Umwandlungsgesetz

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VII. Ausschluss des Anspruchs

36

Ein Recht auf Sicherheitsleistung haben nach Abs 2 solche Gläubiger nicht, die im Falle der Insolvenz ein Recht auf vorzugsweise Befriedigung aus einer Deckungsmasse haben, die nach gesetzlicher Vorschrift zu ihrem Schutz errichtet und staatlich überwacht ist. Nach Vorstellung des Gesetzgebers sind diese Gläubiger bereits hinreichend gesichert. Darunter fallen die Inhaber von Pfandbriefen einer Hypothekenbank (§§ 29 ff PfandBG), von Pfandbriefen einer Schiffshypothekenbank (ebenfalls §§ 29 ff PfandBG) sowie die Gläubiger von Versicherungsansprüchen (§ 130 VAG). Weiter zählen zu diesen Gläubigern die Inhaber von Ansprüchen aus betrieblicher Altersversorgung. Wegen der Einstandspflicht des Pensionssicherungsvereins sind ihre Ansprüche im Umfang der Einstandspflicht des Pensionssicherungsvereins ebenfalls nicht gefährdet (RegBegr Ganske UmwR S 77; ebenso die ganz hM Grunewald in Lutter, § 22 Rn 26; Vossius in Widmann/Maier, § 22 Rn 42; Maier-Reimer/Seulen in Semler/Stengel, § 22 Rn 59; Marsch-Barner in Kallmeyer, § 22 Rn 10; BAG ZIP 1997, 289). Soweit eine Einstandspflicht des Pensionssicherungsvereins nicht besteht, sind unverfallbare Ansprüche und Rechte hingegen sicherungsfähig.

37

Der Pensionssicherungsverein seinerseits hat keinen Anspruch auf Sicherheitsleistung. Er ist nicht Gläubiger der Rechtsträger (Grunewald in Lutter, § 22 Rn 26; Maier-Reimer in Semler/Stengel, § 22 Rn 75), da laufende Beitragsforderungen fällig, künftige Beitragsforderungen und Ersatzansprüche wegen Leistungen im Insolvenzfall etc ungewiss sind.

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Keinen Anspruch auf Sicherheitsleistung haben weiter die Gläubiger, deren Forderungen durch anderweitige und wirtschaftlich gleichwertige Sicherheiten gedeckt sind (Grunewald in Lutter, § 22 Rn 25; Marsch-Barner in Kallmeyer, § 22 Rn 10). Da durch § 22 das Insolvenzrisiko der Gläubiger eingeschränkt bzw ausgeschlossen werden soll, besteht keine Notwendigkeit zu einer Sicherheitsleistung durch den übernehmenden Rechtsträger, wenn bereits eine anderweitige ausreichende Sicherheit besteht. Soweit die vorhandene Sicherheit allerdings nicht ausreicht, Risiken aus der Verschmelzung abzudecken, kann eine zusätzliche Absicherung verlangt werden.

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Die vorgenannten Grundsätze gelten auch für den Fall, dass ein Dritter die Sicherheit gestellt hat. Für die Sicherheitsleistung iRd § 22 ist allein maßgebend, ob eine Gefährdung der Forderung des Gläubigers vorliegt. Eine Gefährdung ist jedoch auch insoweit nicht gegeben wie ein Dritter die Forderung absichert (ebenso Maier-Reimer/Seulen in Semler/Stengel, § 22 Rn 62; aA Grunewald in Lutter, § 22 Rn 28).

40

Unmittelbar aus § 22 Abs 1 ergibt sich, dass für fällige Forderungen (auch für fällige, aber bestrittene Forderungen) keine Sicherheit zu leisten ist. Der Gläubiger muss bei Fälligkeit Erfüllung verlangen. Ein Wahlrecht zwischen Erfüllung und Sicherstellung steht ihm nicht zu (Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 22 Rn 16). Bei Gesamtschuldnerschaft reicht Fälligkeit gegenüber einem Gesamtschuldner aus; bei diesem muss es sich nicht um einen an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger handeln (Vossius in Widmann/Mayer, § 33 Rn 37). Ebenfalls keine Sicherheitsleistung verlangen können Gläubiger, die die Fälligkeit ihrer Forderung ohne weiteres und insbes ohne Zutun des beteiligten Rechtsträgers herbeiführen können. Dies gilt zB für Zug-um-Zug-Leistungen, bei denen der Gläubiger seine Leistung nicht anbietet oder erbringt oder für Ansprüche des Finanzamts, bei denen lediglich der Steuerbescheid fehlt (Vossius in Widmann/Mayer, § 22 Rn 22; Grunewald in Lutter, § 22 Rn 9; Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 22 Rn 17; Maier-Reimer/Seulen in Semler/Stengel, § 22 Rn 36).

