Geschichte der USA

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Nullifikationskrise und „BankkriegBankkrieg“

Präsident JacksonJackson, Andrew hatte die wichtigen Regierungsämter nach rein parteipolitischen Gesichtspunkten vergeben und stützte sich vor allem auf einen engen Beraterzirkel, das so genannte „Küchenkabinett“, in dem neben Außenminister Martin Van BurenVan Buren, Martin demokratische Zeitungsverleger den größten Einfluss ausübten. Es entsprach dem generellen Klima der Zeit, dass Wirtschafts- und Finanzthemen die Diskussionen von Regierung und Kongress beherrschten. Eine Quelle ständiger Reibungen waren die Zölle, aus denen der Bundesetat in der Hauptsache finanziert wurde. Durch Zölle verteuerte der Kongress aber auch gezielt Einfuhren aus Europa, um heimische Industrien zu schützen. Das ging wiederum häufig zu Lasten der agrarischen Südstaaten, die stärker als andere Regionen auf den Import europäischer Fertigwaren angewiesen waren. Hinter dieser Benachteiligung argwöhnten manche Südstaatler Absichten des Nordens, die peculiar institutionpeculiar institution zu schwächen. Ende 1832 kam es zur Krise, als ein Konvent des Staates South CarolinaSouth Carolina die Zollgesetze von 1828 und 1832 für null und nichtig erklärte, die Eintreibung von Bundeszöllen in South Carolina verbot und für den Fall bundesstaatlicher Gewaltanwendung mit Austritt aus der Union drohte. Die juristische Begründung für diesen „NullifikationsNullifikations-Streit“-Beschluss hatte JacksonsJackson, Andrew Vizepräsident John C. CalhounCalhoun, John C. schon 1828 in einem anonymen Pamphlet unter Bezugnahme auf die KentuckyKentucky- und VirginiaVirginia-Resolutionen von 1798 geliefert. Ab 1831 bekannte er sich offen zu der Ansicht, im föderalen System der USA habe die Souveränität der Staaten Vorrang vor Mehrheitsentscheidungen des Kongresses. Dieses Argument sollte zum Kern der states’ rights-Philosophie der Südstaaten bis ins 20. Jahrhundert hinein werden. Im Wahlkampf des Jahres 1832 kam es zum offenen Bruch zwischen JacksonJackson, Andrew und CalhounCalhoun, John C., der vom Amt des Vizepräsidenten zurücktrat und als Senator für seine staatsrechtlichen Theorien weiterstritt. JacksonJackson, Andrew brandmarkte die SezessionsdrohungSezession (s.a. Bürgerkrieg) South CarolinasSouth Carolina als Verrat an der Union, auf dem die TodesstrafeTodesstrafe stehe, und ließ sich vom Kongress ermächtigen, die Missachtung der VerfassungVerfassung und der Gesetze der USA gewaltsam zu beenden. Jetzt trat der Präsident in der Pose eines Sprechers des amerikanischen Volkes auf, das von der Bundesregierung den Ausbau der Demokratie und eine weitere Westexpansion erwartete. Der Kongress entschärfte jedoch den Konflikt, indem er eine stufenweise Senkung des Zolltarifs auf den Stand von 1816 beschloss. CalhounCalhoun, John C. fand sich mit dieser Regelung ab, zumal South Carolina keine aktive Unterstützung von anderen Staaten erhielt. Die Ressentiments gegen den Norden wirkten aber weiter fort, und die Frage nach der „wahren“ Natur des föderativen Systems blieb in der Schwebe.


Abb. 7: Andrew Jackson bekämpft zusammen mit Martin Van Buren die Bank of the United States, dargestellt als vielköpfiges Monster (Satire von 1836)

Im Wahlkampf von 1832 war neben dem Streit mit South CarolinaSouth Carolina JacksonsJackson, Andrew Absicht, die auf 20 Jahre befristete Charter der Second Bank of the United StatesBank of the United StatesSecond Bank of the United States nicht zu verlängern, zum zentralen Thema geworden. Die Gegner hatten diese Frage hochgespielt, um den Präsidenten in Verlegenheit zu bringen, da sie annahmen, er könne sich eine Zerstörung der Bank aus Gründen der wirtschaftlichen Vernunft nicht leisten. Die DemokratenDemokratische Partei nahmen die Herausforderung jedoch an und machten die Bank zum Symbol ihres Kampfes gegen die Privilegien und Monopole der Ostküstenelite. In der Begründung des Vetos, mit dem JacksonJackson, Andrew eine Verlängerung der Charter über 1836 hinaus verhinderte, griff er die Bank in demagogischer Weise als eine Institution an, die „gefährlich für die Freiheiten des Volkes“ sei und zum Ziel habe, „die Reichen reicher und die Mächtigen mächtiger“ zu machen. Auf diese Weise brachte er alle diejenigen hinter sich, die interessens- oder gefühlsmäßig gegen die IndustrialisierungIndustrialisierung eingestellt waren. Durch die Favorisierung von Staatenbanken gegenüber der Bundesbank gewann er allerdings auch die Unterstützung von Unternehmern, die dem wirtschaftlichen Wandel positiv gegenüberstanden, ihn jedoch ungestört von bundesstaatlicher Einmischung und „Wall StreetWall Street“-Kontrolle auf lokaler Ebene vorantreiben wollten.

