Umwandlungsgesetz

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III. Folgen der Fristversäumnis

19

Bei der Frist nach § 14 Abs 1 handelt es sich um eine materiellrechtliche Ausschlussfrist (vgl oben Rn 10). Wird die Frist versäumt und die Klage verspätet eingereicht, ist sie als unbegründet und nicht als unzulässig abzuweisen (OLG Düsseldorf ZIP 2001, 1717, 1718). Der Fristablauf ist keine Einrede, sondern eine Einwendung. Das Gericht hat den Fristablauf deshalb von Amts wegen zu berücksichtigen. Ist somit die Frist versäumt, kann gegen den Verschmelzungsbeschluss nicht mehr vorgegangen werden.

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Das Fristversäumnis ist für das Registergericht nicht bindend. Auch wenn die Vertretungsorgane mangels fristgerecht erhobener Klage die Erklärung nach § 16 Abs 2 abgeben können, ist das Registergericht weiterhin berechtigt, den Verschmelzungsbeschluss auf Fehler zu überprüfen und die Eintragung unter Umständen abzulehnen (Decher in Lutter, § 14 Rn 14; Gehling in Semler/Stengel, § 14 Rn 27). Die Erklärung nach § 16 Abs 2 führt damit nur dazu, dass die ansonsten – bei Erhebung einer Klage – gegebene Registersperre nicht eintritt.

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Ist ein Verschmelzungsbeschluss lediglich anfechtbar (eine Klage wurde jedoch nicht eingereicht), berechtigt dies das Registergericht nicht dazu, die Eintragung zurückzuweisen. Vielmehr wäre es Sache der Anteilsinhaber gewesen, den entspr Mangel durch Anfechtung des Verschmelzungsbeschlusses geltend zu machen. Lediglich bei Nichtigkeitsgründen ist das Registergericht berechtigt, die Eintragung zurückzuweisen. Bei PersHandelsGes und PartGes führt jedoch jeder Mangel zur Nichtigkeit des Gesellschafterbeschlusses. Es wäre zu weitgehend, wenn das Registergericht bei diesen Rechtsformen wegen jedem Mangel die Eintragung zurückweisen könnte. Deshalb hat das Registergericht bei seiner Prüfung auch für diese Rechtsformen die für AG maßgebende Unterscheidung zwischen Nichtigkeit und Anfechtbarkeit heranzuziehen. Nur wenn bei der entspr aktienrechtlichen Regelung ein zur Nichtigkeit führender Mangel vorliegt, kann bei der PersHandelsGes oder PartGes die Eintragung zurückgewiesen werden. Andernfalls und damit bei lediglich zur Anfechtbarkeit führenden Mängeln hat das Registergericht die Eintragung vorzunehmen (iE ebenso Gehling in Semler/Stengel, § 14 Rn 28). Dadurch wird gewährleistet, dass das Registergericht nur bei schwerwiegenden Mängeln einschreitet und iÜ nicht anstelle der eigentlich berufenen Anteilsinhaber eine umfassende Richtigkeitskontrolle des Verschmelzungsbeschlusses vornimmt. In erster Linie ist es Sache der Anteilsinhaber, etwaige Mängel des Verschmelzungsbeschlusses zu rügen. Tun sie dies nicht, bringen sie damit konkludent zum Ausdruck, dass sie den Verschmelzungsbeschluss durchgeführt wissen wollen.

IV. Unzureichendes Umtauschverhältnis, § 14 Abs 2

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Nach Abs 2 kann bei einem übertragenden Rechtsträger die Klage gegen die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses nicht darauf gestützt werden, dass das Umtauschverhältnis zu niedrig bemessen oder die Mitgliedschaft bei dem übernehmenden Rechtsträger unzureichend sei. Diese Einwendungen können beim übertragenden Rechtsträger nur iRe Spruchverfahrens nach dem SpruchG geltend gemacht werden (Ansprüche im Spruchverfahren können iÜ auch Anteilsinhaber geltend machen, die für den Verschmelzungsbeschluss gestimmt haben, Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 14 Rn 29). Eine unangemessene Gegenleistung führt beim übertragenden Rechtsträger somit nicht zur Unwirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses. Die rasche Durchführung der Verschmelzung wird damit durch Streitigkeiten über das Umtauschverhältnis jedenfalls beim übertragenden Rechtsträger nicht gehindert. Die Belange der Anteilsinhaber der übertragenden Rechtsträger werden dadurch gewahrt, dass sie iRd Spruchverfahrens eine Verbesserung des Umtauschverhältnisses verlangen und erreichen können.