41

Da mit der Sicherstellung einer Gefährdung von Forderungen Rechnung getragen werden soll, besteht ein Recht auf Sicherstellung dann nicht mehr, wenn die Gefährdung entfällt. Im Umfang des Wegfalls der Gefährdung ist eine gestellte Sicherheit frei zu geben. Hierbei ist gleichgültig, worauf der Wegfall der Gefährdung zurückzuführen ist (Grunewald in Lutter, § 22 Rn 30). Entspr gilt, wenn der Gläubiger eine anderweitige Sicherung seiner Forderung erlangt. Während bei Bestellung der Sicherheit der Sicherungsgeber die Wahl zwischen den Sicherungsmitteln hat, ist für eine nachträgliche Änderung die Zustimmung des Gläubigers erforderlich (Ellenberger in Palandt, § 235 BGB Rn 1). Lediglich bei Geld- und Wertpapieren ist nach § 235 BGB ein Austausch ohne Zustimmung des Gläubigers möglich.

§ 23 Schutz der Inhaber von Sonderrechten

Den Inhabern von Rechten in einem übertragenden Rechtsträger, die kein Stimmrecht gewähren, insbesondere den Inhabern von Anteilen ohne Stimmrecht, von Wandelschuldverschreibungen, von Gewinnschuldverschreibungen und von Genussrechten, sind gleichwertige Rechte in dem übernehmenden Rechtsträger zu gewähren.

Kommentierung

I.Allgemeines1 – 5

II.Betroffene Rechte6 – 20

1.Inhaber von Sonderrechten6 – 9

2.Anteile ohne Stimmrecht10, 11

3.Wandelschuldverschreibungen12, 13

4.Gewinnschuldverschreibungen14

5.Genussrechte15 – 17

6.Weitere Rechte18 – 20

III.Gewährung gleichwertiger Rechte21 – 39

1.Gleichwertigkeit21 – 26

2.Anteile ohne Stimmrecht27 – 29

3.Wandelschuldverschreibungen30 – 35

4.Gewinnschuldverschreibungen36, 37

5.Genussrechte38

6.Weitere Rechte39

IV.Durchsetzung der Ansprüche40 – 43

Literatur:

Brause Stimmrechtslose Vorzugsaktien bei Umwandlungen, 2001; Driver Behandlung von Genussrechten bei der Verschmelzung und beim Abschluss von Unternehmensverträgen, BB 2014, 195; Hüffer Der Schutz besonderer Rechte in der Verschmelzung, FS Lutter, 2000, S 1227; Kiem Die Stellung der Vorzugsaktionäre bei Umwandlungsmaßnahmen, ZIP 1997, 1627; Krejci/v Husen Über Genussrechte, Gesellschafterähnlichkeit, stille Gesellschaften und partiarische Darlehen, GesRZ 2000, 54; Krieger Vorzugsaktie und Umstrukturierung, FS Lutter, 2000, S 497; Martens Die rechtliche Behandlung von Options- und Wandlungsrechten anlässlich der Eingliederung der verpflichteten Gesellschaft, AG 1992, 209; Petersen Der Gläubigerschutz im Umwandlungsrecht, 2001; Schürnbrand Gewinnbezogene Schuldtitel in der Umstrukturierung, ZHR 173 (2009), 689; Timm/Schöne Abfindung in Aktien: Das Gebot der Gattungsgleichheit, FS Kropff, 1997, S 315; Winter Die Rechtsstellung des stillen Gesellschafters in der Verschmelzung, FS Peltzer, 2001, S 645.

I. Allgemeines

1

Mit der Regelung des § 23 sollen Inhaber von Rechten in einem übertragenden Rechtsträger, die kein Stimmrecht gewähren, vor Verwässerung ihrer Rechte im übernehmenden Rechtsträger geschützt werden. Da diese Rechteinhaber mangels Stimmrecht ihre Interessen in einem Verschmelzungsprozess nicht wahrnehmen können, soll die Gewährung gleichwertiger Rechte in dem übernehmenden Rechtsträger über die Anspruchsgrundlage des § 23 gewährleistet werden.

