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Das Brautkleid

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»Die Sache war schnell abgemacht, ohne eine Börse zu öffnen; der Handel ist auf eine solche Weise ein großes Ding; ich hatte gehört, daß, um einige erbärmliche Tausende von Frank einzubringen, Stempelpapier, Schreibereien, Notare, Generaleinnehmer und eine Menge anderer Gegenstände notwendig seien.

»Herr Duval nahm einen Streifen Papier und schrieb:

»Ich habe die Ehre, den Herren Smith und Thurnson die Nachricht zu erteilen, daß ich dem Herrn Vicomte Heinrich de Sennones auf die Summe von 50.000 Akkreditiere.«

»Dann unterzeichnete er, stellte mir das Papier zu, und Alles war abgemacht noch am nämlichen Tage stellte ich mich diesen Herren vor, ich setzte ihnen meinen Wunsch, nach Guadeloupe zu segeln, und eine Beilast zu haben, aus einander. Sie hatten gerade ein Schiff nach den Antillen in Ladung, und fragten mich, mit welchen Gegenständen ich spekulieren wolle. Ich erwiderte ihnen, daß ich ganz fremd im Handel sei, und daß ich sie bitte, über diesen Gegenstand mit Herrn Duval zu sprechen. Sie versprachen, dies morgenden Tages zu tun.

»Ich kehrte zu Herrn Duval zurück; denn ich hatte einen Gegenstand mit ihm zu besprechen, den ich jetzt ausführlicher mit Ihnen, teuerste Cäcilie, abhandeln will, und dieser Gegenstand war Ihr kleines Haus zu Hendon.

»Ich erkundigte mich daher bei Herrn Duval, wer der neue Eigentümer desselben sei.

»In den Einzelheiten, die Sie jetzt vernehmen sollen, werden Sie das Herz dieses vortrefflichen Mannes kennen lernen.

»Der Eigentümer war er. Verstehen Sie, Cäcilie? Sie und Ihre Mutter anbetend, hat er das Haus gekauft, nebst den Möbeln, die darin waren, damit es immer wie ein Denkmal des irdischen Wandels seiner Heiligen und seines Engels bleibe. So spricht er nämlich von Ihrer Mutter, so nennt er Sie.

»Er wollte mit mir gehen; aber Madame Duval verhinderte es.

»Der Herr Vicomte wird vorziehen, allein nach Hendon zu gehen,« sagte sie zu ihm; »bleibe also hier, Deine Gegenwart wird alle seine Erinnerungen stören.«

»In dem Herzen einer Frau liegt ein zartes Gefühl, welches der zartfühlendste Mann in dem seinigen nie finden wird.

»Herr Duval stellte mir also die Schlüssel. zu dem Landhaus zu. Niemand geht dahin, selbst sie nicht, und bloß Ihre alte englische Kammerfrau, welche in die Dienste der Madame Duval getreten ist, hat den Auftrag, Ihr Paradies zu überwachen.

»Am andern Morgen in aller Frühe reiste ich ab, in zwei und einer halben Stunde war ich in Hendon. Ich erinnere mich, daß ich, als ich das erste mal die Herzogin de Lorges dahin begleitete, mit einer gewissen Gleichgültigkeit, ich könnte sagen, mit einer gewissen Verachtung, dieses reizende Landhaus betrat. Verzeihen Sie mir, Cäcilie, ich hatte Sie damals noch nicht gesehen, ich kannte Sie noch nicht. Von dem Augenblicke an, wo ich Sie sah, wo ich Sie kennen lernte, wurde das kleine Haus für mich ein Tempel, dessen Gottheit Sie waren, dessen Allerheiligstes Ihr Zimmer war.

»Ich sage es Ihnen, Cäcilie, ich hatte noch nie eine solche Aufregung empfunden, als die war, die ich empfand, indem ich mich diesem Hause nahte. Ich hatte Lust, vor der Türe niederzuknien und ihre Schwelle zu küssen.

»Ich trat indessen ein, meine Hand zitterte, in«dem ich den Schlüssel in das Schloss brachte, meine Beine wankten unter mir, als ich die Türe aufgeschlossen hatte und mich im Korridor befand. Ich besuchte sogleich den Garten, da gab es keine Blumen, keine Blätter, keinen Schatten mehr. Alles war in dem traurigen Zustande, in welchem Sie es vor zehn Monaten verlassen hatten.

»Ich setzte mich auf die Bank des Laubganges. Ihre Freunde, die Vögel, hüpften singend auf den entblätterten Ästen. Diese Vögel hatten Sie gesehen, Cäcilie; Sie hatten die Gesänge gehört, die sie sangen.