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Die Beschränkung des Abs 2 gilt nur für Klagen gegen die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses bei übertragenden Rechtsträgern. Wollen Anteilsinhaber des übernehmenden Rechtsträgers die Unangemessenheit der Gegenleistung rügen, sind sie auf die allg Klagemöglichkeiten gegen den Verschmelzungsbeschluss verwiesen (Decher in Lutter, § 14 Rn 16; Heckschen in Widmann/Mayer, § 14 Rn 60 f; Marsch-Barner in Kallmeyer, § 14 Rn 15; OLG Stuttgart AG 2003, 456, 457). Das Spruchverfahren ist für sie nicht eröffnet (aA Fritzsche/Dreier BB 2002, 737, 744). Dies führt dazu, dass Rügen der Anteilsinhaber des übernehmenden Rechtsträgers, die das Umtauschverhältnis betreffen, zu deutlichen Verzögerungen beim Verschmelzungsverfahren führen können. Insbes können Anteilsinhaber eines übertragenden Rechtsträgers, denen an einer Verzögerung der Verschmelzung gelegen ist, versuchen, Anteile des übernehmenden Rechtsträgers zu erwerben, um Bewertungsrügen im allgemeinen Klageverfahren geltend machen zu können. Anders als entspr Rügen beim übertragenden Rechtsträger führen Bewertungsrügen beim übernehmenden Rechtsträger damit, wenn sie klageweise geltend gemacht werden, zur Registersperre nach § 16 Abs 2. Es kann dann lediglich die Aufhebung der Registersperre im Eilverfahren nach § 16 Abs 3 angestrebt werden.

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Diese unterschiedliche Behandlung beim übertragenden und beim übernehmenden Rechtsträger lässt sich für den übernehmenden Rechtsträger im Grunde nur damit rechtfertigen, dass bei diesem neben einem Verschmelzungsbeschluss in aller Regel auch ein Kapitalerhöhungsbeschluss zu fassen ist. Würde die Beschränkung des Abs 2 auch für den übernehmenden Rechtsträger gelten, könnten dessen Anteilsinhaber ungeachtet der Beschränkung den in aller Regel notwendigen Kapitalerhöhungsbeschluss mit der Bewertungsrüge angreifen und damit dasselbe Erg wie bei einer entspr Klage gegen den Verschmelzungsbeschluss erzielen. Eine auf den Kapitalerhöhungsbeschluss erstreckte Klagebeschränkung ist jedoch aus allgemeinen Gründen nicht möglich. Aufgrund dieser Sachlage kann deshalb beim übernehmenden Rechtsträger die Geltendmachung der Bewertungsrüge im allg Klageverfahren zugelassen werden (vgl hierzu auch Heckschen in Widmann/Mayer, § 14 Rn 60).

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Angesichts dieser Rechtslage besteht in der Praxis häufig das Bedürfnis, das Klagerisiko beim übernehmenden Rechtsträger (jedenfalls hinsichtlich des Umtauschverhältnisses) durch entspr Gestaltung rein tatsächlich zu beschränken. Dies kann zum einen dadurch geschehen, dass übernehmender Rechtsträger die Gesellschaft ist, bei deren Anteilsinhaberkreis das geringere Klagerisiko gesehen wird. Zum anderen werden häufig Gestaltungen gewählt, bei denen alle an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger mit größerem Anteilsinhaberkreis übertragende Rechtsträger sind. Hierfür kann zum einen eine Verschmelzung durch Neugründung vorgenommen werden, bei der sämtliche sich vereinigende Rechtsträger übertragende Rechtsträger sind. Zum anderen ist die Verschmelzung der sich vereinigenden Rechtsträger auf eine neu gegründete Mantelgesellschaft möglich. Die Mantelgesellschaft ist in diesem Fall der übernehmende Rechtsträger, sämtliche sich vereinigenden Rechtsträger sind die übertragenden Rechtsträger (vgl dazu auch Martens AG 2000, 301, 302, der als Beispiel die Thyssen-Krupp-Verschmelzung anführt). Bewertungsrügen können in allen diesen Fällen iRd Spruchverfahrens ausgetragen werden. Diese Lösungen der Praxis sind in aller Regel mit höheren Kosten und Verkehrssteuern belastet, da das Vermögen aller sich vereinigenden Rechtsträger auf einen anderen oder neuen Rechtsträger übertragen werden muss. Vgl hierzu auch unter § 36 Rn 4.