2

Nach dem Wortlaut des § 23 fallen nicht nur Vermögensrechte unter den Schutz der Norm, sondern sämtliche Rechte, sofern nur mit ihnen kein Stimmrecht verbunden ist. Danach wären nach dem Wortlaut zB auch Sonderrechte auf Stellung eines Geschäftsführers oder Zustimmungsrechte bei Anteilsübertragungen, generell alle Herrschafts- und Kontrollrechte von der Bestimmung erfasst. Grund für die Bestimmung des § 23 ist nach der Regierungsbegründung (vgl Ganske UmwR S 77) jedoch der Verwässerungsschutz. Von ihrem Zweck her ist die Regelung auf Vermögensrechte zugeschnitten. Anderweitige Rechte werden iÜ an anderer Stelle des UmwG, jedenfalls teilw, behandelt, so zB in § 13 Abs 2 oder in § 50 Abs 2. Hieraus und aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift, nämlich der Sicherstellung eines Verwässerungsschutzes, ist zu folgern, dass lediglich der Schutz von Vermögensrechten von § 23 umfasst ist (Grunewald in Lutter, § 23 Rn 2; Kalss in Semler/Stengel, § 23 Rn 8; Marsch-Barner in Kallmeyer, § 23 Rn 2; Vossius in Widmann/Mayer, § 23 Rn 10). IÜ steht den Inhabern anderweitiger Vorzugs- oder Sonderrechte in aller Regel das Stimmrecht aus ihren Anteilen zu. Die Sonderrechtsinhaber nach § 23 haben hingegen kein Stimmrecht. Hinzukommt, dass lediglich Vermögensrechte vom Grundsatz her beim übernehmenden Rechtsträger gleichwertig wieder gewährt werden können. Für Herrschafts- und sonstige Rechte ist dies in aller Regel entweder rein faktisch oder bereits rechtlich nicht möglich (so kann zB aktienrechtlich kein Recht auf Stellung eines Vorstandsmitglieds eingeräumt werden).

 

3

Die Regelung des § 23 geht auf Art 15 der Verschmelzungsrichtlinie zurück. Die Verschmelzungsrichtlinie schreibt den Schutz der Inhaber von Sonderrechten nur für die AG vor. Aufgrund des allg Gedankens des Verwässerungsschutzes erstreckt § 23 die Schutzregelung auf alle Rechtsformen. Die Vorschrift findet somit für alle verschmelzungsfähigen Rechtsträger Anwendung.

4

§ 23 gilt nach § 36 Abs 1 auch für die Verschmelzung durch Neugründung. Die Regelung findet außerdem über die Verweisungen der §§ 125 und 204 bei Spaltungen und Formwechseln Anwendung.

5

§ 23 und damit der sich daraus ergebende Anspruch ist zwingend (ebenso Kalss in Semler/Stengel, § 23 Rn 3; einschränkend Grunewald in Lutter, § 23 Rn 25 f). Er kann im Verschmelzungsvertrag nicht abbedungen werden. Werden notwendige Regelungen im Verschmelzungsvertrag nicht getroffen, beeinträchtigt dies den Anspruch nach § 23 nicht. Der Anspruch kann ungeachtet dessen geltend gemacht werden. Eine einzelvertragliche Abbedingung oder ein Ausschluss entspr Rechte in einzelvertraglichen Regelungen, die bereits vorab getroffen sein können, oder in vereinbarten Anleihebedingungen ist allerdings zulässig (ebenso Vossius in Widmann/Mayer, § 23 Rn 2, 46 ff; Marsch-Barner in Kallmeyer, § 23 Rn 9; Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 23 Rn 15).

II. Betroffene Rechte

1. Inhaber von Sonderrechten

6

Die Vorschrift des § 23 schützt alle Inhaber von Rechten eines übertragenden Rechtsträgers, die kein Stimmrecht gewähren. Beispielhaft werden Inhaber von Anteilen ohne Stimmrecht, von Wandelschuldverschreibungen, von Gewinnschuldverschreibungen und von Genussrechten genannt. Die Aufzählung ist also nicht abschließend. Die Inhaber vergleichbarer anderer Rechte fallen ebenfalls unter § 23.

7

Die wertpapiermäßige Verbriefung der Sonderrechte spielt keine Rolle. Auch die Inhaber nicht verbriefter Rechte sind geschützt.

