Religionsbegründung ohne Erkenntnis Gottes

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1.2 Die transzendentale Methode

In der Transzendentalen Dialektik der KrV gibt es mindestens drei Möglichkeiten, die Idee Gottes abzuleiten. Die Reihenfolge, in der sie im Text erscheinen, lautet folgendermaßen: (1) Im System der transzendentalen Ideen zeigt Kant, dass der disjunktive Vernunftschluss, der auf die absolute Einheit der Bedingung aller Gegenstände des Denkens überhaupt zielt, „den höchsten Vernunftbegriff von einem Wesen aller Wesen notwendiger Weise nach sich ziehen müsse“,1 und dieser Vernunftbegriff ist die Idee Gottes. Dementsprechend folgen aus den kategorischen und hypothetischen Vernunftschlüssen jeweils die Ideen der absoluten Einheit des denkenden Subjekts und des schlechthin Unbedingten in einer Reihe gegebener Bedingungen. Diese drei Ideen bilden die drei Hauptstücke der Transzendentalen Dialektik. (2) Bei der Thesis der vierten Antinomie schließt die Vernunft auf das schlechthin Unbedingte in einer Reihe gegebener Bedingungen, das das schlechthin notwendige Wesen (ens necessarium) bzw. Gott ist. Nach der Untersuchung Dieter Henrichs besteht ein enger Zusammenhang zwischen dem hier genannten Gott und dem im 3. und 5. Abschnitt des Theologie-​Hauptstückes beschriebenen kosmologischen Beweis, jedoch nicht ohne Differenz.2 (3) Im 2. Abschnitt des Theologie-​Hauptstückes bestimmt Kant, ausgehend vom Prinzip der durchgängigen Bestimmung, Gott als das ens realissimum. Allerdings ist die Rolle, die diese drei verschiedenen Weisen, die Idee Gottes abzuleiten, spielen, gänzlich unvergleichbar. Die erste Weise bindet die rationale Psychologie, die rationale Kosmologie und die transzendentale Theologie in ein System durch die kategorischen, hypothetischen und disjunktiven Vernunftschlüsse; allerdings hat diese Weise fast keine Wirkung in der folgenden Diskussion, obwohl Kant an eine innere Einheit zwischen ihr und der dritten Weise glaubt.3 Gleichzeitig kritisiert Kant die zweite Weise nicht nur in seiner Darstellung der vierten Antinomie, sondern auch im Theologie-​Hauptstück. Im Gegensatz zur ersten und zweiten Weise spielt die dritte eine wichtige maßgebliche Rolle für die Idee Gottes bei Kant. Das ens realissmum als ein transzendentales Ideal repräsentiert nun Kants eigene charakteristische Idee Gottes und wird von den Forschern kontrovers diskutiert. Außerdem ist es auch der Kernbegriff des Theologie-​Hauptstückes. So kommentiert Joseph Schmucker: „Denn das transzendentale Ideal wird hier von Kant ausdrücklich als entscheidendes Kriterium jeder Theologie, insbesondere auch der ihm vorschwebenden Moraltheologie anerkannt und gefordert.“4 Kant wird nicht müde zu betonen, dass dieses Ideal nicht realisiert, hypostasiert, personifiziert werden dürfe.5 Aufgrund dessen kritisiert er die drei traditionellen Gottesbeweise. In seiner vorkritischen Zeit gibt es außerdem eine Realisierung, Hypostasierung und Personifizierung dieses Ideals vom enti realissimo im kantischen ontotheologischen Gottesbeweis. Deswegen gilt die Kritik an den traditionellen Gottesbeweisen auch als eine Selbstkritik seines ontotheologischen Beweises.

