Umwandlungsgesetz

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Die zur Ermittlung der Unternehmenswerte anzuwendende Bewertungsmethode legt das Gesetz nicht fest (Drygala in Lutter, § 5 Rn 34; vgl dazu auch OLG Düsseldorf AG 2012, 797) und ist auch durch Art 14 Abs 1 GG nicht vorgegeben (vgl BVerfGE 100, 289; BVerfG AG 2012, 674; Fleischer/Bong NZG 2013, 881). Künftige Entwicklungen bei der Bewertung von Unternehmen sollen dadurch nicht verbaut werden. Es kommen deshalb verschiedene Bewertungsmethoden für die Ermittlung der Unternehmenswerte und damit des Umtauschverhältnisses in Betracht. Auch die Rspr hat sich bislang nicht auf eine allein maßgebende Bewertungsmethode festgelegt (BGHZ 116, 359, 371; BGH DB 1993, 1615, 1616).

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Methodisch nicht geeignet ist das Abstellen auf den Buchwert und damit letztendlich auf das buchmäßige Eigenkapital der beteiligten Unternehmen (Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 5 Rn 47). Gleichwohl ist insbes im Genossenschaftsbereich ein Abstellen auf das buchmäßige Eigenkapital verschiedentlich anzutreffen, vor allem wenn die beteiligten genossenschaftlichen Rechtsträger vergleichbare Umsätze erzielen und vergleichbare Dividenden an ihre Mitglieder ausschütten. Der Grund für die Bewertung zum Buchwert besteht hier darin, dass einem kündigenden Genossen idR lediglich der Nominalbetrag seiner Einlage, ggf erhöht um die anteilig darauf entfallende Rücklage, ausbezahlt wird. Deshalb wird argumentiert, dass der Nominalbetrag, also im Grunde das buchmäßige Eigenkapital, der zutr Wertmaßstab sei. Methodisch kann dem nicht gefolgt werden. Da den Beteiligten mit Zustimmung aller Anteilsinhaber die Wahl der Bewertungsmethode jedoch freisteht (vgl Rn 38), kann bei Einhaltung der genannten Voraussetzungen der Buchwert als maßgebender Wert zur Ermittlung des Umtauschverhältnisses herangezogen werden.

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Problematisch ist das sog Verhandlungsmodell der Unternehmensbewertung (vgl zum Verhandlungsmodell Fleischer/Bong NZG 2013, 881). Danach soll bei Verschmelzungen unter Gleichen ein vertraglich vereinbartes Umtauschverhältnis grundsätzlich als angemessen anzusehen sein und auf eine gesonderte Bewertung verzichtet werden können (OLG Stuttgart AG 2006, 421 und AG 2011, 149). Eine Richtigkeitsgewähr bei einem unter Gleichen ausgehandelten Umtauschverhältnis gibt es jedoch nicht. Das nach dem Verhandlungsmodell gewonnene Ergebnis ist deshalb nur anzuerkennen, wenn es zu einem vollen wirtschaftlichen Wertausgleich führt (BVerfG NZG 2012, 1035; eine Unternehmensbewertung ist deshalb erforderlich) oder wenn ihm alle Anteilsinhaber zustimmen.

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Das Substanzwertverfahren ist in bes gelagerten Ausnahmefällen eine denkbare Bewertungsmöglichkeit (aA Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 5 Rn 47). Dies ist insbes bei substanzstarken Unternehmen der Fall. Die Anwendung des sog Mittelwertverfahrens ist ebenfalls denkbar (Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 5 Rn 47).

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Auch wenn die vorgenannten Bewertungsmethoden in Einzelfällen zur Anwendung kommen, sind sie doch in der Praxis weniger gebräuchlich. Die Praxis wendet vielmehr zum einen das Discounted-Cash-Flow-Verfahren und zum anderen und überwiegend das Ertragswertverfahren an. Dabei bildet der Liquidationswert idR die Wertuntergrenze für den Unternehmenswert (vgl IdW S1 2008 Rn 140 f).

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Beim Discounted-Cash-Flow-Verfahren wird der Unternehmenswert durch Diskontierung von Cash-Flows ermittelt. Für die Wertermittlung ist zwischen dem Konzept der gewogenen Kapitalkosten, dem Konzept des angepassten Barwertes und dem Konzept der direkten Ermittlung des Werts des Eigenkapitals – Equity-Ansatz zu unterscheiden (zur Darstellung des Discounted-Cash-Flow-Verfahrens und der einzelnen Ermittlungsmethoden vgl IdW S1 2008 Rn 124 ff). Die einzelnen Verfahren beinhalten hierbei nur Unterschiede in der Rechentechnik. Bei gleichen zugrunde gelegten Annahmen führen sie im Grundsatz zu gleichen Ergebnissen.

