Besteuerung von Unternehmen II

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Anmerkungen

[1]

Vgl Moxter, StuW 1983, S. 300.

3. Herleitung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung

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(1) Einführung: Der unbestimmte Rechtsbegriff „Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung“ bedarf der Konkretisierung, um auf den jeweiligen Einzelfall angewendet werden zu können. Bei der Herleitung der GoB bestehen jedoch erhebliche Schwierigkeiten, weil es sich bei den GoB nicht um ein starres System handelt. Vielmehr unterliegen die GoB im Zeitablauf Änderungen, um die Bilanzierungspraxis an die wirtschaftlichen Entwicklungen und an die sich wandelnden Auffassungen über die mit der Handels- und Steuerbilanz verfolgten Ziele anpassen zu können.

Die folgende Erläuterung zur Herleitung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung dient dem Verständnis dafür, dass sich für die Behandlung eines bestimmten Geschäftsvorgangs in der handels- oder steuerrechtlichen Rechnungslegung häufig keine eindeutige Aussage ableiten lässt. Es soll deutlich werden, weshalb ein Interpretationsspielraum unvermeidlich ist und dass sich bei einer Veränderung der Anforderungen an die Rechnungslegung der Inhalt der GoB ebenfalls ändert.

Für die Konkretisierung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung stehen prinzipiell drei Vorgehensweisen zur Verfügung. Entscheidend ist die teleologische Ermittlung. Die ausschließliche Anwendung der induktiven oder der deduktiven Ermittlung ist abzulehnen.

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(2) Induktive Ermittlung: Bei der induktiven Ermittlung bestimmt sich der Inhalt der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung aus dem Handelsbrauch und der Verkehrsanschauung „ehrenwerter“ Kaufleute. Es wird allerdings nicht ausschließlich darauf abgestellt, wie in der Praxis tatsächlich bilanziert wird (deskriptive Vorgehensweise), sondern vielmehr darauf, wie ordentliche und ehrenwerte Kaufleute bilanzieren sollten (normativer Ansatz). Eine unmittelbare Übernahme der Bilanzierungspraxis scheidet aus, weil ansonsten die Kaufleute zu Richtern über sich selbst werden würden: Die zur Rechenschaftslegung verpflichteten Personen würden sich die Maßstäbe selbst setzen.

Die induktive Methode ist aus mehreren Gründen problematisch: (1) Es lassen sich keine konkreten Kriterien dafür finden, wer als „ehrenwerter“ Kaufmann gilt und in welcher Weise er sich von einem „unehrenwerten“ Kaufmann unterscheidet. (2) Auch ordentliche und ehrenwerte Kaufleute stellen nur eine Partei des sich in der handelsrechtlichen Rechnungslegung widerspiegelnden Interessenkonflikts zwischen Eigentümern, Managern und Gläubigern dar. Wenn diejenigen, die die Handelsbilanz aufstellen, den Inhalt der GoB selbst bestimmen können, werden deren Interessen im Vergleich zu den Interessen der anderen Jahresabschlussadressaten stärker gewichtet. (3) Neuartige und strittige Bilanzierungsfragen bleiben so lange unbeantwortet, bis sich in der Praxis eine einheitliche Handhabung herausgebildet hat. Damit wird eine Weiterentwicklung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung erschwert. (4) Die induktive Methode ist mit dem Fiskalzweck der steuerlichen Gewinnermittlung und dem Grundsatz der Rechtssicherheit nicht vereinbar. Da auch ehrenwerte Kaufleute ihre eigenen Ziele verfolgen, werden sie die GoB so interpretieren, dass die Belastung der erzielten Erfolge möglichst niedrig gehalten bzw so weit wie möglich in die Zukunft verlagert wird. Dies würde zu einer Ungleichbehandlung zwischen den Einkünften aus Gewerbebetrieb und den anderen Einkunftsarten und damit zu einem Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung führen.

