Umwandlungsgesetz

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d) Vorrangiges Vollzugsinteresse, § 16 Abs 3 Nr 3

59

Mit dem ARUG hat der Gesetzgeber die Interessenabwägung als Freigabegrund präzisiert und deutlich gemacht, dass im Regelfall zugunsten des Vollzugsinteresses des Antragstellers zu entscheiden ist. Mit der Neuregelung wurde eine klarer strukturierte, zweistufige Prüfung vorgegeben, die mittels einer Interessenabwägung ermöglicht, die Registersperre aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen zu durchbrechen und den klagenden Gesellschafter als Antragsgegner ggf auf einen Schadensersatzanspruch zu verweisen (Marsch-Barner in Kallmeyer, § 16 Rn 42).

60

Auf der ersten Prüfungsstufe sind die wirtschaftlichen Nachteile der Registersperre für die an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger und ihrer Anteilsinhaber gegen die wirtschaftlichen Nachteile einer Eintragung für den Antragsgegner abzuwägen. Die Erfolgsaussichten der Klage und die Schwere des geltend gemachten Rechtsverstoßes sind hierbei nicht zu berücksichtigen (Verse NZG 2009, 1130; Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 16 Rn 78).

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Zugunsten des Antragsstellers sind sämtliche wesentlichen Nachteile aller beteiligten Rechtsträger und deren Anteilsinhaber zusammenfassend zu würdigen (Marsch-Barner in Kallmeyer, § 16 Rn 45), während auf Seiten des Antragsgegners nur dessen eigene wirtschaftliche Nachteile berücksichtigt werden (Schwanna in Semler/Stengel, § 16 Rn 35).

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Wesentlich sind alle Nachteile, die nicht zu vernachlässigen sind (Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 16 Rn 81). Hiermit hat der Gesetzgeber des ARUG ein klares Signal an die Gerichte gesendet, die bislang eine restriktivere Herangehensweise bei der Beurteilung der Wesentlichkeit hatten (Verse NZG 2009, 1130). Nun sind neben den bisher anerkannten wesentlichen Nachteilen auch Kosten der Wiederholung einer Hauptversammlung, Zinseffekte, etc zu berücksichtigen (BT-Drucks 16/13098, 60 f). Zur alten Rechtslage war die Wesentlichkeit der Nachteile bspw bejaht worden im Falle des endgültigen Verlustes von Synergieeffekten (OLG Düsseldorf ZIP 2001, 1717, 1720), der irreversiblen Vereitelung günstiger Geschäftschancen (OLG Frankfurt ZIP 2003, 1654, 1657), der Insolvenz eines beteiligten Rechtsträgers (OLG Düsseldorf ZIP 1999, 793, 798), der Gefahr der Abwanderung qualifizierten Personals (OLG Hamm Der Konzern 2005, 374, 379; s dazu Heermann ZIP 1999, 1861, 1863) oder der Verhinderung anstehender Kooperationsgespräche mit Drittunternehmen (OLG Stuttgart ZIP 1997, 75).

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Das Gericht entscheidet bei der Abwägung nach freier Überzeugung. Ihm ist die größtmögliche Entscheidungsfreiheit eingeräumt (BR-Drucks 75/94, 89). Nachdem die vom Antragsteller geltend gemachten Tatsachen nur glaubhaft zu machen sind, ist es dabei ausreichend, wenn das Gericht die geltend gemachten Nachteile für überwiegend wahrscheinlich hält (Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 16 Rn 82). Der Gesetzgeber geht davon aus, dass die Auswirkungen auf den Antragsgegner nur „schwerlich“ die Nachteile der verschmelzungswilligen Rechtsträger und deren Anteilsinhaber überwiegen werden (BT-Drucks 16/13098, 61; ebenso Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 16 Rn 81).

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In der Praxis ist folglich davon auszugehen, dass die Abwägung der ersten Prüfungsstufe regelmäßig zugunsten des Vollzugsinteresses des Antragstellers zu entscheiden ist. Nur dann kommt es auf die zweite Prüfungsstufe an, bei der die besondere Schwere des Rechtsverstoßes bewertet wird.

