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Capitän Richard

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VI.
Sechs Zoll tiefer, und der König von Frankreich hieß Ludwig XVIII

Im kaiserlichen Schlosse Schönbrunn plauderte eines Abends der junge Herzog von Reichstadt mit den Söhnen des Erzherzogs Carl, und die Kinder lachten so laut, daß der Letztere, der am andern Ende des Salons im ernsten Gespräch mit dem Kaiser und anderen Mitgliedern des kaiserlichen Hauses war, dieser etwas geräuschvollen Heiterkeit Schranken setzen zu müssen glaubte und die jungen Prinzen fragte, worüber Sie so lachten.

»O, Papa,« antwortete einer der jungen Prinzen, »achten Sie nicht darauf: Reichstadt erzählt uns, wie sein Vater Sie so oft besiegt hat, und das macht uns viel Spaß.«

Der Erzherzog Carl, der keineswegs engherzig war, lachte noch mehr als die jungen Prinzen, und der Kaiser lachte sammt den übrigen hohen Personen herzlich mit.

Der junge Prinz dachte wohl nicht an Aspern.

Die Anekdote ist wahr, sie ist mir im Jahre 1832 einige Tage nach dem Tode des Königs von Rom, als ich im Schlosse Arenenberg eine gastliche Aufnahme gefunden, von der Königin Hortensia erzählt worden.

Diesem merkwürdigen Feldzuge Napoleons wollen wir ein Capitel widmen.

Am 17. April Mittags war der Kaiser in Donauwörth bereit, an seine Generale die nöthigen Befehle zu senden. Am entferntesten unter den Corpscommandanten war der Marschall Davoust, der in Regensburg stand und an den vor Allem ein Courier abgeschickt werden mußte. Der erste Offizier, den er verlangte, um ihm die eben dictirten Depeschen,zu übergeben, war daher der Lieutenant Paul Richard. Aber der Fürst von Neuchâtel kaute verlegen an den Nägeln und zeigte dem Kaiser an, daß er diesem Offizier bereits einen andern Auftrag gegeben. Für den Fall jedoch, daß Napoleon seine Depesche durchaus durch einen Courier Namens Richard abschicken wollte, stellte ihm der Fürst von Neuchâtel den aus Italien gekommenen Lieutenant Ludwig Richard zur Verfügung. Aber der Kaiser erwiederte, an dem Namen liege ihm nichts, er brauche nur einen muthigen und klugen Courier.

Ein Offizier erschien. Napoleon übergab ihm die Depeschen an den Marschall Davoust.

Berthier ließ von dieser Depesche zwei Abschriften nehmen und schickte letztere durch zwei Couriere auf verschiedenen Wegen ab. Es hätte sehr unglücklich gehen müssen, wenn von den zwei Courieren nicht wenigstens einer angekommen wäre.

Der Befehl des Kaisers an den Marschall Davoust lautete folgendermaßen: »Sie brechen aus der Stelle von Regensburg auf und lassen zum Schutze der Stadt ein Regiment zurück; Sie rücken vorsichtig, aber entschlossen mit einem Armeecorps zwischen der Donau und den österreichischen Truppen stromaufwärts vor; endlich wenden Sie sich über Abach und Obersaal gegen den Strom und stellen sich in der Gegend von Abensberg, bei der Einmündung der Abend in die Donau auf«.

Nachdem dieser Befehl an Davoust abgegangen war, mußte Massena benachrichtigt werden Man fand drei neue Couriere und schickte folgenden Befehl in dreifacher Abschrift ab: »Der Kaiser befiehlt dem Marschall Massena, am 18. Morgens Augsburg zu verlassen und über Pfaffenhofen gegen die Abends zu marschiren, wo der linke Flügel der Oesterreicher steht. Der Kaiser behält sich vor, zu bestimmen, ob der Marschall nachher gegen die Donau, gegen die Isar, gegen Neustadt oder Landshut vorrücken soll. Bei dem Abmarsch von Augsburg ist das Gerücht zu verbreiten, der Marschall wolle in Tyrol einrücken; in Augsburg soll er einen guten Commandanten, zwei deutsche Regimenter, alle kranken und maroden Leute und so viel Lebensmittel und Munition zurücklassen, daß der Platz vierzehn Tage behauptet werden kann. Der Kaiser empfiehlt dem Marschall die größte Eile, denn er hat seiner aufopfernden Ergebenheit noch nie dringender bedurft.«

Die Depesche schloß mit folgenden eigenhändig geschriebenen Worten und der abgekürzten Unterschrift des Kaisers:

