Geschichte der USA

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Die Sonderkultur des Südens

Die Südstaaten nahmen durchaus am Prozess der Kommerzialisierung und marktwirtschaftlichen Integration teil, blieben aber kulturell doch viel stärker der Vergangenheit zugewandt. Im SüdenSüden bildeten sich eigene Sitten, Wertvorstellungen, Verhaltensmuster und Rechtsverhältnisse heraus. Es entstand eine eigentümliche Mischung aus paternalistischen und demokratischen, traditionellen und modernen Elementen, eine Gesellschaft, die kapitalistisches Gewinnstreben und das Ideal der Ritterlichkeit ohne weiteres miteinander vereinbaren konnte. Das Sklavereisystem, auf dem die WirtschaftWirtschaft fußte und das man euphemistisch als peculiar institutionpeculiar institution umschrieb, wirkte in alle Daseinsbereiche hinein. Es grenzte den Süden nicht nur sozial und kulturell vom Norden ab, sondern teilte die Region selbst in eine dominante weiße und eine eher im Verborgenen existierende afroamerikanischeAfroamerikaner Lebens- und Kulturgemeinschaft. Dabei war schon der weiße Süden alles andere als homogen und monolithisch. Ein Viertel aller Familien besaß Sklaven, aber die Hälfte von ihnen weniger als fünf, und nur etwa 3000 Pflanzerfamilien (= ein Prozent) konnten über mehr als 100 Sklaven verfügen. Die größte Bevölkerungsgruppe machten nicht die wohlhabenden oder weniger wohlhabenden Sklavenhalter und die mit ihnen eng verbundenen Berufe wie Händler und Anwälte aus, sondern die Familienfarmer (yeomen), die über den Eigenbedarf hinaus für den Markt produzierten. Weitere 10 Prozent der insgesamt 8,8 Millionen weißen Südstaatler lebten 1860 in ärmlichen Verhältnissen in den unfruchtbaren pine barrens des Hinterlandes und betrieben Subsistenzwirtschaft. Diese sozialen Unterschiede wurden durch den Stadt-Land-Gegensatz und eine regionale Differenzierung ergänzt, denn die Lebensverhältnisse in den Küstenregionen und im MississippideltaMississippi (Fluss) wichen erheblich von denen im dünn besiedelten Landesinnern und an der südwestlichen FrontierFrontier ab.

Es gab also durchaus Interessengegensätze, insbesondere zwischen den Pflanzern und Händlern auf der einen und den Farmern und Pionieren auf der anderen Seite, die ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit bedroht sahen. Dennoch verband die weiße Bevölkerung eine Solidarität, die sich zum BürgerkriegBürgerkrieg hin in einen regelrechten Südstaaten-Nationalismus steigerte. Diese Solidarität erwuchs zum einen aus rassischen SuperioritätsgefühlenAfroamerikanerRassismus gegenüber den Schwarzen, zum anderen aus dem geistigen Bann, in den Konzepte und Bilder der Pflanzerideologie wie „Ritterlichkeit“, „Stolz“, „Ehre“, der „Kavalier“ oder die „Southern Lady“ auch die einfachen Weißen schlugen. In der Öffentlichkeit und in den Parlamenten, wo die Pflanzerelite zwar noch überrepräsentiert war, aber keineswegs mehr allein das Sagen hatte, herrschte Einmütigkeit über die besonderen Tugenden und moralischen Vorzüge des southern way of life. Nahezu ohne Widerspruch vollzog sich seit der Jahrhundertwende der Übergang von einer defensiven zu einer offensiv-kämpferischen Rechtfertigung der SklavereiSklaverei (s.a. Afroamerikaner) als eines positiven Guts. Dieses neuartige pro-slavery argument, das bis zu einem gewissen Grade eine Reaktion auf den AbolitionismusAbolitionisten darstellte, hatte viele Facetten: Aus der Geschichte von der Antike bis zur Gegenwart leitete man ab, dass Ungleichheit eine natürliche menschliche Bedingung sei; der SklavereiSklaverei (s.a. Afroamerikaner) wurde eine Schutzfunktion für die sozial Schwachen zugeschrieben, die den „Lohnsklaven“ in den Fabriken des Nordens versagt blieb; die Bibel ließ sich so auslegen, dass die SklavereiSklaverei (s.a. Afroamerikaner) als ständige Herausforderung an die Weißen erschien, Nächstenliebe zu üben. Eine solche Position bezogen die KirchenKirchen im SüdenSüden ganz offiziell, was in den 1840er Jahren zur Spaltung der MethodistenMethodisten und BaptistenBaptisten in je einen nördlichen und südlichen Flügel führte. Insgesamt schloss sich der weiße Süden immer enger zusammen, um seine Interessen und seine überlieferten Werte und Ideale gegen die Bedrohung zu verteidigen, als die er die individualistische und egalitäre Gesellschaft des Nordens wahrnahm.