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Aus dem Gesetzeswortlaut („es sei denn“) ergibt sich, dass die Glaubhaftmachung für das Vorliegen eines besonders schwerwiegenden Rechtsverstoßes dem Antragsgegner obliegt.

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Um eine Freigabe zu versagen, muss es sich um einen ganz gravierenden Rechtsverstoß handeln. Anders als noch zur früheren Rechtslage genügt das Vorliegen eines Nichtigkeitsgrundes nicht per se diesen Anforderungen. Es sollen ausschließlich Fälle erfasst werden, bei denen es für die Rechtsordnung „unerträglich“ wäre, den Beschluss ohne vertiefte Prüfung im Hauptsacheverfahren eintragen und umsetzen zu lassen. Die Feststellung eines besonders schweren Rechtsverstoßes erfordert daher die Bewertung der Bedeutung der Norm sowie Art und Umfang des Verstoßes. Nur gezielte und besonders grobe Verstöße können einer Freigabe entgegenstehen (BT-Drucks 16/13098, 61).

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Dies ist nur dann zu bejahen, wenn eine Verletzung elementarer Aktionärsrechte glaubhaft gemacht wird, die durch Schadensersatz nicht in ausreichendem Maß kompensiert werden kann. Beispiele hierfür sind die Abhaltung einer Geheimversammlung, die bewusst zu diesem Zweck einberufen wurde, absichtliche Verstöße gegen das Gleichbehandlungsgebot und die Treuepflicht mit schweren Folgen, völliges Fehlen der notariellen Beurkundung bei börsennotierten Gesellschaften, Herabsetzung des Grundkapitals der AG endgültig auf einen Nennbetrag unter 50 000 EUR (BT-Drucks 16/13098, 61).

5. Rechtsfolgen

a) Bindung des Registergerichts

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Ein rechtskräftiger Unbedenklichkeitsbeschluss ersetzt gem § 16 Abs 3 S 1 die Negativerklärung. Zu den Rechtskraftwirkungen abweisender Entscheidungen s Rieckers BB 2008, 514.

69

Nach allgA (Decher in Lutter, § 16 Rn 90; Sosnitza NZG 1999, 965, 973; Marsch-Barner in Kallmeyer, § 16 Rn 35) kann die Bindungswirkung aber nur soweit gehen, wie das OLG die mit der Klage geltend gemachten Mängel geprüft hat. Es ist also zu unterscheiden: Erlässt das OLG den Unbedenklichkeitsbeschluss, weil die Klage unzulässig war oder weil das erforderliche Bagatellquorum nicht erreicht ist, hat das Registergericht im Rahmen seiner Prüfungskompetenz die geltend gemachten Mängel zu prüfen. Das materielle Prüfungsrecht des Registergerichts beschränkt sich dabei grds darauf, ob der Beschl Normen verletzt, die zumindest auch öffentliche Interessen schützen sollen (dazu Sosnitza NZG 1999, 965, 973; Marsch-Barner in Kallmeyer, § 16 Rn 35; Lutter NJW 1969, 1873, 1878; aA BayOLG BB 1991, 1729, wonach nach Ablauf der Anfechtungsfrist nur Nichtigkeitsgründe vom Registergericht zu prüfen sind). Dasselbe gilt, wenn die Klage nach Auffassung des OLG offensichtlich unbegründet ist. Hat das Prozessgericht Normen, die öffentliche Interessen schützen, nicht geprüft, weil es aus anderen Gründen zur Unbegründetheit der Klage kam, hat das Registergericht dies in eigener Kompetenz zu untersuchen und eine Eintragung ggf abzulehnen. Bejaht das OLG vorrangige Eintragungsinteressen und erlässt es daher den Unbedenklichkeitsbeschluss, sind diejenigen Mängel der Prüfung des Registergerichts entzogen, die das OLG bei der Abwägung berücksichtigt hat.

b) Folgen für die Hauptsache

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Die Eintragung der Verschmelzung kann gem § 20 Abs 2 nicht mehr rückgängig gemacht werden. Dennoch wird durch den Unbedenklichkeitsbeschluss das anhängige Klageverfahren nicht berührt (BR-Drucks 75/94, 89). Die Streitgegenstände des Haupt – (Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses) und des Eilverfahrens (Eintragung trotz anhängiger Klage) sind nämlich verschieden (Fronhöfer in Widmann/Mayer, § 16 Rn 208).