»Thätigkeit und Schnelligkeit
Nap.«

Als diese beiden Depeschen abgeschickt waren, ließ Napoleon den Lieutenant Ludwig Richard kommen. Dieser war ganz erfreut, daß er seinen Bruder wieder gesehen, und durch zweistündige Ruhe gestärkt, jeden Augenblick bereit seine Rückreise nach Italien einzutreten. Der Kaiser übergab ihm folgendes Schreiben an den Prinzen Eugen:

»Prinz! Sie haben durch die Schlappe, die Sie zu Pordenone bekommen, jede Hoffnung verloren, mit uns in Wien einzuziehen, wo wir wahrscheinlich am 15. des nächsten Monats eintreffen werden. Vereinigen Sie sich so schnell als möglich mit uns und marschiren Sie gerade auf die Hauptstadt Oesterreichs los. An den ursprünglichen Befehlen, die ich Ihnen ertheilt, wird nichts geändert.

»Mehr habe ich Ihnen nicht mitzutheilen. Gott nehme Sie in seinen heiligen Schutz.

Napoleon.«

»P. S. General Macdonald erhält Befehl, sich zur italienischen Armee zu begeben. Ich gebe ihm besondere Weisungen, die er nur ihnen mittheilen wird.«

Der junge Offizier empfing das Schreiben aus der Hand des Kaisers, verneigte sich, verließ das Zimmer und stieg sogleich zu Pferde.

Als diese Depeschen abgeschickt waren, begab sich der Kaiser von Donauwörth nach Ingolstadt. Hier kam er zwischen Regensburg und Augsburg, d. i. in den Mittelpunkt der Bewegung Wir haben die verschiedenen Entfernungen zwischen Donauwörth, Regensburg und Augsburg angegeben.

Massena erhielt seine Befehle gegen fünf Uhr und konnte die nöthigen Vorkehrungen treffen, um am 18. bei Tagesanbruch abzumarschiren; Davoust hingegen erhielt die für ihn bestimmte Depesche erst am späten Abend. Der Letztere brauchte den ganzen folgenden Tag (18.), um seine fünfzigtausend Mann zusammenzuziehen und sich mit der Division Friant zu vereinigen, die auf dem Marsche von Baireuth nach Amberg mit dem österreichischen Armeecorps des Generals Bellegarde zusammengestoßen war und durch seine gute Haltung den Marsch des Corps, zu welchem sie gehörte, gedeckt hatte. Dieses Bellegarde’sche Corps, welches etwa fünfzigtausend Mann stark war, mußte von dem bevorstehenden Kampfe womöglich fern gehalten werden: es war das böhmische Armeecorps,das der Erzherzog Carl in seinem Concentrationssystem herbeizog.

Der Marschall Davoust hatte daher am 18. vollauf zuthun, um die Divisionen Saint-Hilaire und Gudin sammt der schweren Cavallerie des Generals Saint-Sulpice von dem rechten auf das linke Donauufer rücken zu lassen, während die leichte Cavallerie des Generals Montbrun, die sich fächerförmig ausbreitete, bis gegen Straubing, Eckmühl und Abach vordrang, um die wirkliche Stellung des Erzherzogs Carl kennen zu lernen, denn der Marschall Davoust fühlte sich, als ob ihm die Luft drückend geworden wäre, instinktmäßig aus zwei Seiten bedroht: auf der einen von der ungarischen Armee, auf der andern von der Hauptmasse des österreichischen Heeres.

Der allgemeine Sammelplatz war, wie wir gesehen, auf der Hochebene um Abensberg.

Am l9. Früh setzte sich der Marschall Davoust in Marsch. Wir schreiben keine Geschichte dieses berühmten Feldzuges und schildern daher auch nicht den meisterhaften Marsch des Marschalls auf dem rechten Donauufer. Mitten in diesen furchtbaren Ereignissen verfolgen wir nur den dunkeln Faden einer Verschwörung, deren Zweck war, mit einem Dolchstoß zu vollbringen, was die Glücksgöttin nicht mit Schwert, Gewehr und Kanonen vollbringen wollte. Wir begleiten Napoleon auf seiner gefahrvollen Bahn, denn er zumal wurde von den im vorigen Capitel erzählten Ereignissen bedroht.