Es spricht für die Belastbarkeit und den Durchhaltewillen der AfroamerikanerAfroamerikaner, dass sie unter dem extremen Druck eines rassischen Ausbeutungssystems zumindest ein gewisses Maß an kultureller Autonomie und Identität wahren oder entwickeln konnten. Trotz der in vieler Hinsicht offenkundigen Brutalität und Unmenschlichkeit der SklavereiSklaverei (s.a. Afroamerikaner) ließ die nordamerikanische Variante dieses globalen Phänomens ihren Opfern Spielräume, die sie zu nutzen verstanden. Um 1840 war bereits die Mehrheit der 2,5 Millionen SklavenAfroamerikanerBevölkerungsentwicklung in Amerika geboren, und es gab – anders als in der KaribikKaribik und Südamerika, wo die Männer überwogen – etwa gleich viele schwarze Männer und FrauenAfroamerikanerFrauen. Im Laufe der folgenden 20 Jahre stieg die Zahl der Sklaven fast ausschließlich durch natürliche Vermehrung noch einmal um ca. 1,4 Millionen an, und der Schwerpunkt der afroamerikanischen Bevölkerung verlagerte sich durch eine erzwungene BinnenwanderungAfroamerikanerBinnenwanderung von der Ostküste zum MississippideltaMississippi (Fluss). Zwar arbeiteten die meisten Sklaven und Sklavinnen nach wie vor auf den Baumwollplantagen (1860 ca. 60 Prozent), aber eine wachsende Zahl war in Handwerksbetrieben tätig bzw. wurde von den Besitzern als ArbeiterArbeiter an Manufakturen und Industriebetriebe „ausgeliehen“ oder „vermietet“. Die ca. 250.000 freien Schwarzen des Südens fanden vor allem als Handwerker, Kleinhändler und Dienstleistende (z.B. Friseure) in den größeren Gemeinden ein Auskommen. Einige Städte wie New OrleansNew Orleans wiesen einen relativ hohen Anteil von mixed-race Personen und freien Schwarzen (gens de couleur libre) auf, die als Elite in der Spannung zwischen Rassensolidarität und Anpassung an weiße Normen standen. Nach der Sklavenemanzipation auf den britischenGroßbritannien KaribikinselnKaribik und in MexikoMexiko engten allerdings viele Südstaaten aus Angst vor Rebellionen den Bewegungsspielraum der freien AfroamerikanerAfroamerikaner durch Zusätze zu ihren slave codes wieder erheblich ein.