»Ich blieb, um sie zu hören, die Augen auf Ihre geschlossenen Fenster gerichtet, hinter welchen Sie, wie ich jeden Augenblick erwartete, erscheinen mussten, denn es ist Alles, wie ich Ihnen gesagt habe, geblieben, wie es zu Ihrer Zeit war.

»Dann bin ich die kleine Wendeltreppe hinaufgestiegen und in das Zimmer Ihrer Mutter gegangen; ich hatte mich vor dem Platze niedergekniet, an welchem das Kruzifix war, und ich habe für uns gebetet. Dann habe ich die Türe zu Ihrem Zimmer halb geöffnet. Seien Sie überzeugt, teure Cäcilie, daß ich nicht selbst hineinging, ich habe es zu sehr geachtet. Endlich riss ich mich von diesem kleinen Hause los, in welchem ich einen so guten Teil meines Lebens zurückgelassen habe, um einen Besuch zu machen, der noch viel heiliger war, als alle anderen. Sie errathen, Cäcilie, daß ich von dem Grabe Ihrer Mutter sprechen will.

»Wie in Ihrem Garten, wie in Ihrem Zimmer, wie überall, sieht man, daß eines Freundes Hand hier gewaltet hat. Im Frühling musste es mit Blumen bedeckt gewesen sein, und an ihren welken Stengeln, an ihren vertrockneten Blättern erkannte ich dieselben Blumen, welche in Ihrem Garten waren. Ich habe einige Blätter von einem Rosenstock und von einem Heliotrop aufgehoben, zwei Pflanzenarten, welche dem Winter am Besten Widerstand geleistet haben; ich schicke sie Ihnen hie. Ich wage, es kaum zu sagen, daß ich auf jede einen Kuss drückte, überzeugt, daß Sie sie an Ihre Lippen bringen werden.

»Es musste geschieden sein. Fünf oder sechs Stunden waren über dieser heiligen Pilgerschaft verflossen, und ich hatte eine Zusammenkunft mit den Herren Smith und Thurnson in der Soiree des Herrn Duval verabredet. Um acht Uhr war ich zurück. Diese Herren handelten mit der strengsten kaufmännischen Gewissenhaftigkeit. Sie kannten meinen Onkel vollständig, sie wussten, daß er ein ungeheuer reicher Mann und, einige Eigentümlichkeiten abgerechnet, sehr gut sei.

»Alles wurde in dieser Toiree in Ordnung gebracht; eine sehr schöne Brigg, vollständig geladen, befindet sich im Hafen, und der Ausrüster derselben ist ein Freund von diesen Herren, er gibt mir eine Teilnahme von 50.000 Francs an seiner Schiffsladung, und sehen Sie, meine teure Cäcilie, welches Glück mich verfolgt, dieses Schiff fährt morgen früh ab.

»Ach, beinahe hätte ich vergessen, Ihnen zu sagen, daß sich mein Schiff die »schöne Anna« nennt, ein fast eben so schöner Name wie Cäcilie.

»Ich verlasse Sie daher bis auf morgen; morgen im Augenblick der Abreise werde ich diesen Brief auf die Post bringen lassen.

11 Uhr Morgens.

»Der ganze Morgen, teure Cäcilie, wurde durch meine Vorbereitungen zur Abreise in Anspruch genommen. Glücklicherweise bezieht sich bei dieser ganzen Reise Alles auf Sie, und daher hindert mich nichts, auch nur einen Augenblick lang an Sie zu denken.

»Das Wetter ist unglaublich schön für einen Herbsttag, Herr Duval und Eduard sind da, Madame Duval hat mir ihre Glückwünsche durch ihren Mann und ihren Sohn geschickt; beide werden mich an den Bord des Schiffs begleiten.

»Es scheint, daß gestern in dieser guten Familie eine große Neuigkeit bekannt wurde. Ich habe zu entdecken geglaubt, daß Eduard gewissermaßen an eine Frau verlobt war, für welche er nur geschwisterliche Liebe empfand, während er eine andere liebt. Aber Herr und Madame Duval, Sklaven ihres gegebenen Wortes, wollten in die Verbindung nicht willigen, so lange sie nicht ihres früheren Versprechens entbunden seien. Die Nachricht, daß sie davon freigegeben seien, ist, wie ich Ihnen schon sagte, vorgestern an sie gelangt, so daß, aller Wahrscheinlichkeit nach, der arme Eduard in kurzer Zeit die heiraten wird, welche er liebt.

»Er ist sehr glücklich.«

»Mittags, an Bord der schönen Anna,

»Wie Sie sehen, meine teure Cäcilie, war ich noch einmal gezwungen, Sie zu verlassen. Ich konnte in der Tat Eduard und seinen Vater nicht bei mir haben, ohne ihnen Gesellschaft zu leisten. Beide haben, wie Sie wohl einsehen, ihr Geschäftszimmer verlassen, um mich zu begleiten. Es ist die Frage, ob sie so viel für den König Georg tun würden.