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(3) Deduktive Ermittlung: Bei der deduktiven Vorgehensweise werden die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung aus den Zielen der Rechnungslegung abgeleitet. Dieser Weg ist insofern nicht hilfreich, als sich aus dem Gesetz kein eindeutiger Zielplan ableiten lässt und auch keine einheitliche Auffassung darüber besteht, in welchem Verhältnis die mit der externen Rechnungslegung verfolgten Ziele zueinander stehen. Damit fehlen allgemein anerkannte Oberprinzipien, aus denen die einzelnen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung abgeleitet werden können. Bezogen auf die Ziele, bei denen sich eine einheitliche Meinung herausgebildet hat (Dokumentations–, Informations- und Zahlungsbemessungsfunktion), ergibt sich die Schwierigkeit, dass diese zu allgemein sind, um als konkrete Leitlinie zur Lösung spezieller Bilanzierungs- und Bewertungsfragen zu dienen.

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(4) Teleologische Ermittlung: Ausgangspunkt der teleologischen Methode ist die Charakterisierung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung als unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Inhalt nach den üblichen Auslegungsregeln der Rechtswissenschaft zu bestimmen ist. Bei der Interpretation der gesetzlichen Vorschriften sind heranzuziehen:


der Wortlaut und Wortsinn der handelsrechtlichen Normen, wobei auf den allgemeinen Sprachgebrauch und die fachspezifische Terminologie zurückzugreifen ist,
die Bedeutungszusammenhänge der einzelnen Vorschriften, dh die systematische Stellung im Gesetz sowie das Verhältnis zur Einblicksforderung (Grundsatz des True and Fair View) und zu anderen Einzelregelungen,
die Entstehungsgeschichte des Gesetzes,
der Wille des Gesetzgebers, wie er in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommt,
die Prioritätsregeln, nach denen höherrangige Rechtsnormen (insbesondere die Verfassung) den für die handelsrechtliche Rechnungslegung relevanten (einfachen) Gesetzen vorgehen.

Das Problem bei der Interpretation des unbestimmten Rechtsbegriffs „Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung“ liegt darin, dass die heranzuziehenden Rechtsmaterialien zu unbestimmt sind, um damit ein eindeutiges, allgemein anerkanntes und geschlossenes System zu entwickeln. Obwohl die teleologische Auslegung des Begriffs der GoB nicht zu intersubjektiv eindeutigen Ergebnissen führt, muss deren Inhalt konkretisiert werden, um die handels- und steuerrechtliche Rechnungslegung in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorschriften gestalten zu können. Anhaltspunkte für diesen von jedem Rechtsanwender vorzunehmenden (subjektiven) Auslegungsprozess bilden sein Vorverständnis über den Inhalt der handelsrechtlichen Rechnungslegung sowie seine Wertentscheidungen hinsichtlich des Inhalts der einzelnen Rechtsquellen sowie des Verhältnisses zwischen sich widersprechenden Interpretationsquellen.

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Zur Konkretisierung des Inhalts der GoB sind zahlreiche, sehr unterschiedliche Quellen auszuwerten:


Gesetze (insbesondere Handelsgesetzbuch und Einkommensteuergesetz) und die dazugehörenden Gesetzesmaterialien einschließlich der Rechtsmaterialien zum europäischen Bilanzrecht,
aus betriebswirtschaftlichen Ansätzen abgeleitete Ziele der handels- und steuerrechtlichen Rechnungslegung,
die Ansichten und praktischen Handhabungen der rechnungslegenden Unternehmen,
die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesfinanzhofs sowie des Europäischen Gerichtshofs, sofern sie die Bilanzierung und Bewertung betreffen,
Stellungnahmen von Standes- und Berufsorganisationen, wie dem Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) und dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK),
internationale Rechnungslegungsgrundsätze, insbesondere IFRS und US-GAAP,
die vom Deutschen Standardisierungsrat (DSR) verabschiedeten Deutschen Rechnungslegungs Standards (DRS),
die Stellungnahmen weiterer an der handels- und steuerrechtlichen Rechnungslegung interessierter Personen in Fachliteratur und auf Fachtagungen.

Der Rechtsanwender hat die verschiedenen Informationsmaterialien so lange auszuwerten, bis er – zumindest aus seiner Sicht – zu einem eindeutigen Ergebnis kommt.