Dieser Abschnitt beschäftigt sich mit diesem Ideal. Er versucht zu entwickeln, wie Kant endlich das ens realissimum als Gott begreift und wird folgendermaßen gegliedert: In Unterabschnitt 1.2.1 werde ich den 2. Abschnitt des Theologie-​Hauptstückes rekonstruieren, jedoch den Inhalt auf den Prozess der Erreichung dieses Ideals beschränken und die Kritik an der Realisierung, Hypostasierung und Personifizierung auf das 2. Kapitel verschieben. Nach der Rekonstruktion werde ich in Unterabschnitt 1.2.2 die wichtigsten Eigenschaften des entis realissimi mit Hilfe der Vorlesung über Rationaltheologie analysieren.

1.2.1 Gott als das „ens realissimum“

Ich lenke zunächst meine Aufmerksamkeit auf den Abschnitt Von dem transzendentalen Ideal des Theologie-​Hauptstückes. In diesem Abschnitt (insbesondere in den Paragraphen 1–15) beschreibt Kant vom Prinzip der durchgängigen Bestimmung aus das ens realissimum, das transzendentale Ideal, als den Gegenstand der transzendentalen Theologie. Dies kann als Fortsetzung und Umwandlung des ontotheologischen Beweises vom Sein Gottes in der vorkritischen Zeit verstanden werden.1 Wir folgen hier dem Vorschlag von Giovanni B. Sala, den Prozess der Herleitung der Idee von Gott in drei Schritte zu unterteilen: (1) Vom Prinzip der durchgängigen Bestimmung zum Inbegriff aller möglichen Prädikate als transzendentale Voraussetzung; (2) den Inbegriff aller möglichen Prädikate zur Idee von einem All der Realität zu verfeinern. (3) Die Idee von einem All der Realität ist die Idee des entis realissimi und der Gottesbegriff im transzendentalen Sinn.2 Ich werde diese drei Schritte im Folgenden näher betrachten:

(1) Kant weist darauf hin, dass alle Dinge zum Prinzip der durchgängigen Bestimmung gehören: „nach welchem ihm von allen möglichen Prädikaten der Dinge, so fern sie mit ihren Gegentheilen verglichen werden, eines zukommen muß.“3 Für Kant hat jedes reale Prädikat sein negatives Gegenteil, z. B. licht zu finster, gut zu böse usw. Außerdem steht jedes Wesen zwischen absoluter Realität und absoluter Negation (dem Nichts), nämlich, jedes Seiende ist partim realia, partim negativa, genau wie Kant in der Vorlesung über Rationaltheologie sagt:

„Ein jedes Ding muß etwas Positives haben, das ein Seyn in ihm ausdrückt. Ein bloßes Nichtseyn kann kein Ding konstituieren. Der Begriff de ente omni modo negativo ist der Begriff eines non entis. Da folglich ein jedes Ding Realität haben muß; so werden wir unter allen möglichen Dingen uns entweder ein ens realissimum oder ein ens partim reale, partim negativum vorstellen können […] Ein höchstes Ding wird als ein solches seyn müssen, das alle Realität hat; denn in diesem einzigen Falle habe ich ein solches Ding, mit dessen Begriffe zugleich seine durchgängige Bestimmung, weil es in Ansehung aller möglichen praedicatorum oppositorum durchaus vollständig bestimmt ist. Der Begriff eines entis realissimi ist folglich eben der Begriff eines entis summi, denn alle andere Dinge außer ihm sind partim realia, partim negativa, und eben daher ist ihr Begriff nicht durchgängig bestimmt.“4

Daraus können wir dreierlei schließen: das ens realissimum, das alle Realität beinhaltet und durch sich selbst durchgängig bestimmt wird; der Begriff de ente omni modo negativo, was keine Realität hat und ein Nichtsein ist; dazwischen sind andere Dinge, die partim realia, partim negativa sind und durch das ens realissimum durchgängig bestimmt werden. Hier benützt Kant ein Beispiel: vom Begriff eines vollkommensten Menschen können wir das Alter, die Größe und den Ausbildungsstand nicht bestimmen. Das will so viel sagen als: „um ein Ding vollständig zu erkennen, muß man alles Mögliche erkennen und es dadurch, es sei bejahend oder verneinend, bestimmen.“5 Das bedeutet, wir sollen „jedes Ding noch im Verhältniß auf die gesamte Möglichkeit [betrachten], als den Inbegriff aller Prädicate der Dinge überhaupt“,6 um ein Ding vollständig zu erkennen. Danach möchte Kant „den Inbegriff aller Prädicate der Dinge“ genauer bestimmen.