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Die Beschränkung des Abs 2 schließt für die Klage gegen die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses alle Rügen aus, die in irgendeiner Weise gegen die Angemessenheit der Gegenleistung erhoben werden (Decher in Lutter, § 14 Rn 16; Gehling in Semler/Stengel, § 14 Rn 31, zB zu hohes oder zu niedriges Umtauschverhältnis, selbst bei grober Fehlerhaftigkeit oder bei vorsätzlich falscher Ermittlung; auch wenn das fehlerhafte Umtauschverhältnis einen Sondervorteil zugunsten des übernehmenden Rechtsträgers darstellt oder wenn die Vertretungsorgane der beteiligten Rechtsträger bei der fehlerhaften Ermittlung kollusiv zusammenwirken). Diese können unmittelbar das Umtauschverhältnis oder die Unangemessenheit der zu gewährenden Mitgliedschaft bei dem übernehmenden Rechtsträger betreffen. Auf das Spruchverfahren verwiesen sind überdies auch Rügen, mit denen die Unangemessenheit der Gegenleistung für Vorzugsaktionäre, Mehrstimmrechtsaktionäre, Inhaber von Schuldverschreibungen oder Genussscheinen geltend gemacht werden oder soweit bei einem Eingriff in Sonderrechte keine angemessene Gegenleistung gewährt wird. Voraussetzung ist jeweils nur, dass der Betreffende ein Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers ist. Bloßen Sonderrechtsinhabern steht das Spruchverfahren hingegen nicht offen (vgl § 23 Rn 43).

 

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IRd Klage gegen den Verschmelzungsbeschluss kann hingegen gerügt werden, dass eine Gegenleistung überhaupt nicht angeboten wurde oder dass im Verschmelzungsbericht das Umtauschverhältnis oder die zu gewährende neue Mitgliedschaft beim übernehmenden Rechtsträger nicht ausreichend erläutert und begründet wurde (Marsch-Barner in Kallmeyer, § 14 Rn 14; Decher in Lutter, § 14 Rn 17; vgl dazu aber nachfolgend in Rn 28 f für AG und KGaA). Die zum Formwechsel ergangenen Entscheidungen des BGH (BGHZ 146, 179 und BGH ZIP 2001, 412, 413 f), wonach die Klage gegen den Beschl über den Formwechsel nicht darauf gestützt werden kann, dass eine Barabfindung nicht oder nicht ordnungsgemäß angeboten wurde, gelten für die Verschmelzung nicht (vgl Gehling in Semler/Stengel, § 14 Rn 32 f).

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Jedenfalls für die AG und die KGaA ist in vorstehendem Zusammenhang der durch das UMAG neu gefasste § 243 Abs 4 AktG zu berücksichtigen. Die Kausalitätsregelung des § 243 Abs 4 S 1 AktG gilt hierbei sowohl beim übernehmenden als auch beim übertragenden Rechtsträger. Dies bedeutet, dass eine Anfechtung wegen unzureichender Informationen nur erfolgreich ist, wenn ein objektiv urteilender Aktionär die Erteilung der Information als wesentliche Voraussetzung für die sachgerechte Wahrnehmung seiner Teilnahme- und Mitgliedschaftsrechte angesehen hätte. Maßgebend ist also, ob ein objektiv urteilender Aktionär bei Erfüllung der Informationspflichten seitens des Rechtsträgers in anderer Weise abgestimmt hätte.