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HM und Rspr wenden zur Ermittlung des Unternehmenswerts und damit zur Festlegung des angemessenen Umtauschverhältnisses in erster Linie die Ertragswertmethode an (BGHZ 138, 136; vgl zur Rspr zur Ertragswertmethode iÜ bei Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 5 Rn 21; weiter Drygala in Lutter, § 5 Rn 52 ff; Mayer in Widmann/Mayer, § 5 Rn 102 ff; Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 5 Rn 16 ff). Die Unternehmenswertermittlung nach der Ertragswertmethode ist verfassungsrechtlich unbedenklich (BVerfG DB 1999, 1693; BVerfG AG 2007, 697). Hierbei ist eine bestimmte Wertermittlungsmethode nicht vorgeschrieben. Die Ertragswertermittlung nach den Empfehlungen und Vorgaben des Instituts der Wirtschaftsprüfer ist nicht zu beanstanden (vgl OLG Düsseldorf DB 2006, 2223, 2225).

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Prinzip der Ertragswertmethode ist es, die künftigen Erträge des Unternehmens zu ermitteln und auf den Bewertungsstichtag abzuzinsen. Künftige Erträge sind hierbei die finanziellen Überschüsse des Unternehmens, die den Anteilsinhabern künftig zufließen und die aus den erwarteten künftigen handelsrechtlichen Überschüssen abgeleitet werden (zur Ermittlung des Unternehmenswertes nach dem Ertragswertverfahren vgl im Einzelnen die Grundsätze des Institut der Wirtschaftprüfer in IdW S1, derzeit IdW S1 2008 nach dem Stand am 29./30.5.2008, die Grundsätze werden laufend weiterentwickelt; für Modifikationen bei der Anwendung der Grundsätze für Relationsbewertungen Reuter AG 2007, 1 ff). Die zukünftigen Überschüsse werden anhand der Planungen der Unternehmen ermittelt. Die Planungen haben hierbei sämtliche Aufwendungen und Erträge, insbes die Umsatzerlöse, sowie die Finanzplanung und eine Zinsprognose zu umfassen. Für die Ertragswertermittlung können entweder Zahlen und Abschlüsse nach HGB oder nach IAS/IFRS herangezogen werden (OLG Düsseldorf DB 2006, 2223, 2225); die Ermittlung muss für alle beteiligten Rechtsträger allerdings auf gleicher Grundlage erfolgen.

Für die Planungsrechnung und die Plausibilisierung von Planung und Prognose bildet die Analyse der Vergangenheitszahlen den Ausgangspunkt. Hierauf aufbauend sind die künftigen finanziellen Überschüsse und deren Prognose zu überprüfen. Die Jahresabschlusszahlen spielen somit nur für die Vergangenheitsanalyse und die Plausibilitätsüberlegungen hinsichtlich der Planungszahlen eine Rolle. Für die Vergangenheitszahlen ist hierbei nicht nur auf den letzten Jahresabschluss abzustellen. Vielmehr sind die letzten drei bis fünf Jahre für die Vergangenheitsanalyse heranzuziehen. Der letzte Jahresabschluss muss für diese Plausibilitätsrechnung noch nicht festgestellt sein. Es genügt für die Unternehmenswertermittlung ein aufgestellter Entwurf.

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Da für die Ertragswertberechnung die den Unternehmenseignern künftig zufließenden finanziellen Überschüsse maßgebend sind, sind persönliche Ertragsteuern der Anteilsinhaber mindernd zu berücksichtigen. Die persönlichen Ertragsteuern können insoweit pauschal angesetzt werden.