(2) „Der Inbegriff aller möglichen Prädikate“ ist nicht die Summa in Menge. Kants nächste Aufgabe besteht darin, den Inbegriff aller möglichen Prädikate zu verfeinern, das heißt, Prädikate auszuschließen, die nicht geeignet sind, die Prädikate des entis realissimi zu sein. Dazu sagt Kant: „so finden wir doch bei näherer Untersuchung, daß diese Idee als Urbegriff eine Menge von Prädicaten ausstoße, die als abgeleitet durch andere schon gegeben sind, oder neben einander nicht stehen können, und daß sie sich bis zu einem durchgängig a priori bestimmten Begriffe läutere und dadurch der Begriff von einem einzelnen Gegenstande werde.“7 Daraus folgt, dass das ens realissimum nicht direkt mit dem Inbegriff aller möglichen Prädikate identifiziert werden kann, weil jenes zwei Arten von Prädikaten dieses Inbegriffs ausschließt: die abgeleiteten Prädikate und die nicht nebeneinander stehenden Prädikate.8

Die abgeleiteten Prädikate, nämlich negative Prädikate, z. B. finster, arm und unwissend, können nur mit Hilfe der realen Prädikate, z. B. licht, reich und wissend, verstanden werden. Negative Prädikate können nur als Mangel der realen Prädikate betrachtet werden. Daher enthält das ens realissimum keine negativen Prädikate wie finster, arm und unwissend. Die nicht nebeneinander stehenden Prädikate bedeuten die mit den Prädikaten des entis realissimi nicht koexistierenden und in Widerspruch stehenden Prädikate. Dafür gibt Kant keine weitere Erklärung, aber wir können die Bedeutung von „nicht nebeneinander stehenden Prädikaten“ verstehen mit Hilfe der Realrepugnanz im Beweisgrund: „Die Undurchdringlichkeit der Körper, die Ausdehnung u.d.g. können nicht Eigenschaften von demjenigen sein, der da Verstand und Willen hat.“9 Das heißt, die körperlichen Attribute wie Undurchdringlichkeit und Ausdehnung stehen im Widerspruch zu spirituellen Attributen wie Verstand und Willen. Weil das ens realissimum die spirituellen Attribute hat, werden Prädikate wie Undurchdringlichkeit und Ausdehnung definitiv ausgeschlossen. Daher wird der Inbegriff aller möglichen Prädikate gereinigt und schließlich zur omnitudo realitatis. Dies bedeutet, dass die Idee von der omnitudo realitatis und damit auch das ens realissimum nicht die Summa oder das Aggregat aller Prädikate in der Menge ist.

(3) Durch den Beweis, dass der Inbegriff aller möglichen Prädikate dem Prinzip der durchgängigen Bestimmung zugrunde liegt, und durch die Verfeinerung des Inbegriffes kommt Kant zur omnitudo realitatis, dem „Urbegriff“, und daraus wird das ens realissimum geschlossen: „Es ist aber auch durch diesen Allbesitz der Realität der Begriff eines Dinges an sich selbst als durchgängig bestimmt vorgestellt, und der Begriff eines entis realissimi ist der Begriff eines einzelnen Wesens.“10

 

Jetzt können wir den Prozess mit dem Absatz der Reflexion zusammenfassen: „Das princip der durchgängigen Bestimmung sagt, daß der Begrif eines Dinges überhaupt, um die Vorstellung eines einzelnen auszumachen, mit allen moglichen praedicatis oppositis müsse verglichen werden, so daß, wenn es in ansehung eines bestimmt worden, es in dieser Bestimmung mit andern praedicatis oppositis verglichen werden müsse und es also als Ding überhaupt durch das Verhaltnis zum ente realissimo allein bestimmt gedacht werden könne. Dadurch geschieht, daß ein allgemeiner Begrif sich selbst durchgängig bestimmt und ein Begrif eines einzelnen Wesens wird.“11 Folglich bestimmt Kant durch das Prinzip der durchgängigen Bestimmung und die Verfeinerung des Inbegriffes aller möglichen Prädikate Gott als das ens realissimum, der als Gegenstand der transzendentalen Theologie betrachtet wird.