In der Nacht vom 19. zum 20. war er von Ingolstadt«stromabwärts gegangen und hatte erfahren, daß die Oesterreicher, die bis Abensberg vorgedrungen waren, nach einem »kleinen Gefecht den Rückzug angetreten hatten, und daß die Hochebene, wo die Truppen darauf erscheinen sollten, frei war.«

Am 19. hatte man den ganzen Tag Kanonendonner gehört. Am 20. war eine kleine Reiterschaar, aus dem Kaiser, dem ganzen Generalstabe des Fürsten von Neuchâtel und einer Abtheilung Garde bestehend, auf dem Plateau von Abensberg angekommen und hatte auf dem höchsten Punkte, etwa hundert Schritte von dem Hause des Pastor Blum, angehalten.

Man hatte Napoleon angeboten, in einem Hause zu verweilen, aber er wollte lieber im Freien bleiben. Auf der Stelle, wo er anhielt, konnte er die ganze Gegend übersehen. Ueberdies hatte der Fürst von Neuchâtel, in Folge einer Unterredung mit seinem Spion Schlick, ganz ungewöhnliche Vorsichtsmaßregeln getroffen. Schon Abends vorher hatte das ganze in Abensberg liegende Regiment Befehl erhalten, sich in den Häusern, die der Anhöhe zunächst standen, und in den Burgruinen einzuquartieren; auch die Zwischenräume zwischen jenen Häusern wurden mit lagernden Soldaten besetzt.

Napoleon war daher, ohne daß er’s bemerkte, von einem Kreise wachsamer Soldaten umgeben. Er dachte übrigens auch nie an derlei Vorsichtsmaßregeln, er ließ seine Umgebungen dafür sorgen: ob er nun wie ein Christ an die Vorsehung, wie ein Muselmann an eine Vorherbestimmung, oder wie ein Römer an ein unabwendbares Geschick glaubte, genug, er bot seine Brust den Kugeln des Feindes, wie dem Dolche des Meuchlers, sein Leben war in der Hand Gottes, der seine Absichten mit ihm hatte.

Wie gewöhnlich brachte man ihm einen Tisch, breitete Karten auf demselben aus und stattete ihm Berichte ab.

Tags zuvor hatte sich Folgendes ereignet: Der Marschall Davoust war mit Tagesanbruch von Regensburg abmarschirt. Sein Corps war in vier Colonnen getheilt. Die Vorhut, welche die äußerste Linke bildete, rückte auf der großen Heerstraße über Eckmühl nach Landshut vor und zwei Colonnen marschirten im Centrum auf Feldwegen; der äußersten Rechten, die aus den Gepäck- und Munitionskarren bestand, war die an der Donau nach Mainburg führende Straße angewiesen.

 

Der Erzherzog Carl stand bei Rohr, auf einem Plateau, das jenem bei Abensberg ähnlich ist, und zugleich das Donauthal und das Thal der großen Laber beherrscht; er glaubte den Marschall Davoust noch in Regensburg zu finden und faßte daher an demselben Tage, wo der Marschall seinen denkwürdigen Marsch unternahm, den Entschluß, ihn zugleich mit den 80,000 Mann, die er bei sich hatte, und den 50,000 Mann Bellegarde’s von zwei Seiten anzugreifen. Das letztere Corps war, wie wir gesehen, von Böhmen her in Anmarsch uns hatte das erwähnte Gefecht mit der Division Friant bestanden.

Die Folge dieser doppelten Truppenbewegungen war, daß Napoleon die Umgegend von Abensberg leer fand, und daß in Regensburg nur das von Davoust zurückgebliebene Regiment geblieben war. Aber die beiden Armeen mußten auf der Diagonallinie, die sie eingeschlagen, endlich zusammentreffen. Erzherzog Carl marschirte am östlichen Abhange der Hügelkette, die das Donauthal von dem Thale der großen Laber trennt, während der Marschall Davoust am westlichen Abhange marschirte.

Um neun Uhr Morgens überschritten zwei französische Colonnen die Hügelkette und kamen von dem westlichen Abhange auf den östlichen. Die Division Gudin, welche die äußerste Linke bildete, hatte die Tirailleurs des 7. leichten Regiments weit vorausgeschickt. Letztere trafen mit den österreichischen Tirailleurs des Generals von Rosenberg zusammen und wechselten mit denselben einige Schüsse. Aber der Marschall Davoust, der sogleich erkannte, daß es nur ein unbedeutendes Scharmützel war, sprengte im Galopp herbei und gab den beiden Colonnen persönlich den Befehl ihren Marsch fortzusetzen; den Tirailleurs hingegen befahl er sich zurückzuziehen und das Dorf Schneidau zu räumen. Dieses wurde sofort von den österreichischen Tirailleurs besetzt, und das Rosenberg’sche Corps, zu welchem sie gehörten, rückte gegen Dingling, während das Corps des Generals Hohenzollern den ebenfalls von den Franzosen geräumten Ort Hausen besetzte. Die leichte Infanterie Davoust’s besetzte einen großen Wald, der sich dem Dorfe Tengen gegenüber in Form eines Hufeisens ausbreitete

