Geschichte der USA

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Der „zweite UnabhängigkeitskriegUnabhängigkeitskrieg“ gegen EnglandGroßbritannien

Obwohl Präsident JeffersonJefferson, Thomas peinlich genau auf die Wahrung der Neutralität bedacht war, gerieten die Vereinigten Staaten in seiner zweiten Amtszeit zwischen die Mühlsteine des englisch-französischen Krieges. Sowohl Napoleons KontinentalsperreKontinentalsperre als auch die britischeGroßbritannienKrieg von 1812 Gegenblockade beeinträchtigten den Handel der Neutralen. Schwerer ins Gewicht fiel aus amerikanischer Sicht die restriktive Haltung Englands, dessen Flotte nach der Schlacht von TrafalgarTrafalgar (Schlacht von) 1805 den Atlantik beherrschte. Als schlimmste Demütigung wurde das „Matrosenpressen“ der BritenGroßbritannienKrieg von 1812 empfunden, die Entführung mehrerer tausend angeblicher englischer Deserteure von gekaperten amerikanischen Handels- und sogar Kriegsschiffen. JeffersonJefferson, Thomas und Außenminister MadisonMadison, James glaubten, die Vereinigten Staaten verfügten über eine scharfe wirtschaftlicheWirtschaft Waffe, mit der sie sich zur Wehr setzen konnten, ohne Krieg führen zu müssen. Auf ihre Empfehlung beschloss der Kongress Ende 1807 einen Stopp sämtlicher Exporte aus den USA, der die europäischen Kontrahenten zur Beachtung der Neutralitätsrechte zwingen sollte. Anstatt jedoch Engländer oder Franzosen ernsthaft zu beeindrucken, verleitete dieses Embargo-Gesetz viele neuenglische Kaufleute, die ohnehin mit den Engländern sympathisierten, zum Schmuggel und zu anderen illegalen Aktivitäten. Den Schaden hatten in erster Linie Pflanzer und Farmer, die auf ihren Produkten sitzen blieben. Während der Einfluss des Embargos auf das Geschehen in Europa verschwindend gering blieb, untergrub es daheim die Autorität der Bundesregierung und säte zusätzliches Misstrauen zwischen den Regionen. Innenpolitisch behielten die Republicans trotz dieses Debakels das Heft in der Hand, wie der reibungslose Übergang der Präsidentschaft von JeffersonJefferson, Thomas, der nach zwei Amtsperioden aus Prinzip nicht mehr kandidierte, auf James MadisonMadison, James Anfang 1809 veranschaulichte. MadisonMadison, James gestand schließlich die Wirkungslosigkeit des Embargos ein, und noch im Jahr 1809 hob der Kongress das Gesetz wieder auf.

