Geschichte der USA

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3 Die Vereinigten Staaten im Ersten WeltkriegErster Weltkrieg
Der Weg in den Krieg, 1914–1917

Als die Balkankrise im August 1914 zum europäischen Hegemonialkrieg eskalierte, der auch auf die Kolonialgebiete AfrikasAfrika, des Nahen OstensNaher Osten und AsiensAsien übergriff, erklärte Präsident WilsonWilson, Woodrow die Neutralität der USA und bat die Bevölkerung, sich unparteiisch zu verhalten. Damit befand er sich ganz im Einklang mit der außenpolitischen Tradition seit George Washington und trug darüber hinaus der Sorge vor innerer Zwietracht Rechnung: Es galt zu verhindern, dass die Auseinandersetzung zwischen Sympathisanten der Mittelmächte, zu denen in erster Linie deutsch- und irischstämmige Amerikaner gehörten, und Anhängern der Westmächte die multiethnische amerikanische Gesellschaft in eine Zerreißprobe stürzte.

Thomas Woodrow WilsonWilson, Woodrow war 1856 in eine presbyterianischePresbyterianer Pfarrersfamilie in VirginiaVirginia hineingeboren worden und hatte seinen Weg in die Politik über eine akademische Laufbahn als Geschichtsprofessor und Präsident der PrincetonUniversitätenPrinceton University University gemacht (die er wieder in die Spitzengruppe der amerikanischen Bildungseinrichtungen führte). Als progressiver Gouverneur von New JerseyNew Jersey trat er 1912 für die Demokratische Partei an, um mit Hilfe einer gestärkten Bundesregierung die nötigen wirtschaftlichen und sozialen Reformen durchzusetzen. WilsonWilson, Woodrow verband die moralische Strenge seiner presbyterianischen Erziehung mit wissenschaftlicher Disziplin, und er war trotz des äußerlich steifen, unnahbaren Auftretens ein mitreißender Redner. Im Stil eines Predigers benutzte er häufig religiöse Bilder, aber auch den einprägsamen Slogan „New FreedomNew Freedom“, der eine Erfüllung der in UnabhängigkeitserklärungUnabhängigkeitserklärung und VerfassungVerfassung enthaltenen demokratischen Verheißungen suggerierte.

Gefühlsmäßig und ideologisch stand WilsonWilson, Woodrow als Progressiver den Westmächten näher als dem Deutschen Reich, das aus seiner Sicht Autokratie und Militarismus verkörperte und auf die Zerstörung des europäischen Mächtegleichgewichts hinarbeitete. Auch in der westlichen Hemisphäre schien von DeutschlandDeutschlandBeziehungen zu Deutschland vor 1949Erster Weltkrieg politisch und wirtschaftlich größere Gefahr auszugehen als von GroßbritannienGroßbritannienErster Weltkrieg, das sich hier seit langem mit den USA arrangiert hatte. Rein ökonomische Gründe sprachen ebenfalls für eine bevorzugte Behandlung der Entente: Großbritannien war für die Vereinigten Staaten schon im Frieden der bedeutendste Handelspartner und Investor gewesen, und die Engländer kauften nach Kriegsbeginn im großen Stil Lebensmittel, Waffen und Munition in den USA ein. Diese Geschäfte wurden größtenteils durch private amerikanische Bankkredite finanziert, die sich bis 1917 schon auf 2,3 Milliarden Dollar beliefen. Allein im Jahr 1916 exportierteWirtschaft die amerikanische WirtschaftWirtschaft, die durch den Auftragsboom aus der Vorkriegsrezession gezogen wurde, Rohstoffe und Waren im Wert von 2,75 Milliarden Dollar nach EnglandGroßbritannienErster Weltkrieg und Frankreich. Demgegenüber sanken die Ausfuhren nach DeutschlandDeutschlandBeziehungen zu Deutschland vor 1949Erster Weltkrieg wegen der Autarkiepolitik der Reichsregierung und der englischenGroßbritannienErster Weltkrieg Blockade bis 1916 auf ganze 2 Millionen Dollar ab.