Die teleologische Ermittlung der GoB lässt sich durch drei Merkmale kennzeichnen:


Bei der Ableitung des Inhalts der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung handelt es sich um einen mehrstufigen Erkenntnisprozess, der neben dem Rückgriff auf rechtswissenschaftliche Prinzipien ansatzweise auch Elemente der deduktiven Methode und der induktiven Ermittlung enthält. Abb. 5: Teleologische Ermittlung der GoB [Bild vergrößern]
Bei der Konkretisierung der GoB handelt es sich um einen permanenten Auslegungsvorgang, da die aus dem Vorverständnis und aus Wertentscheidungen des Rechtsanwenders abgeleiteten Lösungen beim Auftreten von neuen bilanzierungsrelevanten Geschäftsvorgängen oder beim Zugang von neuen Informationen immer wieder überprüft werden müssen. Bei einer Veränderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen oder der Auffassung der an dem Auslegungsprozess beteiligten Personen ist es nicht ausgeschlossen, dass der Inhalt der GoB modifiziert wird.
Da jeder Rechtsanwender aufgrund seines unterschiedlichen Wissens über die relevanten Einflussfaktoren und seiner durch Wertentscheidungen beeinflussten Interpretation der Materialien den Inhalt der GoB festlegt, führt der Auslegungsprozess nicht zu einem intersubjektiv einheitlichen Ergebnis, vielmehr handelt es sich (zumindest in Teilbereichen) immer auch um eine subjektive Gesetzesinterpretation. Dies ist auch der Grund dafür, dass für zahlreiche Bilanzierungs- und Bewertungsfragen unterschiedliche Lösungen vertreten werden.

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Der Vorteil der teleologischen Ermittlung der GoB besteht darin, dass bei der Ableitung von Rechnungslegungsregeln möglichst vielfältige Aspekte berücksichtigt werden. Ihr Nachteil liegt darin, dass unterschiedliche Lösungsvorschläge über den Inhalt der GoB erarbeitet werden. Dies führt dazu, dass bei vielen Sachverhalten über die Behandlung im handels- und steuerrechtlichen Jahresabschluss unterschiedliche Auffassungen vertreten werden, ohne dass ein intersubjektiv nachprüfbarer Maßstab zur Verfügung steht, anhand dessen gemessen werden kann, welcher Lösungsvorschlag der „Richtige“ ist. Dieses Ergebnis ist zwar unbefriedigend, es lässt sich aber nicht vermeiden. Die mit der Aufstellung eines Jahresabschlusses vorgenommene Unterteilung der Gesamtlebensdauer eines Unternehmens in einzelne Teilabschnitte lässt sich niemals willkürfrei vornehmen.[1] Die einzelnen GoB schränken jedoch den Ermessensspielraum des Bilanzierenden ein. Im Steuerrecht wird durch eine noch stärkere Betonung des Objektivierungsgedankens (Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit und Tatbestandsbestimmtheit, § 38 AO) der Gestaltungsspielraum des Bilanzierenden weiter eingegrenzt. Dennoch wird auch bei einer Einschränkung des Maßgeblichkeitsprinzips häufig für einen konkreten Bilanzierungssachverhalt keine eindeutige Lösung gefunden. Durch eine stärkere Betonung des Objektivierungsgedankens lässt sich zwar im Steuerrecht der Ermessensspielraum des Bilanzierenden reduzieren, aber niemals vollständig aufheben.

Anmerkungen

[1]

Statt aller Rieger, Einführung in die Privatwirtschaftslehre, 3. Aufl., Erlangen 1984, S. 236–238.

4. Verhältnis der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung zur Einblicksforderung

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Die Einblicksforderung, die in Anlehnung an den angelsächsischen Sprachgebrauch auch als Grundsatz des True and Fair View bezeichnet wird, leitet sich aus der Aussage ab, dass der Jahresabschluss einer Kapitalgesellschaft ein den wirtschaftlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens–, Finanz- und Ertragslage zu vermitteln hat (§ 264 Abs. 2 HGB). Für Einzelunternehmen und Personengesellschaften wird gefordert, dass der Jahresabschluss einen Überblick über die Lage des Unternehmens vermitteln soll (§ 238 Abs. 1 HGB).