Als klar wurde, dass auch andere Formen diplomatischen und wirtschaftlichenWirtschaft Drucks LondonLondon nicht zum Einlenken bewegen konnten (während Napoleon zumindest nach außen hin Entgegenkommen signalisierte), erschien einer wachsenden Zahl von Amerikanern der erneute Griff zu den Waffen als einziger Ausweg aus dem Dilemma. Vorbehalte gab es in NeuenglandNeuengland (s.a. Nordosten, Regionen) und entlang der Küste, wo man die Gefahr, die von der englischenGroßbritannienKrieg von 1812 Flotte ausging, besser einzuschätzen vermochte. Umso energischer schürten die republikanischen Südstaatler, die ein Auge auf das spanische FloridaFlorida geworfen hatten, und westliche Abgeordnete, die über die Zusammenarbeit der Anglo-KanadierKanadaJunge Republik mit den IndianernNative AmericansKriege an der FrontierFrontier erbost waren, die Kriegsstimmung. Den entscheidenden Anstoß gab 1811 die Erhebung einer Konföderation von Stämmen unter dem ShawneeShawnee-Häuptling TecumsehTecumseh im OhioOhio- und MississippiMississippi (Staat)-Gebiet. Tecumseh hatte mit Hilfe der BritenGroßbritannienKrieg von 1812 die Indianerkonföderation des NordwestensNordwesten aus den 1790er Jahren wiederbelebt und auch die weiter südlich lebenden Stämme einbezogen. Sein Bruder TenskwatawaTenskwatawa, der als Prophet galt, verlieh dem Widerstand durch die Beschwörung einer gemeinsamen indianischen Vergangenheit und durch Weissagungen den Charakter einer religiösen Erweckungsbewegung. Zwar gelang es dem Gouverneur des IndianaIndiana-Territoriums, William Henry HarrisonHarrison, William Henry, die Indianer in der Schlacht von TippecanoeTippecanoe (Schlacht von) zu besiegen und ihre heilige Stadt niederzubrennen, doch die Nachricht von dem Aufstand stärkte die Kriegspartei in Washington. Der eher zögerliche MadisonMadison, James beugte sich jetzt dem Druck der War Hawks um Henry ClayClay, Henry aus KentuckyKentucky und John C. CalhounCalhoun, John C. aus South CarolinaSouth Carolina und forderte die britischeGroßbritannien Regierung ultimativ auf, die amerikanische Souveränität in den Westgebieten und die Rechte der Neutralen im Atlantik zu respektieren. Ohne lange auf Antwort zu warten, verfasste der Präsident eine KriegsbotschaftGroßbritannienKrieg von 1812 und leitete sie im Juni 1812Krieg von 1812 an den Kongress weiter. Mit relativ knappen Mehrheiten, in denen sich die sektionalen DifferenzenSektionale Konflikte widerspiegelten, erklärten daraufhin der Senat und wenig später auch das Repräsentantenhaus Großbritannien den Krieg. Offiziell war viel vom Schutz der „nationalen Ehre“ und des Völkerrechts die Rede, doch die eigentliche Triebfeder bildete der territoriale ExpansionsdrangTerritoriale Expansion der Republicans im SüdenSüden und WestenWesten der Union.

Die militärischen Auseinandersetzungen nahmen allerdings einen wesentlich ungünstigeren Verlauf, als die Kriegstreiber vorhergesagt hatten. In der amerikanischen Planung und Rüstung wurden eklatante Mängel und Versäumnisse offenbar, die nicht zuletzt von den ideologischen Vorbehalten der Republicans gegen ein professionelles Militärwesen und von ihrem naiven Vertrauen auf Bürgermilizen herrührten. Weder gelang die Eroberung KanadasKanadaJunge Republik oder FloridasFlorida, noch konnte die britischeGroßbritannienKrieg von 1812 Küstenblockade gebrochen werden. An der kanadischen Grenze lieferten sich die Amerikaner wechselhafte Gefechte mit den BritenGroßbritannienKrieg von 1812 und den sie unterstützenden IndianerstämmenNative AmericansKriege, und auf den Großen Seen errang US-Commodore Oliver PerryPerry, Oliver einige Achtungserfolge über britisch-kanadische Verbände. Im Sommer 1814 mussten die Amerikaner aber erleben, dass ein feindliches Flottengeschwader durch die ChesapeakeChesapeake Bay bis nach WashingtonWashington, D.C. vordrang und – offiziell als Vergeltung für amerikanische Attacken in Kanada – die Regierungsgebäude einschließlich der Kongressbibliothek in Brand steckte. Ende 1814 drohte sogar eine groß angelegte britischeGroßbritannienKrieg von 1812 Zangenoperation von Kanada und New OrleansNew Orleans aus die Union in zwei Teile zu spalten.

