen ab und sagte ÖsterreichÖsterreich seine Unterstützung bei der Rückeroberung Schlesiens zu, während EnglandGroßbritannien Habsburg fallen ließ und sich hinter den ehemaligen Gegner Preußen stellte, um eine französische Hegemonie auf dem Kontinent zu verhindern. Das Hauptinteresse des führenden englischenGroßbritannien Ministers William PittPitt, William galt aber nicht Preußen, sondern es ging ihm in erster Linie darum, französische Kräfte in Europa zu binden, um die alte Rivalität in Übersee zu Gunsten des eigenen Landes zu entscheiden. Alle Gebiete, in denen die Einflusssphären der beiden Mächte zusammenstießen, wurden deshalb zu Kriegsschauplätzen: Nordamerika, die KaribikKaribik, WestafrikaAfrika, IndienIndien und – als SpanienSpanienKolonien unklugerweise 1761 noch an der Seite Frankreichs in den Krieg eintrat – auch die PhilippinenPhilippinen. Nach französischen Anfangserfolgen konnten die Engländer dank besserer Planung und Logistik überall zum Gegenangriff übergehen und entscheidende Siege erringen. Nirgends war das deutlicher zu erkennen als in Nordamerika, wo die Franzosen im 17. Jahrhundert ein KolonialreichKanadaFranzösische Besiedlung (La Nouvelle France und LouisianaLouisiana) geschaffen hatten, das sich – zumindest was die Rechtsansprüche betraf – von KanadaKanada bis zur Mündung des MississippiMississippi (Fluss) erstreckte.

Entscheidend für den Kriegsausgang war im September 1759 die Eroberung der stark befestigten Stadt QuebecQuebec durch den englischenGroßbritannien General James WolfeWolfe, James, der eine 10.000 Mann starke Armee von NeuschottlandNeuschottland herangeführt hatte (und der in dem Kampf ebenso fiel wie sein französischer Gegner Marquis de MontcalmMontcalm, Louis Joseph, Marquis de). Im nächsten Frühjahr marschierten BritenGroßbritannien und amerikanische Kolonisten von Norden und SüdenSüden auf MontrealMontreal und zwangen den französischen Gouverneur zur Übergabe Neu-Frankreichs. Im Frieden von ParisFrieden von Paris (1763) 1763 erhielt EnglandGroßbritannien ganz KanadaKanada sowie sämtliche Gebiete östlich des MississippiMississippi (Fluss) mit Ausnahme der Stadt New OrleansNew Orleans. Im Süden musste SpanienSpanienKolonien FloridaFlorida im Austausch für KubaKuba abtreten, das die Engländer 1762 erobert hatten. Als Entschädigung überließen die Franzosen den Spaniern New Orleans und das Land westlich des MississippiMississippi (Fluss), das sie ihnen als Preis für den Kriegseintritt versprochen hatten. Fortan verwalteten die SpanierSpanienKolonien das gesamte Gebiet unter dem Namen LouisianaLouisiana von New Orleans aus. Damit war die Existenz des französischen Kolonialreiches in Nordamerika beendet.

Die Engländer feierten einen der größten Triumphe ihrer Geschichte, doch gerade der Kriegsausgang in Nordamerika sollte sich rasch als eine Art Pyrrhus-Sieg erweisen. Zum einen brachte er latente Animositäten und emotionale Gegensätze an die Oberfläche, die sich zwischen den Menschen im Mutterland und in den Kolonien aufgebaut hatten. Während die englischenGroßbritannien Offiziere und Beamten klagten, dass ihnen die Siedler nicht den gebührenden Respekt entgegenbrächten und dass es ihnen an Bildung und Manieren mangele, fühlten sich die Amerikaner herablassend und als Menschen zweiter Klasse behandelt. Das traf sie umso härter, als sie in den vergangenen Jahrzehnten – unter dem Einfluss der europäischen AufklärungsliteraturAufklärung – das positive „Selbstimage“ eines einfachen, rustikalen, unverdorbenen Volkes entwickelt hatten. Sie rechneten sich die „typischen“ kolonialen Tugenden zu: kraftvoll, energisch und unverbildet; streitbar, aber freiheitsliebend; wohlhabend, aber unberührt von Luxussucht. Gleichzeitig stärkte die Beteiligung an den erfolgreichen Feldzügen ihr Selbstbewusstsein und ihre Überzeugung, nach der Beseitigung der „französischenFrankreichKolonien Gefahr“ für die eigene Sicherheit sorgen und ein American Empire im WestenWesten aufbauen zu können.


Karte 2: Die 13 Kolonien bis 1763

Das Gefühl der Entfremdung wurde durch den Versuch William PittsPitt, William, seine Vision eines rational organisierten und zentral gelenkten Empire zu verwirklichen, noch gesteigert. Seine straffe Empire-Politik war darauf ausgerichtet, alten, nur noch halbherzig befolgten merkantilistischen Regulierungen wieder die gebührende Geltung zu verschaffen. Insbesondere sein Bemühen, den schwungvollen Handel der Kolonien mit den französischenFrankreichKolonien KaribikinselnKaribik als Schmuggel und „Verrat“ zu unterbinden, gefährdete die wirtschaftliche Existenz so manches amerikanischen Kaufmannes. Der Premierminister wurde zwar 1761, noch vor dem Friedensschluss, vom König entlassen, weil er die Staatsverschuldung durch seine Kriegsausgaben fast verdoppelt und auf die unerhörte Höhe von 133 Millionen Pfund Sterling getrieben hatte. Mit dieser Schuldenlast hinterließ er allerdings ein Erbe, das, wie sich bald zeigen sollte, die größte Sprengkraft für die Empire-Beziehungen barg. Um nämlich die finanzielle Belastung der unruhigen englischenGroßbritannien Bevölkerung in Grenzen zu halten – allein für Zinsen mussten jährlich 5 Millionen Pfund aufgebracht werden, für die Truppen auf den KaribikinselnKaribik und in den Festlandskolonien 200.000 Pfund –, suchten George III.George III. und seine Berater nach neuen Einnahmequellen. Amerika bot sich an, denn man hatte, so wurde am Hof und im Parlament argumentiert, den Krieg doch nicht zuletzt zum Schutz der Siedler geführt, die ohnehin viel weniger Steuern zahlten als die Bürger im Mutterland. Von diesem Entschluss nahm die „imperiale Debatte“ über Besteuerung, Repräsentation und Souveränität ihren Ausgang, die innerhalb weniger Jahre die Bindungen löste, die über mehr als ein Jahrhundert entstanden waren.