Hier mußte ein Zusammenstoß zwischen dem linken Flügel der Franzosen und der Oesterreicher erfolgen. Und dieser Zusammenstoß war furchtbar: bei Dingling entbrannte der Kampf zwischen Montbrun und Rosenberg; bei Tengen kämpften St. Hilaire und Friant gegen Hohenzollern und die Prinzen Ludwig und Moriz Liechtenstein. Außerdem wurde auf allen Zwischenpunkten gekämpft.

Der Erzherzog Carl hatte sich indeß geirrt: er hielt unsere äußere Linke für unsere äußerste Rechte; er glaubte Napoleon und die Hauptmasse des französischen Heeres vor sich zu haben, während letztere zwischen der Donau und seiner äußersten Linken vorrückte. Die Folge dieses Irrthums war, daß der Erzherzog mit zwölf Grenadierbataillonen dem Kampfe von einer Anhöhe ruhig zusah, denn er wollte keine entscheidende Schlacht wagen, bevor er sich nicht mit dem Corps des Erzherzogs Ludwig vereinigt. Er schickte daher dem Letztern seine Befehle und rüstete sich für den folgenden Tag zum Angriff.

Ueber diesen Kampf erfuhr Napoleon Folgendes: die Vorhut des Generals Montbrun hatte zweihundert Mann die Division Friant dreihundert, die Division St. Hilaire siebzehn hundert, die Division Morand fünfundzwanzig, das bairische Corps hundert bis hundertfünfzig Mann verloren. Der ganze Verlust belief sich auf etwa zweitausendfünfhundert Mann. Der Feind hatte bei Dingling fünfhundert, bei Tengen viertausendfünfhundert, bei Buch und Arnhofen sieben- bis achthundert im Ganzen gegen sechstausend Mann verloren.

Was dem Erzherzog Carl, dem bewährten Feldherrn, entgangen war, sah Napoleon, wie der Adler, den er in seinem Banner führte; er schwebte mit den Flügeln seines Genies über den Ereignissen.

Fast zugleich mit ihm traf der Marschall Davoust zu Abensberg ein. Das Corps des Letzteren rückte von Neustadt an, und die Division Wrede hielt sich bereit die Abens zu überschreiten.

Napoleon entwarf schnell seinen Plan: die französischen Truppen sollten Tengen umgehen, die Posten des österreichischen Centrums angreifen, die Operationslinie des Erzherzogs Carl in zwei Theile scheiden, seine Nachhut in die Donau treiben und sich dann wenden, um den feindlichen Feldherrn, falls er nicht in dem zerstreuten Theile der Armee wäre, mit aller Gewalt von zwei Seiten anzugreifen. Er befahl daher dem Marschall Davoust mit 24,000 Mann in Tengen zu bleiben, unterdessen sollte Lannes mit 25,000 Mann gerade vorrücken und Rohr um jeden Preis nehmen, und der Marschall Lefèbvre erhielt den Befehl mit seinen 40,000 Baiern und Würtembergern Arnhofen und Offenstein zu nehmen.

Da er endlich voraussah, daß die österreichische Nachhut auf dem Rückzuge den Versuch machen würde, bei Landshut über die Donau zu gehen, befahl er dem Marschall Massena, der ihm bei dem ohnehin 90,000 Mann starken Hauptcorps nichts nützen konnte, über Freisingen und Moosburg gegen Landshut zu rücken.

Dann musterte er die Baiern und Würtemberger, die auf den Feinden die Bundesgenossen der Franzosen geworden waren; jede vorübermarschirende Truppenabtheilung redete er an, und die Offiziere wiederholten seine Worte in deutscher Sprache.

»Völker des großen deutschen Stammes,« sagte er zu ihnen, »heute kämpft Ihr nicht für mich, sondern für eure Nationalität Bald werde ich Euch dauernden Frieden wiedergeben, und eure Macht wird dergestalt wachsen, daß Ihr Euch selbst werdet vertheidigen können gegen die Anmaßungen eurer früheren Bedrücker Uebrigens,« setzte er hinzu, indem er zu Pferde stieg und in ihre Reihen ritt, »werde ich heute mit Euch kämpfen; ich lege das Geschick Frankreichs und mein Leben in eure treuen Hände.«

Kaum hatte er diese Worte gesprochen, so krachte ein Schuß, und dem Kaiser wurde der Hut vom Kopf gerissen.