Diese Aufstandsfurcht, die den weißen SüdenSüden seit der haitianischen Revolution und der 1800 in VirginiaVirginia aufgedeckten, durch das Geschehen in der KaribikKaribik inspirierten Verschwörung des Gabriel ProsserProsser, Gabriel plagte, war nicht völlig unbegründet. 1822 wurde eine von dem freien Schwarzen Denmark VeseyVesey, Denmark geplante Erhebung mehrerer tausend Sklaven in South CarolinaSouth Carolina kurz vor ihrem Beginn vereitelt, und 1831 fielen 59 Menschen dem Mordzug des visionären schwarzen Predigers Nat TurnerTurner, Nat durch Southampton County, VirginiaSouthampton County, Virginia, zum Opfer. Angesichts der militärischen Überlegenheit der Sklavenbesitzer konnte das System als solches jedoch auf gewaltsame Weise – sei es durch kollektive Aktionen oder durch einzelne Mordanschläge – nicht erschüttert werden. Widerstandsbereiten Sklaven boten sich Alternativen wie Sabotage (z.B. Zerstörung von Werkzeugen und Maschinen bis hin zur Brandstiftung), Arbeitsverweigerung (etwa durch Vortäuschen von Krankheit) oder Flucht (in den Norden, nach Mexiko oder in die Anonymität freier schwarzer Gemeinden). Sehr häufig kam es auch zu spontanen Konfrontationen zwischen individuellen Sklaven und ihren Aufsehern oder Besitzern, die häufig mit der Flucht des Sklaven endeten. Die Schätzungen, wie viele Schwarze nach 1830 auf eigene Faust oder über die underground railroad in den Norden und in das „gelobte Land“ KanadaKanadaUS Sklaverei gelangten, variieren zwischen 30.000 und 100.000. Besondere Verdienste als Fluchthelferin erwarb sich die ehemalige Sklavin Harriet TubmanTubman, Harriet, die selbst von einer Plantage in MarylandMaryland floh und später über 70 Verwandten und Nachbarn zur Flucht verhalf. Von einer weitgehenden „Zufriedenheit“ der AfroamerikanerAfroamerikaner, wie lange Zeit in der Literatur behauptet wurde, kann jedenfalls keine Rede sein. Am häufigsten war aber wohl das schlichte Bemühen, sich so gut wie möglich einzurichten und das Leben in der SklavereiSklaverei (s.a. Afroamerikaner) erträglich zu gestalten. Hier liegen die Wurzeln für eine distinkte afroamerikanische Kultur.


Abb. 6: Harriet Tubman Anfang der 1870er Jahre

Da die Kleinfamilie jederzeit auseinandergerissen werden konnte, und da junge Sklavinnen häufig Opfer sexueller Ausbeutung durch ihre Besitzer wurden, kam dem größeren Familienverband zentrale Bedeutung zu. Unter seinem Dach entwickelte sich eine spezifische schwarze Familienmoral, die enge Bindungen an die Verwandten (kinship ties) betonte und Nachbarn verpflichtete, notfalls Verwandtschaftsrollen zu übernehmen. Einen weiteren wesentlichen Bezugspunkt im Leben der Sklaven bildete die ReligionReligion, zum Teil noch in Form von afrikanischenAfrika Kulten, hauptsächlich aber als protestantisches Christentum, zu dem sich seit Ende des 18. Jahrhunderts immer mehr Schwarze bekannten. Auf ganz charakteristische Weise hatten sie teil an den Erweckungsbewegungen des frühen 19. Jahrhunderts: Schwarze Prediger, zumeist MethodistenMethodisten oder BaptistenBaptisten, übertrugen in ihrer Bibelauslegung die Vorstellung vom „auserwählten Volk“ auf die versklavten Brüder und Schwestern und gaben ihnen Hoffnung, dass Gott sie aus der „ägyptischen Gefangenschaft“ erlösen und die ungerechten weißen Herren bestrafen werde. Dagegen begannen Unterschiede, die aus der Zeit vor der Versklavung herrührten, zu verblassen. So wurden zwar noch heimatliche Dialekte gesprochen, aber die meisten Schwarzen verständigten sich untereinander und mit den Weißen in einer selbstgeschaffenen Sprache (GullahGullah), die englische Vokabeln mit grammatischen Formen aus AfrikaAfrika verband und in den Carolinas gesprochen wurde, oder in Mundarten des Englisch (pidgin oder Black English). Das kulturelle Erbe AfrikasAfrika lebte vor allem im Tanz, in der expressiven Musik und den Gesängen (spirituals) fort, die Gottesdienste und Familienfeste belebten und eine Art seelische Therapie gegen die eintönige Arbeit boten. Aus allen diesen Elementen – Familie, Sprache, Religion, Kunst – formte sich ein Bewusstsein der Andersartigkeit und der Verbundenheit, die sich im Untergrund formierte. Was den schwarzen Sklaven – im Unterschied etwa zu den russischen leibeigenen Bauern – jedoch fehlte, waren Ansätze einer politischen Organisation und Selbstverwaltung. Es blieb bei einer afroamerikanischenAfroamerikanerKultur Subkultur, die dazu beitrug, den Unterschied zwischen Norden und SüdenSüden noch mehr zu betonen. Als wirtschaftliches System „funktionierte“ die SklavereiSklaverei (s.a. Afroamerikaner) bis in den Bürgerkrieg, aber der Preis, den der Süden dafür entrichten musste, war eine tief gespaltene, auf Gewalt gegründete und deshalb letztlich instabile Gesellschaft.

