Umwandlungsgesetz

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3. Verschmelzung der Muttergesellschaft auf die Tochtergesellschaft

188

Die Verschmelzung der Muttergesellschaft auf ihre Tochtergesellschaft (Down Stream Merger) ist zulässig (ausf hierzu Klein/Stephanblome ZGR 2007, 351). Hierfür spielt es keine Rolle, ob es sich um eine 100 %ige Tochtergesellschaft handelt oder ob an der Tochtergesellschaft noch außenstehende Anteilsinhaber beteiligt sind.

189

Auf die Verschmelzung der Muttergesellschaft auf ihre Tochtergesellschaft findet Abs 2 keine Anwendung. Vielmehr sind an die Anteilsinhaber der Muttergesellschaft im Zuge der Verschmelzung Anteile der Tochtergesellschaft auszugeben (anders wäre es nur, wenn die Anteilsinhaber eines übertragenden Rechtsträgers in der Rechtsform der GmbH oder AG nach §§ 54 Abs 1 letzter S, 68 Abs 1 letzter S auf die Anteilsgewährung verzichten). Die Angaben nach Abs 1 Nr 2–5 müssen deshalb im Verschmelzungsvertrag enthalten sein.

190

Beim Down-Stream-Merger gehen das Vermögen und die Verbindlichkeiten der Muttergesellschaft auf die Tochtergesellschaft über (führt die Verschmelzung beim übernehmenden Rechtsträgers zu einer Unterbilanz – was zB dann der Fall sein kann, wenn überwiegend Verbindlichkeiten übergehen, weil das Aktivvermögen des übertragenden Rechtsträgers ganz überwiegend aus fremdfinanzierten Anteilen des übernehmenden Rechtsträgers besteht –, besteht bei den Rechtsformen GmbH, AG und KGaA das Risiko einer verbotenen Einlagenrückgewähr nach §§ 30 GmbHG bzw 57 AktG; vgl zum Meinungsstand Heckschen GmbHR 2008, 802). Die Anteilsinhaber der Muttergesellschaft werden unmittelbare Anteilsinhaber der Tochtergesellschaft.

191

Es ist nahe liegend, dass zur Durchführung der Verschmelzung an die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers die vom übertragenden Rechtsträger gehaltenen Anteile des übernehmenden Rechtsträgers ausgegeben werden (diese gehen ohne Durchgangserwerb von der Muttergesellschaft auf die Anteilseigner der Muttergesellschaft über, vgl Mayer in Widmann/Mayer, § 5 Rn 38). Rechtlich zwingend ist dies jedoch lediglich bei einer aufnehmenden GmbH, AG oder KGaA, wenn die von dem übertragenden Rechtsträger gehaltenen Anteile der übernehmenden GmbH, AG oder KGaA noch nicht voll einbezahlt sind. In diesen Fällen darf der übernehmende Rechtsträger nach § 54 Abs 1 Nr 3 bzw § 68 Abs 1 S 1 Nr 3 sein Gesellschaftskapital nicht erhöhen. In allen anderen Fällen ist eine Kapitalerhöhung beim übernehmenden Rechtsträger denkbar, aber nicht notwendig (Heckschen GmbHR 2008, 802, 803; eine Kapitalerhöhung beim Down-Stream-Merger hält Mayer in Widmann/Mayer, § 5 Rn 38 aus Minderheitsschutzgesichtspunkten bei Vorhandensein außenstehender Gesellschafter beim übernehmenden Rechtsträger für zwingend erforderlich; vgl dazu auch Mertens AG 2005, 785, der eine Kapitalerhöhung bei der Tochtergesellschaft prinzipiell nicht für erforderlich hält. Nach Heckschen GmbHR 2008, 802, 803 soll beim übernehmenden Rechtsträger eine Kapitalerhöhung geboten sein, wenn die vom übertragenden Rechtsträger gehaltenen Anteile am übernehmenden Rechtsträger nicht ausreichen, eine dem festgesetzten Umtauschverhältnis entspr Beteiligung aller Anteilsinhaber herbeizuführen, eine Konstellation, die dann vorliegen kann, wenn der übertragende Rechtsträger über die Anteile am übernehmenden Rechtsträger hinaus – nach Abzug der Verbindlichkeiten für dessen Finanzierung – nennenswertes weiteres Vermögen hat).