Die amerikanische Schwäche hatte auch innenpolitische Gründe, denn die FederalistsFederalists, geführt von einem jungen Kongressabgeordneten aus New HampshireNew Hampshire, Daniel WebsterWebster, Daniel, behinderten ganz offen die Kriegsanstrengungen der MadisonMadison, James-Administration. Einige Gouverneure gingen so weit, ihren Staatenmilizen die Beteiligung an einer Invasion KanadasKanadaJunge Republik zu verbieten. Bostoner Kaufleute und Bankiers weigerten sich, den Krieg durch Anleihen zu finanzieren, und investierten stattdessen in britischeGroßbritannienKrieg von 1812 Wertpapiere. Auf Einladung des Parlaments von MassachusettsMassachusetts versammelten sich im Dezember 1814 Federalists aus allen Neuenglandstaaten zu einem Konvent in Hartford, ConnecticutHartford, ConnecticutConnecticut. Eine Minderheit der Delegierten forderte die SezessionSezession (s.a. Bürgerkrieg), während sich die Mehrheit mit Verfassungsreformen begnügen wollte, die auf eine Beseitigung der republikanischen Vorherrschaft in Washington zielten. Inzwischen hatten amerikanische Truppen aber den Vormarsch der BritenGroßbritannienKrieg von 1812 aus Kanada bei AlbanyAlbany, New York aufgehalten, und der indianische Widerstand begann zu versiegen, als sich die Nachricht verbreitete, dass TecumsehTecumseh im Oktober 1813 an der kanadischen Grenze gefallen war. Auch weltpolitisch ergab sich eine völlig neue Lage: Nach dem Sieg über Napoleon in Europa war die englische Regierung nun daran interessiert, ihre Handelsbeziehungen mit Amerika wieder zu normalisieren. Aus der Einsicht heraus, dass keine Seite mehr in der Lage war, einen eindeutigen militärischen Sieg zu erringen, nahmen Unterhändler beider Seiten (für die USA John Quincy AdamsAdams, John Quincy, Albert GallatinGallatin, Albert und Henry ClayClay, Henry) im flämischen GentFrieden von Gent (1814) Gespräche auf. Sie führten Weihnachten 1814 zu einem KompromissfriedenGroßbritannienKrieg von 1812, der im Wesentlichen den Status quo vor Kriegsausbruch wiederherstellte.

Die Amerikaner hatten keines ihrer Kriegsziele erreicht, aber die Massen feierten den Friedensschluss dennoch als Sieg im „zweiten UnabhängigkeitskriegUnabhängigkeitskrieg“. Dem patriotischen Stolz genügten Episoden wie die Verteidigung BaltimoresBaltimore, die einen Augenzeugen, den Rechtsanwalt Francis Scott KeyKey, Francis Scott, zum Verfassen der martialischen Verse des „Star-Spangled Banner“„Star-Spangled Banner“ inspiriert hatte; oder General Andrew JacksonsJackson, Andrew glänzender Sieg über britischeGroßbritannienKrieg von 1812 Landungstruppen bei New OrleansNew Orleans im Januar 1815 – zu einem Zeitpunkt, als die Feindseligkeiten offiziell bereits beendet waren. Das wichtigste praktische Ergebnis aus amerikanischer Sicht war zweifellos die Bestätigung der territorialen Souveränität und Integrität der Vereinigten Staaten. Ferner entfielen nach der Wiederherstellung des Friedens in Europa auch die meisten Handelsbeschränkungen, unter denen die amerikanische Republik seit ihrem Ausscheiden aus dem britischenGroßbritannien Empire gelitten hatte. Eher gegen die Intentionen der Republicans hatten das Embargo und der Krieg dem amerikanischen Manufakturwesen einen ersten wichtigen Wachstumsschub versetzt. Innenpolitisch schließlich verscheuchte der Vertrag von Gent das Gespenst der SezessionSezession (s.a. Bürgerkrieg), das durch die Konfrontation zwischen republikanischen War Hawks und neuenglischen FederalistsFederalists heraufbeschworen worden war. Zu den Hauptleidtragenden zählten ein weiteres Mal die IndianerNative AmericansKriege, deren Bündnis mit den Engländern nur zu Niederlagen und Landabtretungen geführt hatte.

 

Die USA am Ende der Revolutionsepoche

Nach einem halben Jahrhundert voller Kämpfe und Kriege, raschen sozialen Wandels und tiefgreifender konstitutioneller Neuordnungen ging die Revolutionsepoche in Amerika und Europa zu Ende. Im Schatten des Wiener KongressesWiener Kongress vollzogen die Vereinigten Staaten – immer noch als eine Art „Juniorpartner“ – den Eintritt in den Welthandel und in die Politik der großen Mächte. Auf ihrer Seite des Atlantiks setzten die Prinzipien der VolkssouveränitätVolkssouveränität, des FöderalismusFöderalismus und der unantastbaren Grundrechte der staatlichen Macht Grenzen und sicherten die Freiheit des Individuums einschließlich seines Strebens nach Glück, Erfolg und Gewinn. Trotz der großen regionalen Unterschiede und politischen Differenzen war es gelungen, mit Hilfe wirksamer Symbole – die Gründungsdokumente, das Sternenbanner, die (noch inoffizielle) Hymne – zumindest in Ansätzen eine nationale Identität zu konstruieren. Bei bestimmten regelmäßigen Anlässen – dem Unabhängigkeitstag am 4. Juli, WashingtonsWashington, George Geburtstag, der Inauguration eines Präsidenten – verband die civil religioncivil religion alle diese Elemente mit ihren ebenso schlichten wie populären Ritualen. Darüber hinaus hatten sich die Amerikaner in der Gestalt des Uncle SamUncle Sam, bei der ein Armeelieferant aus dem Krieg von 1812 Pate stand, eine volkstümliche Figur geschaffen, auf die sie ihre tatsächlichen und vermeintlichen „nationalen Charaktereigenschaften“ projizieren konnten. Vor allem war aber die Geschichte selbst, das gemeinsame Erlebnis von Revolution, UnabhängigkeitskriegUnabhängigkeitskrieg und Verfassungsgebung, zu einem einigenden Band geworden.