71

Mit der Eintragung und damit dem Vollzug der Verschmelzung erledigt sich die Klage gegen die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses grds nicht (Decher in Lutter, § 16 Rn 92). Die Klage wird weder mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig (OLG Stuttgart DB 2004, 749), noch wird sie unbegründet.

72

Die Klage bleibt begründet, da mit der hM eine Heilung materieller Beschlussmängel durch die Eintragung abzulehnen ist (Bermel in Goutier/Knopf/Tulloch, § 20 Rn 60; Sosnitza NZG 1999, 965, 975; Bork in Lutter (Hrsg), Kölner Umwandlungsrechtstage, S 261, 268).

73

Für den Kläger bedeutet dies, dass er trotz des irreversiblen Vollzugs der Verschmelzung berechtigt ist, seine Klage gegen die Wirksamkeit des UmwB im Hinblick auf die Vorgreiflichkeit für mögliche Schadensersatzansprüche weiterzuverfolgen. Sollte sich die Klage gegen einen übertragenden Rechtsträger richten, ist zu beachten, dass nach Eintragung der Verschmelzung der Hauptsacheprozess gem § 28 gegen den übernehmenden Rechtsträger fortzuführen ist (Marsch-Barner in Kallmeyer, § 16 Rn 51; Decher in Lutter, § 16 Rn 92; Fronhöfer in Widmann/Mayer, § 16 Rn 210). Der Kläger hat weiter die Möglichkeit, seine Klage zu ändern und direkt verschuldensunabhängige Schadensersatzansprüche geltend zu machen (Sosnitza NZG 1999, 965, 975).

74

Eine Ausnahme gilt in den Fällen der in § 20 Abs 1 Nr 4 aufgezählten formellen Beschlussmängel. Durch die Eintragung werden formelle Mängel wie die fehlende Beurkundung des Verschmelzungsvertrages oder der erforderlichen Zustimmungs- und Verzichtserklärungen einzelner Anteilsinhaber geheilt. Die Klage gegen den Verschmelzungsbeschluss hat sich diesbezüglich mit der Eintragung erledigt (Fronhöfer in Widmann/Mayer, § 16 Rn 209; Decher in Lutter, § 16 Rn 92; Riegger/Schockenhoff ZIP 1997, 2105, 2107).

 

c) Schadensersatzanspruch

75

Hat der Kläger in der Hauptsache Erfolg, wird also der Verschmelzungsbeschluss für unwirksam erklärt, ist es nicht möglich, die Verschmelzung rückgängig zu machen, § 20 Abs 2. Für den Kläger sieht das Gesetz ausdrücklich gem § 16 Abs 3 S 10 einen Schadensersatzanspruch gegen den Rechtsträger vor, der den Unbedenklichkeitsbeschluss erwirkt hat. Dieser ist verschuldensunabhängig. Hat der übertragende Rechtsträger den Unbedenklichkeitsbeschluss erwirkt, gilt er gem § 25 Abs 2 für die Schadensersatzklage als fortbestehend (Decher in Lutter, § 16 Rn 94; Marsch-Barner in Kallmeyer, § 16 Rn 95).

76

Die Naturalrestitution in Form einer Entschmelzung ist dabei ausdrücklich ausgeschlossen, § 16 Abs 3 S 10 2. HS. Der Kläger muss aber in Bezug auf seine Vermögensverhältnisse so gestellt werden, wie er stünde, wenn die Verschmelzung nicht erfolgt wäre.