»Die kleine Brigg scheint mir wahrhaftig ihres Namens Wert zu sein, sie ist eine Art Paketboot, zu gleicher Zeit zur Überfahrt und für den Handel gebaut, in welchem, was ein seltener Fall ist, die Menschen fast eben so gut versorgt sind, als wie die Waren. Der Kapitän ist ein Irländer, Namens John Dickins, er hat mir ein vortreffliches Zimmer Nro. 5 gegeben, und es ist dieselbe Nummer, welche das Haus trägt, das Sie nun bewohnen. Ach, daß ich Ihnen nicht mehr schreiben kann: das Schiff beginnt unter Segel zu gehen, und da man die Anker lichtet, entsteht eine so starke Bewegung, daß sie mich am Schreiben verhindert.

»Auf Wiedersehen also, teure Cäcilie, oder vielmehr Adieu; denn für mich hat dieses Wort Adieu nicht die Bedeutung, welche man ihm leiht; es ist ein Bitten zu Gott, daß er über Sie wache. Adieu also, ich lasse Sie unter den Blicken des Herrn. Wir reifen unter den besten Anzeichen ab; alle Welt prophezeit uns eine glückliche Überfahrt, Cäcilie, Cäcilie, ich wollte wohl stark sein, ich wollte Ihnen wohl von meiner Kraft geben, allein es ist mir unmöglich, in Ihrer Gegenwart Stoicismus zu zeigen. Cäcilie, ich leide sehr, weil ich Sie verlassen muss. In Boulogne verließ ich nur Frankreich; indem ich England verlasse, verlasse ich Europa.

»Adieu, Cäcilie! Adieu, meine Liebe! Adieu, mein guter Engel, beten Sie für mich, ich baue auf nichts mehr, als auf Ihre Gebete; bis zum letzten Augenblicke schreibe ich Ihnen, aber man zwingt Herrn Dural und seinen Sohn in die Schaluppe hinabzusteigen, ich allein habe sie bisher aufgehalten.

Ein Wort noch und dann schließe ich meinen Brief- Ich liebe Sie; Adieu, Cäcilie! Cäcilie, Adieu!

 

»Adieu

»Ihr Heinrich.«

XXI.
Der Onkel in Guadeloupe

Cäcilie erhielt diesen Brief vier Tage nachdem er geschrieben worden; seit zwei Tagen hatte Heinrich die Küste Frankreichs und Englands aus den Augen verloren.

Man wird den zweifachen Eindruck begreifen, welchen dieser Brief in dem armen Kind hervorbrachte. Diese Pilgerschaft Heinrichs zu dem Landhaus und nach dem Grabe riefen ihr alle Freuden und alle Leiden der Vergangenheit zurück; die Abreise Heinrichs, eine Abreise, die so sehr als möglich verzögert wurde, über welche die Feder des jungen Mannes jetzt zum Letzten mal seinen Schmerz aussprach, riefen ihr alle ihre Befürchtungen und alle ihre Hoffnungen von der Zukunft ins Gedächtnis.

Heinrich schiffte zu dieser Stunde zwischen Himmel und Meer dahin. Sie fiel auf die Knie, indem sie den Brief durchlas, und flehte lange für ihn zu Gott.

Dann dachte sie an die übrigen Stellen des Briefes, an diese gute Familie Duval, von welcher Heinrich eine Unterstützung verlangt hatte, ohne zu wissen, daß dieses Mädchen, dessen Liebe er ihnen gestanden, die Frau Eduards werden sollte, der eine andere Liebe im Herzen trug, und Sklave der Verpflichtungen seiner Eltern, diese mit einer Treue erfüllt hätte, mit welcher ein Kaufmann einen Wechsel bezahlt, hätte ihn diese Verpflichtung auch unglücklich gemacht.

Cäcilie eilte nun an ihren Schreibpult und in dem ersten Augenblicke ihrer Aufregung schrieb sie an Madame Duval einen langen Brief, in welchem sie ihr die Gefühle ihres Herzens darstellte und sie ihre Mutter nannte.

Die herrliche Organisation Cäciliens war so ganz geeignet, Alles das zu fühlen, was edel und groß ist. Dann kehrte sie zu dem Hochzeitskleid zurück, welches ihre große Arbeit, ihre große Zerstreuung, ihr einziges Glück war.

Die Marquise fuhr in ihrem gewöhnlichen Leben fort, sie brachte ihre Morgen im Bett liegend und lesend zu, oder ließ sich einen Roman vorlesen.