192

Es ist zu beachten, dass der Kapitalerhöhungsbetrag durch Vermögen der Muttergesellschaft gedeckt sein muss, das dieser neben ihrer Beteiligung an der Tochtergesellschaft zusteht. Der Kapitalerhöhungsbetrag kann nicht durch der Muttergesellschaft gehörende Anteile der Tochtergesellschaft dargestellt werden; insoweit würde es an einer bei der Kapitalerhöhung notwendigen Mittelzuführung von außen fehlen. Anteile der übernehmenden Tochtergesellschaft, die von der Muttergesellschaft gehalten, jedoch nicht zur Durchführung der Verschmelzung verwendet werden, gehen als eigene Anteile auf die übernehmende Tochtergesellschaft über bzw – soweit die übernehmende Tochtergesellschaft kraft Rechtsform keine eigenen Anteile erwerben kann – erlöschen (Mayer in Widmann/Mayer, § 5 Rn 38).

193

Sind an der übernehmenden Tochtergesellschaft außenstehende Gesellschafter beteiligt, muss das Umtauschverhältnis angemessen sein. Werden zur Durchführung der Verschmelzung die der übertragenden Muttergesellschaft gehörenden Anteile der Tochtergesellschaft verwendet, kann das je nach Vermögenssituation der Muttergesellschaft (etwa wenn sie als Vermögenswerte nur die Anteile der Tochtergesellschaft hat, die über die Aufnahme von Finanzierungsschulden erworben wurden) dazu führen, dass nur ein (geringer) Teil der Anteile an die Anteilsinhaber der Muttergesellschaft ausgegeben werden können. Soweit die Anteile nicht ausgegeben werden, werden sie bei der übernehmenden Tochtergesellschaft zu eigenen Anteilen bzw sind – soweit dies rechtlich nicht zulässig wäre – entschädigungslos einzuziehen.

VII. Zuleitung des Vertrags an den Betriebsrat, Abs 3

Literatur:

Blechmann Die Zuleitung des Umwandlungsvertrags an den Betriebsrat, NZA 2005, 1143; Dzida Die Unterrichtung des „zuständigen“ Betriebsrats bei innerbetrieblichen und grenzüberschreitenden Verschmelzungen, GmbHR 2009, 459; Engelmeyer Die Informationsrechte des Betriebsrats und der Arbeitnehmer bei Strukturänderungen, DB 1996, 2542; Melchior Die Beteiligung von Betriebsräten an Umwandlungsvorgängen aus Sicht des Handelsregisters, GmbHR 1996, 833; Müller Die Zuleitung des Verschmelzungsvertrages an den Betriebsrat nach § 5 Abs. 3 Umwandlungsgesetz, DB 1997, 713; Müller-Eising/Bert § 5 Abs. 3 UmwG: Eine Norm, eine Frist, drei Termine, DB 1996, 1398.

1. Allgemeines

194

Die Vorschrift steht in funktionalem Zusammenhang mit der Angabepflicht nach § 5 Abs 1 Nr 9. Entspr Vorschriften für die Spaltung und den Formwechsel enthalten § 126 Abs 3 und § 194 Abs 2. Als spezielle Bestimmung für die grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften ist § 122e S 2 zu berücksichtigen. Mit der rechtzeitigen Zuleitung des Umwandlungsvertrags oder seines Entwurfs soll den zuständigen Arbeitnehmervertretungen die Gelegenheit gegeben werden, etwaige Einwendungen gegen die Umw (insbes ihre arbeitsrechtlichen Folgen) zu äußern und ggf auf Änderungen hinzuwirken (Willemsen in Kallmeyer § 5 Rn 74; Simon in Semler/Stengel § 5 Rn 140). Die vollständige form- und fristgerechte Zuleitung ist Eintragungsvoraussetzung für die Umw (§ 17 Abs 1).

