Besteuerung von Unternehmen III

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C. Berechnung der Gesamtsteuerbelastung mit Hilfe der Teilsteuerrechnung

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Der 1. Schritt besteht darin, die juristisch definierten Bemessungsgrundlagen nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten zu zerlegen. Im Beispiel sind die zwei betriebswirtschaftlichen Bemessungsgrundlagenteile „Gewinn des Unternehmens vor Steuern“ (G) und „steuerlicher Wert der Betriebsgrundstücke“ (GrStW) vorgegeben. Damit ist die wichtigste Aufgabe der Teilsteuerrechnung bereits gelöst.

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Im 2. Schritt sind die Grundgleichungen der Steuerarten als Produkt aus Steuersatz und Bemessungsgrundlage aufzustellen:


GrSt = sGrSt × GrStW
GewSt = sGewSt × (G – GrSt – 0,11%×GrStW)
KSt = sKSt × (G – GrSt)
SolZ = sSolZ × KSt

Durch Einsetzen erhält man


GrSt = sGrSt × GrStW
GewSt = sGewSt × (G – sGrSt×GrStW – 0,11%×GrStW)
KSt = sKSt × (G – sGrSt×GrStW)
SolZ = sSolZ × sKSt × (G – sGrSt×GrStW)

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Der 3. Schritt besteht darin, die Grundgleichungen zur Gesamtsteuergleichung zusammenzufassen:


GrSt + GewSt + KSt + SolZ = sGrSt × GrStW
+ sGewSt × (G – sGrSt×GrStW – 0,11%×GrStW)
+ sKSt × (G – sGrSt×GrStW)
+ sSolZ × sKSt × (G – sGrSt×GrStW)

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Nach Ausklammern der betriebswirtschaftlichen Bemessungsgrundlagenteile erhält man im 4. Schritt die Teilsteuersätze:


G t1 sGewSt + sKSt + sSolZ×sKSt oder sGewSt + sKSt×(1+sSolZ)
GrStW t2 sGrSt – sGewSt×sGrSt – sGewSt×0,11% – sKSt×sGrSt – sSolZ×sKSt×sGrSt oder sGrSt×(1 – sGewSt – sKSt×[1+sSolZ]) – sGewSt×0,11% oder sGrSt×(1–t1) – sGewSt×0,11%

Die Multifaktoren (Teilsteuersätze: t1, t2) sind unter Rückgriff auf die Einzelsteuersätze


sGrSt = 0,034% × 420% = 0,001428 = 0,1428%
sGewSt = 3,5% × 400% = 0,1400 = 14,00%
sKSt = 0,1500 = 15,00%
sSolZ = 0,0550 = 5,50%

zu quantifizieren:


t1 (für Ertragsteuern) = 0,2982500 = 29,82500%
t2 (für Substanzsteuern) = 0,0008481 = 0,08481%

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Im 5. Schritt sind die betriebswirtschaftlichen Bemessungsgrundlagenteile mit dem betreffenden Teilsteuersatz zu multiplizieren. In der Summe errechnet sich eine Gesamtsteuerbelastung von 31 521 €:


G: t1 × 100 000 € = 29,825% × 100 000 € = 29 825 €
GrStW: t2 × 2 000 000 € = 0,08481% × 2 000 000 € = 1 696 €

Zweiter Teil Methoden zur Quantifizierung von Steuerzahlungen › Fünfter Abschnitt Vor- und Nachteile der beiden Berechnungsverfahren

Fünfter Abschnitt Vor- und Nachteile der beiden Berechnungsverfahren

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Bei beiden Berechnungsverfahren wird die gleiche Gesamtsteuerbelastung ausgewiesen. Wird lediglich auf die Summe der zu zahlenden Steuern abgestellt, sind beide Verfahren in gleicher Weise geeignet. Sie unterscheiden sich aber wesentlich in den Möglichkeiten zur Analyse der Ergebnisse.[4] Bei der Veranlagungssimulation setzt sich die Gesamtsteuerbelastung aus der Summe der verschiedenen Steuerarten zusammen, der Anteil einer bestimmten betriebswirtschaftlichen Größe ist nicht erkennbar. Im Gegensatz hierzu wird bei der Teilsteuerrechnung für jeden Bemessungsgrundlagenteil die Effektivbelastung offengelegt; auf welchen Steuerarten diese beruht, wird nicht deutlich.