 

3 Der Übergang zur Parteiendemokratie
Das Parteienverständnis im Wandel

Eine der wichtigsten mentalen Veränderungen, die mit der „MarktrevolutionMarktrevolution“ einhergingen, betraf die Einstellung zu den Parteien. Obwohl parties schon seit längerem zum politischen Alltag gehörten, galten sie bis in die 1820er Jahre hinein als Fremdkörper in einem wohlgeordneten republikanischen Staatswesen. John Quincy AdamsAdams, John Quincy stand noch ganz in der Tradition der „Präsidenten über den Parteien“, ja er trieb sie sogar auf die Spitz e, indem er sich ausdrücklich weigerte, im Kongress und in der Öffentlichkeit für seine Vorhaben zu werben. Das Emporkommen neuer politischer Eliten in den Einzelstaaten und der Druck von der Wählerbasis, den grassroots, wirkten nun aber zusammen, um eine solche Haltung zunehmend obsolet zu machen. Am deutlichsten manifestierte sich das Verlangen nach politischer Demokratie in den Wahlrechtsänderungen, die fast überall vorgenommen wurden. Einige Staaten weiteten das WahlrechtWahlrecht auf alle Steuer zahlenden Männer aus, andere gaben die traditionelle Verbindung zwischen Besitz und Bürgerrechten ganz auf. Da die neuen Staaten im WestenWesten zumeist von Anfang an das allgemeine Wahlrecht für weiße Männer einführten, gab es 1830 in 20 der 26 Staaten überhaupt keine Zensusbestimmungen mehr. Immer mehr Staaten gingen auch dazu über, ihre Gouverneure, Präsidenten-Wahlmänner und Richter durch Volkswahl bestimmen zu lassen. Entsprechend nahmen das Interesse und die Beteiligung der Bürger zu; die Presse erhöhte den Unterhaltungswert der Wahlkämpfe, und Politik wurde endgültig zu einem Massenphänomen.

Vor diesem Hintergrund verlor der Begriff „Demokratie“, der zu Beginn des Jahrhunderts noch mit schrankenloser Mehrheitsherrschaft gleichgesetzt worden war, seinen negativen Beiklang. Gleichzeitig änderte sich das Bild der Parteien, die nun mehr und mehr als legitime, für die Willensbildung in einer Demokratie unerlässliche Einrichtungen erschienen. Die theoretische Begründung lieferte eine Gruppe von New Yorker Politikern, die in der Hauptstadt AlbanyAlbany, New York unter der Führung des „kleinen Magiers“ Martin Van BurenVan Buren, Martin die Republikanische Partei auf Staatsebene reorganisierte und modernisierte. Aus der Sicht der Albany Regency, wie man diese erste lokale „Parteimaschine“ der USA nannte, war es ganz natürlich, dass sich die Amerikaner der Parteien bedienten, um ihre Interessen zu artikulieren und durchzusetzen. Im Unterschied zu Europa, wo die Höfe und der Adel die Politik manipulierten, so lautete die Begründung, beruhe das Verhältnis von Wählern und Regierenden in den USA auf enger Abhängigkeit und gegenseitigem Vertrauen. Parteienkampf und Parteidisziplin seien deshalb nichts Anstößiges, sondern moralisch vertretbar und praktisch notwendig. Auf diese Weise wurde der Geist des Wettbewerbs und der Konkurrenz, der sich im Wirtschaftsleben ausbreitete, in die politische Arena übertragen.