2. Gegenstand der Zuleitungspflicht

195

Die Zuleitungspflicht erstreckt sich nicht nur auf die Pflichtangaben nach § 5 Abs 1 Nr 9, sondern auf den gesamten Verschmelzungsvertrag einschließlich aller Anlagen, die Gegenstand der Anmeldung zur Eintragung sein müssen und sollen (OLG Naumburg BB 2003, 2756; Hohenstatt/Schramm in KölnKomm, § 5 Rn 248; aA LG Essen NZG 2002, 736, 737; Blechmann NZA 2005, 1143, 1148: nur solche Anlagen, die Belange der Arbeitnehmer betreffen können). Das schließt bei einer Verschmelzung zur Neugründung den Gesellschaftsvertrag/den Partnerschaftsvertrag/die Satzung/das Statut des neuen Rechtsträgers ein (§ 37).

196

Wird dem Betriebsrat ein Vertragsentwurf zugeleitet, der nachfolgend geändert und erst dann beurkundet wird, stellt sich die Frage, ob die geänderte Fassung erneut zuzuleiten ist und die Monatsfrist erneut beginnt. Nach Auffassung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages lösen unwesentliche Abänderungen des Verschmelzungsvertrages oder seines Entwurfs, die nach der erstmaligen Zuleitung an den Betriebsrat erfolgen, keine Pflicht zur erneuten Zuleitung aus (BT-Drucks 12/7850, 142). Demzufolge muss nicht erneut zugeleitet werden, wenn nur rein redaktionelle oder rechtstechnische Änderungen vorgenommen werden (Melchior GmbHR 1996, 833, 836; Hohenstatt/Schramm in KölnKomm, § 5 Rn 250). Darüber hinaus dürften auch Änderungen, die Interessen der Arbeitnehmer und ihrer Vertretungen nicht berühren können, keine Pflicht zur erneuten Zuleitung auslösen (so OLG Naumburg DB 1997, 466, 467; LG Essen NZG 2002, 736, 737; Willemsen in Kallmeyer § 5 Rn 78; Langner in Schmitt/Hörtnagel/Stratz, § 5 Rn 120; Simon in Semler/Stengel, § 5 Rn 147; Stoye-Benk S 24; zu eng wohl Müller DB 1997, 713, der nur bei Änderungen der Angaben nach § 5 Abs 1 Nr 9 eine erneute Zuleitung für geboten hält).

 

3. Zuständiges Betriebsverfassungsorgan

197

Als Adressat der Zuleitung bezeichnet das Gesetz den „zuständigen Betriebsrat“ jedes beteiligten Rechtsträgers. Diese Formulierung ist ungenau, denn je nach Unternehmens- und Betriebsstruktur im Einzelfall sind verschiedene Betriebsverfassungsorgane zuständig. Die Zuständigkeiten ergeben sich aus den Bestimmungen des BetrVG. Es obliegt den beteiligten Rechtsträgern, auf die richtigen Betriebsverfassungsorgane zuzugehen.

198

Besteht bei einem beteiligten Rechtsträger ein Gesamtbetriebsrat, ist dieser nach § 50 Abs 1 BetrVG zuständig, denn eine Umw ist stets unternehmensbezogen. Es ist nicht erforderlich, den Verschmelzungsvertrag parallel auch den (Einzel-)Betriebsräten dieses Rechtsträgers zuzuleiten (Langner in Schmitt/Hörtnagel/Stratz, § 5 Rn 121; Simon in Semler/Stengel, § 5 Rn 142; Willemsen in Kallmeyer, § 5 Rn 76). Existiert kein Gesamtbetriebsrat, weil zum Unternehmen nur ein Betrieb gehört, ist der Vertrag dem dort gebildeten Betriebsrat zuzuleiten (Langner in Schmitt/Hörtnagel/Stratz, § 5 Rn. 121). Ist in einem Unternehmen mit mehreren Betrieben und Betriebsräten entgegen § 47 Abs BetrVG kein Gesamtbetriebsrat gebildet worden, entsteht nach str Ansicht eine Mitbestimmungslücke, die zum Wegfall der Zuleitungspflicht führt (Dzida GmbHR 2009, 459, 460; Simon in Semler/Stengel, § 5 Rn 142; aA Hohenstatt/Schramm in KölnKomm, § 5 Rn 251). Der Praxis ist jedoch zu empfehlen, auch in diesem Fall den Vertrag den Betriebsräten zuzuleiten, um Risiken aus § 17 Abs 1 auszuschließen. Ist für mehrere Betriebe eines Rechtsträgers ein unternehmenseinheitlicher Betriebsrat gebildet worden (§ 3 Abs 1 Nr 1 Buchst a BetrVG), ist dieser zuständig (Simon in Semler/Stengel § 5 Rn 142).