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Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist die Teilsteuerrechnung prinzipiell der juristisch orientierten Veranlagungssimulation vorzuziehen. Der große Vorteil der Teilsteuerrechnung liegt darin, dass die Frage „Wie entwickelt sich die Steuerbelastung, wenn sich eine betriebswirtschaftliche Größe ändert?“ nach einer Multiplikation mit dem Teilsteuersatz direkt beantwortet werden kann. Die Teilsteuerrechnung stellt unmittelbar auf die relevante Größe ab. Entscheidungen hängen nämlich weniger davon ab, auf welchen Steuerarten die (Veränderungen der) insgesamt zu zahlenden Steuern beruhen. Demgegenüber erfordern Datenvariationen bei der Veranlagungssimulation grundsätzlich eine vollständige Neuberechnung. Abgeschwächt wird der Vorteil der Teilsteuerrechnung dadurch, dass zum Teil die Bemessungsgrundlagenteile keine betriebswirtschaftlichen Größen sind, sondern nach bestimmten Kriterien ermittelte steuerrechtliche Bezugsgrößen (im Beispiel: Grundsteuerwert der Betriebsgrundstücke).

 

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Bei Variationsrechnungen weist die Teilsteuerrechnung also gegenüber der Veranlagungssimulation eindeutig Pluspunkte auf. Durch die Entwicklung von allgemeingültigen Berechnungsschemata und den Einsatz der EDV, zB von weitverbreiteten Tabellenkalkulationsprogrammen, lässt sich dieser systematische Nachteil der Veranlagungssimulation aber wesentlich mindern bzw vollständig beseitigen. Im Einzelfall ist der Zeitaufwand zur Entwicklung des benötigten EDV-gestützten Berechnungsschemas mit der Arbeitsbelastung zur Herleitung der Multifaktoren zu vergleichen. Je öfter Variationsrechnungen durchzuführen sind, desto eher lohnt sich die Erstellung eines Programms. Steht ein derartiges Modul zur Verfügung, fällt ein wesentlicher Vorteil der Teilsteuerrechnung weg.

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Die Teilsteuerrechnung erleichtert das Verständnis über die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Steuerarten, da sie ein Instrument darstellt, mit dem auf einfache Weise untersucht werden kann, bei welchen Steuerarten eine betriebswirtschaftliche Größe in die Bemessungsgrundlage eingeht und wie durch die Beziehungen zwischen den Steuerarten die Belastung verstärkt oder abgeschwächt wird. Von den verschiedenen Komponenten eines Teilsteuersatzes geben diejenigen, die aus nur einer Größe bestehen, die Anknüpfungsmerkmale der einzelnen Steuerarten wieder (Primärwirkungen). Die zusammengesetzten Faktoren verdeutlichen die Dependenzen und Interdependenzen unseres Steuersystems (Sekundärwirkungen). Die Doppelprodukte repräsentieren die Abzugsfähigkeit einer Steuerart bei einer anderen Steuer (negatives Vorzeichen) bzw die Belastung aus den Zuschlagsteuern (positives Vorzeichen). Die Komponenten, die aus drei Faktoren bestehen, legen die Rückwirkungen auf weitere Steuerarten offen. Solche Erkenntnisse sind nicht nur für die Lehre, sondern auch für finanzwissenschaftliche und steuerpolitische Analysen nützlich, da die gesamtwirtschaftlichen Be- und Entlastungswirkungen von steuerrechtlichen Normen gezeigt werden können.

Beispiel:

Bei Betriebsgrundstücken beruht die effektive Steuerbelastung auf der Besteuerung im Rahmen der Grundsteuer (sGrSt), die aufgrund der Abziehbarkeit der Grundsteuer als Betriebsausgabe durch eine Minderung der Gewerbesteuer und der Körperschaftsteuer abgeschwächt wird (–sGewSt×sGrSt bzw –sKSt×sGrSt). Die Entlastung bei der Körperschaftsteuer ist zusätzlich mit einer Minderung des Solidaritätszuschlags verbunden (–sSolZ×sKSt×sGrSt).