Nach der ungefährdeten Wiederwahl gegen Henry ClayClay, Henry stand JacksonsJackson, Andrew zweite Amtszeit von 1833 bis 1837 ganz im Zeichen des „BankkriegesBankkrieg“ (bank war), in dem sich die politischen und ideologischen Gegensätze der Zeit dramatisch verdichteten. JacksonsJackson, Andrew Finanzminister Roger B. TaneyTaney, Roger B. verfügte gegen den Widerstand des Kongresses, dass die Gelder der Regierung aus der Second Bank of the United StatesBank of the United StatesSecond Bank of the United States abgezogen und in Einzelstaats-Banken deponiert wurden. Die Direktoren der Second BankBank of the United StatesSecond Bank of the United States wiederum versuchten, mit einer Verknappung des Kredits Druck auf JacksonJackson, Andrew auszuüben. Der Präsident blieb jedoch unerbittlich: Obwohl der Senat warnte, dass der republikanische Charakter des Gemeinwesens durch „die Konzentration aller Macht in den Händen eines Mannes“ auf dem Spiel stehe, erlosch die Charter 1836, und die Second BankBank of the United StatesSecond Bank of the United States, zur Privatbank reduziert, musste 1841 Konkurs anmelden. Schon 1837 brach jedoch der Spekulationsboom zusammen, der den BankkriegBankkrieg begleitet hatte, und die USA glitten in eine fünfjährige Depressionsphase ab. JacksonsJackson, Andrew Kreuzzug gegen die Reichen und Mächtigen war daran nicht schuldlos, denn er schirmte im Grunde nur die Kräfte der Marktwirtschaft von bundesstaatlicher Regulierung ab. Der Supreme CourtSupreme Court unter Marshalls Nachfolger Roger B. TaneyTaney, Roger B. (1836–1864) setzte JacksonsJackson, Andrew dezentrale, antimonopolistische Wirtschaftspolitik in verfassungsrechtliche Doktrin um und behielt diesen Kurs bis in die Zeit des BürgerkriegsBürgerkrieg bei. Als JacksonJackson, Andrew 1837 das Weiße Haus verließ, war er sicherlich der populärste Amerikaner seiner Zeit. Auch von heutiger Warte aus sind – ungeachtet aller Schattenseiten – die Tatkraft und Entschlossenheit bemerkenswert, mit der er die Demokratisierung der USA vorangetrieben, die Einheit der Union verteidigt und die konstitutionellen Befugnisse des Präsidenten voll ausgeschöpft hat. In der Verbindung von Zielstrebigkeit, Machtbewusstsein, moralischer Selbstgerechtigkeit und materiellem Erfolgsstreben verkörperte er einen neuen Typus des Amerikaners, der sich anschickte, die Autonomie des Individuums zu einer umfassenden politischen und wirtschaftlichen Kraftentfaltung zu nutzen.