199

Ein Konzernbetriebsrat ist keinem Rechtsträger zugeordnet; auch ein Konzern selbst ist kein Rechtsträger. Deshalb besteht keine Pflicht zur Zuleitung an einen Konzernbetriebsrat. Das gilt auch dann, wenn Rechtsträger ein und desselben Konzerns miteinander verschmolzen werden (Willemsen in Kallmeyer, § 5 Rn 76; Drygala in Lutter, § 5 Rn 144; aA Engelmeyer DB 1996, 2542, 2545; für den Fall, dass das herrschende Unternehmen als übertragender Rechtsträger an der Verschmelzung beteiligt ist Simon in Semler/Stengel, § 5 Rn 142; Müller DB 1997, 713, 715). Im Einzelfall, insbesondere wenn die Folgen der Verschmelzung die Existenz, die Zusammensetzung oder Beteiligungsrechte eines Konzernbetriebsrats berühren, kann es jedoch ratsam sein, auch einen Konzernbetriebsrat zu berücksichtigen, um jedes Risiko aus § 17 Abs 1 auszuschließen (Langner in Schmitt/Hörtnagel/Stratz, § 5 Rn 12; Simon in Semler/Stengel, § 5 Rn 143; Willemsen in Kallmeyer, § 5 Rn 76). Dabei empfiehlt sich ein Hinweis, dass die Zuleitung an den Konzernbetriebsrat ohne rechtliche Verpflichtung erfolgt (Hohenstatt/Schramm in KölnKomm, § 5 Rn 252).

200

Empfangszuständig ist der Vorsitzende des Betriebsverfassungsorgans, im Fall seiner Verhinderung sein Stellvertreter (§ 26 Abs 2 S 2, § 51 Abs 1, § 59 Abs 1 BetrVG). Ist auch der Stellvertreter verhindert und hat das Gremium für diesen Fall kein empfangszuständiges Mitglied bestimmt, kann ein sonstiges Mitglied lediglich als Bote tätig werden, sodass der Verschmelzungsvertrag oder sein Entwurf erst dann zugeleitet ist, wenn er dem Vorsitzenden (im Verhinderungsfall dessen Stellvertreter) oder dem ganzen Gremium vorgelegt wird (Simon in Semler/Stengel, § 5 Rn. 141).

201

Besteht bei einem beteiligten Rechtsträger kein Betriebsverfassungsorgan, entfällt insoweit die Zuleitungspflicht. Eine ersatzweise Zuleitung an die betroffenen Arbeitnehmer sieht § 5 Abs. 3, anders als die unionsrechtlich fundierte spezielle Bestimmung in § 122e S 2, nicht vor (Oetker in ErfK § 5 UmwG Rn. 10; Willemsen in Kallmeyer, § 5 Rn. 79). Gegenüber dem Registergericht muss das Nichtbestehen eines Betriebsverfassungsorgans glaubhaft gemacht werden. Dies erfolgt idR durch Erklärung der beteiligten Rechtsträger und Gesellschafter in den Urkunden sowie einfacher Versicherung der Anmeldenden in der betreffenden Registeranmeldung (Simon in Semler/Stengel, § 5 Rn. 148; Stoye-Benk S 25). Es geht jedoch zu weit, wenn das Registergericht hierzu eine eidesstattliche Versicherung des Vertretungsorgans fordert (so AG Duisburg GmbHR 1996, 372).