77

Zu Recht wird kritisiert, dass dieser Anspruch relativ wertlos ist (Decher in Lutter, § 16 Rn 94), da der durch die vollzogene Verschmelzung eingetretene Individualschaden nur schwerlich substantiiert dargelegt werden kann. Zumindest können jedoch die Kosten des Unbedenklichkeitsverfahrens als Schaden geltend gemacht werden (Bork in Lutter, § 16 Rn 94).

§ 17 Anlagen der Anmeldung

(1) Der Anmeldung sind in Ausfertigung oder öffentlich beglaubigter Abschrift oder, soweit sie nicht notariell zu beurkunden sind, in Urschrift oder Abschrift der Verschmelzungsvertrag, die Niederschriften der Verschmelzungsbeschlüsse, die nach diesem Gesetz erforderlichen Zustimmungserklärungen einzelner Anteilsinhaber einschließlich der Zustimmungserklärungen nicht erschienener Anteilsinhaber, der Verschmelzungsbericht, der Prüfungsbericht oder die Verzichtserklärungen nach § 8 Abs. 3, § 9 Abs. 3, § 12 Abs. 3, § 54 Abs. 1 Satz 3 oder § 68 Abs. 1 Satz 3, ein Nachweis über die rechtzeitige Zuleitung des Verschmelzungsvertrages oder seines Entwurfs an den zuständigen Betriebsrat beizufügen.

(2) 1Der Anmeldung zum Register des Sitzes jedes der übertragenden Rechtsträger ist ferner eine Bilanz dieses Rechtsträgers beizufügen (Schlussbilanz). 2Für diese Bilanz gelten die Vorschriften über die Jahresbilanz und deren Prüfung entsprechend. 3Sie braucht nicht bekannt gemacht zu werden. 4Das Registergericht darf die Verschmelzung nur eintragen, wenn die Bilanz auf einen höchstens acht Monate vor der Anmeldung liegenden Stichtag aufgestellt worden ist.

Kommentierung

I.Beizufügende Anlagen (§ 17 Abs 1)1 – 4

II.Die Schlussbilanz (§ 17 Abs 2)5 – 17

1.Zweck5

2.Inhalt6 – 10

3.Stichtag11 – 17

a)Acht-Monats-Frist11, 12

b)Fristwahrende Anmeldung13 – 15

c)Verhältnis zum Verschmelzungsstichtag16, 17

Literatur:

Aha Ausgewählte Zweifelsfragen zur Rechnungslegung bei Verschmelzungen, BB 1996, 2559; Heidtkamp Die umwandlungsrechtliche Schlussbilanz – praxisrelevante Zweifelsfragen, NZG 2013, 852; Leuering Die umwandlungsrechtliche Schlussbilanz, NJW-Spezial 2010, 719; Scharff Beteiligungsrechte von Arbeitnehmervertretungen bei Umstrukturierungen auf Unternehmens- und Betriebsebene, BB 2016, 437; Sosnitza Das Unbedenklichkeitsverfahren nach § 16 Abs 3 UmwG, NZG 1999, 965; Suchanek/Hesse Umwandlungsstichtage und Bilanzen, Der Konzern 2015, 245; Weiler Heilung einer verfristeten Umwandlung durch Änderung des Umwandlungsstichtages, DNotZ 2007, 888.

I. Beizufügende Anlagen (§ 17 Abs 1)

1

Die Vorschrift legt abschließend einen Katalog von Unterlagen fest, die die Beteiligten bei der Anmeldung dem Registergericht vorzulegen haben. Bezweckt wird der Schutz der Anteilsinhaber: Der Registerrichter wird nämlich in die Lage versetzt, die Eintragungsvoraussetzungen, etwa Vorlage der Zustimmungs- und Verzichtserklärungen gem §§ 8 Abs 3, 9 Abs 3, 12 Abs 3, zu prüfen. In eigener Zuständigkeit prüft er die Vollständigkeit der Unterlagen (formelle Eintragungsvoraussetzungen) sowie die Wirksamkeit des Verschmelzungsvertrages, die Verschmelzungsfähigkeit der Rechtsträger und die Rechtmäßigkeit der Verschmelzungsbeschlüsse (materielle Eintragungsvoraussetzungen). Der Umfang der Prüfungskompetenz beschränkt sich auf die Frage, ob der Beschl zwingende Gesetzesvorschriften verletzt, die zumindest auch öffentliche Interessen schützen (str, wie hier Sosnitza NZG 1999, 965, 973).