Dieser Schuß wurde jedoch mitten in dem Tumult kaum gehört, und der Fall des Hutes wurde einer etwas ungestümen Bewegung des Pferdes zugeschrieben.

Ein bairischer Offizier trat aus den Reihen, hob den Hut auf und reichte ihn dem Kaiser.

Napoleon warf einen flüchtigen Blick auf den Hut und setzte ihn wieder auf.

Dann setzte sich die Truppenmasse in Bewegung und rückte gegen Arnhofen vor.

Unten im Thale näherte sich Berthier dem Kaiser, um seine legten Befehle zu empfangen. Napoleon gab sie ihm, dann nahm er seinen Hut ab und zeigte dem Chef des Generalstabes das von einer Kugel geschlagene Loch.

»Sechs Zoll tiefer,« sagte er mit der größten Ruhe, »und der König von Frankreich hieß Ludwig XVIII.«

Berthier erblaßte, als er sah, in welcher Gefahr der Kaiser geschwebt hatte; er wandte sich zu einem Adjutanten und sagte:

»Rufen Sie aus der Stelle den Lieutenant Paul Richard!«

VII.
Fünf Siege in fünf Tagen

Napoleons Erwartungen gingen in Erfüllung Lannes, der mit 20,000 Mann Linieninfanterie, 1500 reitenden Jägern und 3500 Kürassieren den linken Flügel bildete, marschirte gegen Rohr, das er, wie schon erwähnt, um jeden Preis nehmen sollte. Der Weg führte durch ein stark bewaldetes und von vielen Schluchten durchschnittenes Land. So stieß er auf die Flanke der Infanterie des österreichischen Generals Thierry, dessen Cavallerie schon voraus war. Er ließ dieses Fußvolk mit seinen 1500 reitenden Jägern im stärksten Galopp angreifen. Statt ein Quarré zu formieren und den Angriff abzuwarten, zog sich die Infanterie, die nicht wußte, daß die Reiterschaar so klein war, gegen den Wald zurück; aber ehe sie diesen erreichte, wurde sie vollends auseinandergetrieben. Der General Thierry zog sich nach Rohr zurück, wo er seine Streitkräfte mit den dort stehenden vereinigte. Aber Lannes gedachte des erhaltenen Befehls: Rohr um jeden Preis zu nehmen, und verfolgte den sich zurückziehenden Feind. 3000 österreichische Husaren wurden den französischen Chasseurs entgegengeschickt, aber Lannes sah diese Bewegung und ließ die Husaren durch ein schnell herbeigezogenes Kürassierregiment, welches sich mit den Chasseurs vereinigte, mit solchem Ungestüm angreifen, daß sich die Husaren in das Dorf zurückziehen mußten.

Nun rückte auch die Infanterie des Marschalls Lannes an. Das dreißigste Regiment, durch die Kürassiere unterstützt, griff das Dorf von vorn an, während das dreizehnte und siebzehnte dasselbe von beiden Seiten umzingelten. Nach einem halbstündigen Kampfe zog sich der Feind von Rohr nach Rothenburg zurück.

Lonnes schickte einen reitenden Boten ab, um dem Kaiser die Einnahme von Rohr zu melden, und erklärte, er werde den Feind verfolgen, so lange als er sehen und feuern könne«

Napoleon erhielt die Nachricht in dem Augenblicke als seine Würtemberger und Baiern den Feind von Neustadt nach Landshut zurücktrieben. Die Verfolgung dauerte den ganzen Tag, erst in Pfaffenhausen rasteten die österreichischen Truppen.

Auf die Kunde von der Einnahme Rohrs eilte Napoleon dem Lannes’schen Corps nach. Abends traf er in Rothenburg ein, wo Lannes, seinem Versprechen gemäß, erst mit Einbruch der Nacht angehalten hatte. Das Kriegsglück war ihm überaus günstig gewesen: er hatte kaum 200, der Feind hingegen an 4000 Mann an Todten und Gefangenen verloren. Unter den Gefangenen war der General Thierry – Die Baiern und Würtemberger unter Lefèbvre hatten1000 Mann verloren, dem über die Isar zurückgeworfenen Feinde aber einen Verlust von 3000 Mann beigebracht.