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Nach § 243 Abs 4 S 2 AktG kann bei einer AG oder KGaA eine Anfechtungsklage auf unrichtige, unvollständige oder unzureichende Informationen über die Ermittlung, Höhe oder Angemessenheit von Ausgleich, Abfindung, Zuzahlung oder über sonstige Kompensationen nicht gestützt werden, wenn für Bewertungsrügen das Spruchverfahren vorgesehen ist. Diese Bestimmung ergänzt für übertragende Rechtsträger in der Rechtsform der AG oder KGaA die Regelung des § 14 Abs 2, in dem für die in § 243 Abs 4 S 2 AktG genannten Fälle ebenfalls auf das Spruchverfahren verwiesen wird. Für eine übertragende AG oder KGaA sind damit zB Rügen über eine unzureichende Erläuterung des Umtauschverhältnisses im Verschmelzungsbericht in das Spruchverfahren verwiesen. Da für übernehmende Rechtsträger das Spruchverfahren nicht eröffnet ist, findet auch § 243 Abs 4 S 2 AktG für übernehmende Rechtsträger keine Anwendung. Es bleibt hier somit stets bei den allgemeinen Klagemöglichkeiten.

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Da das UMAG insgesamt nur die AG und die KGaA betrifft, ist davon auszugehen, dass die neu geschaffenen Regelungen des § 243 Abs 4 AktG für Rechtsträger anderer Rechtsformen nicht entspr gelten.

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§ 14 Abs 2 steht solchen Klagen auch beim übertragenden Rechtsträger nicht entgegen, mit denen eine Ungleichbehandlung der Anteilsinhaber geltend gemacht wird. Eine solche Ungleichbehandlung kann insbes vorliegen, wenn bei eigentlich korrekt ermitteltem Umtauschverhältnis der konkret vorgesehene Umtausch zu einer Ungleichbehandlung führt (Decher in Lutter, § 14 Rn 17; Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 14 Rn 37). Die Beschränkung des § 14 Abs 2 gilt auch dann nicht, wenn unzulässige Sondervorteile eines Anteilsinhabers gerügt werden, die nicht auf der Unangemessenheit des Umtauschverhältnisses beruhen (Decher in Lutter, § 14 Rn 17).

§ 15 Verbesserung des Umtauschverhältnisses

(1) 1Ist das Umtauschverhältnis der Anteile zu niedrig bemessen oder ist die Mitgliedschaft bei dem übernehmenden Rechtsträger kein ausreichender Gegenwert für den Anteil oder die Mitgliedschaft bei einem übertragenden Rechtsträger, so kann jeder Anteilsinhaber dieses übertragenden Rechtsträgers, dessen Recht, gegen die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses Klage zu erheben, nach § 14 Abs. 2 ausgeschlossen ist, von dem übernehmenden Rechtsträger einen Ausgleich durch bare Zuzahlung verlangen; die Zuzahlungen können den zehnten Teil des auf die gewährten Anteile entfallenden Betrags des Grund- oder Stammkapitals übersteigen. 2Die angemessene Zuzahlung wird auf Antrag durch das Gericht nach den Vorschriften des Spruchverfahrensgesetzes bestimmt.

(2) 1Die bare Zuzahlung ist nach Ablauf des Tages, an dem die Eintragung der Verschmelzung in das Register des Sitzes des übernehmenden Rechtsträgers nach § 19 Abs. 3 bekannt gemacht worden ist, mit jährlich 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu verzinsen. 2Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

Kommentierung

I.Einleitung1

II.Anspruchsberechtigter und Anspruchsgegner2 – 6

III.Inhalt des Anspruches7

IV.Spruchverfahren8

V.Verzinsung9

Literatur:

Bungert Umtauschverhältnis bei Verschmelzungen entspricht nicht den Börsenwerten, BB 2003, 669; Fleischer/Bong Unternehmensbewertung bei konzernfreien Verschmelzungen zwischen Geschäftsleiterermessen und Gerichtskontrolle, NZG 2013, 881; Friese-Dormann/Rothenfußer Selbstfinanzierungseffekt und Bagatellgrenze als Frage der Angemessenheit des Umtauschverhältnisses bei Verschmelzungen, AG 2008, 243; Hoyer Kapitalschutz als Durchsetzungsschranke umwandlungsrechtlicher Ausgleichsansprüche von Gesellschaftern, AG 2008, 149; Knoll Gesetzliche Verzinsung von Spruchverfahrensansprüchen: Legislativer Wille und verfassungswidrige Wirklichkeit, BB 2007, 1727; zur Megede Verschmelzung von Aktiengesellschaften – Materielle Anspruchsberechtigung auf Erhalt einer baren Zuzahlung, BB 2007, 337; Schulenberg Die Antragsberechtigung gem §§ 15, 305 UmwG und die „Informationslast“ des Antragstellers im Spruchverfahren, AG 1998, 74; Tettinger Die Barzuzahlung gem § 15 UmwG – Für mehr Gestaltungsfreiheit im Verschmelzungsrecht, NZG 2008, 93.

I. Einleitung

1

Eine Klage gegen die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses eines übertragenden Rechtsträgers kann nicht darauf gestützt werden, dass das Umtauschverhältnis der Anteile zu niedrig bemessen ist oder die Mitgliedschaft bei dem übernehmenden Rechtsträger kein ausreichender Gegenwert für die Anteile oder die Mitgliedschaft bei dem übertragenden Rechtsträger darstellt, § 14 Abs 2. Als Ausgleich für den Ausschluss des Klagerechtes erhalten die Anteilseigner des übertragenden Rechtsträgers das Recht, von dem übernehmenden Rechtsträger einen Ausgleich durch bare Zuzahlung zu verlangen (krit zu diesem Regelungsmodell Tettinger NZG 2008, 93).

II. Anspruchsberechtigter und Anspruchsgegner

2

Der Anspruch auf bare Zuzahlung steht ausschließlich den Anteilsinhabern des übertragenden Rechtsträgers zu. Ein Widerspruch des Anteilsinhabers gegen den Verschmelzungsbeschluss ist nicht Voraussetzung des Anspruches auf bare Zuzahlung. Der Anspruch richtet sich auch dann gegen den übernehmenden Rechtsträger, wenn der übertragende Rechtsträger noch besteht. Anteilsinhaber des übernehmenden Rechtsträgers sind nicht anspruchsberechtigt (krit hierzu: Gehling in Semler/Stengel, § 15 Rn 8; Handelsrechtsausschuss des DAV NZG 2007, 497 ff; Bayer ZHR 172 (2008) 24).

3

Streitig ist der Zeitpunkt der Entstehung des Anspruches auf bare Zuzahlung: Aufgrund des Wortlautes ist der teilweise vertretenen Auffassung (Gehling in Semler/Stengel, § 15 Rn 9) nicht zu folgen, welche auf das Wirksamwerden der Verschmelzung abstellt (aA zur Megede BB 2007, 337). Entscheidend ist vielmehr der Zeitpunkt des Verschmelzungsbeschlusses. Der Anspruch auf bare Zuzahlung ist jedoch durch das Wirksamwerden der Verschmelzung aufschiebend bedingt (Marsch-Barner in Kallmeyer, § 15 Rn 7).

4

Antragsberechtigt sind daher zunächst Anteilsinhaber, die ihre Anteile bis zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Verschmelzung erworben und nicht veräußert haben. Gem § 3 S 2 SpruchG ist die Anteilsinhaberschaft an dem übernehmenden Rechtsträger darüber hinaus bis zur Antragstellung erforderlich.

5

Bei einer Anteilsübertragung zwischen Beschlussfassung und Wirksamwerden der Verschmelzung im Weg der Gesamtrechtsnachfolge geht das Recht auf bare Zuzahlung auf den Gesamtrechtsnachfolger über (Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 15 Rn 9; Marsch-Barner in Kallmeyer, § 15 Rn 3).

6

Im Falle der Einzelrechtsnachfolge ist entscheidend, ob der Einzelrechtsnachfolger mit dem Anteil auch den Anspruch auf bare Abfindung gem §§ 413, 398 BGB erworben hat (Marsch-Barner in Kallmeyer, § 15 Rn 3; Gehling in Semler/Stengel, § 15 Rn 14; Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 15 Rn 10; nach Schulenberg AG 1998, 74 geht der Anspruch als Annex des Anteils auf den Erwerber über).