Cäcilie sah sie buchstäblich nie anders, als zur Zeit des Speisens. Es lag ein förmlicher Abgrund zwischen diesen Beiden; die eine war ganz geistig, die andere ganz sinnlich; die eine beurteilte alles durch das Herz, die andere prüfte Alles aus dem Gesichtspunkte des Verstandes.

Vor Mademoiselle Aspasia fühlte Cäcilie einen geheimen Abscheu, so daß sie nicht einmal einen Dienst von ihr verlangte, welchen diese vielleicht abgeschlagen hätte. Sie hatte daher eine Übereinkunft mit einer guten Frau, welche in den Mansarden des nämlichen Hauses wohnte und Madame Dubois hieß, getroffen. Diese Frau kam alle Tage herab, und machte den kleinen Haushalt des armen Kindes zurecht.

Wie wir bemerkt haben, hatte die Marquise einige Beziehungen mit ihren alten Freundinnen bewahrt Diese Freundinnen kamen von Zeit zu Zeit in ihr demütiges Gemach, um sie zu besuchen, und Inden sie ein, sie zu besuchen und von ihren Equipagen Gebrauch zu machen. Allein die Marquise war auf ihre Armut stolz. Übrigens hatte die wenige Bewegung, welche sie seit dreißig Jahren gehabt, ihre Fettleibigkeit herbeigeführt. Sie war außerordentlich dick und jede Bewegung erzeugte eine Müdigkeit.

Sie brachte ihr Leben in ihrem Zimmer und Cäcilie in dem ihrigen zu.

Der Tag verfloss für das arme Kind, indem sie in ihren Gedanken aus der Karte der abenteuerlichen Schifffahrt folgte, welche nach einer andern Welt ging.

Sie hatte vollständig begriffen, daß wenigstens drei Monate verstreichen würden, ohne daß sie einen Brief von Heinrich erhielt. Sie erwartete daher keinen. Dies hinderte sie aber dennoch nicht, bei jedem Pochen an die Türe zu zittern. Einen Augenblick lang bebte die Nadel zwischen ihren Fingern; dann erschien die Person, welche geklopft, und da diese mit Heinrich nichts zu schaffen hatte, nahm Cäcilie ihre Arbeit wieder auf und seufzte. Diese Arbeit war ein Wunder von Geduld, von Kunst und Geschmack; es war nicht bloß eine einfache Stickerei, es war eine Zeichnung in erhabener Arbeit. Alle diese Blumen, obgleich leblos, wie die, aus welchen man die Kronen für die Jungfrauen macht, die man zum Altar führt, oder für jene, welche man zum Grabe trägt, waren lebend und belebt. Eine jede von ihnen rief Cäcilie eine Erinnerung aus ihrer Kindheit zurück, und während sie stickte, plauderte sie mit ihnen von der Zeit, die sie, dieses ephemere Mädchen der Sonne, ephemer zu London mit ihnen verlebt hatte.

Eines Morgens, als Cäcilie wie gewöhnlich arbeitete, läutete es an der Türe, aber diesmal zitterte sie noch viel mehr als gewöhnlich; es kam ihr vor, als sei diese Art zu läuten, die des Briefträgers.

Sie lief sogleich hinaus um zu öffnen; er war es wirklich und überreichte ihr einen Brief. Sie stieß einen Freudenschrei aus; die Adresse dieses Briefs war von der Hand Heinrichs. Sie warf die Augen auf den Stempel; der Brief war in Havre gestempelt, Sie wurde fast ohnmächtig. War er angekommen? Wie konnte sie, nach einer Abwesenheit von kaum sechs Wochen, von Heinrich einen Brief von Havre aus datiert, erhalten? War er nach Frankreich zurückgekehrt?

Sie hielt den Brief in ihrer Hand, zitterte und getraute sich nicht, ihn zu öffnen.

Jetzt erst gewahrte sie, daß der Briefträger noch da stand, sie bezahlte ihn und eilte auf ihr Zimmer.

Wie gerne sie das lächelnde Gesicht dieses Mannes hatte!

Sie öffnete den Brief, er trug das Datum: »Auf dem Meere.«

Heinrich hatte eine Gelegenheit gefunden, ihr zu schreiben; sie las, was folgt!

»Geliebte Cäcilie!

»Sehen Sie, wie wahr es ist, daß mir Ihre Gebete nur Glück bringen; da findet sich gegen alles Erwarten eine Gelegenheit, um Ihnen zu sagen, daß ich Sie liebe.

»Diesen Morgen hat der Matrose auf dem Mastkorb ein Segel signalisiert. Da man immer wegen des Krieges auf der Hut ist, eilten der Kapitän und die Passagiere sogleich auf das Verdeck. Nach Verlauf einiger Minuten erkannte man, daß das Fahrzeug ein Kauffahrer sei, und über dies wandte sich das Schiff gegen uns, indem es Notsignale gab.