4. Zuleitungsfrist

202

Die Zuleitung ist mit einer Frist von einem Monat vor dem Tag vorzunehmen, an dem die jeweiligen Gesellschafterversammlungen über den Umwandlungsvertrag beschließen. Maßgeblich ist jeweils der Termin der Gesellschafterversammlung desjenigen Rechtsträgers, bei dessen Betriebsverfassungsorgan zugeleitet werden soll. Da es sich um eine gesetzliche Frist handelt, ist sie nach §§ 186 ff BGB zu berechnen. Dabei ist ab dem Datum der Versammlung als dem fristauslösenden Ereignis rückwärts zu rechnen; der Tag der Versammlung ist gem § 187 Abs. 1 BGB nicht mitzuzählen (Willemsen in Kallmeyer § 5 Rn 77). Bsp: Findet die Versammlung am 16.10. statt, wird die Frist gewahrt, wenn die Zuleitung spätestens am 15.9. erfolgt. Ist dieser Tag ein Sonnabend, Sonn- oder gesetzlicher Feiertag, muss die Zuleitung am davor liegenden Werktag stattfinden (Müller-Eising/Bert DB 1996, 1398). Wenn bei einer Konzernverschmelzung ein Verschmelzungsbeschluss des Anteilsinhabers der übertragenden Kapitalgesellschaft gem § 62 Abs 4 S 1 und 2 nicht erforderlich ist, kann die Fristberechnung daran nicht anknüpfen. § 62 Abs 4 S 4 bestimmt für diesen Sonderfall, dass die Zuleitungsverpflichtung spätestens bei Beginn der in § 62 Abs 4 S 3 normierten Frist von einem Monat nach Abschluss des Verschmelzungsvertrags zu erfüllen ist.

203

Ein Verzicht auf die Zuleitung als solche ist nicht möglich. Das zuständige Betriebsverfassungsorgan kann sich nicht seiner gesetzlichen Aufgabe entäußern, den Verschmelzungsvertrag oder dessen Entwurf und die Möglichkeit einer Stellungnahme hierzu zu prüfen (OLG Naumburg BB 2003, 2756; Hohenstatt/Schramm in KölnKomm, § 5 Rn 256; Oetker in ErfK § 5 UmwG Rn 11; Willemsen in Kallmeyer § 5 Rn 77b; aA Mayer in Widmann/Mayer § 5 Rn 266; Simon in Semler/Stengel, § 5 Rn 145). Das zuständige Betriebsverfassungsorgan kann jedoch – nach erfolgter Zuleitung – durch Beschl des Gremiums (eine isolierte Erklärung des empfangszuständigen Vorsitzenden genügt nicht) auf die Einhaltung der Monatsfrist verzichten. Sobald die Zuleitung ordnungsgemäß erfolgt ist, kann der Betriebsrat autonom darüber entscheiden, ob er die vom Gesetz eingeräumte Monatsfrist ausschöpfen möchte oder nicht (Melchior GmbHR 1996, 833, 836; Müller DB 1997, 713, 717; Mayer in Widmann/Mayer, § 5 Rn 259; Hohenstatt/Schramm in KölnKomm, § 5 Rn 256; Willemsen in Kallmeyer, § 5 Rn 77b; Stoye-Benk S 24).

5. Nachweispflicht

204

Dem Registergericht ist der Zugang des Verschmelzungsvertrags oder seines Entwurfs nachzuweisen. Ein Nachweis der Absendung genügt daher nicht (Engelmeyer DB 1996, 2542, 2545). In der Praxis empfiehlt es sich, eine schriftliche, datierte Empfangsbestätigung des empfangszuständigen Mitglieds des jeweiligen Betriebsverfassungsorgans einzuholen. Ein Verzicht des Betriebsverfassungsorgans auf die Einhaltung der Monatsfrist ist durch Vorlage einer entsprechenden schriftlichen Erklärung nachzuweisen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Kommentierung zu § 17 verwiesen.

6. Rechtsfolgen unterbliebener oder nicht rechtzeitiger Zuleitung

205

Die rechtzeitige Zuleitung und deren Nachweis sind Eintragungsvoraussetzungen. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, kann das Registergericht durch Zwischenverfügung (§ 382 Abs 4 FamFG) unter Fristsetzung Gelegenheit geben, den Mangel zu beseitigen. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist ist das Registergericht berechtigt, die Eintragung abzulehnen (Oetker in ErfK § 5 UmwG Rn. 13). Ohne Eintragung kann die Umw nicht wirksam werden.

§ 6 Form des Verschmelzungsvertrags

Der Verschmelzungsvertrag muss notariell beurkundet werden.