2

Folgende Urkunden sind der Anmeldung beizufügen:


der Verschmelzungsvertrag (§ 4),
die Niederschriften der Verschmelzungsbeschlüsse (§ 13) jedes an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträgers,
die erforderlichen Zustimmungserklärungen einzelner Anteilsinhaber (§§ 13 Abs 2, 40 Abs 2 S 2, 50 Abs 2, 51 Abs 2, 78) einschl der Zustimmungserklärungen nicht erschienener Anteilsinhaber (§§ 43 Abs 1, 45d Abs 1, 51 Abs 1 S 2 und 3),
der Verschmelzungsbericht (§ 8) oder die Verzichtserklärungen (§ 8 Abs 3),
der Prüfungsbericht (§§ 9, 12) oder die Verzichtserklärungen (§§ 8 Abs 3, 9 Abs 3, 12 Abs 3, 54 Abs 1 S 3, 68 Abs 1 S 3), und
ein Nachweis über die rechtzeitige Zuleitung des Verschmelzungsvertrages oder seines Entwurfes an den zuständigen Betriebsrat (§ 5 Abs 3).

3

Sind die Unterlagen notariell zu beurkunden, sind dem Registergericht entweder eine Ausfertigung oder eine öffentlich beglaubigte Abschrift zu übergeben. Andernfalls ist die Urschrift oder eine einfache Abschrift beizufügen. Ist der Verschmelzungsvertrag gem § 13 Abs 3 S 2 in der entspr Form den Verschmelzungsbeschlüssen als Anlage beigefügt, bedarf es keiner weiteren gesonderten Vorlage (OLG Karlsruhe NJW-RR, 1998, 903, 904). Der bloße Entwurf des Verschmelzungsvertrages genügt freilich nicht (Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 17 Rn 5). Die Zuleitung an den Betriebsrat kann durch eine Empfangsquittung des Vorsitzenden nachgewiesen werden (Scharff BB 2016, 437, 438 f; Decher in Lutter, § 17 Rn 4; Zimmermann in Kallmeyer, § 17 Rn 3).

4

Sind die bei der Anmeldung vorzulegenden Unterlagen nicht vollständig, wird das Registergericht den Anmeldenden auffordern, die fehlenden Unterlagen nachzureichen und ihm eine angemessene Frist setzen (Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 17 Rn. 7). Hat er bis zum Fristablauf die Unterlagen nicht beigebracht, weist das Registergericht den Antrag auf Anmeldung der Verschmelzung zurück (Decher in Lutter, § 17 Rn 6; vgl etwa OLG Bamberg NZG 2012, 1269).

II. Die Schlussbilanz (§ 17 Abs 2)

1. Zweck

5

Der Anmeldung zum Register des Sitzes jedes übertragenden Rechtsträgers ist eine Schlussbilanz beizufügen. Die Norm bezweckt den Schutz der Gläubiger der an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger, die gem § 22 im Bedarfsfall eine Sicherheitsleistung verlangen können (Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 17 Rn 11; Schwanna in Semler/Stengel, § 17 Rn 13). Schließlich kann anhand der Schlussbilanz der Wert der Sacheinlage überprüft werden, sofern eine Kapitalerhöhung zur Durchführung der Verschmelzung beim übernehmenden Rechtsträger erfolgt (§ 69 Abs 1 S 1 2. HS).