»Erwarten Sie nicht ein großes, trauriges, oder tragisches Abenteuer. Nein, teure Cäcilie, Gott hat nichts anderes gewollt, als Ihrem Herzen Nachricht über den zu geben, der diesen Brief an Sie schreibt. Das Schiff, ein französisches aus Havre, war einige Tage nach seiner Abfahrt von New-York durch eine dreitägige Windstille aufgehalten worden, und fürchtete, Mangel an Wasser zu leiden, ehe es nach Frankreich komme. Der Kapitän ließ ihm ein Dutzend Tonnen Wasser zukommen, und ich ergriff die Feder, um Ihnen, teure Cäcilie, noch einmal zu sagen, wie sehr ich Sie liebe, daß ich jede Stunde des Tages und der Nacht an Sie denke, und daß Sie ohne Aufhören mir nahe, um mich, in mir sind.

»Wissen Sie, woran ich denke, Cäcilie, indem ich diese beiden Schiffe neben einander, in einer Entfernung von hundert Schritten liegen sehe, von welchen das eine nach Pointe-á-Pitre und das andere nach Havre segelt? Es ist, daß ich von einer dieser Schaluppen auf die andere überginge, in vierzehn Tagen in Havre und am folgenden Abende zu Ihren Füßen sein würde.

»Ich dürfte nur wollen, und ich wurde Sie wie«versehen, ja, ich würde Sie wiedersehen, Cäcilie. Begreifen Sie das? Allein es würde von den Menschen eine Torheit genannt werden, es würde uns in das Verderben stürzen.

»O, mein Gott, warum haben wir denn nicht irgend ein Projekt gefunden, welches mich nicht von Ihnen getrennt hätte. Es kommt mir vor, daß, wenn ich durch ein Wort, durch einen Blick von Ihnen ermutigt worden wäre, mir alles gelungen sein würde, was ich unternahm. Sie sehen, Cäcilie, daß mir unter Ihrem Schutze, selbst ferne von Ihnen, Alles gelingt.

»O, ich wiederhole es Ihnen, dieses außerordentliche Glück erschreckt mich. Ich fürchte, daß wir beide schon die Erde verlassen haben, und auf dem Wege zum Himmel sind.

»Verzeihen Sie meine düsteren Prophezeiungen, allein der Mensch ist hier so wenig für das Glück geschaffen, daß im Grunde jeder Wahl, die er trifft, ein Zweifel liegt, welcher diese Freude hindert, eine vollkommene Glückseligkeit zu sein.

Wissen Sie, Cäcilie, wie ich meine Tage zu«bringe? Damit, Ihnen zu schreiben. Ich werde Ihnen ein langes Tagebuch mit zurückbringen, in welchem Sie, Stunde für Stunde, alle meine Gedanken finden werden. Sie sollen dann sehen, daß mein Geist nicht einen Augenblick von Ihnen entfernt war.

»Wenn die Nacht eintritt, steige ich, weil es verboten ist, auf dem Schiff Licht zu haben, auf das Verdeck; ich betrachte dieses prachtvolle Schauspiel des Sonnenuntergangs im Meer; ich betrachte alle diese Sterne, die am Himmel aufgehen, einen nach dem andren, und seltsamer Weise führt mich der Dank gegen Gott, seine Anbetung, zur Traurigkeit, denn ich frage mich, ob Gott, welcher alle diese Welten in Bewegung setzt, denen allen er mit seinen ewigen Augen zu gleicher Zeit folgt, auch auf jeden Menschen achten kann, welcher seine Hände zu ihm erhebt.

Und in der Tat, was liegt der Allmacht und der Majestät Gottes an diesen Einzelheiten unseres erbärmlichen Lebens, und wie können ihm die glücklichen oder unglücklichen Ereignisse unseres Daseins in diesem ungeheuren All anliegen? Was kann ihm bei dieser reichen Ernte daran liegen, wenn einige Ähren von einem dieser millionenfachen Felder, von welchen sich jedes eine Welt nennt, durch den Hagel zerknickt, oder durch den Sturm entwurzelt wird?

»Mein Gott! Mein Gott! Wenn Du mich nicht hören würdest, wenn ich zu Dir spreche, wenn Du mich nicht hören würdest, wenn ich zu Dir flehe, daß Du mich zu Cäcilien zurückführen mochtest, die meiner harrt!