III. Inhalt des Anspruches

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Gem § 14 Abs 2 kann eine Klage gegen den Verschmelzungsbeschluss nicht darauf gestützt werden, dass das Umtauschverhältnis der Anteile zu niedrig bemessen ist oder die Mitgliedschaft bei einem übernehmenden Rechtsträger keinen ausreichenden Gegenwert für den Anteil oder die Mitgliedschaft bei einem übertragenden Rechtsträger darstellt.

Ist das Umtauschverhältnis unangemessen, besteht stattdessen der Anspruch auf bare Zuzahlung in Höhe der Differenz zum angemessenen Wert. Die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses ist anhand des Vergleichs des Werts der Anteile am übertragenden Rechtsträger zu dem Wert der hierfür erhaltenen Anteile am übernehmenden Rechtsträger zu bestimmen. Zur Errechnung der baren Zuzahlung ist daher zunächst der Verkehrswert des Anteils am übertragenden Rechtsträger festzustellen (Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 15 Rn 16). Im Anschluss wird der Unternehmenswert des übernehmenden Rechtsträgers ermittelt und mit der Beteiligungsquote des Anteilsinhabers an diesem Rechtsträger nach der Verschmelzung multipliziert (Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 15 Rn 18). Der Anspruch auf bare Zuzahlung ist in der Höhe gegeben, in der der Wert des ursprünglichen Anteils am übertragenden Rechtsträger den Wert des neuen Anteils am übernehmenden Rechtsträger übersteigt (Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 15 Rn 19; zur Frage, ob und in welchem Umfang der sog „Selbstfinanzierungseffekt“ auszugleichen ist, siehe Friese-Dormann/Rothenfußer AG 2008, 243). Diese Grundsätze finden auch im Falle der Verschmelzung einer Tochter- auf die Muttergesellschaft Anwendung (OLG Stuttgart AG 2007, 705 = OLGR Stuttgart 2007, 1022).

Weiter ist eine Bagatellgrenze zu berücksichtigen: Weicht das vom gerichtlichen Sachverständigen ermittelte Umtauschverhältnis nur um wenige Prozent von demjenigen des Verschmelzungsvertrages ab, ist ein Ausgleich durch bare Zuzahlung nicht veranlasst. Die genaue Bezifferung der Bagatellgrenze ist allerdings unklar, dürfte sich aber im Bereich von 1-2 % bewegen (1,5 %: OLG München AG 2007, 701; 1–2 %: LG Köln AG 2009, 835; zur Reichweite der „Bagatellgrenze“ sa Friese-Dormann/Rothenfußer AG 2008, 243, 246; Bungert BB 2003, 669 ff).

 

Als Ausgleich kann gem § 15 Abs 1 S 1 ausschließlich eine bare Zuzahlung gefordert werden. Andere Vermögenswerte – bspw ein Ausgleich durch Gewährung weiterer Anteile an dem übernehmenden Rechtsträger – können nicht verlangt werden. Eine Abfindung durch Sachwerte oder Gesellschaftsanteile dürfte jedoch dann möglich sein, wenn der Anteilsinhaber einverstanden ist (Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 15 Rn 22; aA die wohl hM).

Beschränkungen des Anspruches können sich aus dem Kapitalerhaltungsgrundsatz (§§ 30 GmbHG, 57 AktG) ergeben (eingehend Hoyer AG 2008, 149, 152 ff). Der Barausgleich ist nur aus freiem Vermögen zulässig (Marsch-Barner in Kallmeyer, § 15 Rn 2; aA Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 15 Rn 29). Diese Beschränkung führt nicht zu einer Kürzung des Anspruchs der Höhe nach, sondern stellt lediglich eine Auszahlungsbeschränkung dar (Gehling in Semler/Stengel, § 15 Rn 23b; Decher in Lutter, § 15 Rn 8; Hoger AG 2008, 149, 150; Marsch-Barner in Kallmeyer, § 15 Rn 2).