Die WhigsWhig-Partei als neue Oppositionspartei

Die Bank-Kontroverse förderte die Neuformierung der politischen Kräfte und das Wiedererstehen eines nationalen Zweiparteien-Systems. Nach dem Scheitern der elitär-altmodischen National Republicans bauten die Gegner JacksonsJackson, Andrew ab 1832 eine neue unionsweite Koalition auf, die den Bedingungen der Parteiendemokratie besser Rechnung trug. An die Spitze traten der unverwüstliche Henry ClayClay, Henry, Senator Daniel WebsterWebster, Daniel aus MassachusettsMassachusetts als Sprecher der neuenglischen Wirtschaftsinteressen und für einige Jahre auch John C. CalhounCalhoun, John C., den die erbitterte persönliche Feindschaft mit JacksonJackson, Andrew von den DemokratenDemokratische ParteiAntebellum trennte. Auf lokaler und regionaler Ebene fanden die Oppositionsgruppen unter dem Parteinamen WhigsWhig-Partei zusammen, der Erinnerungen an die Glorious RevolutionGroßbritannienGlorious Revolution von 1688 und den amerikanischen Unabhängigkeitskampf weckte. Das wichtigste verbindende Element war in mancher Hinsicht die Abneigung gegen JacksonJackson, Andrew, den die oppositionelle Propaganda als King Andrew fortwährend mit dem absolutistischen Gebaren europäischer Monarchen assoziierte. Ideologisch schufen die WhigsWhig-Partei aus der Mischung traditioneller und fortschrittlich-reformerischer Ideen eine moderne Variante des KonservatismusKonservatismus. Einerseits hielten sie Gemeinschaftswerte und Bürgerpflichten gegen hemmungslosen IndividualismusIndividualismus und Demagogie hoch; andererseits gaben sie sich noch technikbesessener und fortschrittsgläubiger als die zuversichtlichsten DemokratenDemokratische ParteiAntebellum. Zur Begeisterung über den wirtschaftlichen Aufstieg der USA gesellte sich ein religiös und moralisch motivierter Reformwille, dem es um die Beseitigung der Missstände in Fabriken, Gefängnissen und Krankenhäusern, generell um die „Zivilisierung“ der Gesellschaft ging. Was die WhigsWhig-Partei am meisten von den DemokratenDemokratische ParteiAntebellum unterschied, war ihre Überzeugung, dass die Bundesregierung die Pflicht habe, auf die „progressive Verbesserung der Lebensbedingungen der Regierten“ hinzuwirken.

Ähnlich den DemokratenDemokratische ParteiAntebellum fand die neue Partei Anhänger in allen Regionen und erhielt Zulauf aus allen Gesellschaftsschichten. Charakteristisch war die Allianz zwischen den Wirtschaftseliten des Nordens, unternehmerisch eingestellten Südstaatlern, den protestantischen ReformbewegungenReformbewegungen der Mittelschicht und benachteiligten Gruppen, die sich von ökonomischem Wachstum eine Verbesserung ihrer Lage versprachen: im Norden die Arbeiterschaft und die freien Schwarzen, im SüdenSüden Teile der Farmbevölkerung, die unter der Bevormundung durch die Pflanzeraristokratie litten. Die Masse der amerikanischen Farmer und Pflanzer blieb allerdings der Demokratischen Partei treu, die nach der Wahl Van BurensVan Buren, Martin zum Präsidenten 1836 auch verstärkt die städtische Arbeiterschaft umwarb und dabei vor allem bei den katholischen Neueinwanderern Erfolge erzielte. Hinsichtlich der Parteipräferenzen und individuellen Wahlentscheidungen verwoben sich also auf komplexe Weise Klassenzugehörigkeit mit ethnischen und religiösen Faktoren. Beide großen Parteien erwuchsen aus der Konfrontation mit der Marktwirtschaft, die althergebrachte republikanische Werte und Überzeugungen in Frage stellte. Die DemokratenDemokratische ParteiAntebellum betonten die Autonomie, Freiheit und Rechtsgleichheit des Einzelnen, und sie glaubten zunehmend in der territorialen Expansion einen Ausweg aus den Schwierigkeiten der Zeit zu erkennen. Die WhigsWhig-Partei stellten wirtschaftliches Wachstum und moralische Vervollkommnung über Gebietserweiterungen im WestenWesten und fanden damit Rückhalt bei den aufstrebenden Mittelschichten. Beide Parteien vermieden es bewusst, die SklavereiSklaverei (s.a. Afroamerikaner) zu thematisieren, weil dies nicht nur die Union, sondern ihren eigenen inneren Zusammenhalt gefährdet hätte. Bis in die 1850er Jahre hinein wirkte das Zweiparteien-System deshalb als Klammer, die ein weiteres Auseinanderdriften der Regionen verhinderte.

 