1.2.2 Die Prädikate des „entis realissimi“

In Abschnitt 1.2.1 haben wir gesehen, dass Kant mit Hilfe seiner transzendentalen Methode Gott als das ens realissimum denkt. Jetzt kann thematisiert werden, wie Kant die Eigenschaften des entis realissimi definiert. Hinsichtlich des Themas dieser Untersuchung sind die Eigenschaften Gottes eben unsere Erkenntnis von Gott.

Zuerst möchte ich darauf hinweisen, dass im 2. Abschnitt des Theologie-​Hauptstückes Kant das ens realissimum auch ens orginarium, ens summum und ens entium nennt: „Daher wird der bloß in der Vernunft befindliche Gegenstand ihres Ideals auch das Urwesen (ens originarium), so fern es keines über sich hat, das höchste Wesen (ens summum), und so fern alles als bedingt unter ihm steht, das Wesen aller Wesen (ens entium) genannt.“1 Was diese Bestimmungen eigentlich bedeuten, ist hier von Kant nicht deutlich erklärt, daher ist es nötig, sich auf den Inhalt der Vorlesung über Rationaltheologie zu beziehen:

„In dieser Erkenntnis von Gott aus reinen Begriffen haben wir drei konstitutive Begriffe von Gott; nämlich:

1) Als das Urwesen (ens originarium). Hier denke ich mir Gott überhaupt als ein Ding, das von keinem anderen abgeleitet ist, als das ursprüngliche Wesen, das einzige, was nicht derivativ ist […] Dieser Begriff eines entis originarii liegt zum Grunde der Kosmotheologie […]

2) Als das höchste Wesen (ens summum). Hier denke ich mir Gott als ein Wesen, das alle Realität hat, und leite eben aus dem Begriffe eines solchen entis realissimi […] Dieser Begriff von Gott, als einem ente maximo, ist Fundament der Ontotheologie.

3) Als Wesen aller Wesen (ens entium). Hier denke ich mir Gott nicht nur als das für sich ursprüngliche Wesen, das von keinem andern abgeleitet ist, sondern auch als den höchsten Grund aller anderen Dinge, als dasjenige Wesen, von dem alles andere abgeleitet ist. Diese können wir seine Allgenugsamkeit nennen.“2

In diesem Absatz werden die drei Bestimmungen weiter festgehalten: das ens originarium (das Urwesen) bezeichnet ein derivatives Verhältnis anderer Dinge aus Gott und liegt der Kosmotheologie zugrunde; das ens summum wird direkt aus dem Begriff des entis realissimi abgeleitet und ist Fundament der Ontotheologie3; und mit dem enti entium denkt Kant Gott als den höchsten Grund aller anderen Dinge. Folglich beschreiben diese drei Bestimmungen jeweils die absolute Notwendigkeit, höchste Vollkommenheit, Ursprünglichkeit und Allgenugsamkeit4 Gottes. Daraus ist zu ersehen, dass der Begriff des entis realissimi das Fundament der Kosmotheologie und Ontotheologie begründet.