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Für die Veranlagungssimulation spricht in erster Linie ihre Anschaulichkeit. Durch Anlehnung an die Vorgehensweise im Rahmen der Steuerveranlagung durch die Finanzverwaltung sind den in der steuerlichen Praxis Tätigen die notwendigen Rechenschritte und die auftretenden Einzelprobleme bekannt. Sie können den Aufbau des Berechnungsschemas unmittelbar nachvollziehen, während der mit der Teilsteuerrechnung noch nicht Vertraute (unter Umständen) einige Zeit der Eingewöhnung benötigt.

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Ein weiteres Problem der Teilsteuerrechnung resultiert daraus, dass verschiedene Steuerarten an dieselbe betriebswirtschaftliche Größe in unterschiedlicher Form anknüpfen und das Steuerrecht spezifische Bewertungsverfahren kennt, wie beispielsweise bei der Bewertung von Grundstücken für die Zwecke der Grundsteuer. Die hierfür einzufügenden Modifikationen beeinträchtigen die Praktikabilität der Teilsteuerrechnung. Im vorstehenden Beispiel werden diese Schwierigkeiten dadurch umgangen, dass für Grundstücke deren steuerlich relevanter Wert (hier: Grundsteuerwert) vorgegeben wurde. Bei einer an sich nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten gebotenen Zusammenfassung zu einem Bemessungsgrundlagenteil wäre zur Erfassung der Bewertungsdifferenzen eine substanzsteuerliche Korrekturgröße einzufügen: Aus betriebswirtschaftlicher Sicht hätte bei der Bildung der Bemessungsgrundlagenteile der Verkehrswert des Grundstücks angesetzt werden müssen. Zum Ausgleich zwischen dem Verkehrswert und dem steuerrechtlichen Wert würde innerhalb des Systems der Teilsteuerrechnung eine spezielle Modifikationsgröße eingefügt.


betriebswirtschaftlicher Wert: Verkehrswert 2 500 000 €
steuerlicher Wert: Grundsteuerwert 2 000 000 €
substanzsteuerliche Modifikationsgröße: Grundsteuerwert – Verkehrswert 2 000 000 € – 2 500 000 € = – 500 000 €
Substanzsteuerbelastung:
t2 × Verkehrswert 0,08481% × 2 500 000 € = 2 120 €
t2 × substanzsteuerliche Modifikationsgröße 0,08481% × (–500 000 €) = – 424 €
insgesamt = 1 696 €
zum Vergleich: t2 × Grundsteuerwert 0,08481% × 2 000 000 € = 1 696 €

Die teilsteuerlichen Modifikationen besitzen den Nachteil, dass sie die Aussagefähigkeit der Teilsteuerrechnung einschränken, da die Zusammenhänge der steuerlichen Einzelregelungen nicht mehr klar offengelegt werden.

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Ein wichtiger Vorzug der Veranlagungssimulation ist, dass nichtkonstante Tarife, wie progressive Steuersätze, Freibeträge und Freigrenzen, problemlos verarbeitet werden können. Bei jeder Steuerart wird die juristische Bemessungsgrundlage ermittelt, auf die der Tarif anzuwenden ist. Im Gegensatz hierzu müssen bei der Teilsteuerrechnung bereits zu Beginn der Berechnungen sämtliche Steuersätze bekannt sein. Bei nichtkonstanten Tarifen hängt der Steuersatz von der Höhe der juristischen Bemessungsgrundlage ab, deren Höhe aber bei der Teilsteuerrechnung systemimmanent nicht bekannt ist. Liegen nichtkonstante Tarife vor, müssen bei der Teilsteuerrechnung die im Einzelfall zutreffenden Steuersätze vorab in einer Veranlagungssimulation ermittelt werden. Damit ist aber die Gesamtsteuerbelastung bereits bekannt, die Teilsteuerrechnung dient lediglich der Verteilung auf die betriebswirtschaftlichen Größen. Aus dem gleichen Grund scheitert auch das grundsätzliche Anliegen der Teilsteuerrechnung zur einfachen Ermittlung der steuerlichen Konsequenzen bei Variation einer betriebswirtschaftlichen Größe. Da bei nichtkonstanten Tarifen Änderungen der Daten Rückwirkungen auf den Steuersatz haben, ist der sich nach der Datenvariation ergebende Steuersatz vor jeder Berechnung erneut zu bestimmen.