Weitaus gewichtiger als die rechtsformabhängigen Formulierungsunterschiede ist die Frage, in welchem Verhältnis die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung zur Einblicksforderung stehen. Der Einblick in die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens ist nach § 264 Abs. 2 HGB nur insoweit zu vermitteln, als dies „unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung“ möglich ist. Nach der allgemein vorgenommenen Auslegung dieser Vorschrift bedeutet dies, dass die konkreten gesetzlichen Einzelregelungen und die (allgemeinen) Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung der Einblicksforderung vorgehen. Folgt man dieser traditionellen Interpretation, besagt die Einblicksforderung lediglich, dass sämtliche Bilanzierungs- und Bewertungsentscheidungen im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften zu treffen sind. Bei dieser Sichtweise bildet die Einblicksforderung nicht die allgemeine Leitlinie, an der sich die Aufstellung eines Jahresabschlusses zu orientieren hat, vielmehr ist sie lediglich subsidiär anzuwenden.[1]

Durch die subsidiäre Anwendung der Einblicksforderung ist es nach deutschem Bilanzrecht nicht zulässig, die Bilanzierung und Bewertung so zu gestalten, dass sie ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens–, Finanz- und Ertragslage vermitteln, wenn dadurch gegen den Wortlaut einer bestimmten Vorschrift verstoßen wird.

Beispiel:

Die Anschaffungskosten eines unbebauten Grundstücks belaufen sich auf 500 000 €. Zwischenzeitlich ist sein Wert auf 2 000 000 € gestiegen. Der Ausweis des aktuellen Verkehrswerts von 2 000 000 € würde zwar der Einblicksforderung besser gerecht. Nach § 253 Abs. 1 S. 1 iVm § 252 Abs. 1 Nr 4 HGB bilden aber die Anschaffungskosten des Grundstücks die Wertobergrenze. Deshalb ist der Ansatz des höheren Tageswerts unzulässig.

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Nach der zurzeit vorgenommenen Interpretation der gesetzlichen Regelung wird die Bedeutung der Einblicksforderung noch weiter eingeschränkt. Wahlrechte und Ermessensspielräume müssen nicht so ausgeübt werden, dass der Jahresabschluss die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage am besten widerspiegelt. Die Unternehmen können sich vielmehr für jeden Wert innerhalb der gesetzlich zulässigen Bandbreite entscheiden. Ergebnis der herrschenden Meinung ist, dass die Einblicksforderung für die Praxis der handelsrechtlichen und der steuerrechtlichen Rechnungslegung fast keine Bedeutung hat. Es handelt sich nahezu um eine Leerformel. Durch den Vorrang der (speziellen) Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung vor der (allgemeinen) Einblicksforderung wird gegen die Informationsfunktion der externen Rechnungslegung verstoßen. Dies gilt nicht nur für die Handelsbilanz, sondern auch für die Steuerbilanz. Damit verbunden ist, dass die Zahlungsbemessungsfunktion – Ermittlung der Bemessungsgrundlage für gewinnabhängige Zahlungen (Ausschüttungen, Erfolgsbeteiligungen, Ertragsteuern) – höher gewichtet wird als die Informationsfunktion.

Im internationalen Bereich wird die Bedeutung der Einblicksforderung demgegenüber wesentlich höher gewichtet, weil entweder gefordert wird, dass Wahlrechte und Ermessensspielräume so auszuüben sind, dass die Einblicksforderung nicht verletzt wird, oder weil die Einblicksforderung als Generalnorm interpretiert wird, aus der die konkreten Bilanzierungs- und Bewertungsentscheidungen abzuleiten sind (so insbesondere nach den US-GAAP). Nach Ansicht des EuGH bildet der Grundsatz der Bilanzwahrheit und damit die Einblicksforderung bei der Auslegung der in der 4. EG-Richtlinie (heute Rechnungslegungsrichtlinie) enthaltenen Bilanzierungs- und Bewertungsregeln die wichtigste Leitlinie. Diese Aussage ist deshalb so bedeutsam, weil die 4. EG-Richtlinie die Grundlage für die im Handelsgesetzbuch enthaltenen Vorschriften zum Jahresabschluss bildet. Über die Maßgeblichkeit der Handels- für die Steuerbilanz ist die 4. EG-Richtlinie mittelbar auch für die steuerliche Gewinnermittlung bedeutsam.

Anmerkungen

[1]

Siehe hierzu auch EuGH vom 3.10.2013 (GIMLE), ECLI:EU:C:2013:632.

5. Systematik der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung

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Das Verständnis des Inhalts der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung wird dadurch erschwert, dass in der Literatur für die zahlreichen Teilprinzipien unterschiedliche Bezeichnungen verwendet werden und dass den Unterteilungen verschiedene Systematisierungsprinzipien zugrunde liegen. Dies ist eine Konsequenz daraus, dass in den mehrstufigen Prozess der Festlegung des Inhalts der GoB zahlreiche subjektive Elemente einfließen.