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IRd Ertragswertmethode sind steuerliche Verlustvorträge werterhöhend zu berücksichtigen (Drygala in Lutter, § 5 Rn 56; OLG München AG 2008, 28, 31). Nicht betriebsnotwendiges Vermögen ist dem Ertragswert mit seinem Verkehrswert (Substanzwert, am Markt erzielbarer Wert) hinzuzurechnen; bei der Bewertung des nicht betriebsnotwendigen Vermögens können latente Steuern berücksichtigt werden (OLG München AG 2008, 28, 31). Welche Vermögenswerte nicht betriebsnotwendig sind, ist aufgrund einer wertenden Betrachtungsweise zu ermitteln (zur Abgrenzung von betriebsnotwendigem und nicht betriebsnotwendigem Vermögen vgl OLG Düsseldorf DB 2002, 781). IRd Ermittlung des nachhaltigen Ertrags sind vorab die Erträge bzw Aufwendungen für nicht betriebsnotwendiges Vermögen aus der Ertragsermittlung herauszurechnen. Ein Firmenwert oder sonstige stille Reserven sind iRd Ertragswertermittlung nicht gesondert anzusetzen. Entspr Positionen sind bereits im Ertragswert berücksichtigt.

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Die Wertermittlung hat für jeden beteiligten Rechtsträger isoliert zu erfolgen (Stand-alone-Prinzip). Synergieeffekte oder sonstige Vorteile aus der Verschmelzung sind bei den einzelnen Rechtsträgern iRd Wertermittlung nicht zu berücksichtigen (Drygala in Lutter, § 5 Rn 55; aA Mayer in Widmann/Mayer, § 5 Rn 107).

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Die unter Berücksichtigung vorstehender Grundsätze ermittelten finanziellen Überschüsse sind mittels des Kapitalisierungszinssatzes auf den Bewertungsstichtag abzuzinsen (mangels konkreter anderweitiger Erkenntnisse unter der Annahme unbegrenzter Lebensdauer der Rechtsträger – ewige Rente). Nach IdW S1 repräsentiert der Kapitalisierungszinssatz die Rendite aus einer im Verhältnis zu dem zu bewertenden Unternehmen vergleichbaren Alternativanlage. Ausgangspunkt für die Ermittlung des Kapitalisierungszinssatzes ist der Zinssatz für risikofreie Kapitalmarktanlagen (Basiszinssatz, der eine in Zukunft mit „Sicherheit“ zu erzielende Rendite repräsentiert). Sodann ist ein Zuschlag für das Unternehmerrisiko zu machen (sog Risikoprämie). Ausgangspunkt für die Ermittlung der Risikoprämie ist die Marktrisikoprämie, nämlich die von Anlegern für Investitionen in risikobehaftete Anlagen erwartete Rendite. Die Marktrisikoprämie wird mit dem sog Beta-Faktor multipliziert, der das Risiko des zu bewertenden Unternehmens im Vergleich zum durchschnittlichen Risiko vergleichbarer Unternehmen abbildet. In einer zweiten Phase kann zur Berücksichtigung eines inflationsbedingten Wachstums sowie eines Wachstums, das auf Thesaurierungen beruht, in der Wertberechnung ein Wachstumsabschlag vorgenommen werden (vgl zum Kapitalisierungszinssatz im Einzelnen IdW S1 Rn 113 ff).

 

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Nicht eindeutig beantwortet ist die Frage, ob und inwieweit der Börsenkurs bei der Unternehmensbewertung auch im Rahmen einer Verschmelzung zu berücksichtigen ist (vgl zu diesem Fragenkomplex auch die Darstellungen bei Heckschen/Simon Rn 16 ff und Riegger DB 1999, 1889; vom BVerfG ist die Frage, ob und wann der Börsenkurs bei Verschmelzungen anzusetzen ist, nicht entschieden worden, vgl BVerfG AG 2007, 697; nicht eindeutig weiter BVerfG ZIP 2011, 1051).

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Mit Beschl v 27.4.1999 (DB 1999, 1693) hat das BVerfG für die Abfindung und den Ausgleich für außenstehende oder ausgeschiedene Aktionäre nach §§ 304, 305, 320b AktG entschieden, dass der Börsenkurs der Aktien nicht außer Betracht gelassen werden könne. Nach Art 14 Abs 1 GG dürfe der Abfindungswert nicht unter dem Verkehrswert liegen. Der Verkehrswert könne bei börsennotierten Gesellschaften nicht ohne Berücksichtigung des Börsenkurses festgesetzt werden. Jedenfalls für Abfindungen stellt der Börsenkurs deshalb die Untergrenze für die Bewertung börsennotierter AG dar. Etwas anderes gilt lediglich dann, wenn wegen besonderer Umstände der Börsenkurs ausnahmsweise nicht den Verkehrswert der Aktien widerspiegelt. Nach der Rspr ist Letzteres insbes dann der Fall, wenn mit den Aktien über einen längeren Zeitraum kein Handel stattgefunden hat oder wenn der Börsenkurs manipuliert ist (vgl zB BGHZ 147, 108; OLG Düsseldorf DB 2006, 2391, 2395).

