Umwandlungsgesetz

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§ 25 Schadenersatzpflicht der Verwaltungsträger der übertragenden Rechtsträger

(1) 1Die Mitglieder des Vertretungsorgans und, wenn ein Aufsichtsorgan vorhanden ist, des Aufsichtsorgans eines übertragenden Rechtsträgers sind als Gesamtschuldner zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den dieser Rechtsträger, seine Anteilsinhaber oder seine Gläubiger durch die Verschmelzung erleiden. 2Mitglieder der Organe, die bei der Prüfung der Vermögenslage der Rechtsträger und beim Abschluss des Verschmelzungsvertrags ihre Sorgfaltspflicht beobachtet haben, sind von der Ersatzpflicht befreit.

(2) 1Für diese Ansprüche sowie weitere Ansprüche, die sich für und gegen den übertragenden Rechtsträger nach den allgemeinen Vorschriften auf Grund der Verschmelzung ergeben, gilt dieser Rechtsträger als fortbestehend. 2Forderungen und Verbindlichkeiten vereinigen sich insoweit durch die Verschmelzung nicht.

(3) Die Ansprüche aus Absatz 1 verjähren in fünf Jahren seit dem Tage, an dem die Eintragung der Verschmelzung in das Register des Sitzes des übernehmenden Rechtsträgers nach § 19 Abs. 3 bekannt gemacht worden ist.

Kommentierung

I.Überblick1

II.Schadensersatzpflicht (Abs 1 S 1)2 – 23

1.Schadensersatzpflichtige Personen2 – 8

a)Mitglieder des Vertretungsorgans3

b)Mitglieder des Aufsichtsorgans4

c)Zeitpunkt der Organmitgliedschaft5

d)Gesamtschuldnerische Haftung6

e)Übertragender Rechtsträger7, 8

2.Anspruchsvoraussetzungen9 – 18

a)Pflichtverletzung10 – 12

aa)Prüfung der Vermögenslage11

bb)Abschluss des Verschmelzungsvertrags12

b)Verschmelzungsschaden13

c)Kausalität14

d)Verschulden/Exkulpation (Abs 1 S 2)15, 16

e)Haftungsausschluss17

f)Verjährung (Abs 3)18

3.Anspruchsinhaber19 – 22

a)Übertragender Rechtsträger20

b)Anteilsinhaber21

c)Gläubiger22

4.Konkurrenz mit anderen Vorschriften23

III.Fortbestehensfiktion (§ 25 Abs 2)24 – 26

Ausgewählte Entscheidungen:

BGHZ 171, 293 = NJW-RR 2007, 1487; BAG NZA 2009, 790; OLG Frankfurt AG 2007, 559; OLG Stuttgart Beschluss v 14.10.2010 – 20 W 16/06; OLG Schleswig Urteil v 6.6.2012 – 9 U 2/11.

Literatur:

Austmann/Frost Vorwirkungen von Verschmelzungen, ZHR 169 (2005), 431; Blasche/Söntgerath Verschmelzung: Möglichkeiten des übertragenden Rechtsträgers zur Einflussnahme auf die Geschäftspolitik des übernehmenden Rechtsträgers, BB 2009, 1432; Clemm/Dürrschmidt Überlegungen zu den Sorgfaltspflichten für Vertretungs- und Aufsichtsorgane bei der Verschmelzung von Unternehmen gem § 25 und § 27 UmwG, FS Widmann, 2001, S 3; Kiem Die Ermittlung der Verschmelzungswertrelation bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung, ZGR 2007, 542; Klein/Stephanblome Der Downstream Merger – aktuelle umwandlungs- und gesellschaftsrechtliche Fragestellungen, ZGR 2007, 351; Pöllath/Philipp Unternehmenskauf und Verschmelzung: Pflichten und Haftung von Vorstand und Geschäftsführer, DB 2005, 1503; Schnorbus Grundlagen der persönlichen Haftung von Organmitgliedern nach § 25 Abs 1 UmwG, ZHR 167 (2003), 666; von der Linden Umtauchverhältnis bei der Fusion Daimler Benz/DaimlerChrysler war angemessen (Anm zu OLG Stuttgart Beschl v 14.10.2010 – 20 W 16/06), GWR 2010, 553; Wälzholz Aktuelle Probleme der Unterbilanz- und Differenzhaftung bei Umwandlungsvorgängen, AG 2006, 469.