2. Inhalt

6

War ein beteiligter Rechtsträger bislang nicht buchführungs- und jahresabschlusspflichtig (§§ 238 Abs 1, 242 Abs 1 HGB), wird durch § 17 Abs 2 eine solche Pflicht nicht begründet. Die Vorschrift ist dahingehend auszulegen, dass diese Rechtsträger ihre bisherigen Rechnungsunterlagen der Anmeldung beizufügen haben (Decher in Lutter, § 17 Rn 9; Lanfermann in Kallmeyer, § 17 Rn 12; Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 17 Rn 17).

7

Für die Schlussbilanz gelten gem § 17 Abs 2 S 2 die Vorschriften über die Jahresbilanz und deren Prüfung entspr (§§ 242 ff HGB; §§ 316 ff HGB). Die Schlussbilanz ist daher von den für den regulären Jahresabschluss zuständigen Personen auf- und festzustellen (Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 17 Rn 18; Widmann in Widmann/Mayer, § 24 Rn 51 f; aA Lanfermann in Kallmeyer, § 17 Rn 19, der die Notwendigkeit der Feststellung ablehnt). Gem § 245 HGB ist die Schlussbilanz zu unterzeichnen (Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 17 Rn 18).

 

8

Nach dem eindeutigen Wortlaut ist der Anmeldung ausschließlich eine Bilanz beizufügen. Weder eine Gewinn- und Verlustrechnung noch ein Anhang (§ 284 HGB) werden darüber hinaus verlangt (Leuering NJW-Spezial 2010, 719; Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 17 Rn 14; Decher in Lutter, § 17 Rn 8; Lanfermann in Kallmeyer, § 17 Rn 20; aA Widmann in Widmann/Mayer, § 24 Rn 103; Aha BB 1996, 2559).

9

Zu prüfen ist die Schlussbilanz nur, wenn auch für die Jahresbilanz eine gesetzliche Prüfungspflicht besteht, so nach §§ 316 Abs 1, 264a HGB; § 53 Abs 2 GenG; §§ 340k, 341k HGB; §§ 1, 6 PublG (Decher in Lutter, § 17 Rn 9; Lanfermann in Kallmeyer, § 17 Rn 36; Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 17 Rn 20). Die Qualifizierung und Bestellung der Prüfer richtet sich nach den entspr gesetzlichen Vorschriften.

10

Die Schlussbilanz muss gem § 17 Abs 2 S 3 nicht bekannt gemacht werden.

3. Stichtag

a) Acht-Monats-Frist

11

Das Registergericht darf gem § 17 Abs 2 S 4 die Verschmelzung nur eintragen, wenn die Bilanz auf einen höchstens acht Monate vor der Anmeldung liegenden Stichtag aufgestellt worden ist. Durch die Frist soll eine angemessene Aktualität der Bilanz gewährleistet werden (Decher in Lutter, § 17 Rn 11). Es handelt sich um eine Ausschlussfrist; für ihre Berechnung gelten die §§ 186 ff BGB. Ist der Acht-Monats-Zeitraum überschritten, muss der Registerrichter die Anmeldung als zurzeit unzulässig zurückweisen (BayObLG DB 2000, 811). Die Frist ist dabei zwingend, auch geringfügige Überschreitungen sind schädlich (OLG Köln GmbHR 1998, 1095, 1096).

12

Der Stichtag kann beliebig festgesetzt werden. In der Praxis wird dennoch regelmäßig aus Kosten- und Vereinfachungsgründen der ordentliche Bilanzstichtag des übertragenden Rechtsträgers gewählt, so dass Jahresabschluss und Schlussbilanz zusammenfallen (Leuering NJW-Spezial 2010, 719; Lanfermann in Kallmeyer, § 17 Rn 17). Möglich ist, dass der Stichtag nach dem Zeitpunkt des Abschlusses des Verschmelzungsvertrages und der Fassung des Verschmelzungsbeschlusses liegt (Drygala in Lutter, § 5 Rn 74; Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 17 Rn 36). Er muss lediglich vor dem Zeitpunkt der Anmeldung liegen.