Religionsbegründung ohne Erkenntnis Gottes

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2.1 Das „ens realissimum“ ist subjektiv notwendig



In der Erörterung von Kapitel 1 haben wir gesehen, dass Kant der Existenz des allerrealsten Wesens immer misstrauisch gegenübersteht. Kant übernimmt das durchgängige Prinzip von Baumgarten, aber bei Baumgarten hat dieses Prinzip eine doppelte Funktion: als Prinzip von Individualität und von Existenz.1 Kant wendet das durchgängige Prinzip nur als das Prinzip der Individualität an. Nachdem er im 2. Abschnitt des Theologie-​Hauptstückes die Tatsache festgehalten hat, dass das

ens realissimum

 der Gegenstand der transzendentalen Theologie ist, kritisiert er sofort die Annahme der Existenz dieses Wesens aus der kritisch-​philosophischen Perspektive. Diese Kritik zielt auf den gesamten Rahmen seiner Kritik am ontologischen Beweis, obwohl sie noch nicht aus dem metaphysischen Prinzip „Sein ist kein reales Prädikat“ abgeleitet wird.



In diesem Abschnitt werden wir zunächst in 2.1.1 Kants oben genannte Kritik veranschaulichen und darauf hinweisen, wie er über das transzendentale Ideal Gottes aus der Perspektive der kritischen Philosophie diskutiert. Da der Begriff des

entis realissimi

 eng mit dem vorkritischen

Beweisgrund

 verbunden ist, wird die Beziehung zwischen dem

Beweisgrund

 und dem 2. Abschnitt des Theologie-​Hauptstückes in 2.1.2 untersucht und analysiert. Schließlich werden wir in 2.1.3 das Konzept der Notwendigkeit verdeutlichen, um das Problem der Existenz des

entis realissimi

 besser zu verstehen.





2.1.1 Eine Rekonstruktion des „entis realissimi“ aus der Perspektive der kritischen Philosophie



In Abschnitt 1.2 haben wir dargelegt, wie Kant, ausgehend vom durchgängigen Prinzip, das

ens realissimum

 abgeleitet hat. Wir möchten darauf hinweisen, dass Kants Argumentation bisher nicht auf seiner kritischen Philosophie beruht, sondern auf einer Metaphysik, die offenbar den Charakter der vorkritischen Periode trägt. Später verwendet Kant nicht nur die kritische Philosophie als Waffe und enthüllt die Herkunft des

entis realissimi

 aus der Erfahrung, sondern er weist auch darauf hin, dass die Realisierung, Hypostasierung und Personifizierung dieses Ideals nicht zulässig sind. Obwohl dieses Ideal eine natürliche und unvermeidbare Illusion (Schein) ist, setzt es seine objektive Existenz nicht voraus. Kant glaubt, dass es nötig ist, die Quelle dieser Illusionen aufzudecken. Daher führt Kant in den Paragraphen 16 bis 18 eine andere Interpretation vom

enti realissimo

 aus, die auf der Einsicht beruht, die Kant in der Grundlage der

transzendentalen Analytik

 erhalten hat. In ähnlicher Weise können Kants deduktive Schritte in drei Teile unterteilt werden:



(a) Die Möglichkeit der sinnlichen Gegenstände erfordert die Materie (die Realität) der Gegenstände in der Erscheinung. Gemäß dem Ergebnis der

transzendentalen Analytik

 bietet unser Denken und unser Verstand der Erkenntnis die Formen

a priori

 (Kategorien), und die Gegenstände die Materie der sinnlichen Mannigfaltigkeit. Daher drückt die Erkenntnis eine Beziehung zwischen den Gegenständen und dem Denken aus: ihre Form ist apriorisch aus dem Verstand, und das, was als ihre Materie gilt, muss in der Erscheinung gegeben werden und wird von Kant als „realitas phaenomenon“ bezeichnet. Dies bedeutet, dass die Möglichkeit der sinnlichen Gegenstände auf der Realität in der Erscheinung basieren muss. Alle diese Behauptungen lassen sich vollständig aus der

transzendentalen Analytik

 ableiten. (b) Kant diskutiert weiter über den Inbegriff von der Materie der Möglichkeit aller sinnlichen Gegenstände. Kant weist darauf hin:



Nun kann ein Gegenstand der Sinne nur durchgängig bestimmt werden, wenn er mit allen Prädicaten der Erscheinung verglichen und durch dieselbe bejahend oder verneinend vorgestellt wird. Weil aber darin dasjenige, was das Ding selbst (in der Erscheinung) ausmacht, nämlich das Reale, gegeben sein muß, ohne welches es auch gar nicht gedacht werden könnte; dasjenige aber, worin das Reale aller Erscheinungen gegeben ist, die einige allbefassende Erfahrung ist: so muß die Materie zur Möglichkeit aller Gegenstände der Sinne als in einem Inbegriffe gegeben vorausgesetzt werden, auf dessen Einschränkung allein alle Möglichkeit empirischer Gegenstände, ihr Unterschied von einander und ihre durchgängige Bestimmung beruhen kann.1



Ähnlich wie der Prozess in den Paragraphen 1–15 wird die durchgängige Bestimmung eines sinnlichen Gegenstandes im Vergleich mit allen Prädikaten der Erscheinung durchgeführt. Dies setzt voraus, dass das Reale aller Erscheinungen gegeben sein muss. Daraus folgt: „ so muß die Materie zur Möglichkeit aller Gegenstände der Sinne als in einem Inbegriff gegeben vorausgesetzt werden.“



(c) Jetzt scheint das Reale aller Erscheinungen als ein Ding betrachtet zu werden. Allerdings nimmt Kant dazu kritisch Stellung:



Nun können uns in der That keine anderen Gegenstände als die der Sinne und nirgend als in dem Context einer möglichen Erfahrung gegeben werden, folglich ist nichts für uns ein Gegenstand, wenn es nicht den Inbegriff aller empirischen Realität als Bedingung seiner Möglichkeit voraussetzt. Nach einer natürlichen Illusion sehen wir nun das für einen Grundsatz an, der von allen Dingen überhaupt gelten müsse, welcher eigentlich nur von denen gilt, die als Gegenstände unserer Sinne gegeben werden. Folglich werden wir das empirische Princip unserer Begriffe der Möglichkeit der Dinge als Erscheinungen durch Weglassung dieser Einschränkung für ein transscendentales Princip der Möglichkeit der Dinge überhaupt halten.2



Auf der Grundlage der kritischen Philosophie können nur die Gegenstände der Sinne uns gegeben werden. Deswegen kann der Inbegriff aller empirischen Realität nur als Voraussetzung oder Bedingung der sinnlichen Gegenstände betrachtet werden. Das bedeutet, dass der Begriff des

entis realissimi

 durch den unzulässigen Gebrauch der Vernunft hervorgebracht wird.3 In diesem Zitat weist Kant deutlich darauf hin, dass sich das empirische Prinzip der Möglichkeit der sinnlichen Gegenstände von dem transzendentalen der Möglichkeit der Dinge überhaupt unterscheidet. Das eine beschränkt sich immer auf das Gebiet der Erfahrung. Im Gegensatz dazu ist das andere transzendental, d.h. es ist eine Erweiterung hin zur Möglichkeit der Dinge überhaupt bzw. der übersinnlichen Dinge. Deswegen versteckt sich im

 enti realissimo

, das aus Passage 1–15 abgeleitet ist, eine Illusion aufgrund „der Weglassung dieser Einschränkung“. Diesen Unterschied kommentiert Anneliese Maier wie folgt: „wir haben gesehen, dass und in welcher Weise sich auf dem Standpunkt der Dissertation der alte Begriff der realitas differenziert hat: das

realitas phaenomenon

 wurde zum Empfindungsgegebenen, die

realitatis noumenon

 blieb das bejahende Prädikat, das den Dingen selbst wahrhaft innewohnt und in seinem höchstmöglichen Grad Gott zukommt, und repräsentierte damit recht eigentlich den ursprünglichen ontologischen Realitätsbegriff.“4 D.h. nur wenn wir die Realität als

realitas noumenon

 betrachten, kann auf ein

ens realissimum

geschlossen werden. Allerdings kann die Realität, die die Möglichkeit der sinnlichen Gegenstände bildet, nur die

realitas phaenomenon

 sein.