I. Überblick

1

§ 25 Abs 1 ist eine Anspruchsgrundlage für den übertragenden Rechtsträger, seine Anteilsinhaber und seine Gläubiger gegen die Mitglieder des Vertretungsorgans und – falls vorhanden – des Aufsichtsorgans des übertragenden Rechtsträgers. Nach § 25 Abs 1 wird der den Anspruchsinhabern (Rn 19 ff) durch die Verschmelzung entstandene Schaden ersetzt („Verschmelzungsschaden“; Ersatz des finanziellen Schadens, keine Naturalrestitution durch Rückgängigmachung der Verschmelzung, § 20 Abs 2, vgl Kübler in Semler/Stengel, § 25 Rn 17; Schmitt/Hörtnagl/Stratz § 25 Rn 2). § 25 Abs 2 ordnet für diese Ansprüche die Fiktion des Fortbestehens des übertragenden Rechtsträgers an. Da der übertragende Rechtsträger mit der Eintragung der Verschmelzung in das Register des Sitzes des übernehmenden Rechtsträgers erlischt (§ 20 Abs 1 Nr 2) und der übernehmende Rechtsträger Gesamtrechtsnachfolger (§ 20 Abs 1 Nr 1) wird, müsste der Schaden des übertragenden Rechtsträgers ohne die Fiktion dem übernehmenden Rechtsträger ersetzt werden und würde somit auch dessen Anteilsinhaber und Gläubiger begünstigen. § 25 Abs 3 regelt die Verjährung der Ansprüche nach Abs 1 (zur Verjährung der Schadensersatzansprüche gegen Organe des übernehmenden Rechtsträgers s § 27). § 26 schreibt ein bes Verfahren für die Geltendmachung der Ansprüche nach § 25 Abs 1 und 2 vor (§ 26 Rn 1).

II. Schadensersatzpflicht (Abs 1 S 1)

1. Schadensersatzpflichtige Personen

2

Die Mitglieder des Vertretungsorgans und – falls vorhanden – die Mitglieder des Aufsichtsorgans eines jeden übertragenden Rechtsträgers sind (als Gesamtschuldner iSd §§ 421 ff BGB) zum Schadensersatz nach Abs 1 verpflichtet – nicht jedoch die Anteilsinhaber der beteiligten Rechtsträger (BGHZ 171, 293).

a) Mitglieder des Vertretungsorgans

3

Wer Mitglied des Vertretungsorgans ist, ergibt sich aus den gesetzlichen Regelungen zur Vertretung des jeweiligen übertragenden Rechtsträgers. Dies sind bei der GmbH, einschließlich deren durch das MoMiG neu eingeführten Unterform (vgl § 5a GmbHG) der UG (haftungsbeschränkt), die Geschäftsführer (§ 35 Abs 1 GmbHG), bei der AG der Vorstand (§§ 76, 78 Abs 1 AktG), bei der KGaA die nicht von der Vertretung ausgeschlossenen persönlich haftenden Gesellschafter (§ 278 AktG, §§ 161 ff HGB; hM; aA Kübler in Semler/Stengel, § 25 Rn 4; Schmitt/Hörtnagl/Stratz § 25 Rn 6, die unabhängig von seiner Vertretungsmacht jeden geschäftsführungsbefugten Gesellschafter einbeziehen wollen), bei der OHG jeder nicht durch Gesellschaftsvertrag von der Vertretung ausgeschlossene Gesellschafter (§ 125 Abs 1 HGB), bei der KG jeder Komplementär (§§ 161 Abs 2, 125, 170 HGB), bei der GbR jeder Gesellschafter soweit er nicht von der Vertretung ausgeschlossen ist (§ 715 BGB, §§ 709, 714 BGB), bei der PartGes jeder Partner soweit er nicht von der Vertretung ausgeschlossen ist (§ 7 Abs 3 PartGG iVm § 125 Abs 1 HGB), bei der Genossenschaft der Vorstand (§ 24 Abs 1 GenG), beim Verein der Vorstand (§ 26 Abs 2 BGB), bei genossenschaftlichen Prüfungsverbänden der Vorstand (§ 63b Abs 1 GenG iVm § 26 Abs 2 BGB), bei VVaG der Vorstand (§ 34 VAG iVm § 78 Abs 1 AktG). Der bes Vertreter gem § 26 Abs 1 UmwG zählt im Rahmen seines Aufgabenkreises ebenfalls zu den Organen der Gesellschaft (OLG Schleswig 6.6.2012 – 9 U 2/11; LG München NJW 2009, 3794, 3795).