Der wichtigste Vortheil, den Napoleon erlangte, war nicht der Verlust von 13- bis 14,000 Mann, den der Feind erlitt, sondern die Trennung des Erzherzogs Carl von seinem linken Flügel. Die österreichische Armee war durch das von Napoleon selbst befehligte 100,000 Mann starke französische Hauptcorps in zwei Hälften zerrissen worden, deren jede vereinzelt einen Eingriff schwerlich auszuhalten vermochte. Napoleon wußte freilich nicht genau, wo das Corps des Erzherzogs stand; er vermuthete es an der Isar und beschloß dasselbe mit seiner ganzen Truppenmacht beim Uebergange über diesen Fluß, der sich etwa acht Meilen von Landshut in die Donau ergießt, zu überfallen, Dieser Übergang mußte aller Wahrscheinlichkeit nach bei Landshut stattfinden. Wenn Massena auf seinem Marsche kein Hinderniß gefunden hatte, so waren alle zwischen Napoleons Hauptmacht und der Isar stehenden Oesterreicher verloren.

Der Marschall Davoust, der sich in Tengen festgesetzt, erhielt daher Befehl, der Bewegung des Heeres gegen die Isar zu folgen und sich um die wenigen Truppen, die er vor sich hatte, nicht weiter zu kümmern. Napoleon glaubte nemlich, er verfolge das Corps des Erzherzogs Carl, und daß die »wenigen Truppen,« die der Marschall Davoust vor sich hatte, die Hauptmasse der österreichischen Armee bildeten. Wie konnte er auch denken, daß der beinahe 60,000 Mann starke Feind seit sechsunddreißig Stunden kein Lebenszeichen gegeben hatte! Der Erzherzog, der nicht wußte, daß die französische Armee zwischen ihm und der Donau vorgerückt war, erwartete nemlich am 20. einen Angriff Napoleons; er selbst wollte vor seiner Vereinigung mit dem 50,000 Mann starken Corps des Erzherzogs Ludwig nicht angreifen. Aber der Kanonendonner, den er hinter sich vernahm, bewog ihn zur Umkehr; er wandte sich wieder gegen Regensburg, wo er die böhmische Armee finden sollte, und stellte sich unweit Eckmühl auf der nach Landshut führenden Straße auf.

Napoleon legte seine Kleider nicht ab, denn die Verfolgung seines Planes ließ ihm keine Ruhe; aber das österreichische Heer war auf zwei verschiedenen Straßen, über Rothenburg und Pfaffenhausen in der Nacht nach Landshut gekommen. Napoleon wußte freilich noch nicht, ob es das Hauptheer oder nur ein verhältnismäßig kleiner Theil desselben war; er wußte nicht, ob nicht Davoust, den er hinter sich zurückließ, mit seinen 24,000 Mann durch einen kühnen Handstreich des Feindes überrumpelt werden konnte. Ein Blitz seines Genies erleuchtete ihn in jener Nacht, die zwei Tage des Sieges trennte. Er schickte dem Marschall die Division des General Demont, die Kürassiere des General Nansouty, die bairischen Divisionen des General Deroy und des Kronprinzen zu Hilfe, während er selbst mit den 25,000Mann des Marschall Lannes und den Baiern unter Wrede vorrückte, um die Oesterreicher gegen Landshut zu drängen, wo er überdies auch Massena mit etwa 30,000 Mann zu finden hoffte.

Gegen neun Uhr Morgens war Napoleon mit der Infanterie des General Moreau, mit den Cuirassieren und der leichten Cavallerie zu Altdorf. Auf dem ganzen Wege hatte man Verwundete, Gepäck und Geschütze gefunden. Hier, am Eingange eines Waldes, auf einer Anhöhe, welches die fruchtbare, von der Isar durchströmte Ebene beherrscht, im Angesicht der Stadt Landshut hielt er an.