Kant hat jedoch in der kurzen Diskussion nicht angegeben, ob „der Inbegriff der Materie der Möglichkeit aller Gegenstände der Sinne“ der Summe der Realitäten in der Erscheinung gleich ist, oder ob die Prädikate, die abgeleitet werden und die miteinander nicht koexistieren können, ausgeschlossen werden müssen. Er erklärt auch nicht, ob „der Inbegriff der Materie der Möglichkeit aller Gegenstände der Sinne“ das Ideal des

entis realissimi

 ist. Es wurde bereits festgestellt, dass es eine Ähnlichkeit gibt zwischen den Arten, wie Kant auf das

ens realissimum

 in den Paragraphen 1–15 und auf einen Inbegriff der Materie der Möglichkeit aller sinnlichen Gegenstände in den Paragraphen 16-18 schließt. Allerdings besteht das Hauptziel der Paragraphen 16–18 darin, nichts als die Quelle der transzendentalen Illusion aufzudecken. Kant ist der Auffassung, dass diese Illusion im Wesentlichen in der Aufhebung der Grenzen der Erfahrung begründet ist. Diese Illusion entsteht, weil wir die auf die Erscheinung angewendeten Kategorien auf die übersinnlichen Dinge bzw. auf das Ding an sich anwenden. Kant nennt diesen Prozess „transzendentale Subreption“5.



Obwohl wir die in den Passagen 16–18 ausgedrückte Kritik am Gottesbegriff aus der kritischen Perspektive erklärten, wurde deutlich, dass Kant seine Kritik am Begriff eines

entis realissimi

 schon in den Paragraphen 1–15 durchgeführt hat. So sagt er beispielsweise, dass das

ens originarium, ens summum

und

 ens entium

 „nicht das objective Verhältniß eines wirklichen Gegenstandes zu anderen Dingen“, sondern „der Idee zu Begriffen“ bedeuten, und „uns wegen der Existenz eines Wesens von so ausnehmendem Vorzuge in völliger Unwissenheit“ lassen.6 Daraus ergibt sich die Frage, wie man diese Behauptung verstehen soll. Kann sie nur als Kritik aus der Perspektive der kritischen Philosophie verstanden werden? Um dies zu klären, wird die Beziehung zwischen dem transzendentalen Ideal (dem

enti realissimo

) und dem Gottesbeweis im

Beweisgrund

 dargelegt.





2.1.2 Der Gottesbeweis im „Beweisgrund“ und das transzendentale Ideal



Der Leitfaden des Gottesbeweises im

Beweisgrund

 kann so formuliert werden: Ausgehend von der Möglichkeit der Dinge überhaupt wird auf das

ens realissimum

 geschlossen. Obwohl Kant im 2. Abschnitt des Theologie-​Hauptstückes den gesamten Ableitungsprozess mit der vollständigen Erkenntnis der Dinge beginnt,1 hat er sich an die Grenzen der Erkenntnistheorie nicht streng gehalten. Peter Rohs behauptet, dass der Inbegriff aller möglichen Prädikate nicht zum

enti realissimo

 führt, da das vollständige Erkennen der Dinge nichts mit dem Begriff der Theologie (dem

enti realissimo

) zu tun hat: „zur Idee vollständiger Erkenntnis gehört die Idee einer vollständigen Menge möglicher Prädikate, aber nicht die eines

 ens realissimum

.“2 Dies ist tatsächlich das Ergebnis einer irrtümlichen Begrenzung des Ableitungsprozesses des allerrealsten Wesens im epistemologischen Kontext. Peter Rohs ist einer der wenigen Forscher, die die Wichtigkeit des Prinzips der durchgängigen Bestimmung bemerken. Rohs begrenzt sich allerdings auf den epistemologischen Zweck des vollständigen Erkennens der Dinge. Außerdem ignoriert er die enge Beziehung zwischen dem

enti realissimo

 und dem Gottesbeweis im

Beweisgrund

. Um die Kritik an der Vorstellung eines allerrealsten Wesens (eines

entis realissimi

) in den Paragraphen 1–15 zu verstehen, ist es notwendig, dass wir den Gottesbeweis im

Beweisgrund

 zuerst genau betrachten.

 



Der

Beweisgrund

 beginnt mit der Möglichkeit der Dinge. Kant teilt die Möglichkeit der Dinge nach Form und Materie ein: Die Möglichkeit hinsichtlich der Form unterwirft sich dem Gesetz des Widerspruchs, und die Möglichkeit in Bezug auf die Materie hängt von der Realität ab. Kants nächstes Argument befasst sich hauptsächlich mit der Möglichkeit der Dinge auf Seiten der Materie, die auf einem Realen (einem

realiae

) basiert. Da es sich beim Realen eigentlich um Materie der Möglichkeit der Dinge handelt, würden alle Möglichkeiten aufgehoben, wenn das Reale aufgehoben würde:



„Nun geschieht dieses durch die Aufhebung alles Daseins, also wenn alles Dasein verneint wird, so wird auch alle Möglichkeit aufgehoben. Mithin ist schlechterdings unmöglich, daß gar nichts existire.“3



D.h. solange es irgendeine Möglichkeit gibt, gibt es ein Reales. Daraus ergibt sich, dass es irgendein Reales gibt. Anschließend legt Kant die Beziehung zwischen der Möglichkeit der Dinge und der realen Sache fest: „diese Beziehung aller Möglichkeit auf irgendein Dasein kann nun zwiefach sein. Entweder das Mögliche ist nur gedanklich, in so fern es selber wirklich ist, und dann ist die Möglichkeit in dem Wirklichen als eine Bestimmung gegeben; oder es ist möglich darum, weil etwas anders wirklich ist, d.i. seine innere Möglichkeit ist als eine Folge durch ein ander Dasein gegeben.“4 Das erste bezieht sich auf die Beziehung zwischen der Möglichkeit und einem konkreten Ding, wie das Denken die Bestimmung des Subjekts ist; das zweite bezieht sich auf das Verhältnis der Möglichkeit der Dinge zu einem Wesen, das alle Realitäten enthält. Offensichtlich konzentriert sich Kant auf das letztere. Kant zufolge gibt es ein Wesen, das der Realgrund aller Möglichkeiten ist. In der anschließenden Untersuchung definiert Kant dieses Wesen als ein schlechterdings notwendiges Wesen (das

ens necessarium

). Der Grund für diese Definition liegt darin, dass es als Realgrund aller Möglichkeiten absolut notwendig ist: „schlechterdings nothwendig ist, dessen Gegentheil an sich selbst unmöglich ist.“5 Kant fasst diesen Prozeß folgendermaßen zusammen:



„Alle Möglichkeit setzt etwas Wirkliches voraus, worin und wodurch alles Denkliche gegeben ist. Demnach ist eine gewisse Wirklichkeit, deren Aufhebung selbst alle innere Möglichkeit überhaupt aufheben würde. Dasjenige aber, dessen Aufhebung oder Verneinung alle Möglichkeit vertilgt, ist schlechterdings nothwendig.“6



Das heißt, alle Möglichkeiten beruhen auf der Existenz eines

entis necessarii

, das also nicht ohne Existenz sein kann, sonst würden alle Möglichkeiten verneint. Deshalb muss es notwendig existieren. Danach weist Kant darauf hin, dass dieses

ens necessarium

 einig, einfach, unveränderlich und ewig ist, und dass es die höchste Realität enthält. Es besteht kein Zweifel, dass es Gott ist. Das ist Kants letzte Schlussfolgerung.7



Wir bemerken, dass hier auf das

ens necessarium

 geschlossen wird, zu welchem die höchste Realität als seine Eigenschaft gehört. Umgekehrt wird aber im 2. Abschnitt des Theologie-​Hauptstückes auf das

ens realissimum

 geschlossen, als dessen Prädikat die Notwendigkeit betrachtet wird. Aus diesem Grund gibt es einen entscheidenden Unterschied zwischen beiden. Allerdings erinnert der Gottesbeweis im

Beweisgrund

 uns an den kosmologischen Beweis im 3. Abschnitt des Theologie-​Hauptstückes:



„Der kosmologische Beweis, den wir jetzt untersuchen wollen, behält die Verknüpfung der absoluten Nothwendigkeit mit der höchsten Realität bei; aber anstatt wie der vorige von der höchsten Realität auf die Nothwendigkeit im Dasein zu schließen, schließt er vielmehr von der zum voraus gegebenen unbedingten Nothwendigkeit irgend eines Wesens auf dessen unbegränzte Realität “8



D.h. der 2. Abschnitt des Theologie-​Hauptstückes deckt die Illusion auf, „von der höchsten Realität auf die Nothwendigkeit im Dasein zu schließen“. Im Vergleich dazu ist der Denkprozess im

Beweisgrund

 dem kosmologischen Beweis ähnlich, welcher von der absoluten Notwendigkeit auf die höchste Realität schließt. Daher hat Dieter Henrich mit Nachdruck darauf hingewiesen: „der einzig mögliche Beweisgrund ist ursprünglich ein Beweis vom Dasein des

notwendigen

 Wesens. Seiner ganzen Anlage und systematischen Stellung nach ist er der Versuch einer Antwort auf das Problem des kosmologischen Grundbegriffes.“9 Daneben erweitert Dieter Henrich diese Schlussfolgerung und sagt: „der Beweis aus dem Vernunftideal der omnitudo realitatis ist nur der Beweis von Gottes Existenz. Die klassischen Beweise und vor allem der ontologische sind aber zugleich von dem kosmologischen Problem des ‚ens necessarium‘ bestimmt.“10 Mit anderen Worten, der