»Wohl an, teure Cäcilie, in welche Gedanken werde ich mich noch verlieren, während jeder meiner Briefe Ihnen Kraft bringen sollte, wie kommt es, daß sie Ihnen nichts als Entmutigung bringen. Entschuldigen Sie mich, verzeihen Sie mir! Ich habe einen Freund am Bord bekommen, es ist der Lootse. Der arme Junge hat auch eine Frau, die er liebt, in Gravesend zurücklassen müssen. An der Weise, mit welcher er seufzend den Himmel betrachtete, habe ich einen Leidensgefährten erkannt. Nach und nach habe ich mich an ihn angeschlossen, er hat mir von seiner geliebten Jenny, und ich habe ihm, verzeihen Sie mir, Cäcilie, von Ihnen erzählt.

»So habe ich doch Jemand, dem ich Ihren Namen nennen, dem ich sagen kann, daß ich Sie liebe; ich habe noch ein Herz gefunden, welches das meinige versteht.

»Das Herz eines Matrosen? wird man mir vielleicht sagen. Unglücklich aber sind die, welche so etwas sprechen. Dieser junge Mensch, mit welchem ich alle Nächte von Ihnen spreche, heißt Samuel. Sie sollen seinen Namen wissen.

»Sprechen Sie in Ihren Gebeten ein Wort über ihn, damit er seine Jenny wieder sieht. Ich habe ihm versprochen, daß Sie es tun würden.

»Adieu, Cäcilie, Adieu, meine Liebe, die Schaluppe des französischen Fahrzeugs kehrt an ihren Bord zurück, und ich stellte diesen Brief dem Hochbootsmanne zu, welcher mir auf sein Ehrenwort versprochen hat, ihn bei seiner Ankunft in Havre selbst auf die Post zu bringen. Noch einmal Adieu, meine heißgeliebte Cäcilie; in zwanzig oder fünfundzwanzig Tagen werde ich, wenn das Wetter fortfährt, uns günstig zu sein, in Guadeloupe mich befinden.

»Tausendmal Adieu! Ich liebe Sie.

Ihr

Heinrich.

N.S.

»Ein Wort in Ihren Gebeten für Samuel und Jenny.«

Es würde ein Werk der Unmöglichkeit sein, wenn wir unsern Lesern den tiefen Eindruck schildern wollten, welchen dieser Brief auf Cäcilie hervor brachte. Je unerwarteter der Brief kam, desto stärker war der Eindruck. Cäcilie fiel auf ihre Knie nieder. Thronen des Dankes füllten ihre Augen. Es war nicht eigentlich ein Gebet, was sie sprach, es waren Namen, welche sie lispelte, und unter diesen Namen waren, wie Heinrich sie gebeten hatte, die von Samuel und Jenny.

Dann setzte sie sich wieder mutiger und vertrauensvoller als je zu ihrem Hochzeitkleid nieder. Die Tage schwanden, sie folgten sich mit ihrer monotonen Regelmäßigkeit, ohne etwas Neues zu bringen. Dieser unerwartete Brief, dieser höchst glückliche Brief hatte Cäcilien die Hoffnung gegeben, daß irgend ein Ereignis, dem ersten gleich, ihr Nachrichten von ihrem Geliebten bringen würde. Aber wie Heinrich gesagt hatte, war dieses Ereignis ein glücklicher Zufall, und es war keine Hoffnung vorhanden, daß sich ein solcher wiederholen würde.

Während dieser Zeit hatten große Ereignisse statt gehabt; die Republik war ein Kaiserreich, Bonaparte war Napoleon geworden; das erschrockene Europa hatte diesem seltsamen Schauspiele zugesehen ohne seine Stimme dagegen zu erheben. Alles schien der neuen Dynastie eine lange Dauer zu sichern; die, welche die neuen Auserwählten umgaben, waren reich, glänzend, glücklich. Als Cäcilie einige mal unter ihren Fenstern diese glänzenden Cavaliere und diesen eleganten Adel, der zur Hälfte aufgefrischt und zur Hälfte neugeschaffen war, vorüber kommen sah, sagte sie sich wohl mit einem Seufzer: So würde Heinrich, so würde ich sein, wenn wir die Ereignisse ihren Lauf hätten gehen lassen. Aber plötzlich dachte sie an das Blut, welches in den Gräben von Vincennes geflossen war, und sie antwortete sich mit einem Seufzer: »Das Gewissen trügt nicht, wir haben recht gehandelt.«

 

Noch ein Monat verflog und Cäcilie begann mit größerer Ungeduld zu harren. Noch eine Woche ging dahin, und dann verflossen noch vier Tage, einer langsamer, als der andere. Endlich ließ sich am Morgen des fünften dieses so lang erwartete Läuten hören, welches Cäcilie so gut kannte. Cäcilie eilte an die Türe.

Es war ein Brief von Heinrich.

Wir wollen diesen neuen Brief unsern Lesern vor Augen legen.