 

b) Mitglieder des Aufsichtsorgans

4

Die Schadensersatzpflicht nach Abs 1 trifft auch die Mitglieder eines vorhandenen Aufsichtsorgans, unabhängig davon, ob es sich um einen obligatorischen oder freiwilligen Aufsichtsrat handelt. Die Mitglieder eines freiwilligen Beirats oder Beratungsgremiums haften jedoch nicht, sofern ihnen lediglich Beratungsaufgaben und keine Kontrollpflichten zukommen (wie hier Marsch-Barner in Kallmeyer, § 25 Rn 4; Henssler/Strohn/Müller UmwG, § 25 Rn 5; Kübler in Semler/Stengel, § 25 Rn 5; Schmitt/Hörtnagl/Stratz § 25 Rn 7; Vossius in Widmann/Mayer, § 25 Rn 15; aA Grunewald in Lutter, § 25 Rn 5). Erfasst sind insbes die Mitglieder eines gesetzlich zwingend vorgeschriebenen Aufsichtsrats. Dies sind bei der AG (§§ 95 ff AktG), bei der KGaA (§ 278 Abs 3 iVm §§ 95 ff AktG), bei der eingetragenen Genossenschaft (§§ 36 ff GenG) und bei der VVaG (§ 35 VAG) jedes Aufsichtsratsmitglied, einschließlich der mitbestimmungsrechtlich (§ 1 MitBestG, §§ 1 ff MontanMitBestG, § 1 MontanMitBestErgG) vorgeschriebenen Aufsichtsratsmitglieder, sowie die Mitglieder eines durch Gesellschaftsvertrag vorgesehenen freiwilligen Aufsichtsrats (zB gem § 52 GmbHG), der mit Kontrollbefugnissen gegenüber dem Vertretungsorgan ausgestattet ist.

c) Zeitpunkt der Organmitgliedschaft

5

Maßgebender Zeitpunkt für eine Verantwortlichkeit des Organmitglieds nach Abs 1 ist der Zeitpunkt der Pflichtverletzung. Auf das Fortbestehen der Organstellung bis zum Zeitpunkt der Eintragung der Verschmelzung in das Register des Sitzes des übernehmenden Rechtsträgers (Wirksamkeitszeitpunkt gem § 20 Abs 1 Nr 1) kommt es hingegen nach allgM nicht an. Allerdings endet die Organstellung der Organe des übertragenden Rechtsträgers mit Eintragung der Umwandlung im Handelsregister des übernehmenden Rechtsträgers und dem damit verbundenen Erlöschen des übertragenden Rechtsträgers. Das Erlöschen des Rechtsträgers führt zum Erlöschen seiner Organe (su § 26 Rn 2; OLG Schleswig 6.6.2012 – 9 U 2/11; Schmitt/Hörtnagl/Stratz § 20 Rn 7).

d) Gesamtschuldnerische Haftung

6

Mehrere zum Schadensersatz verpflichtete Personen haften nach Abs 1 S 1 als Gesamtschuldner iSd §§ 421 ff BGB, dh jeder Anspruchsinhaber kann den vollen Schaden von jedem Schadensersatzverpflichteten ersetzt verlangen; untereinander haften die Anspruchsverpflichteten grds nur anteilig und sind zum Ausgleich verpflichtet (§ 426 BGB).

e) Übertragender Rechtsträger

7

Nach dem Wortlaut des Abs 1 S 1 richtet sich die Haftung nur gegen Organmitglieder, nicht aber gegen den übertragenden Rechtsträger selbst. Sofern der übertragende Rechtsträger für den von seinen Organen verursachten Verschmelzungsschaden nach allg Grundsätzen (Organtheorie, § 31 BGB; vgl Heinrichs in Palandt, § 31 Rn 1 ff) wie für eigenes Verschulden einzustehen hat, haftet auch der übertragende Rechtsträger; mit Wirksamwerden der Verschmelzung geht die Haftung auf den übernehmenden Rechtsträger über (§ 20 Abs 1 Nr 1). Die Fortbestehensfiktion des Abs 2 greift für eine solche zugerechnete Haftung nicht, da die Fiktion nur für die Berechtigung des übertragenden Rechtsträgers und seiner Anteilsinhaber oder Gläubiger nach Abs 1 – nicht aber für die Verpflichtung des übertragenden Rechtsträgers nach Abs 1 gilt (aA Schmitt/Hörtnagl/Stratz § 25 Rn 10). Nach der Verschmelzung existiert der übertragende Rechtsträger als Haftungsmasse nicht mehr.