Das zweite nationale Parteiensystem

Die Konkurrenz von DemokratenDemokratische ParteiAntebellum und WhigsWhig-Partei politisierte das öffentliche Leben der USA in einem bis dahin kaum vorstellbaren Ausmaß. Wahlkämpfe wurden zu Massenspektakeln, die das Volk durch Paraden, Debatten der Kandidaten, Pressekampagnen, griffige Slogans und anschauliche Symbole in ihren Bann zogen. 1836 lag die WahlbeteiligungWahlbeteiligung bei 55 Prozent, 1840 gaben schon 80 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab, und danach sank die Beteiligung nur einmal (1852) unter 70 Prozent, um 1860 mit 81,2 Prozent einen neuen Höhepunkt zu erreichen. Seit den 1830er Jahren erfolgte die Nominierung der Präsidentschaftskandidaten nicht mehr hinter verschlossenen Türen durch den caucus der Kongressfraktionen, was nun als elitär und undemokratisch galt, sondern auf einem nationalen Parteikonvent, wie es erstmals die kurzlebige Anti-FreimaurerparteiAnti-Freimaurerpartei in New YorkNew York praktiziert hatte. Obwohl die Parteiführungen meist geschickt Regie führten, verstärkte diese Innovation das Gefühl, jeder Bürger könne auf die Kandidatenkür und das Parteiprogramm, die platform, unmittelbar Einfluss nehmen. Für die weißen amerikanischen Männer, zum Teil auch für die freien Schwarzen des Nordens, war damit – anders als für die Europäer – das Verlangen nach politischer Demokratie in Erfüllung gegangen, noch bevor die Industrielle Revolution ihren Höhepunkt erreichte.

Die Parteiloyalitäten erwiesen sich als erstaunlich stabil, und das Kräfteverhältnis war so ausgeglichen, dass für Kongress- und Staatenwahlen kaum sichere Prognosen gestellt werden konnten. Auf der höchsten Ebene, der Präsidentschaft, waren die WhigsWhig-Partei jedoch vom Pech verfolgt. Zweimal gelang es ihnen, in diese Domäne der DemokratenDemokratische ParteiAntebellum einzubrechen: Bei den Wahlen von 1840, die ganz im Zeichen der wirtschaftlichen Depression standen, siegte ihr Kandidat William Henry HarrisonHarrison, William Henry aus OhioOhio über JacksonsJackson, Andrew Nachfolger Van BurenVan Buren, Martin. Kennzeichnenderweise verhalf ihm das JacksonJackson, Andrew-Image zu diesem Erfolg, denn seine Anhänger porträtierten ihn als Kriegshelden und abgehärteten Mann von der FrontierFrontier, der in einer Blockhütte aufgewachsen sei und sich als einzigen Luxus hin und wieder ein Glas Cider gönne. HarrisonHarrison, William Henry starb aber schon einen Monat nach seiner Amtseinführung, und Vizepräsident John TylerTyler, John, der an seine Stelle trat, schwenkte auf die politische Linie der DemokratenDemokratische ParteiAntebellum um. 1848 nominierten die WhigsWhig-Partei General Zachary TaylorTaylor, Zachary, der sich im Krieg gegen Mexiko Verdienste erworben hatte. Auch er starb jedoch im Amt, und sein Nachfolger Millard FillmoreFillmore, Millard konnte die Partei in der Krise der 1850er Jahre nicht mehr zusammenhalten. Er beendete seine Karriere 1856 als Präsidentschaftskandidat der populistischen, fremdenfeindlichen American PartyAmerican Party.

Die Integrationskraft des Parteiensystems wurde insbesondere durch den starken Zustrom an EinwanderernEinwanderungJahrhundertmitte (19.Jh.) und die wachsenden wirtschaftlichen und mentalitätsmäßigen Unterschiede zwischen dem Norden und dem SüdenSüden auf die Probe gestellt. Ein Symptom dieser Unruhe war das Aufkommen neuer Parteien, die gelegentlich spektakuläre Wahlerfolge erzielten. Dazu gehörte die Anti-Masonic Party, deren Anhänger in New YorkNew York gegen Van BurensVan Buren, Martin Albany Regency kämpften, hinter der sie eine freimaurerische Verschwörung vermuteten. 1840 unterstützten die Anti-FreimaurerAnti-Freimaurerpartei die Kandidaten der WhigsWhig-Partei, was wesentlich dazu beitrug, dass Harrison über Van BurenVan Buren, Martin siegte. Vier Jahre später trat erstmals eine abolitionistischeAbolitionisten Gruppierung an, die Liberty Party unter James G. BirneyBirney, James G. aus KentuckyKentucky, für die allerdings lediglich 3 Prozent der Wähler votierten. Ihre Stimmengewinne in einigen Staaten gingen zu Lasten von Henry ClayClay, Henry und ebneten dem expansionistischen DemokratenDemokratische ParteiAntebellum James K. PolkPolk, James K. den Weg ins Weiße Haus. Nach dem Krieg gegen MexikoMexikoMexikanisch-Amerikanischer Krieg sammelten sich die Anti-SklavereiSklaverei (s.a. Afroamerikaner)-Kräfte 1848 in der Free Soil PartyFree Soil Party und stellten Van BurenVan Buren, Martin als Präsidentschaftskandidaten auf. Mit ihrem Wahlslogan „Free soil, free speech, free labor, and free men“ nahmen sie den DemokratenDemokratische ParteiAntebellum im Norden verhältnismäßig viele Stimmen ab, so dass sich überraschend der Whig-Bewerber General Zachary TaylorTaylor, Zachary durchsetzte. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war unübersehbar, dass die territoriale Ausdehnung bis zum Pazifik und eine neue Welle der Westwanderung es immer schwieriger machen würden, die Sklavereifrage aus der nationalen Politik herauszuhalten. Sobald dieses Tabu brach, stand aber nicht nur das Parteiensystem, sondern die Union selbst auf dem Spiel.