»Geliebte Cäcilie!

»Zuerst und vor allem Andern, unser Glück ist dasselbe. Ich bin in Guadeloupe nach einer ziemlich langen Ueberfahrt angekommen; nicht Stürme, sondern Windstille haben sie verzögert. Ich habe meinen Onkel, welches der beste und trefflichste Mensch der Welt ist, gefunden; er fühlt sich sehr glücklich, mich in seinem Regiment, wie er sich ausdrückt, engagiert zu sehen, und er hat mir auf der Stelle erklärt, daß ich mich als seinen Erben betrachten könne.

»Im Vorübergehen will ich Ihnen sagen, teure Cäcilie, daß mein Onkel ungeheuer reich ist.

»Wie nun auch jede Sache ihre schlimme Seite hat, so hat der gute Mann, obgleich er mich von einer so heißen Liebe ergriffen sah, mir erklärt, daß er mich unter keinem Vorwande vor zwei Monaten abreisen lassen würde. Ich habe Anfangs große Lust gehabt, ihm zu erklären, daß ich um diesen Preis auf die Erbschaft verzichte; allein, meine Liebe, ich überlegte, daß diese zwei Monate beinahe erforderlich seien, um meine kleine Beilast zu verkaufen, und dann hat mich der Kapitän der schönen Anna versichert, daß er so viel Zeit bedürfe, um eine neue Ladung einzunehmen, und so musste ich mich fügen. So bin ich also an Pointe-á-Pitre gefesselt, für wenigstens zwei Monate lang. Glücklicher Weise geht morgen in der Frühe ein Fahrzeug ab, und bringt Ihnen diese Nachrichten von Ihrem armen Verbannten, der Sie, Cäcilie, mehr liebt, als irgend das Wort eines Sterblichen zu sagen, mehr, als es ein Gedanke der Welt auszusprechen vermag.

»Ich habe meinem Onkel Alles gesagt, Alles erzählt; Anfangs hatte er Gesichter geschnitten, als ich ihm sagte, daß Sie nicht aus einer Kaufmannsfamilie seien; als er aber vernahm, wie vollendet Sie seien, als ich ihm sagte, daß Sie ihn aus Liebe zu mir lieben würden, hatte er sich darüber getröstet, daß Sie von gutem und altem Adel sind. Ich muss Ihnen sagen, Cäcilie, daß dieser teure Onkel mit seiner Manie, ein Comptoirmann zu sein, die leibhaftige Aristokratie ist, und daß er, obwohl der Partikel selten über seine Lippen kommt, und er den Titel bei jedem Menschen hasst, der einen hat, er dennoch das Wörtchen »von«oft bei Leuten vorsetzt, welchen es nicht gebührt.

Welche prachtvolle und großartige Natur, teure Cäcilie, und wie glücklich werde ich sein, sie mit Ihnen zu bewundern. Wie wird sich unser Gedanke in der Unermesslichkeit dieses endlosen Meeres verlieren! Wie wird unser Auge in diesem so reinen und so klaren Himmel schwelgen, durch welchen das Auge bis zu Gott hinauf dringen zu können glaubt.

»Unglücklicher Weise ist Ihnen diese ganze Natur fremd, Cäcilie, Sie kennen diese Pflanzen, diese Blumen nicht, Sie kennen diese Früchte nicht, und diese kennen Sie nicht. Am andern Tage hat mich eine ungeheure Freude erfüllt, indem ich eine aufbrechende Rose erblickte; sie erinnerte mich an England, Hendon, Ihr Landhaus, Ihren Garten, und an unser Grab.

»Welch schreckliche und welch köstliche Gabe des Himmels ist doch das Gedächtnis! In einer Sekunde habe ich achtzehn hundert Stunden durchflogen; ich fand mich neben Ihnen sitzend, in der Laube Ihres Gartens, den ich mit seinen geringsten Einzelheiten erkannte, von Ihren prachtvollen Gefährtinnen umgeben, den Rosen, den Lilien, den Tulpen, den Anemonen und den Veilchen, herab bis zu dem grünen Rasen, auf welchem freudig die Körner suchend, welchen Sie jeden Tag hinwarfen, die munteren Finken, die glänzenden Distelfinken und die dreisten Sperlinge freudig herum hüpften.

»Ich weiß nicht, woher es kommt, teure Cäcilie, aber heute ist mir das Herz voll von Freude und Hoffnung, es ist hier Alles so schön, so großartig, die Vegetation der Bäume, das Leben der Menschen, daß mein ewiger Zweifel von mir zu weichen, und mein so lange gepresstes Herz sich zu erweitern und freier zu schlagen beginnt.