8

Ob eine unmittelbare Haftung des Gesellschafters eine übertragenden Rechtsträgers aufgrund der Verschmelzung besteht, zB nach den Grundsätzen der Differenzhaftung wegen nicht werthaltigen Sacheinlagen (zB gem §§ 9, 56 Abs 2 GmbHG, §§ 36a Abs 2 S 3, 188 Abs 2 S 1 AktG), wird für die AG und GmbH uneinheitlich beurteilt (vgl § 36 Rn 31 f; keine Differenzhaftung bei Verschmelzung auf AG gem BGHZ 171, 293 (295 ff); Kallmeyer GmbHR 207, 1121 (1124); Marsch-Barner in Kallmeyer, § 69 Rn 18; einschränkend Diekmann in Semler/Stengel, § 69 Rn 32 f; aA Wälzholz AG 2006, 469 (475); für Differenzhaftung bei Verschmelzung auf GmbH Wälzholz AG 2006, 469 (471); Kallmeyer GmbHR 2007, 1121 (1124) mwN).

2. Anspruchsvoraussetzungen

9

Nach Abs 1 ist dem Anspruchsberechtigten ein im Zusammenhang mit der Verschmelzung entstehender Schaden zu ersetzen. Der Schaden muss durch eine im Zusammenhang mit der Verschmelzung stehende schuldhafte Pflichtverletzung eines Organmitglieds des übertragenden Rechtsträgers kausal bedingt sein. Die Haftung des konkreten Organmitglieds entfällt, wenn es sich nach Abs 1 S 2 exkulpieren kann (Pöllath/Philipp DB 2005, 1505). Nach Abs 1 ist der „durch die Verschmelzung“ erlittene Schaden zu ersetzen. Dies setzt voraus, dass die Verschmelzung wirksam, dh in das Handelsregister des Sitzes des übernehmenden Rechtsträgers eingetragen wurde (§ 20 Abs 1 Nr 1).

a) Pflichtverletzung

10

Der viel zu weit gefasste Wortlaut des Abs 1 S 1 erweckt den Eindruck, dass es auf eine Pflichtverletzung des Organmitglieds nicht ankäme. Dies ist, wie sich Abs 1 S 2 entnehmen lässt, jedoch nicht der Fall. Gem Abs 1 S 2 sind Organmitglieder von der Ersatzpflicht befreit, die bei der Prüfung der Vermögenslage der Rechtsträger und beim Abschluss des Verschmelzungsvertrags ihre Sorgfaltspflicht beachtet haben. Zu Recht wird Abs 1 S 1 restriktiv ausgelegt und eine die Ersatzpflicht auslösende Sorgfaltspflichtverletzung der Organmitglieder auf Verstöße bei der Prüfung der Vermögenslage der beteiligten Rechtsträger oder bei Abschluss des Verschmelzungsvertrags beschränkt (Grunewald in Lutter, § 25 Rn 9; Kübler in Semler/Stengel, § 25 Rn 8; Marsch-Barner in Kallmeyer, § 25 Rn 6; vgl auch Kiem ZGR 2007, 542, 547. Einige Entscheidungen konkretisierten die hierbei von den Organmitgliedern zu beachtenden Pflichten (OLG Stuttgart 14.10.2010 – 20 W 16/06 – Umtauschverhältnis DaimlerChrysler; BAG NZA 2009, 790, 794 – Ausgliederung von Versorgungsverbindlichkeiten auf Rentnergesellschaft).