Wenn sich unter diesen Umständen innerhalb der Wilson-Administration die Waage auch schon früh zu Gunsten der Westmächte neigte, so hielten doch einige andere Faktoren die USA vorerst auf Neutralitätskurs. WilsonWilson, Woodrow wusste, dass eine Kriegsbeteiligung sein Reformprogramm gefährden würde; er hatte sein Land tief in die 1911 ausgebrochene mexikanische Revolution verstrickt; und er kannte die Stimmung einer großen Mehrheit der Amerikaner, die fürchteten, dass sie – womöglich an der Seite des autokratischen ZarenreichsRusslandZarenreich – in den Kampf der „imperialistischen“ Mächte hineingezogen werden könnten. Der Präsident verhielt sich deshalb keineswegs, wie später oft behauptet wurde, von vornherein „pro-Entente“ oder „anti-deutsch“, sondern er hatte in allererster Linie die amerikanischen Interessen und seine Wiederwahlaussichten im Auge. Die US-RegierungAußenpolitikErster Weltkrieg verurteilte nicht nur die völkerrechtswidrige deutsche U-Boot-Kriegführung, sondern sie legte – wenngleich in schwächerer Form – auch gegen eine Reihe von britischenGroßbritannien Blockadepraktiken Protest ein. Am liebsten wäre WilsonWilson, Woodrow in dieser Phase ein Kompromissfriede gewesen, dessen Chancen er durch seinen engen Vertrauten, Colonel Edward M. HouseHouse, Edward M., in Europa ausloten ließ. An dieser Grundeinstellung änderte selbst der schwere „LusitaniaLusitania“-Zwischenfall nichts, bei dem ein deutsches U-Boot am 7. Mai 1915 einen britischenGroßbritannien Luxusdampfer auf dem Rückweg von New YorkNew York City vor der irischen Küste versenkte und den Tod von fast 1200 Menschen, darunter 128 Amerikaner, verursachte. Allerdings lehnte WilsonWilson, Woodrow den Vorschlag seines AußenministersAußenpolitikErster Weltkrieg William J. BryanBryan, William Jennings ab, die Nutzung von Passagierschiffen für den Transport von Rüstungsgütern zu verbieten (die „Lusitania“ hatte Gewehrmunition für EnglandGroßbritannien an Bord gehabt) und amerikanischen Bürgern zu untersagen, auf Schiffen Krieg führender Staaten zu reisen. BryanBryan, William Jennings trat daraufhin zurück und wurde durch Robert LansingLansing, Robert ersetzt, der den Alliierten günstiger gesonnen war. Als die Reichsregierung jedoch nach der „Lusitania“-Krise Zugeständnisse machte und im Mai 1916 den uneingeschränkten U-Boot-Krieg vollends einstellte, schienen sich die deutsch-amerikanischen Beziehungen wieder zu stabilisieren. Um dieselbe Zeit trübte sich das Verhältnis der USA zu GroßbritannienGroßbritannienErster Weltkrieg und FrankreichFrankreichBeziehungen bis 1919, weil die beiden alliierten Regierungen auf der Pariser Wirtschaftskonferenz vom Sommer 1916 ökonomische Kriegsziele formulierten, die mit dem amerikanischen Verlangen nach offenen Märkten und freiem Welthandel unvereinbar waren.