8

Die Bestimmung des § 23 bezieht sich nur auf solche Sonderrechtsinhaber, die Rechte in einem übertragenden Rechtsträger haben. Damit wird zum einen ausgesagt, dass nicht nur die Inhaber von Gesellschafts- oder Mitgliedschaftsrechten in den Schutzbereich fallen, sondern auch solche Rechteinhaber, die nicht zugleich Gesellschafter bzw Mitglieder sind. Weiter wird mit dieser Bestimmung klargestellt, dass die Rechtsstellung des Sonderrechtsinhabers über die eines normalen Gläubigers hinausgehen muss (normale Gläubiger, zB aus Lieferungs- und Leistungsbeziehungen, aus Darlehen etc fallen nicht in den Anwendungsbereich des § 23). Es wird eine Teilhabe an bestimmten Gesellschafterrechten vorausgesetzt, wobei jedoch mangels Stimmrecht eine Einflussnahme auf den Verschmelzungsprozess nicht gegeben ist. Andererseits wird damit klargestellt, dass neben normalen schuldrechtlichen Gläubigern auch Inhaber von Ankaufs-, Vorkaufs- oder Andienungsrechten in Bezug auf Anteile an einem übertragenden Rechtsträger nicht unter § 23 fallen; derartige Rechte gewähren keine Rechte in einem Rechtsträger (Grunewald in Lutter, § 23 Rn 2; Kalss in Semler/Stengel, § 23 Rn 4).

9

Unter § 23 fallen somit Inhaber von gesellschafts- oder mitgliedschaftsähnlichen Rechten, die über die normale Gläubigerstellung hinausgehen, jedoch kein Stimmrecht vermitteln.

2. Anteile ohne Stimmrecht

10

Inhaber von Anteilen ohne Stimmrecht sind vom Schutz des § 23 erfasst. Hierunter fallen die Anteilsinhaber oder Mitglieder eines übertragenden Rechtsträgers, die bei ihrem Rechtsträger kein Stimmrecht haben. Dies sind insbesondere GmbH-Gesellschafter oder Gesellschafter einer PersGes, deren Stimmrecht durch den Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen ist. Weiter fallen darunter Vereinsmitglieder, deren Stimmrecht kraft Satzung oder Mehrheitsbeschluss nicht besteht.

11

Letztendlich fallen auch die Inhaber von stimmrechtslosen Vorzugsaktien in den Anwendungsbereich der Vorschrift (ebenso Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 23 Rn 6; Grunewald in Lutter, § 23 Rn 10; Marsch-Barner in Kallmeyer, § 23 Rn 4; Vossius in Widmann/Mayer, § 23 Rn 1.10; Kiem ZIP 1997, 1631; aA Kalss in Semler/Stengel, § 23 Rn 10, 11). Stimmrechtslose Vorzugsaktien sind per se Anteile ohne Stimmrecht. Zwar steht ihnen bei Nichtzahlung des Vorzugs das Stimmrecht zu. Ein absoluter Ausschluss des Stimmrechts wird von § 23 jedoch nicht gefordert. Vielmehr reicht es aus, dass im Grundsatz ein Stimmrecht nicht besteht. Es kann im Hinblick auf die Sonderrechte des § 23 nicht darauf ankommen, ob – zufälliger Weise – im konkreten Zeitpunkt wegen Nichtzahlung des Vorzugs ein Stimmrecht gewährt wird. IÜ ist auch ein Sonderbeschluss der stimmrechtslosen Vorzugsaktionäre über die Verschmelzung nicht zu fassen (Hüffer/Koch AktG § 141 Rn 6; Schröer in MK-AktG, § 141 Rn 7). Der Sonderbeschluss der Vorzugsaktionäre ist gerade deshalb entbehrlich, weil ihre Rechtsstellung aufgrund der Regelung der §§ 20 Abs 1 Nr 3, 23 UmwG nicht beeinträchtigt wird.

3. Wandelschuldverschreibungen

12

Wandelschuldverschreibungen gewähren ihrem Inhaber ein Umtausch- oder Bezugsrecht auf Anteile. Die wertpapiermäßige Verbriefung des Rechts ist hierfür nicht erforderlich. Die Zahl der Inhaber von Wandelschuldverschreibungen ist ohne Bedeutung.

13

Da die Aufzählung des § 23 nicht abschließend ist, fällt nicht nur die eigentliche Wandelschuldverschreibung in den Anwendungsbereich. Vielmehr erfasst die Vorschrift auch Optionsanleihen sowie generell alle Optionsrechte, die ein Recht auf Umtausch oder Bezug von Aktien oder GmbH- bzw Personengesellschaftsanteilen gewähren (Grunewald in Lutter, § 23 Rn 14). Dies gilt auch für Optionsrechte auf Anteile, die im Rahmen von Vorstands-, Geschäftsführerdienst- oder sonstigen Anstellungsverträgen zugesagt wurden. Voraussetzung ist in allen diesen Fällen, dass die Optionsrechte gegenüber dem übertragenden Rechtsträger bestehen (vgl Rn 18).