Jedoch waren auch in Amerika längst nicht alle Verheißungen von Revolution und Unabhängigkeit in Erfüllung gegangen. Die Vorstellung einiger intellektueller Nationalisten, die Vereinigten Staaten könnten sich wirtschaftlichWirtschaft und kulturell ganz von Europa „abnabeln“, erwies sich rasch als illusorisch. Die USA waren nach wie vor ein peripherer Teil des atlantischen Handelssystems, dessen Zentrum in LondonLondon lag, und die amerikanische Elite übernahm weiterhin künstlerische Stile und geistige Strömungen wie KlassizismusKlassizismus und RomantikRomantik aus Europa. Gemessen an dem Ausbruch kultureller Kreativität im Europa des frühen 19. Jahrhunderts, verbunden mit Namen wie GoetheGoethe, Johann Wolfgang von, ShelleyShelley, Percy Bysshe, BeethovenBeethoven, Ludwig van, TurnerTurner, J.M. William und GoyaGoya, Francisco de, sanken die Vereinigten Staaten eher noch weiter in die Mittelmäßigkeit ab. Der frühe Reformeifer, der eine allgemeine Anhebung des Niveaus im BildungsBildungswesen- und GesundheitswesenGesundheitswesen erstrebt hatte, machte allzu schnell kleinlichen Sparsamkeitserwägungen Platz oder fiel dem Staatenpartikularismus zum Opfer. Die FrauenFrauen waren wegen ihrer erzieherischen Funktion als „republican mothers“ zwar ideologisch aufgewertet worden, aber an ihrer untergeordneten rechtlichen Stellung hatte sich kaum etwas geändert, und politisch blieben sie trotz der Mahnungen von Abigail AdamsAdams, Abigail und der Popularität von Mercy Otis WarrenWarren, Mercy Otis weiterhin unmündig. Anstatt das Geschlechterverhältnis nach naturrechtlichen Prinzipien neu zu ordnen, hielten Politiker und Juristen an common lawCommon Law-Grundsätzen fest, denen zufolge verheiratete Frauen weder autonome Rechtssubjekte noch mündige Staatsbürgerinnen waren. Im Verhältnis zu den indianischen Ureinwohnern geriet die ursprünglich für möglich erachtete Integration durch Assimilierung und Christianisierung allmählich aus dem Blick; vielmehr zeichnete sich als „Lösung“ des IndianerproblemsNative AmericansUmsiedlung nach 1820 spätestens nach dem Krieg von 1812/14 eine brutale Verdrängungspolitik ab.