Alle diese Ereignisse wurden in den USA von einer heftigen Debatte zwischen Gegnern und Befürwortern eines amerikanischen KriegsbeitrittsGesellschaftErster WeltkriegAußenpolitikErster Weltkrieg begleitet. Auf der einen Seite entstand eine breite FriedensbewegungFriedensbewegung, in der sich Vertreter unterschiedlichster Interessengruppen und geistiger Strömungen sammelten. Neben PazifistenPazifisten und QuäkernQuäker traten auch progressive Reformer wie Robert LaFolletteLaFollette, Robert M., SozialistenSozialismus wie Eugene V. DebsDebs, Eugene V., Frauenrechtlerinnen wie Jane AddamsAddams, Jane und Großindustrielle wie Andrew CarnegieCarnegie, Andrew und Henry FordFord, Henry öffentlich für die Ziele der unionsweiten Non-Partisan LeagueNon-Partisan League ein. Ihre Anhänger waren überzeugt, dass Unternehmer und Bankiers, die von der Rüstung profitierten, die USA gegen den Willen des Volkes in den KriegAußenpolitikErster Weltkrieg hineinziehen wollten. Dieser Friedensbewegung stellte sich, angeführt vom ehemaligen Präsidenten Theodore RooseveltRoosevelt, Theodore, eine aktive Minderheit von „Interventionisten“ entgegen, die das DeutscheDeutschlandBeziehungen zu Deutschland vor 1949Erster Weltkrieg Reich als Hauptstörenfried der internationalen Ordnung brandmarkten und für die das Eingreifen der USA an der Seite der Westmächte nur eine Frage der Zeit sein konnte. Die GeheimdiensteGeheimdienste der Krieg führenden Staaten versuchten, diesen Meinungsstreit zu beeinflussen: Von Mitarbeitern der deutschen Botschaft in WashingtonWashington, D.C. wurden deutschfreundliche Organisationen unterstützt und Sabotageakte gegen kriegswichtige Lieferungen an die Entente geplant (der spätere Reichskanzler Franz von PapenPapen, Franz v. musste deshalb die USA als persona non grata verlassen); die BritenGroßbritannienErster Weltkrieg verbreiteten ihrerseits übertriebene Berichte von deutschen Gräueltaten in den besetzten Gebieten und schürten amerikanische Ängste vor deutschen Expansionsabsichten in LateinamerikaLateinamerika.

Im Wahljahr 1916 überwog noch eindeutig die FriedenssehnsuchtAußenpolitikErster Weltkrieg in der amerikanischen Bevölkerung. Präsident WilsonWilson, Woodrow versprach, die USA weiterhin aus dem Krieg herauszuhalten, verlangte aber unter dem Schlagwort der preparedness, dass sich die Nation auf alle Eventualitäten vorbereiten müsse. Schon vor der Wahl schuf der Kongress durch mehrere Gesetze die Grundlage für eine Aufrüstung, mit der die USA ihre Machtposition sichern konnten, ganz gleich, wie der Krieg ausging. Neu im Wahlprogramm der DemokratenDemokratische Partei war der Vorschlag eines „VölkerbundesAußenpolitikVölkerbundVölkerbund“ (League of Nations), der in Zukunft Aggressionen und Kriege verhindern sollte. Nach seinem knappen Sieg über den republikanischen Kandidaten Charles Evans HughesHughes, Charles E. im November 1916 warb WilsonWilson, Woodrow erneut für einen „Frieden ohne SiegAußenpolitikErster Weltkrieg“ und forderte die Kriegführenden auf, ihre Bedingungen bekannt zu geben. Die hinhaltende Taktik, mit der die Reichsregierung auf diese Friedensvermittlung reagierte, leitete dann allerdings eine Entwicklung ein, die in den Kriegseintritt der USA mündete.