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Bei Verschmelzung zweier gleichberechtigter börsennotierter AG's will eine Meinung den Börsenkurs nicht berücksichtigen, da bei der Verschmelzung eine mit einer Abfindung oder einem Ausgleich für außenstehende Aktionäre vergleichbare Situation, wie sie auch der Entsch des BVerfG zugrunde liege, nicht gegeben sei (Drygala in Lutter, § 5 Rn 35; BayObLG DB 2003, 436 = ZIP 2003, 253; Bungert BB 2003, 699). Lediglich bei der Verschmelzung konzernverbundener AG, in denen die herrschende AG sowohl Aktionär des übertragenden Rechtsträgers als auch selbst übernehmender Rechtsträger sei, müsse der Börsenkurs berücksichtigt werden (Marsch-Barner in Kallmeyer, § 8 Rn 14a; Brandi/Wilhelm NZG 2009, 1408). Insoweit sei die Interessenlage wegen des beherrschenden Einflusses der Mutteraktiengesellschaft mit der vom BVerfG entschiedenen Fallgestaltung vergleichbar (Drygala in Lutter, § 5 Rn 36).

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Entgegen der dargestellten Meinung ist bei der Verschmelzung zweier börsennotierter AG der Börsenkurs als Untergrenze des Unternehmenswerts anzusetzen (ebenso Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 5 Rn 53; vgl hierzu auch Paschos ZIP 2003, 1017; Bungert/Wettich ZIP 2012, 449; Brandi/Wilhelm NZG 2009, 1408; nach Mayer in Widmann/Mayer, § 5 Rn 100.1 ist bei der Verschmelzung von börsennotierten AG jeweils der Mittelwert von Börsenkurs und Ertragswert für die Ermittlung des Umtauschverhältnisses anzusetzen). Bei Verschmelzungen ist für die Ermittlung des angemessenen Umtauschverhältnisses vom echten Wert und damit vom Verkehrswert der beteiligten Gesellschaften auszugehen. Der Verkehrswert spiegelt sich aber, wie vom BVerfG entschieden, im Börsenkurs wieder. Der maßgebende Unternehmenswert kann also nicht losgelöst vom Börsenkurs und damit vom Börsenwert ermittelt werden. Bei der Verschmelzung börsennotierter AG sind die jeweiligen Börsenkurse somit für die Ermittlung des angemessenen Umtauschverhältnisses heranzuziehen. Nach der Rspr des BVerfG stellen die Börsenkurse lediglich eine Untergrenze dar (vgl dazu zB auch OLG Düsseldorf AG 2009, 873; OLG Stuttgart AG 2007, 705; vgl oben Rn 65 aE). Deshalb ist zusätzlich eine Bewertung nach einer anderen Bewertungsmethode, in Regel der Ertragswertmethode vorzunehmen. Führt diese zu höheren Werten, sind die höheren Ertragswerte maßgebend. Auf die unterschiedlichen Bewertungsverfahren – Börsenkurs bzw Ertragswertverfahren – kommt es nicht an, wenn sich nach beiden Bewertungen dieselbe Umtauschrelation ergibt.

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Ist nur ein beteiligter Rechtsträger börsennotiert, ist zu unterscheiden. Ist der übernehmende Rechtsträger börsennotiert, nicht jedoch der übertragende Rechtsträger, so scheidet der Börsenkurs als Bewertungsmethode aus. Beide Gesellschaften sind nach gleichen Bewertungsmethoden zu bewerten. Da nicht beide Gesellschaften börsennotiert sind, ist eine andere Bewertungsmethode, insbes die Ertragswertmethode anzuwenden (Heckschen/Simon Rn 14; zu denkbaren Ausnahmen vgl Rn 47).