4. Gewinnschuldverschreibungen

14

Nach § 221 Abs 1 AktG sind Gewinnschuldverschreibungen solche Schuldverschreibungen, bei denen die Rechte der Gläubiger mit Gewinnanteilen von Aktionären in Verbindung gebracht werden. In Abgrenzung zu normalen Schuldverschreibungen, bei denen ein fester Zins zugesagt ist und die nicht unter den Schutz des § 23 fallen, besteht bei Gewinnschuldverschreibungen eine Bezugnahme auf die Dividende (vgl iE zu Gewinnverschuldverschreibungen bei Hüffer/Koch AktG § 221 Rn 8). Diese Bezugnahme auf die Dividende stellt das nach § 23 erforderliche Recht in einem übertragenden Rechtsträger dar. Die Position des Rechteinhabers geht aufgrund dieser Verknüpfung über die eines normalen Gläubigers hinaus. Auch bei den Gewinnschuldverschreibungen ist die wertpapiermäßige Verbriefung nicht Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 23; die Zahl der Inhaber ist ebenfalls ohne Bedeutung.

5. Genussrechte

15

Auch die Inhaber von Genussrechten fallen in den Anwendungsbereich des § 23.

16

Genussrechte sind gesetzlich nicht definiert. In § 221 AktG sind lediglich bestimmte Regelungen über Genussrechte zum Schutz des Aktionärs vor wesentlicher Beeinträchtigung seiner Rechte enthalten (Hüffer/Koch AktG § 221 Rn 24). Einen einheitlichen Typus des Genussrechts gibt es nicht. Die Gestaltungen sind vielfältig. So können Genussrechte wie Schuldverschreibungen mit fester Verzinsung und Rückzahlung zum Nennbetrag ausgestaltet sein. Unter § 23 fallen nach Sinn und Zweck dieser Vorschrift nur solche Genussrechte, die ihrem Inhalt nach jedenfalls in gewissem Umfang typische Gesellschafterrechte vermitteln. Es ist also erforderlich, dass die Genussrechte entweder einen Anteil am Gewinn der Gesellschaft oder am Liquidationserlös vermitteln oder ein Recht auf Bezug von Anteilen gewähren. Vermitteln die Genussrechte hingegen (nur) andere Vermögensrechte, sind sie kein Sonderrecht iSd § 23. Vielmehr beinhalten Sie dann lediglich normale Gläubigerrechte, die einen Verwässerungsschutz nicht erforderlich machen.

17

Eine wertpapiermäßige Verbriefung der Genussrechte oder eine Mehrzahl von Genussrechtsinhabern ist nicht erforderlich.

6. Weitere Rechte

18

Die Aufzählung in § 23 ist nicht abschließend. Auch Sonderrechte, die mit den in § 23 aufgeführten vergleichbar sind, fallen unter den Verwässerungsschutz des § 23. Dies gilt zum einen für Optionsrechte auf den Bezug von Anteilen eines übertragenden Rechtsträgers (vgl Rn 13), sofern sie gegenüber dem übertragenden Rechtsträger bestehen und nicht von einem Dritten zugesagt werden (zur rechtlichen Behandlung von Optionsrechten Martens AG 1992, 209). Da Sonderrechte iSd § 23 stets dann vorliegen, wenn der Rechteinhaber am wirtschaftlichen Erfolg des übertragenden Rechtsträgers partizipiert oder die Rückzahlung auf einen etwaigen Anteil am Liquidationserlös beschränkt ist, er also das Insolvenzrisiko trägt, können auch partiarisch ausgestaltete Rechtsverhältnisse in den Schutzbereich des § 23 fallen. Dies ist insbes dann anzunehmen, wenn eine an die Gewinnanteile der Gesellschafter anknüpfende Verzinsung oder eine Nachrangigkeit für den Fall der Insolvenz vereinbart ist. Die Erfolgsabhängigkeit der Vergütung muss hierbei nicht zwingend an den Gewinn anknüpfen. Denkbar ist auch das Abstellen auf andere Kennziffern, wie zB den Umsatz des übertragenden Rechtsträgers (Grunewald in Lutter, § 23 Rn 19; Kalss in Semler/Stengel, § 23 Rn 7).