In BerlinBerlin setzten sich um diese Zeit die Befürworter eines „Siegfriedens“ durch, die glaubten, GroßbritannienGroßbritannienErster Weltkrieg durch den U-Boot-Krieg in die Knie zwingen zu können, bevor die USA überhaupt in der Lage wären, wirksam militärisch zu intervenieren. Diese Annahme sollte sich als letztlich kriegsentscheidender Irrtum erweisen. Nach der Erklärung der Wiederaufnahme des uneingeschränkten U-Boot-Krieges, der sich ja nicht zuletzt gegen die Neutralen richtete, brach Präsident WilsonWilson, Woodrow Anfang Februar 1917 die diplomatischen Beziehungen zu Berlin ab, scheute aber immer noch vor dem Krieg zurück. Wieder kam es zu großen Friedensdemonstrationen in amerikanischen Städten, an denen sich nun sogar der ehemalige Außenminister BryanBryan, William Jennings beteiligte. Der endgültige Stimmungsumschwung trat dann durch die Veröffentlichung des so genannten „Zimmermann-TelegrammsAußenpolitikErster WeltkriegZimmermann-Telegramm“ ein, einer Depesche, die der deutscheDeutschlandBeziehungen zu Deutschland vor 1949Erster Weltkrieg Staatssekretär des Äußeren, Arthur ZimmermannZimmermann, Arthur, am 19. Januar 1917 an die Botschaft in MexikoMexiko geschickt hatte. Darin instruierte er den deutschen Botschafter, dem mexikanischenMexikoBeziehungen im 20.Jh. Präsidenten ein Bündnis gegen die USA vorzuschlagen, in das möglichst auch JapanJapanBeziehungen 1914 bis 1945 einbezogen werden sollte. Im Falle eines deutschen Sieges würde das Reich dann Mexiko helfen, die 1848 verlorenen Gebiete in TexasTexas, New MexicoNew Mexico und ArizonaArizona zurückzubekommen. Da dieses Telegramm aus technischen Gründen über die deutsche Botschaft in WashingtonWashington, D.C. lief, konnte es der englische Geheimdienst abfangen und entschlüsseln. Am 24. Februar wurde der Text an WilsonWilson, Woodrow weitergeleitet, der ihn am 1. März veröffentlichen ließ. Die Bevölkerung reagierte erwartungsgemäß heftig, weil die deutscheDeutschlandBeziehungen zu Deutschland vor 1949Erster Weltkrieg Offerte an zwei neuralgische Punkte rührte: Sie bedeutete eine Einmischung in die amerikanisch-mexikanischenMexikoBeziehungen im 20.Jh. Beziehungen, die sich durch den Abzug der letzten amerikanischen Interventionstruppen gerade gebessert hatten; und sie beschwor das Gespenst eines Zweifrontenkrieges im Atlantik und Pazifik herauf, wo man den JapanernJapanBeziehungen 1914 bis 1945 durchaus aggressive Absichten zutraute. Im Kongress stemmte sich dennoch eine Gruppe von Senatoren bis zuletzt dem KriegseintrittAußenpolitikErster Weltkrieg entgegen. Ihrem Widerstand wurde aber der Boden entzogen, als deutsche U-Boote mehrere amerikanische Schiffe versenkten. Am 2. April forderte WilsonWilson, Woodrow den Kongress auf, dem DeutschenDeutschlandBeziehungen zu Deutschland vor 1949Erster Weltkrieg Reich den Krieg zu erklären: Die USA würden nicht für Eroberungen kämpfen, sondern für Frieden und Gerechtigkeit. WilsonsWilson, Woodrow berühmte Forderung: „The world must be made safe for democracy“ bezog sich auch auf die Lage in RusslandRussland, wo der Zar nach der Februar-Revolution abgedankt hatte. Die Kriegserklärung erfolgte am 6. April gegen 50 Stimmen im Repräsentantenhaus (darunter die erste weibliche Abgeordnete, Jeannette RankinRankin, Jeannette aus MontanaMontana) und sechs im Senat. Um ihren besonderen Status zu verdeutlichen, traten die USA als „assoziierte“ Macht an die Seite der „alliierten“ Westmächte.

 

WilsonWilson, Woodrow begründete seine Entscheidung mit deutschen Rechtsbrüchen sowie mit der Gefährdung des amerikanischen Handels und der amerikanischen Sicherheit. Gleichzeitig gab er eine moralische Rechtfertigung, indem er den KriegAußenpolitikErster Weltkrieg zum „Kreuzzug für die Demokratie“ und zum „war to end all wars“ erklärte. Pragmatisches Gleichgewichtsdenken mischte sich mit einem idealistischen, im letzten religiös inspirierten Bekenntnis zu höheren Werten und Prinzipien. Über die „eigentlichen“ Motive des Präsidenten wird bis heute gerätselt: Vieles deutet darauf hin, dass WilsonWilson, Woodrow und seine engsten Berater seit Ende 1916 zunehmend zu der Überzeugung gelangt waren, dass die USA nur im Falle einer aktiven Beteiligung am Krieg ihren Interessen und Prinzipien auf der künftigen Friedenskonferenz würden Geltung verschaffen können. Sollte DeutschlandDeutschlandBeziehungen zu Deutschland vor 1949Erster Weltkrieg siegen, dann drohte die Verwirklichung von „Mitteleuropa“-Plänen, die wenig Rücksicht auf amerikanische Belange nahmen. Aber selbst ein Sieg der Entente-Mächte, das hatten die Wirtschaftsverhandlungen in ParisParis 1916 gezeigt, konnte zu Lasten der Vereinigten Staaten gehen. Die Beweggründe zum Kriegseintritt waren also spätestens nach dem Scheitern der Vermittlungsaktion gegeben; ohne die strategischen Fehlkalkulationen und diplomatischen Missgriffe der deutschen Führung wäre es WilsonWilson, Woodrow jedoch schwer gefallen, den „Rubikon zu überschreiten“ und Bevölkerung wie Kongress von der Notwendigkeit der Kriegserklärung zu überzeugen.