Abb. 8: Die Entwicklung der großen Parteien (1792–1854)

4 Territoriale ExpansionTerritoriale Expansion und Sklavereiproblematik
Manifest Destiny Manifest Destiny

In den 1840er Jahren erlebten die USA, deren Territorium sich erst 1803 durch den Louisiana PurchaseFrankreichLouisiana PurchaseLouisiana Purchase verdoppelt hatte, einen neuen Expansionsschub, der einen Zuwachs von 1,5 Millionen Quadratkilometern brachte und den Aufstieg zur kontinentalen Macht vollendete. Die wirtschaftlichen Erfolge, das rasche BevölkerungswachstumBevölkerungsentwicklung und die religiösen Erweckungsbewegungen schufen eine Stimmung, die ihren besten Ausdruck in dem Schlagwort von der Manifest DestinyManifest Destiny fand. Der Begriff stammt aus der Feder des New Yorker Publizisten John L. O’SullivanO’Sullivan, John L., der 1845 in der Democratic Review schrieb, es sei die „schicksalhafte Bestimmung“ der Amerikaner, sich über den Kontinent auszubreiten, „den uns die Vorsehung für die freie Entwicklung unserer Jahr für Jahr sich vermehrenden Millionen zugewiesen hat“. Wie ein Baum den Boden und die Luft beanspruchen könne, die er zur vollen Entfaltung brauche, so hätten die USA das Recht, ihr „großes Experiment der Freiheit und föderativen Selbstregierung“ voranzutreiben. O’Sullivan fasste damit eine Vision in Worte, die sich der Phantasie der Amerikaner bereits bemächtigt hatte und die aus einer Mischung von anglo-protestantischem Nationalismus und Fortschrittsgläubigkeit erwuchs. Nur wenige, wie Henry ClayClay, Henry und sein jugendlicher Bewunderer Abraham LincolnLincoln, Abraham, lehnten solche Ideen grundsätzlich ab, und sie waren machtlos gegen die Popularisierer und Romantiker, die den Geist der Manifest Destiny im politischen Diskurs, der Literatur und der bildenden Kunst verbreiteten. Als säkularisierte Form der puritanischen Heilserwartung durchtränkte Manifest Destiny die gesamte Kultur der Epoche, verlieh den Erfahrungen von Demokratisierung, Westwanderung und Aneignung der Natur einen tieferen Sinn und prägte sich dauerhaft in das kollektive Geschichtsbewusstsein ein. Die Vorstellung einer zivilisatorischen Mission war untrennbar mit materiellen Interessen verbunden, die vom Wunsch nach Siedlungsland und zusätzlicher Anbaufläche für BaumwolleBaumwolle über die Ausbeutung von Bodenschätzen im Westen bis zur Öffnung neuer Märkte im pazifischen Raum reichten. Dabei blieben die geographischen Grenzen der „offenbaren Bestimmung“ und die Methoden ihrer Realisierung vorerst recht vage: Bezog sie sich nur auf Texas und Oregon, oder gehörten auch Kanada, Mexiko und die Karibikinseln dazu? Würde die Expansion friedlich vonstatten gehen, oder durfte bzw. musste auch Waffengewalt angewendet werden?

Die Westausdehnung, wie sie dann tatsächlich erfolgte, war in doppelter Hinsicht ein paradoxer Vorgang. Zum einen bedeutete die Expansion des Empire of Liberty in der Praxis auch eine Expansion der SklavereiSklaverei (s.a. Afroamerikaner) und lief damit dem Prozess der Emanzipation entgegen, der 1793/94 in HaitiHaiti begonnen und in den 1820er Jahren LateinamerikaLateinamerika, im Jahrzehnt darauf die britischenGroßbritannien KaribikinselnKaribik erreicht hatte. Zum Zweiten war es gerade der Zugewinn an neuen Gebieten im WestenWesten, mit dem das „amerikanische Experiment“ nach außen abgesichert werden sollte, der die Vereinigten Staaten in die innere Krise und schließlich in den BürgerkriegBürgerkrieg trieb.