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Für die Teilsteuerrechnung besteht zusätzlich das Problem, dass sich bei Entscheidungen, deren Effekte über mehrere Perioden zu berechnen sind, die meisten Größen in den folgenden Perioden auf andere Bemessungsgrundlagenteile auswirken. Da die absolute Höhe der juristischen Bemessungsgrundlagen nicht bekannt ist, ist es bei der Teilsteuerrechnung nicht möglich, ohne zusätzliche Rechenschritte den ertragsteuerlichen Verlustabzug zu erfassen. Bei der Analyse der Abziehbarkeit von Fremdkapitalaufwendungen treten diese Probleme in besonderer Weise auf, da für die Berechnung der Begrenzungen nach § 4h EStG und § 8a KStG („Zinsschranke“) mehrere Werte benötigt werden, die sich aus verschiedenen Komponenten zusammensetzen, die bei der Teilsteuerrechnung nicht bekannt sind. Bei der Veranlagungssimulation treten diese Schwierigkeiten nicht auf, da durch das rechnerische Simulieren die benötigten Informationen vollständig vorliegen.

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In dem im vorangehenden Abschnitt verwendeten Beispiel werden die beiden zuletzt genannten Kritikpunkte nicht deutlich. Durch das Abstellen auf Kapitalgesellschaften wird der progressive Einkommensteuertarif nicht benötigt. Durch die Nichtberücksichtigung von Freibeträgen und -grenzen sowie das einperiodige Berechnungsschema wurden die damit verbundenen Schwierigkeiten ausgeklammert. Bei Entscheidungssituationen, die nicht so einfach strukturiert sind, verbleiben in der Praxis zwei Möglichkeiten: näherungsweise Berechnung der für die Teilsteuerrechnung benötigten Steuersätze oder exakte Ermittlung der Gesamtsteuerbelastung mit Hilfe einer Veranlagungssimulation.

Abb. 2.3: Gegenüberstellung der Vor- und Nachteile der Veranlagungssimulation und der Teilsteuerrechnung


Veranlagungssimulation Teilsteuerrechnung
Vorteile Steuerbelastung wird nach Steuerarten differenziert ausgewiesen hohe Anschaulichkeit nichtlineare Tarife, Verlustabzug und „Zinsschranke“ problemlos integrierbar Effektivbelastung für jeden Bemessungsgrundlagenteil erkennbar ermöglicht Variationsrechnungen fördert Verständnis über die Zusammenhänge zwischen einzelnen Steuerarten
Nachteile keine Aussage über Anteil einer bestimmten betriebswirtschaftlichen Größe an der Gesamtsteuerbelastung Datenvariationen erfordern Neuberechnungen (aber: bei EDV-Einsatz weniger problematisch) keine Aussage über Steuerarten, aus denen die Effektivbelastung resultiert Modifikationen notwendig, um steuerrechtliche Bemessungsgrundlagen in betriebswirtschaftliche Größen zu überführen nichtlineare Tarife, Verlustabzug und „Zinsschranke“ nicht abbildbar

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Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Teilsteuerrechnung für betriebswirtschaftliche und finanzwirtschaftliche Analysen des Steuersystems sowie für Ausbildungszwecke hervorragend geeignet ist. Die wesentlichen Vorteile der Veranlagungssimulation liegen insbesondere in ihrer Verständlichkeit sowie der einfachen Berücksichtigung von nichtkonstanten Tarifen und von Mehrperiodenverknüpfungen. Diesen Aspekten kommt in vielen Entscheidungssituationen ein so starkes Gewicht zu, dass oft die Veranlagungssimulation als das geeignetere Berechnungsverfahren anzusehen ist. Ihr Nachteil des erhöhten Arbeitsaufwands bei Variationsrechnungen verliert dann an Bedeutung, wenn (beispielsweise mit Hilfe eines Tabellenkalkulationsprogramms) ein EDV-gestütztes Berechnungsschema entwickelt wird.

Zweiter Teil Methoden zur Quantifizierung von Steuerzahlungen › Sechster Abschnitt Besonderheiten beim Einbezug der Kirchensteuer