Den sichtbarsten Widerspruch zu den „Ideen von 1776“ bildete aber das Fortbestehen der SklavereiSklaverei (s.a. Afroamerikaner) über das 1808 vom Kongress verhängte Verbot des Sklavenhandels hinaus. Südstaaten-Pflanzer hatten die 20-Jahres-Frist seit Annahme der VerfassungVerfassung genutzt, um 250.000 neue AfrikanerAfroamerikanerBevölkerungsentwicklung zu importieren, etwa ebenso viele wie während der gesamten Kolonialzeit. Schon die Beratungen des Verfassungskonvents von PhiladelphiaPhiladelphia und die Ratifizierungsdebatten in den Staaten hatten erkennen lassen, dass der Antisklaverei-Impuls der ersten Revolutionsphase an Kraft verlor. Als Sklavereigegner den neuen Kongress 1790 mit Petitionen bestürmten, stellte sich die Mehrheit unter Führung von James MadisonMadison, James auf den Standpunkt, dass die SklavereiSklaverei (s.a. Afroamerikaner) – anders als der Sklavenhandel – allein Angelegenheit der Einzelstaaten sei. Ab den 1790er Jahren verschlechterte sich die Lage der AfroamerikanerAfroamerikanerRevolution vor allem aus zwei Gründen weiter: Zum einen führte der blutige Sklavenaufstand in der französischen KolonieFrankreichKolonien Santo Domingo (HaitiHaiti) den amerikanischen Pflanzern die Gefahren des SklavereiSklaverei (s.a. Afroamerikaner)-Systems vor Augen und veranlasste sie zu schärferen Kontrollmaßnahmen. Diese Schutzvorkehrungen wurden weiter perfektioniert, als sich in den Südstaaten selbst Anzeichen von Sklavenunruhen – etwa die von Gabriel ProsserProsser, Gabriel organisierte Verschwörung in VirginiaVirginia im Jahr 1800 – bemerkbar machten. Noch wichtiger war aber ein zweiter Faktor: die steigende Nachfrage nach BaumwolleBaumwolle in Europa, die vor allem die IndustrialisierungIndustrialisierung Englands erzeugte. Bis zur Jahrhundertwende hatten die meisten Sklaven noch auf Tabak-, Zuckerrohr- oder Reisplantagen gearbeitet. Danach ließen technische Innovationen wie Eli WhitneysWhitney, Eli Entkernungsmaschine sowie die Erschließung fruchtbaren Landes im SüdwestenSüdwesten den Baumwollanbau immer lukrativer und die Sklaven als Arbeitskräfte und „Kapital“ entsprechend wertvoller werden. Auch nach 1808 gelangten weiterhin Sklaven in die USA, weil die Bundesregierung über keine geeigneten Mittel verfügte, das Einfuhrverbot durchzusetzen, und weil die weiße Bevölkerung im SüdenSüden mit den Schmugglern sympathisierte. Außerdem setzte nun ein schwunghafter interner Handel zwischen den Staaten an der Atlantikküste und dem MississippitalMississippi (Fluss) ein, der es den Pflanzern in RichmondRichmond, Virginia, CharlestonCharleston, South Carolina und SavannahSavannah, Georgia ermöglichte, ihre Sklaven profitabel abzusetzen. Legale und illegale Einfuhren aus AfrikaAfrika und der KaribikKaribik, vor allem aber die natürliche Vermehrung ließen die Zahl der Sklaven im amerikanischen Süden zwischen 1790 und 1820 von 700.000 auf über 1,5 Millionen (= 40 Prozent der BevölkerungBevölkerungsentwicklung) ansteigen. Das entlarvte die Erwartung vieler Revolutionäre, zu denen auch JeffersonJefferson, Thomas und MadisonMadison, James gehörten, die SklavereiSklaverei (s.a. Afroamerikaner) werde sich nach der Einfuhrsperre von 1808 „auf natürlichem Wege“ erledigen, als Wunschdenken. Die Freilassungen, die während der Revolution im Norden und im Oberen Süden erfolgt waren, fielen dagegen zahlenmäßig kaum ins Gewicht. 1810 waren ca. 190.000 AfroamerikanerAfroamerikanerRevolution rechtlich frei (= 13,5 Prozent der gesamten schwarzen Bevölkerung der USA), und knapp 110.000 von ihnen lebten in den Südstaaten. Danach ging der prozentuale Anteil der freien Schwarzen jedoch kontinuierlich zurück, weil die Südstaatenparlamente (mit Ausnahme von DelawareDelaware und MarylandMaryland) die EmanzipationAfroamerikanerEmanzipation immer mehr erschwerten oder ganz verboten. Pläne, durch den Verkauf von Land im WestenWesten Finanzmittel zu beschaffen, mit denen die Sklavenbesitzer entschädigt werden könnten, ließen sich nicht realisieren. Auch die Bemühungen um eine RücksiedlungAfroamerikaner„Rekolonisierung“ von Schwarzen nach AfrikaAfrika, die seit dem Frieden von 1814 zunahmen und 1816 zur Gründung der American Colonization SocietyAmerican Colonization Society führten, konnten an Wachstum und Ausbreitung der SklavereiSklaverei (s.a. Afroamerikaner) nichts ändern.

