Besteuerung von Unternehmen II

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Anmerkungen

[1]

Zum Investitionsabzugsbetrag siehe ausführlich Fünfter Abschnitt, Kapitel H., Rn. 626–629.

[2]

Zur Abgrenzung der beiden Begriffspaare siehe zB Quick/Wurl, Doppelte Buchführung, 4. Aufl., Wiesbaden 2017, S. 5–8; Wöhe/Kußmaul, Grundzüge der Buchführung und Bilanztechnik, 9. Aufl., München 2015, S. 14–19.

II. Weitere Methoden der Gewinnermittlung bei Einkünften aus Gewerbebetrieb

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Bei Einkünften aus Gewerbebetrieb wird unter bestimmten Voraussetzungen der Gewinn alternativ durch eine Einnahmen-Ausgabenrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG, eine (pauschalierende) Gewinnermittlung nach § 5a EStG oder durch eine Schätzung nach § 162 AO ermittelt. Der Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG sowie die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen nach § 13a EStG kommen bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb nicht zur Anwendung.[1]

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(1) Einnahmen-Ausgabenrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG: Die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG (Einnahmen-Ausgabenrechnung) ist bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb nur für die (kleineren) Gewerbetreibenden relevant, die weder handelsrechtlich noch steuerrechtlich buchführungspflichtig sind und die auch nicht freiwillig Bücher führen oder einen Jahresabschluss aufstellen.

Die Ermittlung des Überschusses der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 3 EStG erfordert weder eine laufende Buchführung noch einen Jahresabschluss (Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung), vielmehr ist eine (einfache) Auflistung der angefallenen Geschäftsvorgänge ausreichend. Der Gewinn bestimmt sich grundsätzlich anhand von Zahlungsvorgängen, dh nach dem Zufluss- und Abflussprinzip (§ 11 EStG):


Summe der (steuerpflichtigen) Betriebseinnahmen
Summe der (abziehbaren) Betriebsausgaben
= steuerpflichtiger Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG

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Die direkte Erfolgswirksamkeit von Einnahmen und Ausgaben wird bei der Ermittlung des Überschusses der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben allerdings zum Teil durchbrochen. Die wichtigsten Ausnahmen sind:


Ausgaben für den Erwerb von abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, deren Nutzung sich auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt (zB Gebäude, maschinelle Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung), wirken sich wie beim Betriebsvermögensvergleich nach § 5 EStG in Form von planmäßigen Abschreibungen gewinnmindernd aus, also nicht im Zeitpunkt der Bezahlung der Investition, sondern zeitanteilig in den Jahren, in denen das Wirtschaftsgut genutzt wird (§ 4 Abs. 3 S. 3 EStG).
Ausgaben für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens (zB Grund und Boden, Anteile an Kapitalgesellschaften, Wertpapiere) sowie für bestimmte Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens (Anteile an Kapitalgesellschaften, Wertpapiere und vergleichbare nicht verbriefte Forderungen und Rechte, Grund und Boden sowie Gebäude) dürfen erst im Zeitpunkt ihrer Veräußerung als Betriebsausgaben berücksichtigt werden (§ 4 Abs. 3 S. 4 EStG).

Aufgrund dieser und zahlreicher weiterer Durchbrechungen des Zu- und Abflussprinzips handelt es sich bei einer Einnahmen-Ausgabenrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG im Ergebnis nicht um ein eigenständiges Gewinnermittlungskonzept. Die Einnahmen-Ausgabenrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG stellt keine Cashflow-Rechnung dar, sondern einen in Teilbereichen vereinfachten (unvollständigen) Betriebsvermögensvergleich.

Die Unterschiede zwischen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG und dem Betriebsvermögensvergleich nach § 5 EStG beschränken sich auf den Zeitpunkt, zu dem Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben berücksichtigt werden. Der Totalgewinn, dh die insgesamt zu versteuernden Einkünfte, ist bei beiden Gewinnermittlungsmethoden gleich. Die Zeitdifferenzen gleichen sich spätestens bei Aufgabe oder Veräußerung des Betriebs bzw beim Wechsel zwischen diesen beiden Gewinnermittlungsmethoden aus.