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Ist hingegen der übertragende Rechtsträger börsennotiert, der übernehmende Rechtsträger jedoch nicht börsennotiert, ist für die Bewertung des übertragenden Rechtsträgers der Börsenkurs dann als Bewertungsmethode heranzuziehen, wenn eine Börseneinführung des übernehmenden Rechtsträgers nicht beabsichtigt ist, die Verschmelzung also zugleich für die Aktionäre des übertragenden Rechtsträgers ein Delisting darstellt. Die Situation der Anteilsinhaber des übertragenden börsennotierten Rechtsträgers ist mit der vom BVerfG entschiedenen Fallgestaltung vergleichbar. Wegen des Entfallens der Börsenzulassung besteht für die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers hier das Risiko, dass sie künftig nicht mehr den Börsenwert vergütet bekommen. Aufgrund dessen muss die börsenspezifische Bewertung jedenfalls für den Übergang auf den übernehmenden Rechtsträger vorgenommen werden, damit der Wert der im Zuge der Verschmelzung zu gewährenden neuen Anteile mit einer festzulegenden Abfindung vergleichbar ist. Soll dagegen bei dem bislang nicht börsennotierten übernehmenden Rechtsträger eine Börseneinführung im Zuge der Verschmelzung vorgenommen werden, ist eine Bewertung des übertragenden Rechtsträgers im Zuge der Verschmelzung nach Börsenkursen nicht erforderlich. Über die erfolgende Börseneinführung des übernehmenden Rechtsträgers erhalten die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers wiederum börsennotierte Aktien, können also nach der Verschmelzung ihren Wert über die Börse ohne weiteres realisieren. Die beteiligten Rechtsträger sind dann im Zuge der Verschmelzung nach einheitlichen Grundsätzen und deshalb im Grundsatz nach dem Ertragswertverfahren zu bewerten.

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Bei Heranziehung des Börsenkurses für die Bewertung ist maßgebender Börsenkurs grds der Durchschnittskurs der letzten drei Monate vor der Bekanntgabe der Verschmelzungsabsicht ((BGH DB 2010, 1693; OLG Stuttgart Der Konzern 2007, 217; Kocher/Widder Der Konzern 2007, 351; ein Abstellen auf einen Drei-Monats-Zeitraum vor der Verschmelzungshauptversammlung oder vor dem Bewertungsstichtag ist angesichts der damit verbundenen Kursmanipulationsmöglichkeiten abzulehnen). Bei einem längeren Zeitraum zwischen der Bekanntgabe der Verschmelzungsabsicht und der Beschlussfassung über den Verschmelzungsvertrag kann der Börsenkurs allerdings anzupassen sein (vgl dazu im Einzelnen BGH DB 2010, 1693).

4. Anteilsübertragung oder Mitgliedschaftserwerb, Abs 1 Nr 4

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Im Verschmelzungsvertrag müssen als zwingend vorgeschriebener Mindestinhalt die Einzelheiten für die Übertragung der Anteile des übernehmenden Rechtsträgers oder über den Erwerb der Mitgliedschaft bei dem übernehmenden Rechtsträger geregelt sein.

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Die Angaben können sich auf die Modalitäten der Anteilsübertragung bzw des Mitgliedschaftserwerbs beschränken. Aussagen über die hierbei anfallenden Kosten, deren Höhe und wer die Kosten zu tragen hat gehören nicht zum zwingend vorgeschriebenen Mindestinhalt (Mayer in Widmann/Mayer, § 5 Rn 139.1; aA Drygala in Lutter, § 5 Rn 64). Zwar sind diese Kostenfragen für die Anteilsinhaber von erheblichem Interesse. Notwendige Voraussetzung für die Verschmelzung sind Aussagen hierzu im Verschmelzungsvertrag jedoch nicht (nach Schröer in Semler/Stengel, § 5 Rn 35 und Marsch-Barner in Kallmeyer, § 5 Rn 25 ist im Verschmelzungsvertrag anzugeben, wer die Kosten trägt; über deren Höhe müssten jedoch keine Angaben gemacht werden). Es reicht aus, wenn entspr Angaben im Verschmelzungsbericht gemacht werden.

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Maßnahmen, die erst für Zeiträume nach Wirksamwerden der Verschmelzung geplant sind, müssen ebenfalls nicht in den Verschmelzungsvertrag aufgenommen werden. Dies gilt sowohl für ergänzende Abwicklungsschritte als auch für künftig angedachte Maßnahmen, die die neuen Anteile betreffen. Auch eine lediglich angedachte Börseneinführung muss nicht in den Verschmelzungsvertrag aufgenommen werden (LG Mannheim ZIP 1988, 773, 774).