UnabhängigkeitskriegUnabhängigkeitskrieg und Revolution hatten dazu beigetragen, die demographischen und ideologischen Unterschiede zu verschärfen, die hinsichtlich der SklavereiSklaverei (s.a. Afroamerikaner) von jeher zwischen Norden und SüdenSüden bestanden. Der Gründergeneration war es nicht gelungen, den von vielen schmerzlich verspürten Widerspruch zwischen Recht und Moral auf der einen und wirtschaftlichen Interessen und rassischen Vorurteilen auf der anderen Seite zu lösen. Privat standen politische Führer wie WashingtonWashington, George, JeffersonJefferson, Thomas und MadisonMadison, James dem System der SklavereiSklaverei (s.a. Afroamerikaner) durchaus kritisch gegenüber, aber sie fanden nicht den Mut, an die Spitze einer Bewegung zur Überwindung dieses gesellschaftlichen Übels zu treten. Da es ihnen nie ganz gelang, sich von der Annahme einer „natürlichen Minderwertigkeit“Rassismus der Schwarzen frei zu machen, sahen sie auch keine echte Möglichkeit für ein dauerhaftes friedliches Zusammenleben von weißen und schwarzen Bürgern in der neuen Republik. Nach 1820 blieb den Gegnern der SklavereiSklaverei (s.a. Afroamerikaner) wenig mehr übrig, als das weitere Vordringen dieser „eigentümlichen Institution“ (peculiar institutionpeculiar institution) in die Westgebiete zu verhindern. Die Probleme, die sich aus dem Zusammenhang von territorialer Expansion und SklavereiSklaverei (s.a. Afroamerikaner) für den Bestand der Union ergaben, traten nun immer deutlicher zu Tage.

Kapitel 3: Demokratisierung, MarktwirtschaftWirtschaft und territoriale ExpansionTerritoriale Expansion, 1815–1854

Nach 1815 unterschieden sich die Vereinigten Staaten fundamental vom kolonialen Amerika der 1760er Jahre, aber sie entsprachen keineswegs den Wunschbildern, die Revolutionären wie John AdamsAdams, John oder Thomas JeffersonJefferson, Thomas vorgeschwebt hatten. Um diese Zeit existierte in den USA, wie der Historiker Gordon S. WoodWood, Gordon S. schreibt, „die am meisten egalitäre, individualistische und erwerbsorientierte Gesellschaft der Welt“. Im Verlauf der Revolution und der beiden Kriege gegen EnglandGroßbritannien waren die materiellen wie die geistigen Fesseln gesprengt worden, die Nordamerika noch mit der ständisch-hierarchischen Welt der frühen Neuzeit verbunden hatten. Die common people, die einfachen Leute, traten handelnd in die Geschichte ein, und wer politisch reüssieren wollte, konnte ihre Wünsche und Ängste nicht mehr außer Acht lassen, geschweige denn sie verächtlich behandeln. Diesem Transformationsprozess fielen die idealistischen Vorstellungen von den überschaubaren Gemeinschaften tugendhafter, selbstloser Bürger oder von der wohlmeinenden Herrschaft einer „natürlichen Aristokratie“ zum Opfer. Dafür bot das neue Amerika jedem Einzelnen seiner weißen männlichen Bürger unvergleichlich gute Chancen, das eigene Los ohne Rücksicht auf traditionelle Rangordnungen und gesellschaftliche Konventionen zu verbessern. Jetzt begann CrèvecoeursCrèvecoeur, St. John de Aussage Sinn zu machen, dass in Amerika ein „neuer Mensch“ geboren werde, der seine europäischen Vorurteile und Gewohnheiten gegen neue Lebensformen austauscht, der neuen Regierungen gehorcht und nach neuen Prinzipien handelt. Das bedeutete zwar keineswegs den Abbau aller sozialen Schranken und Hierarchien oder gar eine Annäherung der Besitzverhältnisse zwischen Arm und Reich. Es traf natürlich auch nicht auf die Sklaven, die meisten freien AfroamerikanerAfroamerikaner und die Masse der Frauen zu, die materiell und rechtlich von ihren Vätern und Ehemännern abhängig blieben. Die neue GesellschaftsordnungGesellschaftAntebellum war aber doch bemerkenswert offen, durchlässig und mobil, und ihre Struktur formte sich immer stärker aus den wandelbaren Gegebenheiten von persönlichem Verdienst, beruflichem Erfolg und politischem Ansehen. In den Südstaaten spielte Land- und Sklavenbesitz nach wie vor die beherrschende Rolle, aber überall sonst bemaß sich der soziale Status eher nach der Fähigkeit, Kapital zu akkumulieren und es in Handel und Industrie Gewinn bringend anzulegen. Equality, verstanden als soziale Ebenbürtigkeit und Gleichheit vor dem Gesetz, wurde zum zentralen Wert und wirksamen Schlagwort, obwohl die Besitzunterschiede eher zu- als abnahmen.