Kommentierung

I.Allgemeines1 – 4

II.Gegenstand der Beurkundung und Beurkundungsverfahren5 – 10

III.Auslandsbeurkundung11 – 15

IV.Heilung von Mängeln16, 17

V.Kosten18 – 20

Literatur:

Brück Rechtsprobleme der Auslandsbeurkundung im Gesellschaftsrecht, DB 2004, 2409; Dignas Die Auslandsbeurkundung im deutschen GmbH-Recht, GmbHR 2005, 139; Goette Auslandsbeurkundungen im Kapitalgesellschaftsrecht, FS Boujong, 1996, S 131; Götze/Mörtel Zur Beurkundung von GmbH-Anteilsübertragungen in der Schweiz, NZG 2011, 727; Haerendel Die Beurkundung gesellschaftsrechtlicher Akte im Ausland, DStR 2001, 1802; Heckschen Auslandsbeurkundung und Richtigkeitsgewähr, DB 1990, 161; Hüren Anmerkung zu BGH Urteil vom 21.10.2014 (DNotZ 2015, 207), DNotZ 2015, 213; Kröll Beurkundung gesellschaftsrechtlicher Vorgänge durch einen ausländischen Notar, ZGR 2000, 111; Müller Auslandsbeurkundung von Abtretungen deutscher GmbH-Geschäftsanteile in der Schweiz, NJW 2014, 1994; van Randenborgh/Kallmeyer Pro und Contra: Beurkundung gesellschaftsrechtlicher Rechtsgeschäfte durch ausländische Notare?, GmbHR 1996, 908; Sick/Schwarz Auslandsbeurkundungen im Gesellschaftsrecht, NZG 1998, 540.

I. Allgemeines

1

Für den Verschmelzungsvertrag ist notarielle Beurkundung zwingend vorgeschrieben. Die Pflicht zur notariellen Beurkundung besteht für alle Verschmelzungen. Sie gilt unabhängig davon, welche Rechtsform die an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger haben. Damit sind die Formerfordernisse hinsichtlich des Verschmelzungsvertrags für alle Rechtsformen und Arten der Verschmelzung die gleichen.

2

Die notarielle Beurkundung ist vor allem zur Sicherstellung der materiellen Richtigkeitsgewähr, aus Rechtssicherheitsgründen (Beweissicherung) und zur Gewährleistung von Prüfungs- und Belehrungsfunktionen durch den beurkundenden Notar vorgeschrieben (vgl Schröer in Semler/Stengel, § 6 Rn 2; Heckschen in Widmann/Mayer, § 6 Rn 1; Drygala in Lutter, § 6 Rn 1 sowie allg die Supermarkt-Entscheidung des BGH BGHZ 105, 338, 341 f). Die Vorschrift des § 6 spiegelt überdies den sich aus § 311b Abs 3 BGB ergebenden Grundsatz wieder, wonach Verträge mit der Verpflichtung zur Übertragung des gesamten gegenwärtigen Vermögens der notariellen Beurkundung bedürfen.

3

Über § 125 S 1 gilt die Verpflichtung zur notariellen Beurkundung auch für alle Spaltungen.

4

Neben die Beurkundung des Verschmelzungsvertrags tritt die Beurkundungspflicht für die Verschmelzungsbeschlüsse (§ 13) sowie für verschiedene Verzichtserklärungen (vgl zB § 8 Abs 3 und 9 Abs 3). Das UmwG sieht somit für die entscheidenden Maßnahmen einer Umw einheitlich die notarielle Beurkundung vor.

 