Die Anfänge der Jacksonian DemocracyJacksonian Democracy

Bei den Wahlen von 1828 setzte sich dieses neue Bewusstsein unionsweit durch und ebnete den Weg für das Zweiparteien-System der Democrats und WhigsWhig-Partei, das die amerikanische Politik bis in die 1850er Jahre bestimmen sollte. Van BurenVan Buren, Martin gelang es, ein schlagkräftiges Anti-Adams-Bündnis aus all den bis dahin zersplitterten Gruppen und Fraktionen zu schmieden, die bundesstaatliche Interventionen in der Form von ClaysClay, Henry American SystemAmerican System (Henry Clay) ablehnten. Diese Koalition reichte von der virginischen Pflanzerelite und den states’ rights-Ideologen um John C. CalhounCalhoun, John C. über die Befürworter einer aggressiven Westexpansion bis zu Geschäftsleuten, Handwerkern und ArbeiternArbeiter im NordostenNordosten, die sich von der IndustrialisierungIndustrialisierung bedroht fühlten. Mit General Andrew JacksonJackson, Andrew präsentierte die Democratic Party einen Kriegshelden und charismatischen Volksführer, der das genaue Gegenbild zu dem intellektuellen, steifen und unnahbaren AdamsAdams, John Quincy darstellte. JacksonJackson, Andrew war in TennesseeTennessee durch Heirat in die lokale Elite aufgestiegen, hatte sich erfolgreich als Anwalt und Landspekulant betätigt und ließ seine Plantagen von Sklaven bearbeiten. Die meisten Amerikaner identifizierten ihn aber nicht mit der Pflanzeraristokratie, sondern sahen in ihm den self-made man aus dem WestenWesten, der unabhängig von mächtigen Interessengruppen und Fraktionen den Willen des Volkes in die Tat umsetzen würde. Dieses Image, das von der demokratischen Propaganda geschickt verstärkt und mit romantischen Zügen versehen wurde, sowie Van BurensVan Buren, Martin kluger Schachzug, alle Wahlkampfanstrengungen auf die besonders umstrittenen Staaten zu konzentrieren, trugen JacksonJackson, Andrew den Sieg über AdamsAdams, John Quincy ein. Anders als sein Vorgänger zögerte der neue Präsident nicht, verdiente Parteifreunde mit Staatsämtern zu belohnen und dadurch das in den Einzelstaaten schon erprobte „Beutesystem“ (spoils systemSpoils System) zu einer nationalen Einrichtung zu machen. Die Inaugurationsfeier, zu der „das Volk“ eingeladen wurde, verlief so tumultuarisch, dass JacksonJackson, Andrew sich vor dem Andrang der Gäste aus einem Fenster des Weißen Hauses retten musste. Das war der Auftakt für die Ära der Jacksonian DemocracyJacksonian Democracy, die über JacksonsJackson, Andrew achtjährige Präsidentschaft hinaus bis weit in die 1840er Jahre reichte.