Die Vereinigten Staaten als KriegAußenpolitikErster Weltkrieg führende Macht, 1917/18

So schwer sich die Amerikaner mit der Entscheidung für den Krieg getan hatten, so intensiv und verbissen mobilisierten sie nun ihre großen menschlichen und materiellen Ressourcen. Obwohl sich Hunderttausende freiwillig zum Militär meldeten, wurde im Mai 1917 die WehrpflichtWehrpflicht durch den Selective Service ActSelective Service Act (1917) eingeführt, der insgesamt 45 Millionen Amerikaner erfasste, von denen 3 Millionen dienten. In Frankreich kamen 2 Millionen Amerikaner zum Einsatz, davon ca. 400.000 SchwarzeAfroamerikanerErster Weltkrieg, die aber strikt segregiertSegregation blieben und hauptsächlich Arbeiten hinter der Front verrichteten. FrauenFrauenErster Weltkrieg taten freiwillig Dienst als Krankenschwestern im US Nurse Corps und als Sekretärinnen oder Technikerinnen bei der US Navy und im US Army Signal Corps. Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen (conscientious objectors) fanden lediglich 4000 Amerikaner.

Die ökonomische MobilisierungWirtschaft fiel relativ leicht, weil die amerikanische WirtschaftWirtschaft über genügend Produktionsreserven verfügte, um sowohl den militärischen Bedarf als auch den zivilen Konsum zu befriedigen. Unter Einschluss der Lieferungen an die Verbündeten entfiel selbst auf dem Höhepunkt der Anstrengungen nur ein Viertel der Gesamtproduktion auf die Kriegführung. Von einer Zwangs- und Mangelwirtschaft, wie sie die meisten Europäer erfuhren, war man in den USA also weit entfernt. Kennzeichnend für den amerikanischen Ansatz wurden Kommissionen, in denen Regierungsbeamte mit Repräsentanten der einzelnen Wirtschaftszweige und mit Gewerkschaftsvertretern zusammenarbeiteten. Im Zentrum stand der vom Finanzexperten Bernard BaruchBaruch, Bernard geleitete War Industries Board (WIB), der planend, lenkend und rationalisierend in die Produktion eingriff und Preise festsetzen konnte. Der War Trade Board organisierte und überwachte die wirtschaftliche Kriegführung gegen DeutschlandDeutschlandBeziehungen zu Deutschland vor 1949Erster Weltkrieg, wobei schwierige Abstimmungsprobleme zwischen den USA und den für die Blockade verantwortlichen britischenGroßbritannienErster Weltkrieg Ministerien zu lösen waren. Die Food Administration unter dem späteren Präsidenten Herbert HooverHoover, Herbert kooperierte mit den Farmerverbänden, um die Agrarerzeugung zu steigern, Lebensmittel in den USA und bei den Verbündeten zu verteilen und den Preisauftrieb zu dämpfen. Die zentralisierende Wirkung des KriegesAußenpolitikErster Weltkrieg spiegelte sich auch in Behörden wie dem War Shipping Board und der Railroad Administration wider, die für eine bessere Nutzung der Transportkapazitäten sorgten.