 

Die „Gründerväter“ John AdamsAdams, John und Thomas JeffersonJefferson, Thomas, die ihre politischen Gegensätze in einer 1812 wieder aufgenommenen Korrespondenz allmählich überwanden, fühlten sich von dem rastlosen Streben der Amerikaner nach materiellen Gütern eher befremdet. Die große Mehrheit ihrer Landsleute machte aber resolut-optimistisch von den sich bietenden Gelegenheiten Gebrauch und setzte damit eine wirtschaftlicheWirtschaft und gesellschaftliche Dynamik in Gang, die nicht mehr zum Stillstand kommen sollte. Der auf das private Interesse ausgerichtete IndividualismusIndividualismus und der durch ihn entfesselte Wettbewerb wurden zum Kern einer neuen, „liberalen“ amerikanischen Identität. Starke Gegengewichte bildeten jedoch weiterhin der egalitäre, gemeinschaftsorientierte RepublikanismusRepublikanismus, der die Werte der Revolution hochhielt, und die evangelikale Volksfrömmigkeit, die immer wieder soziale Reformimpulse freisetzte. Die Entstehung eines nationalen Marktes und der Übergang vom Agrar- und Handelskapitalismus zur IndustrialisierungIndustrialisierung erzeugten Spannungen zwischen den sich neuformierenden GesellschaftsschichtenGesellschaftAntebellum sowie zwischen privatem Egoismus und der Notwendigkeit des sozialen Zusammenhalts. Aus diesen Spannungen ging bis zur Jahrhundertmitte eine eigentümliche, regional unterschiedlich geprägte Kultur hervor, in der sich frühindustrieller Kapitalismus, demokratischer Republikanismus und evangelikaler ProtestantismusProtestantismus gegenseitig durchdrangen.

Die Risiken und Gefahren des hemmungslosen Besitzindividualismus veranschaulichte schlaglichtartig die FinanzpanikFinanzwesenAntebellum von 1819, die aus übersteigerter Landspekulation im WestenWesten resultierte und eine mehrjährige Rezession nach sich zog. Dieser Krise sollten bis 1860 noch zwei weitere schwere wirtschaftliche Einbrüche folgen, doch keiner von ihnen konnte für längere Zeit den säkularen Wachstumstrend aufhalten, der zu Beginn des 19. Jahrhunderts eingesetzt hatte. In dreifacher Hinsicht standen die Zeichen im postrevolutionären Amerika auf Expansion: Politisch verlangten immer mehr Menschen nach Mitsprache und wurden immer breitere Bevölkerungsschichten durch die Parteien in den politischen Prozess einbezogen; ökonomisch wuchsen die Vereinigten Staaten zu einem großen Binnenmarkt zusammen und weiteten gleichzeitig ihre Handelsbeziehungen zum Rest der Welt aus; und territorial gelang ihnen im Krieg gegen MexikoMexikoMexikanisch-Amerikanischer Krieg 1846–1848 der endgültige Durchbruch zum Pazifik. Gerade diese rasche Expansion, ab den 1840er Jahren verbunden mit einer Masseneinwanderung aus Europa, verschärfte aber auch die regionalen Gegensätze und heizte den Streit um die SklavereiSklaverei (s.a. Afroamerikaner) an, der 1861 in die Zerreißprobe des BürgerkriegsBürgerkrieg führte.