Anders als AdamsAdams, John Quincy und ClayClay, Henry wollte JacksonJackson, Andrew kein konstruktives Regierungsprogramm verwirklichen, sondern den „einfachen Mann“ von den Klammern befreien, mit denen der Bundesstaat und mächtige Wirtschaftsinteressen angeblich seine Entfaltung behinderten. Ideologisch gab es viele Berührungspunkte zum Jefferson’schen RepublikanismusRepublicans (Jefferson), dessen Sprache sich der Präsident und seine Anhänger geschickt zu bedienen wussten. Mit größtem Misstrauen begegneten sie der Zusammenballung wirtschaftlicher Macht und allem, was auf Privilegien und Monopole hindeutete. Eingriffe des Bundesstaates, selbst in Form von sozialen und kulturellen Reformen, schienen nur den Unternehmern und Bankiers des Nordostens zugutezukommen, nicht aber der Masse der Farmer, Handwerker und ArbeiterArbeiter. Deren Anliegen ließen sich nach Meinung der Jacksonians am ehesten auf lokaler Ebene, an den grassroots artikulieren, und sie konnten besser von den Regierungen und Parlamenten der Einzelstaaten als von der Bundesregierung verwirklicht werden. Die Idole der Jacksonian DemocracyJacksonian Democracy waren Männer wie David CrockettCrockett, David, ein Indianerkämpfer an der Siedlungsgrenze, Humorist und Politiker, der 1821 in das Parlament von TennesseeTennessee gewählt wurde. Mit seiner „natürlichen Klugheit“ (bei der es sich oft eher um Gerissenheit handelte) und seiner Respektlosigkeit gegenüber der sozialen Elite verkörperte er den Wandel der politischen Kultur.

Die Vorstellungen, die JacksonJackson, Andrew selbst von der Rolle der Bundesregierung und der Präsidentschaft hatte, waren im Wesentlichen negativ; er scheute sich nicht, seine Philosophie mit dem Instrument des Vetos durchzusetzen, das er häufiger gegen Gesetzesinitiativen des Kongresses einlegte als alle seine Vorgänger im Weißen Haus zusammen. Von einer reinen „Verhinderungspolitik“ zu sprechen, wie es zuweilen geschieht, wird aber weder JacksonsJackson, Andrew Persönlichkeit noch den komplexen politischen Zusammenhängen gerecht. Schon zu Beginn seiner Amtszeit bewies der Präsident in der Indianerfrage, dass er sehr wohl aktiv handeln konnte, wenn die Interessen der Union, wie er sie verstand, dies erforderten.