Beweisgrund

 und die traditionellen Gottesbeweise drehen sich um das Konzept des

entis necessarii

. Im Vergleich dazu führt das

ens realissimum

, das im 2. Abschnitt des Theologie-​Hauptstückes abgeleitet ist, nicht dazu, dass es notwendig existieren muss. Dieter Henrich macht jedoch nicht klar, welcher Unterschied zwischen der reinen Existenz und dem notwendigen Dasein besteht, denn Kant sagt auch: „Es versteht sich von selbst, daß die Vernunft zu dieser ihrer Absicht, nämlich sich

lediglich die nothwendige durchgängige Bestimmung der Dinge

 vorzustellen,

nicht die Existenz eines solchen Wesens

, das dem ideale gemäß ist voraussetze“.11 Aus diesem Zitat ergibt sich, dass Kant die Grenze zwischen der Existenz und dem notwendigen Dasein verdeutlicht hat. Wir müssen Dieter Henrichs Urteil möglichst genau analysieren. Er behauptet: „Die Fehler des Beweises vom Jahre 1763 ist dem analog, den die Kritik der reinen Vernunft aufdeckt: Was nur subjektive Gültigkeit für die Möglichkeit des Denkens hat, wird hypostasiert zum Prinzip aller Dinge.“12 Henrich scheint zu sagen, dass das Ideal des

entis realissimi

 nur eine subjektive Gültigkeit hat, dagegen wollen der

Beweisgrund

 und die traditionellen Gottesbeweise darstellen, dass dieses Ideal notwendigerweise objektiv existiert.



Joseph Schmucker bringt zwei sehr subtile Kritikpunkte an Dieter Henrich vor: (1) Enthält das

ens


realissimum

 das Prädikat der Notwendigkeit? (2) Kann es sein, dass das Ideal des

entis realissimi

, das aus dem 2. Abschnitt des Theologie-​Hauptstückes stammt, unmittelbar eine Umdeutung des Beweises im

Beweisgrund

 aus der Perspektive der kritischen Philosophie ist? Im Folgenden möchte ich beide Punkte weiter verdeutlichen.



(1) Schmucker weist darauf hin, dass Kant im 2. Abschnitt des Theologie-​Hauptstückes zeigt, dass das Ideal des

entis realissimi

 als Urwesen ein „einiges, einfaches, allgenugsames, ewiges etc“13 ist. So kann scheinbar gesagt werden, dass das Prädikat der Notwendigkeit nicht darin enthalten ist. Aber was meint Kant hier mit „etc“? Schmucker denkt, dass die fehlenden Prädikate hier durch den Inhalt des 7. Abschnitts des Theologie-​Hauptstückes ergänzt werden können. Darin behauptet Kant: „die Nothwendigkeit, die Unendlichkeit, die Einheit, das Dasein außer der Welt (nicht als Weltseele), die Ewigkeit ohne Bedingungen der Zeit, die Allgegenwart ohne Bedingungen des Raumes, die Allmacht etc. sind lauter transscendentale Prädicate.“14 Daher ist die Notwendigkeit auch in den Prädikaten dieses transzendentalen Ideals enthalten.15



(2) Schmucker hat zudem durch sein ausführliches und eingehendes Studium der vorkritischen Schriften Kants klar aufgewiesen, dass die kritische Perspektive der Paragraphen 1–15, nämlich das transzendentale Ideal, nur als subjektive Gültigkeit zu behandeln ist. Des Weiteren hat Schmucker darauf hingewiesen, dass dieses Ideal nicht eine Umdeutung des Beweises im

Beweisgrund

 durch die kritische Philosophie ist, sondern das Ergebnis der kantischen Selbstreflexion zum

Beweisgrund

 in der vorkritischen Periode, d.h. die Kritik innerhalb der Paragraphen 1–15 des Theologie-​Hauptstückes ist das theoretische Ergebnis der vorkritischen Periode.16



Tatsächlich akzeptiert Dieter Henrich implizit die Methodologie von Klaus Reich, der behauptet, dass der Gottesbeweis im

Beweisgrund

 dogmatisch ist und damit der Ableitungsprozess des

entis realissimi

 in den Paragraphen 1