II. Gegenstand der Beurkundung und Beurkundungsverfahren

5

§ 6 schreibt die Beurkundung des Verschmelzungsvertrags vor. Dies bedeutet, dass der Verschmelzungsvertrag mit seinem gesamten Inhalt notariell beurkundet werden muss. Werden eigentlich beurkundungsbedürftige Teile nicht mitbeurkundet, ist nach § 139 BGB von der Nichtigkeit des Verschmelzungsvertrags auszugehen (zur Heilung vgl unter Rn 16 f). Für den Umfang der Beurkundungspflicht können die zu § 311b Abs 1 BGB bestehenden Grundsätze herangezogen werden (vgl hierzu Grüneberg in Palandt, § 311b Rn 25 ff mwN). Danach unterliegen der Beurkundungspflicht alle Regelungen, die nach dem Willen der Parteien des Verschmelzungsvertrags Bestandteil der zu treffenden Vereinbarungen sind. Auf die objektive Bedeutung einer solchen Regelung kommt es nicht an. Es reicht aus, wenn eine Vertragsseite sie zum Bestandteil des Verschmelzungsvertrags machen will und der andere Vertragsteil dies akzeptiert (vgl hierzu BGHZ 76, 49; 78, 349; BGH NJW 1982, 434). Somit sind auch Nebenabreden sowie Regelungen, die ansonsten keiner Beurkundung bedürfen, in die notarielle Beurkundung einzubeziehen (vgl zum Beurkundungsumfang auch Simon in KölnKomm, UmwG, § 6 Rn 2). Notariell zu beurkunden sind gleichfalls Vereinbarungen, die unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zum Abschluss des Verschmelzungsvertrags zwingen (vgl die hM zu § 311b Abs 1 BGB, Grüneberg in Palandt, § 311b Rn 13; BGHZ 76, 43, 46. Dies gilt zB für Vertragsstrafeversprechen oder sog Break-fees, vgl Drygala in Lutter, § 6 Rn 2; LG Paderborn NZG 2000, 899 ff; vgl auch § 4 Rn 41).

6

Beurkundungsbedürftig ist auch ein Vorvertrag zum Verschmelzungsvertrag, wenn aus ihm Ansprüche zum Abschluss des Verschmelzungsvertrags hergeleitet werden sollen (Zimmermann in Kallmeyer, § 6 Rn 1; Drygala in Lutter, § 6 Rn 2). Für den Verschmelzungsvertragsentwurf ist hingegen Schriftform ausreichend (vgl zum Verschmelzungsvertragsentwurf unter § 4 Rn 35 ff).

7

Änderungen und Ergänzungen des Verschmelzungsvertrags bedürfen, da sie Vertragsbestandteil werden, ebenfalls der notariellen Beurkundung (vgl hierzu unter § 4 Rn 48). Hingegen ist die Aufhebung eines Verschmelzungsvertrags formlos möglich (vgl dazu im Einzelnen unter § 4 Rn 43 ff).

8

Die Beurkundung obliegt den Notaren. Das Beurkundungsverfahren bestimmt sich nach den §§ 8 ff BeurkG. Es ist also eine Beurkundung von Willenserklärungen vorzunehmen. Die Tatsachenbeurkundung nach §§ 36 ff BeurkG reicht nicht aus. Auf das Beurkundungsverfahren findet weiter § 128 BGB Anwendung. Die gleichzeitige Anwesenheit der Beteiligten beim Notar ist somit nicht vorgeschrieben (Zimmermann in Kallmeyer, § 6 Rn 4). Es reicht die getrennte und zeitlich auseinander fallende Beurkundung von Angebot auf Abschluss des Verschmelzungsvertrags und sodann von der Annahme des Angebots aus. Sind die Beteiligten nicht gleichzeitig beim Notar anwesend, kommt der Verschmelzungsvertrag mit der Beurkundung der letzten Annahmeerklärung zustande. Zur Bevollmächtigung beim Abschluss des Verschmelzungsvertrages vgl § 4 Rn 14 ff.

9

Wird ein Verschmelzungsvertrag beurkundet, dessen Entwurf die Anteilseignerversammlungen vorab zugestimmt haben, muss sich der Notar von der Identität zwischen zu beurkundendem Vertragstext und genehmigtem Vertragsentwurf überzeugen. Da den Zustimmungsbeschlüssen nach § 13 Abs 3 S 2 der Vertragsentwurf als Anlage beizufügen ist, ist der Notar hierzu unschwer in der Lage.

10

Die Beurkundung des Verschmelzungsvertrags kann, wie sich aus § 4 Abs 2 ergibt, vor oder nach Fassung der Zustimmungsbeschlüsse der Anteilseignerversammlungen vorgenommen werden. Zu den bei Abschluss des Verschmelzungsvertrags handelnden Personen vgl unter § 4 Rn 12 ff.