 

19

Die stille Gesellschaft fällt ebenfalls unter § 23, und zwar sowohl die typisch als auch die atypisch stille Gesellschaft. Die typisch stille Gesellschaft vermittelt Rechte in dem übertragenden Rechtsträger; sie gewährt vom Ergebnis der Gesellschaft abhängige Vergütungen. Die atypisch stille Beteiligung vermittelt darüber hinaus die Teilhabe an den stillen Reserven des Unternehmens und gewährt in der Regel zusätzlich gesellschaftsrechtliche Mitwirkungsbefugnisse (wie hier Grunewald in Lutter, § 23 Rn 20; Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 23 Rn 8; Kalss in Semler/Stengel, § 23 Rn. 7; Schürnbrand ZHR 173 (2009), 689, 698; aA Vossius in Widmann/Mayer, § 23 Rn 11; Marsch-Barner in Kallmeyer, § 23 Rn 3).

20

Nicht unter § 23 fallen Tantiemen, auch wenn sie gewinnabhängig sind. Die Anpassung an die durch die Verschmelzung geänderten Verhältnisse erfolgt hier ausschließlich auf schuldrechtlichem Weg über die ergänzende Vertragsauslegung (Grunewald in Lutter, § 23 Rn 21; Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 23 Rn 8; Marsch-Barner in Kallmeyer, § 23 Rn 3, 6).

III. Gewährung gleichwertiger Rechte

1. Gleichwertigkeit

21

Den Inhabern von Sonderrechten in einem übertragenden Rechtsträger müssen in dem übernehmenden Rechtsträger gleichwertige Rechte gewährt werden.

22

Die in dem übernehmenden Rechtsträger gewährten Sonderrechte müssen nach § 5 Abs 1 Nr 7 im Verschmelzungsvertrag festgelegt werden. Enthält der Verschmelzungsvertrag keine entspr Angaben, ist der Verschmelzungsbeschluss anfechtbar (Grunewald in Lutter, § 23 Rn 9; aA Vossius in Widmann/Mayer, § 23 Rn 1.9, der von einer Nichtigkeit des Verschmelzungsbeschlusses ausgeht). Wird die Verschmelzung trotz eines solchen Mangels in das Handelsregister eingetragen, ist sie nach § 20 Abs 2 wirksam.

23

Keine Anfechtbarkeit ist gegeben, wenn die in dem übernehmenden Rechtsträger gewährten Rechte unzureichend sind. Es bleibt dann bei den normalen schuldrechtlichen Ansprüchen der Sonderrechtsinhaber (vgl zur Durchsetzung der Ansprüche nachfolgend Rn 40, 41). Die Rechtslage ist insoweit mit derjenigen bei einem unzureichenden Umtauschverhältnis vergleichbar. Auch insoweit ist für die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers nicht die Anfechtbarkeit des Verschmelzungsbeschlusses gegeben; sie werden vielmehr in das gesonderte Spruchstellenverfahren verwiesen.

24

Nach dem Wortlaut des Gesetzes sind in dem übernehmenden Rechtsträger gleichwertige Rechte zu gewähren. Sie müssen also gleichen Wert wie die Rechte in dem übertragenden Rechtsträger haben. Daraus folgt, dass es auf eine wirtschaftliche Gleichwertigkeit ankommt (Marsch-Barner in Kallmeyer, § 23 Rn 8; Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 23 Rn 9). Nicht notwendig (wenn auch anzustreben) ist, dass die in dem übernehmenden Rechtsträger zu gewährenden Rechte die gleiche Art wie diejenigen beim übertragenden Rechtsträger haben (Grunewald in Lutter, § 23 Rn 5).

25

Für die wirtschaftliche Gleichwertigkeit kommt es im Ausgangspunkt darauf an, welche wirtschaftliche Position die Rechte in dem übertragenden Rechtsträger vermittelt haben. Die wirtschaftliche Position des Rechteinhabers beim übertragenden Rechtsträger ist im fusionierten Unternehmen beizubehalten und fortzuführen. Entspr ist die Ausgestaltung in dem übernehmenden Rechtsträger vorzunehmen. Dabei stellt die Gleichwertigkeit die zu gewährende Mindestposition dar. Die Gewährung höherwertiger Rechte zum Ausgleich ist zulässig, kann aber unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung zu Problemen mit anderen Anteils- oder Rechteinhabern führen.

26

Können aus Rechtsgründen gleichwertige Recht in dem übernehmenden Rechtsträger nicht begründet werden, sind die Rechteinhaber in entspr Anwendung von §§ 29 ff abzufinden.