Im Folgenden möchte ich einen oben zitierten Absatz nochmals überprüfen: „Wenn wir nun dieser unserer Idee, indem wir sie hypostasieren, so ferner nachgehen, so werden wir das Urwesen durch den bloßen Begriff der höchsten Realität als ein einiges, einfaches, allgenugsames, ewiges etc., mit einem Worte, es in seiner unbedingten Vollständigkeit durch alle Prädicamente bestimmen können.“5 Ich möchte an dieser Stelle zwei Fragen stellen: (1) Was heißt „wir […] es […] durch alle Prädicamente bestimmen können“? (2) Welche Prädikate besitzt diese Idee? In Hinsicht auf (1) habe ich gesagt, dass das ens realissmum schon die abgeleiteten und nicht nebeneinander stehenden Prädikate aus seinen Prädikaten ausschließt, weshalb man es nicht durch alle Prädikate bestimmen kann, z. B. Finsternis, Ausdehnung gehören niemals zu seinen Prädikaten. Dies ist zunächst zu klären. Was (2) anbelangt, sind viele Prädikate erwähnt, etwa Einigkeit, Allgenugsamkeit, Ewigkeit usw. Hier handelt es sich um transzendentale Prädikate, die ein Ding überhaupt bestimmen; diese gehören zu den Eigenschaften Gottes.6 An dieser Stelle können nicht alle Prädikate aufgezählt werden, da dies nicht die Hauptaufgabe dieser Untersuchung darstellt.

In diesem Anschnitt wurden bisher viele Prädikate des entis realissimi benannt. Nun werde ich mich auf drei Tatsachen beziehen, die für die folgende Ausführung bedeutsam sind:

(1) Die Denkweise Kants ist folgendermaßen: Zuerst wird das ens realissimum bewiesen und dann werden seine transzendentalen Prädikate betrachtet. Allerdings ist die Denkweise im Beweisgrund ganz anders: In dieser Schrift wird die Existenz eines entis necessarii zuerst festgehalten, dann kommt ihm die höchste Realität zu. Das ist der Grund, warum Dieter Henrich betont, dass die Denkweise im Beweisgrund von der kosmologischen Frage bestimmt wird, so dass das ens necessarium im Zentrum der kantischen Theorie steht.7 Deswegen ergibt sich eine umstrittene Frage: Gehört die Notwendigkeit auch zu den Prädikaten des entis realissimi? Wenn ja, bedeutet dies dann, dass das ens realissimum notwendig existiert? Diese Frage wird im 2. Kapitel beantwortet.

(2) Unter den oben genannten transzendentalen Prädikaten taucht die Intelligenz nicht auf, weder in der KrV noch in der Vorlesung über Rationaltheologie.8 Im 7. Abschnitt des Theologie-​Hauptstückes unterscheidet Kant die transzendentale Theologie von der natürlichen Theologie, die sich ihren Gegenstand „durch einen Begriff, den sie aus der Natur (unserer Seele) entlehnt, als die höchste Intelligenz“9 denkt. D.h. die Intelligenz stammt aus der Erfahrung, daher ist sie nicht transzendental. Danach sagt Kant: „Der zweite [sc. die natürliche Theologie] behauptet, die Vernunft sei im Stande, den Gegenstand nach der Analogie mit der Natur näher zu bestimmen, nämlich als ein Wesen, das durch Verstand und Freiheit den Urgrund aller anderen Dinge in sich enthalte.“10 Daraus folgt, dass die Intelligenz Gottes nicht durch bloße Vernunft bestimmt wird, sondern durch Analogie mit der Erfahrung (Natur). Was dies bedeutet und wie dies sich entwickelt, werde ich in Abschnitt 1.3 genau interpretieren.

(3) Im 7. Abschnitt des Theologie-​Hauptstückes weist Kant insbesondere darauf hin, dass „das Dasein außer der Welt (nicht als Weltseele)“ ein transzendentales Prädikat des entis realissimi ist.11 Außerdem können wir beobachten, dass Kant Gott oft als das ens extramundanum definiert.12 In Abschnitt 1.2.1 wurde das ens realissimum als Verfeinerung des Inbegriffes aller möglichen Prädikate bestimmt. In der nova dilucidatio scheint Kant den Inbegriff aller möglichen Prädikate mit Gott direkt zu identifizieren. Dies kann zu einem Pantheismus führen. Danach hält Kant im Beweisgrund deutlich fest, dass die Beziehung zwischen allen Dingen und Gott die zwischen Grund und Folge ist, um das Resultat des Pantheismus zu vermeiden.13 Folglich möchte ich darauf hinweisen, dass die Ursache der Bestimmung Gottes als ens extramundanum darin begründet ist, den Pantheismus zu vermeiden. Wir werden die Bedeutung dieser Überlegung Kants im Vergleich mit Schleiermacher genauer veranschaulichen.