»Ich habe schon viele Zeilen geschrieben, ohne Ihnen zu sagen, daß ich Sie liebe; aber, Cäcilie, ich fürchte, es Ihnen zu oft zu wiederholen; wen»ich es Ihnen mündlich sagen konnte, dann scheint es mir, daß der Ausdruck meiner Augen, der Ton meiner Stimme, so gut für mich sprechen würden, daß Sie mir meine ewigen Wiederholungen verzeihen müssten.

»Da kommt mein Onkel und will mich durchaus fortführen, um mir seine Pflanzungen zu zeigen. Ich widerstehe; allein er sagt mir, daß sie einst die Ihrigen werden würden, und dieser Grund bestimmt mich, Sie auf eine oder zwei Stunden zu verlassen. Auf Wiedersehen, Cäcilie!

Wissen Sie, Cäcilie, was wir tun werden, wenn Sie einst hierher kommen, um auf Guadeloupe zu wohnen? Wir werden eine Zeichnung von dem kleinen Landhaus, und einen Plan von dem kleinen Garten fertigen. Wir werden Samen von allen Ihren Blumen mitnehmen, und mitten in der Pflanzung meines Onkels werden wir das kleine Paradies von Hendon besitzen.

»Ich bringe meine Tage damit zu, Entwürfe zu machen, Luftschlösser zu bauen, und Gott zu bitten, auf meine Träume nicht zu zürnen und ihnen zu gönnen, daß sie einst verwirklicht werden.

»Glücklicher Weise bin ich fast immer allein, d.h. mit Ihnen, Cäcilie; Sie gehen an meiner Seite einher, ich plaudere mit Ihnen, ich lache auf Sie; oft ist die Täuschung so groß, daß ich meine Hand ausstrecke, um die Ihrige zu ergreifen; dann verschwinden Sie mir, wie ein Dunst, und zerfließen, wie ein Schatten.

»Wenn das Schiff, welches Ihnen diesen Brief bringt, einmal abgesegelt sein wird, so werde ich wahrscheinlich keine Gelegenheit mehr haben, Ihnen vor einem Monat oder sechs Wochen zu schreiben; die Gelegenheiten sind in diesem Augenblicke hier selten, und in zwei Monaten werde ich zu Ihnen reisen. Cäcilie, Sie begreifen, welch ein Augenblick es für mich sein wird, wenn ich die Küsten Frankreichs, wenn ich Paris, wenn ich die Rue du Coq wiedersehen, wenn ich die fünf Treppen hinauf steigen, wenn ich an Ihrer Tür läuten, wenn ich zu ihren Knien niedersinken werde! Mein Gott, werde ich im Stande sein, solch ein Glück zu ertragen, ohne Wahnsinnig zu werden?

»Adieu, Cäcilie; ich sage Ihnen nicht, daß Sie an mich denken sollen; es ist unmöglich, daß ich allein so liebe, wie ich liebe. Adieu, Cäcilie. Beten Sie, beten Sie für meine Zurückkunft; denn nur, Ihrem Gebete verdanke ich, ich weiß es, bis jetzt diesen Zusammenfluss von Umständen, der so beständig glücklich ist, daß ich, ich wiederhole es zum hundertsten mal, vor so viel Glück erschrecke.

»Adieu, Cäcilie; ich beauftrage eine schöne vergoldete Wolke, die so glänzend ist, daß sie das Aussehen eines Wagens der Engel hat, Ihnen alle meine Grüße zu bringen; sie zieht langsam gegen Frankreichs an diesem glänzenden Himmel bin, von welchem man in unserer Heimat keinen Begriff hat; und sehen Sie, sie entfaltet sich, sie nimmt die Gestalt eines Adlers mit ausgebreiteten Flügeln an, um schneller zu eilen.

Dank Dir, meine schöne Wolke! Dank Dir! Grüße sie im Vorübergehen, und sage ihr, daß ich sie liebe.

»Adieu, ich werde Sie nicht verlassen, und Gott weiß, was Allem ich mich aussetzen würde. Ach hätte ich nur eine Zeile, ein Wort, eine Sylbe von Ihnen!

»Noch einmal, zum letzten mal Adieu. Ich liebe Sie; Adieu, Adieu!

Ihr

Heinrich.«

So lang dieser Brief war, so kurz schien er doch Cäcilien, sie las ihn wiederholt, den ganzen Tag hindurch und endlich wusste sie ihn, wie die übrigen, auswendig. So, und immerfort an ihrem schönen Hochzeitskleide arbeitend, wiederholte sich das arme Kind alle Worte ihres Geliebten, und von Zeit zu Zeit, wenn diese Worte nicht mehr genügten, griff sie wie«der nach den Briefen, um ihr Herz durch die Berührung des Papiers und durch den Anblick der Schriftzüge zu stärken.