aa) Prüfung der Vermögenslage

11

Zu den im Rahmen der Prüfung der Vermögenslage der beteiligten Rechtsträger zu beachtenden Sorgfaltspflichten zählt insbes die sorgfältige Auswahl der Verschmelzungsprüfer (Kübler in Semler/Stengel, § 25 Rn 9; Grunewald in Lutter, § 25 Rn 10). Zur Prüfung der Vermögenslage des übernehmenden und der übrigen an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger wird im Vorfeld der Verschmelzung regelmäßig eine Due Diligence-Prüfung durchzuführen sein (Schnorbus ZHR 167 (2003), 666, 684; Pöllath/Philipp DB 2005, 1505; Grunewald in Lutter, § 25 Rn 10; Henssler/Strohn/Müller UmwG § 25 Rn 9; Marsch-Barner in Kallmeyer, § 25 Rn 6; Kiem ZGR 2007, 542, 547. Die Pflicht zur Prüfung der Vermögenslage zielt insbes auf die Pflicht der Organe des übertragenden Rechtsträgers den übertragenden Rechtsträger, seine Anteilsinhaber und Gläubiger vor Schäden durch die Verschmelzung zu bewahren. Die Einschätzung der wirtschaftlichen Chancen und Risiken der Verschmelzung setzt in aller Regel fundierte Kenntnisse von der rechtlichen und wirtschaftlichen Situation der übrigen an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger voraus. Der Umfang der Prüfung der Rechts- und Vermögenslage ist einzelfallabhängig. Bei der Beurteilung wirtschaftlicher Aspekte einer Fusion, zB auch hins der Frage der Angemessenheit eines Umtauschverhältnisses, besteht für die Organmitglieder ein weiter Beurteilungsspielraum (OLG Stuttgart 14.10.2010 – 20 W 16/06 – Umtauschverhältnis DaimlerChrysler; vgl dazu auch die Anm von der Linden GWR 2010, 553), auch bei der Festlegung der Bewertungsmethode. Eine nachträgliche gerichtliche Überprüfung der Angemessenheit setzt idR voraus, dass das Vertretungsorgan gegen die Sorgfalten eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters verstoßen hat (OLG Stuttgart aaO) – sog „Business Judgement Rule“. Ähnlich entschied auch das BAG hins der Dotierung einer „Rentnergesellschaft“, auf die Versorgungsverbindlichkeiten ausgegliedert werden sollten (BAG NZA 2009, 790). Auch hier wurde festgehalten, dass ein Beurteilungsspielraum der Organmitglieder bei der Prüfung der Angemessenheit der Dotierung der „Rentnergesellschaft“ bestünde – zugleich wurden jedoch Leitlinien für die umwandlungsrechtliche Prüfung aufgestellt (BAG NZA 2009, 790, 794 ff) und das Bestehen individueller arbeitsvertraglicher Schutzpflichten bestätigt (BAG aaO).

bb) Abschluss des Verschmelzungsvertrags

12

Beim Abschluss des Verschmelzungsvertrags haben die Organmitglieder insbes für die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses sowie für die Einhaltung der rechtlichen Bestimmungen über den Verschmelzungsvertrag einzustehen. Vor der Fassung des Verschmelzungsbeschlusses (§ 13 Abs 1) sind die Anteilsinhaber über den Inhalt des Verschmelzungsvertrags ordnungsgemäß zu unterrichten (Kübler in Semler/Stengel, § 25 Rn 10; Marsch-Barner in Kallmeyer, § 25 Rn 6; Grunewald in Lutter, § 25 Rn 11). Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass den Organmitgliedern bei der Einschätzung der wirtschaftlichen Aspekte der Verschmelzung ein weiter Beurteilungsspielraum zusteht und dass gem Abs 1 insbes keine Haftung für das Ausbleiben des wirtschaftlichen Erfolgs der Verschmelzung besteht (Vossius in Widmann/Mayer, § 25 Rn 21; Marsch-Barner in Kallmeyer, § 25 Rn 6). Mit Wirksamwerden der Verschmelzung endet die Existenz des übertragenden Rechtsträgers. Teilweise wird daher vorgeschlagen, dass die Organmitglieder des übertragenden Rechtsträgers dafür sorgen sollen, dass die Absicherung der geschäftspolitischen Interessen des übertragenden Rechtsträgers durch eine Regelung im Verschmelzungsvertrag erfolgen soll (Blasche/Söntgerath BB 2009, 1432). Sollte dies unterbleiben oder sollten sich die Organmitglieder des übertragenden Rechtsträgers mit einem solchen Ansinnen nicht durchsetzen können, so begründet dies regelmäßig keine Haftung gem Abs 1, da die Geschäftspolitik als Teil der wirtschaftlichen Interessen anzusehen ist und den Organmitgliedern insofern eine große Einschätzungsprärogative zukommt. Zudem tangiert eine veränderte Geschäftspolitik nach der Verschmelzung idR keine vermögensrechtlichen Interessen, die von Abs 1 geschützt sind.