Trotz der vorzufindenden Formulierungsvielfalt besteht hinsichtlich der materiellen Bedeutung und Aussage der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung weitgehend Übereinstimmung.[1]

Abb. 6: Systematik der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung


Grundsatz Charakterisierung
Dokumentationsgrundsätze grundlegende Anforderungen an die dem Jahresabschluss zugrunde liegende Buchführung
Rahmengrundsätze Prinzipien, die für jede Form betriebswirtschaftlich sinnvoller Informationsvermittlung gelten
Systemgrundsätze Basisannahmen für den Jahresabschluss als spezielles Rechnungslegungsinstrument
Grundsätze der Periodisierung (insbesondere Realisationsprinzip) Grundsatz der vorsichtigen Gewinnermittlung (Vorsichtsprinzip iwS)
Konventionen zur Beschränkung von gewinnabhängigen Zahlungen (Imparitätsprinzip und Grundsatz der Bewertungsvorsicht)

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Die Dokumentationsgrundsätze formulieren die grundlegenden Anforderungen an die Buchführung. Die Rahmengrundsätze beinhalten darauf aufbauend Prinzipien, die für jede Form der betriebswirtschaftlichen Informationsvermittlung und damit auch für die handels- und steuerrechtliche Rechnungslegung erfüllt werden müssen. Die Systemgrundsätze (Konzeptionsgrundsätze) beziehen sich auf den Jahresabschluss als spezielles Instrument der Informationsvermittlung. Sie repräsentieren die Basisannahmen der externen Rechnungslegung und dienen als Klammer zwischen den Zielen der Bilanzierung und den anderen Teilgrundsätzen.

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Der Grundsatz der vorsichtigen Gewinnermittlung (Vorsichtsprinzip iwS) bildet das wichtigste Element innerhalb des Systems der GoB. Das Vorsichtsprinzip unterteilt sich in die Grundsätze der Periodisierung und die Konventionen zur Beschränkung von gewinnabhängigen Zahlungen. Zu den Periodisierungsgrundsätzen (Definitionsgrundsätze für den Jahreserfolg) gehören die allgemeinen Regeln der Gewinnermittlung. Sie legen fest, in welchem Wirtschaftsjahr ein Geschäftsvorgang ertrags- oder aufwandswirksam zu erfassen ist.

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Die Konventionen zur Beschränkung von gewinnabhängigen Zahlungen (Kapitalerhaltungsgrundsätze) ergänzen die Periodisierungsgrundsätze. Durch sie werden Regeln vorgegeben, wie Ausschüttungen und andere gewinnabhängige Zahlungen (insbesondere Gewinnbeteiligungen und Ertragsteuern) durch die Verrechnung von bestimmten Aufwendungen auf den Betrag begrenzt werden, der dem Unternehmen entzogen werden kann, ohne die Erhaltung des bilanziellen Eigenkapitals zu gefährden. Zu den Grundsätzen einer vorsichtigen Gewinnermittlung zählt auch der Grundsatz der Bewertungsvorsicht (Vorsichtsprinzip ieS). Er sieht für die Behandlung von unsicheren Sachverhalten vor, dass eher von einem für das Unternehmen ungünstigen Verlauf auszugehen ist.

 

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Hinsichtlich ihrer Aufgaben lassen sich die verschiedenen Gruppen der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung wie folgt charakterisieren: Die Dokumentationsgrundsätze, die Rahmengrundsätze und die Systemgrundsätze dienen gleichzeitig allen Aufgaben der externen Rechnungslegung, dh der Dokumentations–, Informations- und Zahlungsbemessungsfunktion. Die Periodisierungsgrundsätze stehen primär mit der Informationsfunktion (Rechenschaft) in Zusammenhang, indem sie Regeln formulieren, wie der Erfolg und das Vermögen des Unternehmens zu erfassen sind. Die Zahlungsbemessungsfunktion ist insoweit angesprochen, als durch die Periodisierungsregeln die Grundsätze formuliert werden, nach denen ein Vorgang erfolgswirksam zu erfassen ist. Bei den Konventionen zur Beschränkung von gewinnabhängigen Zahlungen steht die Zahlungsbemessungsfunktion und damit die Kapitalerhaltungsfunktion im Mittelpunkt.