Um ArbeitskämpfeArbeiterErster Weltkrieg zu vermeiden, richtete die Regierung den National War Labor Board als Vermittlungsinstanz ein und drängte die Unternehmen, die Löhne zu erhöhen und die AFLAmerican Federation of Labor (AFL)-Verbände als Tarifpartner anzuerkennen. Durch die Einbindung der gemäßigten GewerkschaftenGewerkschaften blieb der soziale Friede weitgehend gewahrt, obgleich die Preise kräftig stiegen und die Lebenshaltungskosten 1918 fast doppelt so hoch lagen wie 1913. Der Bedarf an zusätzlichen Arbeitskräften wurde nach dem Versiegen der EinwanderungEinwanderung aus der „internen Reserve“ gedeckt: FrauenFrauenErster Weltkrieg stellten binnen kurzem ein Fünftel der in den Kriegsindustrien Beschäftigten, und ca. 500.000 AfroamerikanerAfroamerikanerErster Weltkrieg zogen aus dem SüdenSüden in die Industriezentren des Nordostens und Mittleren WestensMittlerer Westen. Während die meisten FrauenFrauenErster Weltkrieg bei Kriegsende wieder Männern Platz machen mussten, reichten die sozialen Folgen der Great MigrationGreat Migration weit über den Krieg hinaus: Einerseits gelangten südliche Lebensart und afroamerikanischeAfroamerikanerGreat Migration KulturAfroamerikanerKultur in die GhettosUrbanisierungGhettos der nördlichen Metropolen, von wo aus einzelne ihrer Erscheinungsformen wie der melancholische BluesBlues und der JazzJazz den Weg in den kulturellen mainstream der USA fanden. Andererseits wuchsen die sozialen Spannungen zwischen Weiß und Schwarz und kam es nun auch im NordenNorden häufiger zu Lynchmorden und Rassenunruhen. Die wirtschaftliche Mobilisierung ging keineswegs reibungslos vonstatten, sondern es gab auch Fehlplanungen, Koordinierungsmängel und Kompetenzenwirrwarr. Noch bevor die Maschinerie auf volle Touren kam, ging der Krieg zu Ende. Der Verteidigungshaushalt, der 1916 ganze 305 Millionen Dollar betragen hatte, erreichte erst 1919 seinen Höchststand mit 13,5 Milliarden Dollar. Trotz allem erzielten die Amerikaner innerhalb kurzer Zeit eine beeindruckende volkswirtschaftliche Leistung. Sie finanzierten nicht nur ihre eigenen Kriegsanstrengungen, sondern zum beträchtlichen Teil auch diejenigen der europäischen Verbündeten, denn in den 33,5 Milliarden Dollar Gesamtausgaben waren 7 Milliarden Kriegskredite enthalten. Zwei Drittel der Kriegskosten wurden durch Steuern aufgebracht, der Rest durch die Ausgabe von Staatsanleihen, die als Liberty Bonds noch zusätzliche Propagandawirkung entfalteten. Gesamtwirtschaftlich gesehen bewirkte der Krieg einen Wachstumsschub, der das Bruttosozialprodukt von 40 Milliarden (1914) auf 90 Milliarden Dollar (1920) hinaufschnellen ließ. Bei Berücksichtigung der Inflation bleiben zwar nur 10 Milliarden realer Zuwachs, aber selbst das ist eine beachtliche Expansionsrate.