 

b) Verschmelzungsschaden

13

Der jedem einzelnen Anspruchsinhaber (Rn 19 ff) entstandene Verschmelzungsschaden ist in Geld zu ersetzen (§ 251 Abs 1 BGB), da das UmwR eine Naturalrestitution (iSv § 249 Abs 1 BGB) im Sinne einer „Entschmelzung“ nach einhelliger Auffassung nicht zulässt (§ 20 Abs 2; vgl Kübler in Semler/Stengel, § 25 Rn 17; Grunewald in Lutter, § 25 Rn 17; Vossius in Widmann/Mayer, § 25 Rn 20; Schnorbus ZHR 167 (2003) 666, 691). Kein ersatzfähiger Schaden ist daher die Verschmelzung als solche. § 25 setzt jedoch voraus, dass die Verschmelzung wirksam, dh im Register des übernehmenden Rechtsträgers eingetragen wurde, da dann mit dem Erlöschen des übertragenen Rechtsträgers (§ 20 Abs 1 Nr 1) eine bes Schutzwürdigkeit der Anteilsinhaber und Gläubiger des untergehenden Rechtsträgers gegeben ist. Umstr ist hingegen die Bestimmung des Verschmelzungsschadens. Ersatzfähig ist nur der Schaden, der auf der im Zusammenhang mit der Verschmelzung begangenen Pflichtverletzung beruht (Kausalität, vgl Rn 14). Dieser ist nach zutreffender Auffassung durch einen Vergleich zwischen der Vermögenslage des Anspruchsinhabers bei Hinzu- oder Hinwegdenken der schädigenden Pflichtverletzung zu bestimmen (Kübler in Semler/Stengel, § 25 Rn 17; Grunewald in Lutter, § 25 Rn 17; ungenau Schmitt/Hörtnagl/Stratz § 25 Rn 14, der auf einen Vermögensvergleich vor und nach der Verschmelzung abstellen will; krit auch Vossius in Widmann/Mayer, § 25 Rn 20, der jedoch zu eng (aaO Rn 19)] nur die Sinnlosigkeit der Verschmelzung als Schaden ansehen will und damit den Eindruck erweckt, eine wirtschaftliche Misserfolgshaftung zu begründen). Ein „Schaden“ im weiteren Sinne kann auch darin bestehen, dass der übernehmende Rechtsträger sonstige Zusagen, die er im Verschmelzungsvertrag machte, nach Eintragung der Verschmelzung nicht einhält (OLG Frankfurt AG 2007, 559 f; Blasche/Söntgerath BB 2009, 1432, 1434). In einem solchen Fall richtet sich der Anspruch des übertragenden Rechtsträgers ausnahmsweise nicht auf Schadensersatz, sondern auf Erfüllung des Verschmelzungsvertrags. Dies können im Verschmelzungsvertrag vorgesehene Zusagen an Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers oder Zusagen zum Weiterbetrieb bestimmter Einrichtungen sein (OLG Frankfurt AG 2007, 559 f).

c) Kausalität

14

Die Pflichtverletzung muss für den eingetretenen Schaden kausal gewesen sein. Ersetzt wird nur der auf der konkreten Pflichtverletzung beruhende Schaden. Die so verstandene Kausalität bedeutet eine notwendige Beschränkung des weiten Wortlauts von Abs 1 S 1. Wurde zB von den Organmitgliedern des übertragenden Rechtsträgers infolge einer Pflichtverletzung bei der Prüfung der Vermögenslage des übernehmenden Rechtsträgers das Umtauschverhältnis der Anteile unrichtig bestimmt, so ist die Pflichtverletzung nur kausal für den Unterschiedsbetrag, der sich bei einer korrekten Ermittlung des Umtauschverhältnisses ergeben würde (vgl Grunewald in Lutter, § 25 Rn 17).