JacksonsJackson, Andrew IndianerpolitikNative AmericansAntebellum

Aus seinen Feldzügen gegen Stämme an der südlichen FrontierFrontier zu Beginn des Jahrhunderts hatte JacksonJackson, Andrew die Lehre gezogen, dass der Versuch, die Indianer zu „zivilisieren“, aussichtslos war und nur eine strikte Trennung von den Weißen helfen würde. Wie viele seiner Landsleute hielt er die Ureinwohner für „Wilde“ (savages), deren Lebensformen man nicht zu respektieren brauchte und die weichen mussten, damit die republikanische Vision des Empire of Liberty im WestenWesten in Erfüllung gehen konnte. In seiner ersten Botschaft an den Kongress kündigte er 1830 an, er werde dafür sorgen, dass alle Indianer, die sich noch im Osten der USA aufhielten, in Gebiete jenseits des MississippiMississippi (Fluss) verbracht würden. Das betraf in erster Linie die so genannten „fünf zivilisierten Stämme“ der CherokeeCherokee, CreekCreek, ChickasawChickasaw, ChoctawChoctaw und SeminolenSeminolen, die in South CarolinaSouth Carolina, GeorgiaGeorgia und FloridaFlorida – z.T. unter dem Schutz von Bundestruppen – Ackerbau und Handel betrieben. Ihre Assimilation ging so weit, dass sie eine Schrift einführten, Verfassungen entwarfen und sogar Sklaven hielten. Den Präsidenten ließ das kalt: Als Sofortmaßnahme zog er das Militär ab, wodurch die Stämme unter stärkeren Druck der Einzelstaaten und der weißen Siedler gerieten, die ein Auge auf das für den Baumwollanbau geeignete fruchtbare Land geworfen hatten. Wenig später verabschiedete der Kongress mit knapper Mehrheit den Indian Removal ActNative AmericansIndian Removal Act (1830), der Land westlich des MississippiMississippi (Fluss) als Entschädigung bereitstellte und auf dessen Grundlage Agenten der Bundesregierung – häufig unter mehr als zweifelhaften Begleitumständen – fast 100 UmsiedlungsverträgeNative AmericansUmsiedlung nach 1820 mit IndianerstämmenNative AmericansAntebellum abschlossen. Juristischen Widerstand gegen den Indian Removal leisteten vor allem die Cherokees, die den Staat Georgia vor dem Supreme CourtSupreme CourtNative Americansverklagten, weil er ihre 1827 verabschiedete VerfassungVerfassung nicht anerkannte und ihr Land unter fünf Counties aufteilen wollte. Das Oberste GerichtNative AmericansSupreme Court erklärte sich 1831 zwar mit der Begründung für unzuständig, die Cherokees seien keine „foreign nation“ im Sinne der US Constitution und hätten deshalb kein Klagerecht. Chief Justice John MarshallMarshall, John nutzte aber die Gelegenheit, in seiner schriftlichen Stellungnahme zum Fall Cherokee Nation v.GeorgiaGeorgiaCherokee Nation v.Georgia (1831) die nordamerikanischen Indianerstämme als „einheimische abhängige Nationen“ (domestic dependent nations) zu definieren, die in einem ganz speziellen Abhängigkeits- und Treuhandschaftsverhältnis zur Bundesregierung stünden. Diese Betonung der bundesstaatlichen Autorität in allen Indianerangelegenheiten entsprach ganz der Linie, die MarshallMarshall, John bereits 1823 im Fall Johnson v.McIntoshJohnson v.McIntosh (1823) vorgezeichnet hatte, als er den IndianernNative AmericansSupreme Court einen Rechtsanspruch auf ihr Stammesland zubilligte, den nur die Bundesregierung durch vertraglich vereinbarten Kauf oder militärische Eroberung ablösen könne.

Die Klage zweier weißer Missionare, die ohne Erlaubnis des Staates GeorgiaGeorgia bei den Cherokees lebten und deshalb von einem Staatsgericht zu Zwangsarbeit verurteilt worden waren, lieferte MarshallMarshall, John 1832 eine Handhabe, die rechtliche Stellung der IndianerNative AmericansAntebellumNative AmericansUmsiedlung nach 1820 im amerikanischen Verfassungssystem noch präziser zu fassen. Unter seinem Vorsitz entschied der SupremeSupreme CourtNative Americans Court im Fall Worcester v.GeorgiaWorcester v.Georgia (1832)Georgia, dass die Missionare zu Unrecht verurteilt worden seien und das entsprechende Gesetz GeorgiasGeorgia gegen die Gesetze und die VerfassungGewaltenteilungUnion der Union verstoße. Über seine Darlegungen in CherokeeCherokee Nation v.Georgia hinaus bescheinigte MarshallMarshall, John nun den Indianerstämmen, sie hätten sich von jeher mit eigenen Institutionen und Gesetzen selbst regiert und besäßen deshalb als „a distinct people“ einen ähnlichen Status wie die Einzelstaaten. Die Stämme seien von der Bundesregierung stets als „Nationen“ behandelt worden, und sie blieben auch nach dem Abschluss von Verträgen separate politische Gemeinschaften, die innerhalb ihrer territorialen Grenzen uneingeschränkte Hoheit (exclusive authority) ausübten. Ihr Recht auf das von diesen Grenzen umschlossene Land werde von den Vereinigten Staaten nicht nur anerkannt, sondern sogar garantiert. Offensichtlich wollte der Federalist John MarshallMarshall, John – auf dem Höhepunkt des „NullifikationsNullifikations-Streit“-Streits zwischen Präsident JacksonJackson, Andrew und der Regierung von South CarolinaSouth Carolina – mit diesem Urteil einerseits die Kompetenzen der Bundesregierung gegen Übergriffe von Einzelstaaten stärken, andererseits aber auch die von Präsident und Kongress verfolgte Indianerpolitik in Frage stellen. Angesichts der Popularität des Removal-Konzepts dachte JacksonJackson, Andrew aber gar nicht daran, sich in dieser Hinsicht vom SupremeNative AmericansSupreme Court CourtSupreme CourtNative Americans Vorschriften machen zu lassen. MarshallMarshall, John habe sein Urteil gefällt, so soll er gesagt haben, und nun müsse der Chief Justice auch selbst zusehen, dass es befolgt werde.