An dieser Stelle möchte ich Abschnitt 1.2 zusammenfassen. Kant gibt in seiner kritischen Periode seine ontotheologische Methode nicht auf und wendet diese transzendentale Methode auf die Versuche an, Gottes Eigenschaften bloß durch die Vernunft zu bestimmen, ohne die Erfahrung zu berücksichtigen. Folglich bestimmt Kant Gott, der als ein Ding überhaupt betrachtet wird, als ens orginarium, ens summum und ens entium. Daneben kommen Gott viele andere transzendentale Prädikate zu, die hier nicht ausführlich genannt werden. Es wurde gezeigt, dass die Frage, ob die Notwendigkeit ein Prädikat des entis realissimi ist, noch offen ist. Außerdem ist es wichtig, hier zu betonen, dass die Intelligenz als das Prädikat Gottes nicht direkt aus dem Begriff des entis realissimi abgeleitet ist.

1.3 Die analogische Methode

Das Problem der Analogie ist eine wichtige, aber doch immer vernachlässigte Frage.1 Allerdings spielt sie in der kantischen Philosophie oft eine wichtige Rolle. Ich nenne dafür einige Beispiele. In der Transzendentalen Analytik der KrV interpretiert Kant Begriffe wie Substanz, Kausalität und Gemeinschaft mit einer „Analogie der Erfahrung“. In der Transzendentalen Dialektik der KrV, in den Prolegomena zu einer jeden künftigen Metaphysik (im Folgenden als Prolegomena bezeichnet) und in der KU ist die Analogie immer ein wichtiger Weg für die endliche Vernunft, um Gottes Intellekt (Verstand und Willen) zu erkennen, was auch das Thema dieser Dissertation ist. Gleichzeitig ist die Analogie eng mit Kants reflektierendem Urteil verbunden. Der regulative Gebrauch der Vernunftidee, der uns sehr gut bekannt ist, ist untrennbar von der Analogie. Man kann sagen, dass ohne ein Verständnis der Analogie das regulative Prinzip Kants nicht verstanden werden kann.2

Kurz bevor Kant beginnt, Gott als Ideal zu interpretieren, schreibt er am Ende der Schlußanmerkung zur ganzen Antinomie der reinen Vernunft: „Weil aber, wenn wir uns einmal die Erlaubniß genommen haben, außer dem Felde der gesammten Sinnlichkeit eine für sich bestehende Wirklichkeit anzunehmen, Erscheinungen nur als zufällige Vorstellungsarten intelligibeler Gegenstände von solchen Wesen, die selbst Intelligenzen sind, anzusehen sind: so bleibt uns nichts anders übrig als die Analogie, nach der wir die Erfahrungsbegriffe nutzen, um uns von intelligibelen Dingen, von denen wir an sich nicht die mindeste Kenntniß haben, doch irgend einigen Begriff zu machen.“3 Hierin verbirgt sich eine Gesamtkonzeption der Analogie. Wie man aber mit Hilfe der Analogie Gott, bzw. die Intelligenz Gottes, erkennen kann, werde ich in diesem Abschnitt versuchen aufzuzeigen. Dieser Abschnitt wird wie folgt unterteilt: Zuerst werde ich in Abschnitt 1.3.1 mit Hilfe der Auffassungen in den Prolegomena, der KU und der Vorlesung über Rationaltheologie einige grundlegende Punkte der Analogie verdeutlichen, die im Anhang zur transscendentalen Dialektik der KrV diskutiert werden. Wenn geklärt ist, wie die Eigenschaft Gottes (Intelligenz) durch die Analogie erkannt wird, kann in Kapitel 3.2 die weitere Analyse erfolgen.