Es war ein schöner Anblick für einen Sieger. Der Feind war auf dem Rückzuge; Cavallerie, Infanterie, Artillerie zog über die Brücken; es herrschte eine entsetzliche Verwirrung. Napoleon hätte die Armee mit einem Schlage vernichten können. Er hatte freilich nur 8- bis 10,000 Mann bei sich; die übrigen Truppen waren noch zurück. Bessières und Lannes griffen diese ihnen weit überlegene, aber auf einen Kampf nicht vorbereitete Truppenmasse mit Kürrassieren, Chasseurs und leichter Infanterie an, Die Cavallerie kam aus dieser Verwirrung hervor und suchte den den Angreifern Widerstand zu leisten; aber Kürassiere, Chasseurs und Fußvolk, durch den bisherigen glücklichen Erfolg ermuthigt und durch die Anwesenheit Napoleons angeeifert, durchbrachen die Cavallerie, und auch die in der Eile zusammengezogene feindliche Infanterie wurde von der inzwischen eingetroffenen Division Morand geworfen und gegen die Brücken gedrängt. Unglücklicherweise hatte die Artillerie nicht folgen können; man hätte mit zehn Kanonen die dichtgedrängten Massen, die mit Säbel und Bajonnet angegriffen werden mußten, vernichten können.

 

Inzwischen erbeutete man in der Ebene viele Geschützt, Gepäckwagen und sogar eine vortreffliche Brückenequipage; viele Flüchtlinge, welche die Brücke nicht erreicht hatten, ergaben sich.

Die Heeresabtheilungen, die über die Brücken gegangen waren, zogen sich theils nach Neumark und Mühldorf, theils in die Stadt Landshut zurück. Massena’s Truppen kamen zu spät, um ihnen den Rückzug abzuschneiden

Plötzlich stieg in der Richtung der Hauptbrücke ein dichter Rauch auf; die Oesterreicher hatten die Brücke angezündet.

Napoleon wandte sich zu einem seiner Adjutanten und sprach nur das eine Wort: »Vorwärts« Der General verstand ihn, stellte sich an die Spitze des siebzehnten Regiments und führte es mit den Worten: »Der-Kaiser sieht Euch . . . folget mir!« gerade auf die brennende Brücke zu. Das Regiment ging, von Wasser, Feuer und Kugeln bedroht, im Sturmschritt über die Brücke und drang in die abschüssigen Straßen von Landshut.

Von allen-Seiten rückten nun französische Truppen nach. Napoleon mit 25,000, Werde mit 20,000, Massena mit 20,000 Mann. Gegen diese Uebermacht, zumal unter den obwaltenden Verhältnissen, war kein Widerstand mehr möglich; Der Feind verlor wenig an Todten und Verwundeten, vielleicht 2- bis 3000 Mann; aber Napoleon machte 7- bis 8,000 Gefangene und erbeutete viele Geschütze und anderes Kriegsmaterial. Der größte Schade aber, den der Feind erlitt, war das Durchbrechen der Operationslinie und die Unmöglichkeit, dieselbe wieder herzustellen.

Plötzlich hielt Napoleon an und lauschte. Hinter ihm, zwischen der großen und kleinen Laber vernahm man Kanonendonner. Sein geübtes Ohr erkannte, daß in einer Entfernung von etwa acht Stunden gekämpft wurde. Ohne Zweifel hatte Davoust auf seinem Marsche den Feind getroffen; aber welchen Feind? War’s das von Böhmen anrückende Armeecorps Bellegarde’s, oder war’s das vom Prinzen Carl befehligte Heer? Denn er begann zu glauben und zu hoffen, daß er das letztere hinter sich gelassen. Oder hatte es Davoust mit beiden, d. i. mit einer Truppenmasse von etwa 110,000 Mann zu thun? Für die 40,000 Mann, über die Davoust zu verfügen hatte, wäre eine dieser beiden Armen schon Zuviel gewesen. Napoleon konnte seine Stellung nicht verlassen; würde dem Feinde dadurch ein Mittel an die Hand gegeben haben, seine Streitkräfte wieder zusammenzuziehen und ihm in den Rücken zu fallen. Er mußte warten und sich auf den Muth und die Klugheit des Marschalls Davoust verlassen; aber er war sehr unruhig.

Inzwischen dauerte der Kanonendonner mit gleicher Heftigkeit fort und zog sich gegen Eckmühl. Erst bei Einbruch der Nacht wurde das Feuer eingestellt. In der vorigen Nacht hatte sich Napoleon in vollen Kleidern auf sein Feldbett geworfen; dieses Mal legte er sieh gar nicht nieder.

Um elf Uhr Abends wurde der General Piré als Abgesandter des Marschall Davoust gemeldet. Napoleon eilte dem General entgegen.

»Nun, wie steht’s?« fragte er, ehe der General Zeit hatte den Mund aufzuthun.

»Alles geht gut, Sire,« antwortete der General.