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Die im Verschmelzungsvertrag zwingend zu machenden Angaben umfassen Aussagen darüber, woher die zu übertragenden Anteile des übernehmenden Rechtsträgers bzw die zu begründenden Mitgliedschaften bei dem übernehmenden Rechtsträger stammen. IÜ richten sich die notwendigen Mindestangaben nach der Rechtsform des übernehmenden Rechtsträgers (Schröer in Semler/Stengel, § 5 Rn 35).

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Im Verschmelzungsvertrag ist somit darauf hinzuweisen, ob die zu übertragenden Anteile im Wege der Kapitalerhöhung neu geschaffen werden oder ob die Anteile bereits bestehen (Mayer in Widmann/Mayer, § 5 Rn 138 ff). Werden bestehende Anteile verwendet, können diese – bei allen Rechtsformen – entweder vom übertragenden Rechtsträger gehalten oder von Dritten beschafft werden. Da KapGes auch eigene Anteile halten können, kommt bei einer übernehmenden KapGes die Verwendung eigener Anteile als Möglichkeit hinzu. Stellen Dritte die zu gewährenden Anteile zur Verfügung, muss der übernehmende Rechtsträger die Verfügungsmacht über sie erlangen. Andernfalls kann er die Anteile nicht als Gegenleistung für die Verschmelzung gewähren. Hierfür können die Anteile auf den übernehmenden Rechtsträger übertragen werden. Ausreichend ist es, wenn über die Vereinbarung eines Treuhandverhältnisses die Anteile für den übernehmenden Rechtsträger treuhänderisch gehalten werden (Heckschen DB 2005, 2283, 2285). Die Anteilsgewährung kann dann unmittelbar von dem Dritten (Treuhänder) an die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers unter der aufschiebenden Bedingung des Wirksamwerdens der Verschmelzung erfolgen.

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Ist eine PersHandelsGes übernehmender Rechtsträger, ist für die neu hinzukommenden Gesellschafter des übertragenden Rechtsträgers im Verschmelzungsvertrag festzulegen, ob ein Gesellschafter Komplementär wird oder ob sämtliche Gesellschafter des übertragenden Rechtsträgers der übernehmenden PersHandelsGes als Kommanditisten beitreten (Schröer in Semler/Stengel, § 5 Rn 39; vgl auch bei § 40).

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Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Gesellschafter einer PersGes jeweils nur mit einem Gesellschaftsanteil an der PersGes beteiligt sein können. Sind Gesellschafter des übertragenden Rechtsträgers bereits Gesellschafter der übernehmenden PersGes, können sie also im Zuge der Verschmelzung keinen weiteren Gesellschaftsanteil übernehmen. Vielmehr muss der bereits vorhandene Gesellschaftsanteil erhöht werden (Mayer in Widmann/Mayer, § 5 Rn 139; Schröer in Semler/Stengel, § 5 Rn 39). Die Erhöhung der im Handelsregister eingetragenen Haftsumme ist nicht zwingend erforderlich (Schröer in Semler/Stengel, § 5 Rn 39). Es reicht aus, wenn bei Gesellschaftern, die bereits an der übernehmenden PersHandelsGes beteiligt sind, eine sog Pflichteinlage neu geschaffen wird und der vorhandene Gesellschaftsanteil um diese Pflichteinlage erhöht wird. Die im Handelsregister eingetragene Haftsumme kann unverändert bleiben.

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Tritt im Zuge der Verschmelzung ein Gesellschafter des übertragenden Rechtsträgers der übernehmenden PersHandelsGes neu als Kommanditist bei, ist es allerdings nicht ausreichend, wenn ihm lediglich eine Pflichteinlage gewährt wird. Vielmehr muss in diesen Fällen eine in das Handelsregister einzutragende Haftsumme vorgesehen werden (§ 161 HGB). Diese kann allerdings hinter der zu gewährenden Pflichteinlage betragsmäßig zurückbleiben.