Integraler Bestandteil des „Kreuzzugs für die DemokratieGesellschaftErster Weltkrieg“ war die psychologische Aufrüstung der „Heimatfront“ einschließlich der Unterdrückung von politischem Dissens. Anpassungs- und Konformitätsdruck wurden teils durch Steuerung von oben, teils durch spontane Aktionen an der Basis erzeugt. Im Auftrag der Regierung entfachte das Committee on Public Information, das der progressive Journalist George CreelCreel, George leitete und dem bekannte Schriftsteller, Wissenschaftler und Künstler angehörten, eine heftige anti-deutsche Kampagne. Sie traf nicht nur erklärte Sympathisanten des Kaisers, sondern zerstörte auch Institutionen wie deutsche Vereine, Zeitungen und Schulen, auf denen die ethnische Identität der Deutsch-AmerikanerDeutsch-Amerikaner beruhte. (Zur selben Zeit riefen Professoren im Kaiserreich zur Verteidigung der deutschen Kultur gegen „westlichen Materialismus“ und „falsche Freiheit“ auf.) Der Rückgang der deutschen Sprache in den USA, der auf Grund der nachlassenden EinwanderungEinwanderung von DeutschenDeutschlandBeziehungen zu Deutschland vor 1949Erster Weltkrieg seit den 1890er Jahren schon früher begonnen hatte, wurde durch diese Vorgänge weiter beschleunigt. Neben den DeutschstämmigenEinwanderungEthnienDeutsche litten die IrenEinwanderungEthnienIren am meisten unter dem vom Creel Committee angestachelten patriotischen Eifer. Die Angst vor Spionen und Saboteuren war nicht völlig unbegründet, aber vom Standpunkt der „loyalen“ Amerikaner aus machte sich jedermann schuldig, der die Beteiligung am Krieg nicht begrüßte oder sie gar kritisierte. In den Gemeinden und Betrieben überwachten halbstaatliche und private „Selbstschutz“-Organisationen (Loyalty Leagues, American Protective League, American Defense Society etc.) alle potenziellen Kriegsgegner und registrierten „unamerikanische“ Aktivitäten. Die Regierungen der Einzelstaaten, die UniversitätenUniversitäten und das 1908 gegründete Bureau of Investigation im Bundesjustizministerium (aus dem 1935 das FBIFederal Bureau of Investigation (FBI) hervorging) beteiligten sich an dieser Jagd auf den „inneren Feind“. Darüber hinaus schuf der Kongress gesetzliche Grundlagen, um einen möglichen Widerstand gegen die Kriegspolitik im Ansatz zu ersticken: Der Espionage Act von 1917 verbot die Behinderung der Rekrutierung und Aufrüstung und ermöglichte die Presse- und Postzensur; nach dem Sedition Act von 1918 konnte unter Anklage gestellt werden, wer die Regierung, die Uniform oder nationale Symbole wie Fahne und VerfassungVerfassung verächtlich machte. Zwar hielt sich die Zahl der Verurteilungen in Grenzen, aber in dem hysterischen Klima, das auf diese Weise geschaffen wurde, gingen die abweichenden Stimmen aus der FriedensbewegungGesellschaftErster WeltkriegFriedensbewegung und aus dem Lager der amerikanischen Linken unter. Der Supreme CourtSupreme CourtVerfassung bestätigte nach Kriegsende in Fällen wie Schenck v. US und Abrams v. US die repressiven Gesetze als verfassungskonform: in dem gegebenen Ausnahmezustand sei der Kongress befugt gewesen, die vom ersten Amendment garantierte Rede-, Meinungs- und Pressefreiheit einzuschränken. Eugene DebsDebs, Eugene V., der wegen einer Anti-Kriegsrede zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt worden war, kandidierte 1920 von seiner Zelle aus für die Präsidentschaft und wurde erst 1921 von Präsident HardingHarding, Warren G. begnadigt. Einzelne Richter erkannten dem Schutz der Grundrechte schon damals einen wesentlich höheren Rang zu, aber in vieler Hinsicht hatte diese restriktive Auslegung der Verfassung bis nach dem Zweiten Weltkrieg Bestand. Aus heutiger Sicht gehört die strafrechtliche Verfolgung der Kriegsgegner – ebenso wie die Diffamierung ganzer Bevölkerungsgruppen – zu den Schattenseiten der nationalen Kraftanstrengung von 1917/18.

 