»Ah! Sie sind’s, Piré? Das freut mich . . . Erzählen Sie mit, was drüben vorgegangen ist.«

Piré erzählte nun dem eisenfesten Manne, der am Tage kämpfte und in der Nacht wachte, was sich im Laufe des Tages zugetragen hatte. Davoust hatte auf seinem Marsche die Generale Hohenzollern und Rosenberg angegriffen und gegen Eckmühl zurück geworfen Während dieses Rückzugs der Feinde hatte man die beiden Dörfer Paring und Schirling mit dem Bajonnete genommen, und bereits drei Stunden gekämpft, als die von Napoleon abgeschickte Verstärkung ankam.

Davoust hatte nun eingesehen, daß ihn der Kaiser nicht mehr brauchte, denn er schickte ihm ja 20,000 Mann zu Hilfe, er hatte daher nichts zu thun, als ihm den Feind im Schach zu halten.

Der Feind hatte sich in Eckmühl festgesetzt und schien sich hartnäckig vertheidigen zu wollen. Davoust ließ nur die Geschütze gegen den Ort spielen; dies war überdies auch das einfachste Mittel, dem Kaiser Nachricht zu geben. Napoleon verstand keine Sprache besser als den Kanonendonner.

Davoust hatte 1400, der Feind gegen 3000 Mann verloren. Bei Landshut hatten die Oesterreicher 7000 Mann, größtentheils an Gefangenen, eingebüßt, so daß sich ihr Gesammtverlust an diesem Tage auf etwa 10,000 Mann belief, Napoleon hatte nur 300 Mann verloren.

Während der General noch Bericht abstattete, wurde ein von Regensburg kommender Courier gemeldet Er hatte den Weg über Abensberg, Pfaffenhausen und Altdorf genommen, und dies war dieselbe Straße, auf welcher Napoleon vorgerückt war.

Davoust hatte, wie früher erwähnt, Befehl erhalten, ein Regiment in Regensburg zu lassen. Ein Regiment war freilich sehr wenig, aber Napoleon brauchte alle seine Streitkräfte und wollte nicht mehr zurücklassen. Davoust hatte das unter dem Befehl des Obersten Coutard stehende 65. Regiment gewählt; er wußte, daß er sich auf das Regiment und auf dessen Befehlshaber verlassen konnte. Der Oberst Coutard sollte die Stadtthore verrammeln, die Straßen mit Barrikaden absperren und sich aufs Aeußerste vertheidigen.

Am 19 April, wo bei Abensberg gekämpft wurde, war das 50,000 Mann starke böhmische Armeecorps vor Regensburg erschienen. Das Regiment hatte aus der Stadt gefeuert und dem Feinde 800 Mann todtgeschossen. Aber am folgenden Tage war das Corps des Prinzen Carl, von Landshut kommend, auf dem andern Donauufer erschienen. Das Regiment hatte gegen dieses neue Heer den Rest seiner Patronen verschossen. Eine Stadt wie Regensburg, mit zweitausend Bajonneten gegen eine Armee von mehr als hunderttausend Mann zu vertheidigen, war unmöglich; Oberst Coutard hatte die Unterhandlungen wegen der Uebergabe wenigstens in die Länge gezogen, und endlich gegen fünf Uhr Nachmittags hatte er sich ergeben, zugleich aber freien Abzug für seinen Courier verlangt. Der Courier war sogleich im Galopp fortgeritten und traf um ein Uhr Nachts in Landshut ein. Die Nachricht, welche er überbrachte, war höchst wichtig. Oberst Coutard befand sich mit seinem Regiment zwar in der Gewalt des Feindes, aber Napoleon erhielt doch zuverlässige Kunde über die Stellung des letzteren. Die böhmische Armee hatte sich mit der österreichischen vereinigt und Erzherzog Carl hielt das Land von Eckmühl bis Regensburg besetzt. Der Feind, den Davoust in Schach halten sollte, war also der Prinz Carl mit seinem Heere; der Marschall brauchte nur mit seinen 40,000 Mann von der einen Seite, Napoleon mit seinen 80,000 von der andern gegen Eckmühl anzurücken, und der Gegner konnte nicht entrinnen. Es war indeß keine Zeit zu verlieren, der General Piré stieg wieder zu Pferde und sprengte nach Eckmühl zurück, um dem Marschall Davoust anzuzeigen, daß der Kaiser mit allen seinen Streitkräften zwischen zwölf und ein Uhr eintreffen werde. Seine Anwesenheit sollte durch einen Donnerschlag kundgegeben werden. Man wollte fünfzig Kanonen zugleich abfeuern, dann sollte Davoust angreifen.