 

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Ist übernehmender Rechtsträger eine GmbH, sind die Empfänger der zu gewährenden Geschäftsanteile namentlich zu benennen. Der Nennbetrag der ihnen zugewiesenen Geschäftsanteile ist anzugeben. Werden die neuen Anteile der übernehmenden GmbH im Wege der Kapitalerhöhung geschaffen, können dem Anteilsinhaber eines übertragenden Rechtsträgers im Zuge der Verschmelzung ein oder mehrere neue Geschäftsanteile gewährt werden (§§ 55 Abs 4, 5 Abs 2 S 2 GmbHG). Mehrere Geschäftsanteile können auch übertragen werden, wenn als Gegenleistung vorhandene Geschäftsanteile ausgegeben werden. Bei Verschmelzung mehrerer übertragender Rechtsträger auf eine übernehmende GmbH ist – bei Schaffung neuer Geschäftsanteile im Wege der Kapitalerhöhung – die Ausgabe eines Geschäftsanteils an einen Gesellschafter, der an mehreren übertragenden Rechtsträgern beteiligt ist, dann möglich und zulässig, wenn zur Durchführung der Verschmelzung eine einheitliche Kapitalerhöhung erfolgt (Mayer in Widmann/Mayer, § 5 Rn 56.7 ff; Schröer in Semler/Stengel, § 5 Rn 38; aA OLG Frankfurt DB 1998, 917; vgl dazu auch oben Rn 28).

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Ist eine AG oder eine KGaA übernehmender Rechtsträger, so ist der nach § 71 zu bestellende Treuhänder im Verschmelzungsvertrag zu bezeichnen. Außerdem sind die wesentlichen Aufgaben des Treuhänders im Verschmelzungsvertrag zu benennen (Drygala in Lutter, § 5 Rn 65; Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 5 Rn 68). Insbes ist zu regeln, wie er die Aktien und baren Zuzahlungen des übernehmenden Rechtsträgers erhält und wie die Weitergabe an die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers vorgenommen wird. Der Treuhänder ist nicht selbst Partner des Verschmelzungsvertrags. Die Regelungen im Verschmelzungsvertrag ersetzen deshalb nicht die mit dem Treuhänder gesondert zu treffenden vertraglichen Vereinbarungen.

81

Bei Genossenschaften oder eingetragenen Vereinen als übernehmenden Rechtsträgern werden Mitgliedschaften gewährt. Im Verschmelzungsvertrag sind deshalb die Einzelheiten der zu gewährenden Mitgliedschaften zu benennen.

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Die den Anteilsinhabern der übertragenden Rechtsträger zu gewährenden Anteile bzw Mitgliedschaften fallen diesen mit Wirksamwerden der Verschmelzung kraft Gesetzes zu. Zwischenerwerbe erfolgen nicht. Dies bedeutet zum einen, dass der für AG bzw KGaA zu bestellende Treuhänder nicht Inhaber der Anteile wird. Hält ein übertragender Rechtsträger Anteile am übernehmenden Rechtsträger, die im Zuge der Verschmelzung als Gegenleistung ausgegeben werden, bedeutet dies zum anderen, dass diese Anteile mit Wirksamwerden der Verschmelzung ohne Weiteres vom übertragenden Rechtsträger auf die betreffenden Anteilsinhaber übergehen. Ein Zwischenerwerb beim übernehmenden Rechtsträger findet nicht statt, auch wenn das Vermögen des übertragenden Rechtsträgers iÜ aufgrund der Verschmelzung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den übernehmenden Rechtsträger übergeht.

83

Werden Rechtsträger unterschiedlicher Rechtsform miteinander verschmolzen (sog Mischverschmelzungen), können sich die beim übernehmenden Rechtsträger neu zu gewährenden Anteile oder Mitgliedschaften von den Anteilen oder Mitgliedschaften beim übertragenden Rechtsträger in wesentlichen Punkten unterscheiden (zB bei Haftungsrisiken, Weisungsrechten, Nebenpflichten). Diese Unterschiede sind häufig nicht quantifizierbar und können deshalb iRd Ermittlung des Umtauschverhältnisses nicht ausreichend abgebildet werden (Schröer in Semler/Stengel, § 5 Rn 41). Treten entspr Rechtsverluste im Zuge der Verschmelzung ein, sind diese im Verschmelzungsvertrag darzustellen. Die mangelnde (und häufig auch nicht mögliche) Kompensation ist im Verschmelzungsbericht zu erläutern (Mayer in Widmann/Mayer, § 5 Rn 143). IÜ werden die Anteilsinhaber in bestimmten Fällen dadurch geschützt, dass ihre Zustimmung zu der Verschmelzung erforderlich ist (vgl §§ 13 Abs 2, 40 Abs 2, 43 Abs 2, 50 Abs 2 und 51 Abs 2) oder sie die Möglichkeit haben, gegen Barabfindung auszutreten (§ 29).