Auf dem Kriegsschauplatz konnte zunächst mit Hilfe des Konvoi-Systems eine wirtschaftliche Abschnürung GroßbritanniensGroßbritannienErster Weltkrieg verhindert werden. Überdies steigerte die amerikanische Teilnahme an der Blockade nun den ökonomischen Druck auf die Mittelmächte. Mit der Requirierung der niederländischen Handelsschiffe in amerikanischen Häfen im März 1918 gaben die USA sogar zu erkennen, dass sie bereit waren, die Rechte der neutralen Staaten, die sie bis 1917 hochgehalten hatten, dem Ziel der Niederringung des DeutschenDeutschlandBeziehungen zu Deutschland vor 1949Erster Weltkrieg Reiches unterzuordnen. Nahezu unbehindert von deutschen U-Booten trafen die ersten Truppen der American Expeditionary Force (AEF) unter General John J. PershingPershing, John J. im Herbst 1917 in Frankreich ein. Noch bevor sie wirklich in die Kämpfe eingreifen konnten, verkündete Präsident WilsonWilson, Woodrow am 8. Januar 1918 vor dem Kongress die amerikanischen Kriegsziele, die er in den berühmten „14 PunktenAußenpolitikVierzehn Punkte (Wilson)Vierzehn Punkte (Wilson)“ zusammenfasste. Die wichtigsten Forderungen betrafen die Abkehr von den Methoden der Geheimdiplomatie und Geheimverträge zu Gunsten einer „offenen“ Diplomatie; die Freiheit der Meere und einen unbehinderten Welthandel; die Begrenzung der Rüstungen und die Regelung der kolonialen Ansprüche; die Rückgabe der von den Mittelmächten besetzten Gebiete und die Verwirklichung des Prinzips der nationalen Selbstbestimmung einschließlich der Errichtung eines unabhängigen polnischen Staates; und schließlich als krönenden Abschluss die Gründung eines VölkerbundesAußenpolitikVölkerbundVölkerbund (general association of nations), der dafür sorgen sollte, dass eventuelle Konflikte innerhalb der neuen Friedensordnung gewaltfrei gelöst würden. Diese Botschaft erwies sich als eine scharfe Propagandawaffe, aber sie legte WilsonWilson, Woodrow auch auf einen Kurs fest, der mit den Realitäten der europäischen Machtpolitik nur schwer vereinbar war. Anfangs ließ sich der Präsident davon nicht beirren: Wie vor ihm LincolnLincoln, Abraham, so nutzte WilsonWilson, Woodrow nun die große Machtfülle aus, die ihm die VerfassungVerfassung gerade in Kriegszeiten als Staatsoberhaupt, Regierungschef und Oberbefehlshaber der Streitkräfte in die Hand gab, um den eingeschlagenen Weg konsequent fortzusetzen.

Auf den Schlachtfeldern Frankreichs gewann der amerikanische Einsatz an Menschen und Material ab Frühjahr 1918, als sich die Balance nach dem russischen Separatfrieden von Brest-LitowskFrieden von Brest-Litowsk (1918) zu Gunsten der Mittelmächte zu neigen schien, ausschlaggebende Bedeutung. Mit Hilfe von US-Truppen konnte die deutscheDeutschlandBeziehungen zu Deutschland vor 1949Erster Weltkrieg „Schlussoffensive“ im Juni zum Stehen gebracht werden, und in den beiden folgenden Monaten gelang es, die gegnerischen Armeen weit zurückzudrängen. Amerikanische Flieger kamen ebenfalls zum Einsatz; der erfolgreichste Pilot, Edward („Eddy“) RickenbackerRickenbacker, Edward, brachte es auf 26 Abschüsse und wurde nach seiner Rückkehr als nationaler Held gefeiert. Später stieg er zum Präsidenten von Eastern Airlines auf, einer der Pioniergesellschaften der zivilen LuftfahrtLuftfahrt.

Bei den Kämpfen in Frankreich wurden ca. 50.000 Amerikaner getötet und 200.000 verwundet. Die tatsächlichen Verluste waren aber noch wesentlich höher, denn über 60.000 Soldaten fielen Krankheiten, vor allem einer Grippeepidemie, zum Opfer. Aus amerikanischer Perspektive waren das schwere Opfer in einem Feldzug, der praktisch nur wenige Monate dauerte; gemessen an den Millionen Toten, die DeutscheDeutschlandBeziehungen zu Deutschland vor 1949Erster Weltkrieg, Russen, Franzosen und BritenGroßbritannienErster Weltkrieg zu beklagen hatten, muteten diese Zahlen jedoch niedrig an. Im September gab die deutsche Oberste Heeresleitung ihre Siegeshoffnungen auf und drängte die politische Führung des Reiches zum Friedensschluss. Bei der Entscheidung der Reichsregierung, am 5. Oktober ein Waffenstillstandsgesuch an Präsident WilsonWilson, Woodrow zu übermitteln, spielte die trügerische Hoffnung auf die „14 PunkteAußenpolitikVierzehn Punkte (Wilson)Vierzehn Punkte (Wilson)“ eine ebenso wichtige Rolle wie bei den rasch eingeleiteten innenpolitischen Reformen und beim Thronverzicht des Kaisers am 9. November. Der Waffenstillstand vom 11. November diktierte der deutschen Seite dann allerdings auf französischen Druck hin sehr harte Bedingungen, die den Friedensvertrag bereits bis zu einem gewissen Grade entgegen den Absichten WilsonsWilson, Woodrow präjudizierten.