 

In der Praxis setzten sich sowohl die Einzelstaaten als auch der KongressGewaltenteilungUnion und die Administration über den Spruch des OberstenSupreme CourtNative Americans GerichtsNative AmericansSupreme Court hinweg und trieben die UmsiedlungNative AmericansUmsiedlung nach 1820 der Indianer, die häufig einer Deportation gleichkam, entschlossen weiter voran. 1832 verübten Bundestruppen und Milizen im westlichen IllinoisIllinois ein Massaker an den FoxFox Indianer und SaukSauk Indianer, dem mehr als 800 Krieger zum Opfer fielen, und vertrieben die Reste der Stämme über den MississippiMississippi (Fluss). Als der Kongress 1837 ein IndianerterritoriumNative AmericansReservate zwischen MissouriMissouri (Staat) und Red RiverRed River im heutigen Oklahoma einrichtete, war die Verdrängung der „fünf zivilisierten Stämme“ bereits in vollem Gange. Den traurigen Höhepunkt bildete der fast 2000 km lange „Zug der Tränen“ (trail of tears), den die verbliebenen Cherokees 1838 unter Bewachung von Bundestruppen antraten und auf dem über 4000 der 17.000 Stammesmitglieder umkamen. Jenseits des MississippiMississippi (Fluss) mussten sich die Indianer mit einem Drittel des ursprünglichen Landes und weniger fruchtbaren Böden begnügen, aber selbst das erwies sich nur als vorübergehender Schutz vor dem Landhunger der weißen Siedler. Obwohl Teile des SeminolenstammesSeminolen gemeinsam mit geflohenen Sklaven in FloridaFlorida noch jahrelang einen Guerrillakrieg gegen das weiße Militär führten, war die organisierte Präsenz von IndianernNative AmericansAntebellumNative AmericansReservate östlich des MississippiMississippi (Fluss) um 1840 beendet. JacksonJackson, Andrew hatte unmissverständlich deutlich gemacht, dass die Ureinwohner ebenso außerhalb der republikanisch-demokratischen Ordnung standen wie die Sklaven der Südstaaten. Durch diese harte, von der großen Mehrheit der Bevölkerung jedoch gebilligte Haltung war es ihm gelungen, die politische Basis seiner Partei im WestenWesten und SüdwestenSüdwesten der USA zu festigen. Aus historischer Perspektive behielt aber nicht Andrew JacksonJackson, Andrew, sondern John MarshallMarshall, John das letzte Wort. Im 20. Jahrhundert besannen sich die Amerikaner wieder darauf, dass die UrteileGewaltenteilungUnion des SupremeNative AmericansSupreme Court CourtSupreme CourtNative Americans aus den Jahren 1823, 1831 und 1832 nicht nur den Vorrang der Bundesgewalt in IndianerangelegenheitenNative AmericansAntebellum bestätigten, sondern auch Prinzipien und Richtlinien enthielten, die indianische Besitzansprüche rechtfertigten und ein weitgehendes Selbstbestimmungsrecht der Native AmericansNative AmericansUmsiedlung nach 1820 anerkannten. Seither gehören die Begriffe der „domestic dependent nations“ und der „distinct political communities“, die aus Marshalls Urteils-“Trilogie“ stammen, zu den verfassungsrechtlichen Grundlagen, auf denen der politische Kampf um die Autorität, Ressourcen und Finanzen der IndianerreservateNative AmericansReservate geführt wird.