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Wird der Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, ist die Einnahmen-Ausgabenrechnung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln (E-EÜR). Sofern die elektronische Übertragung für den Steuerpflichtigen mit unbilligen Härten verbunden ist, kann die Finanzbehörde auf Antrag gestatten, dass alternativ zur Steuererklärung eine Zusammenstellung der Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck „Anlage EÜR“[3] beigefügt wird (§ 60 Abs. 4 EStDV). Darüber hinaus sind bestimmte Wirtschaftsgüter in ein eigenständiges, laufend zu führendes Verzeichnis aufzunehmen (§ 4 Abs. 3 S. 5 EStG).

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(2) Gewinnermittlung nach § 5a EStG: Bei Gewerbetreibenden mit Geschäftsleitung im Inland kann der Gewinn, soweit er auf den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr entfällt, auf Antrag des Steuerpflichtigen pauschaliert berechnet werden (§ 5a EStG). Wird die Bereederung der Handelsschiffe im Inland durchgeführt, bestimmt sich der Gewinn nach der in diesem Betrieb geführten Tonnage. Der im Wirtschaftsjahr erzielte Gewinn beträgt pro Tag des Betriebs für jedes im internationalen Verkehr betriebene Handelsschiff für jeweils volle hundert Nettotonnen:


0,92 € bei einer Tonnage bis zu 1000 Nettotonnen
0,69 € für die 1000 Nettotonnen übersteigende Tonnage bis zu 10 000 Nettotonnen
0,46 € für die 10 000 Nettotonnen übersteigende Tonnage bis zu 25 000 Nettotonnen

Bei der Gewinnermittlung nach § 5a EStG handelt es sich um eine steuerliche Vergünstigung von Schifffahrtsunternehmen, die in Anlehnung an Regelungen in anderen Staaten eingeführt wurde. Diese Form der Gewinnermittlung ist also den Lenkungszwecknormen zuzuordnen. Ziel dieser Vergünstigung ist die Sicherung von Deutschland als Reedereistandort.[5]

Wird der Gewinn nach § 5a EStG ermittelt, sind die Bilanz sowie die Gewinn- und Verlustrechnung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln. Sofern die elektronische Übertragung für den Steuerpflichtigen mit unbilligen Härten verbunden ist, kann die Finanzbehörde auf Antrag gestatten, dass alternativ diese Unterlagen zusammen mit der Steuererklärung in Papierform eingereicht werden (§ 5b EStG).

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(3) Schätzung nach § 162 AO: Die Schätzung nach § 162 AO findet insbesondere dann Anwendung, wenn der Steuerpflichtige die für den Betriebsvermögensvergleich nach § 5 EStG oder die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG notwendigen Unterlagen und Nachweise nicht oder mangelhaft erstellt. Bei der Schätzung handelt es sich methodisch nicht um eine eigenständige Gewinnermittlungsmethode. Vielmehr sind bei der Schätzung jeweils die Grundsätze der Gewinnermittlungsmethode zugrunde zu legen, die der Steuerpflichtige bei ordnungsmäßiger Erfüllung seiner Rechnungslegungspflichten anzuwenden hätte. Die Besonderheit besteht darin, dass die entsprechenden Bemessungsgrundlagenteile von der Finanzbehörde geschätzt werden.

 

Eine wichtige Form der Schätzung stellen die von den Finanzbehörden festgelegten „Richtwerte“ dar, bei denen der Roh- bzw Reingewinn als bestimmter Prozentsatz des Umsatzes vorgegeben wird.[6] Insoweit handelt es sich bei der Schätzung faktisch doch um eine eigenständige Gewinnermittlungsform.

Von der Schätzung zu unterscheiden ist die Verprobung. Bei der Schätzung fehlen ordnungsmäßige Unterlagen, sodass der Gewinn erst zu bestimmen ist. Bei der Verprobung wird ein vom Steuerpflichtigen angegebener Gewinn anhand von Richtsätzen auf seine Plausibilität beurteilt.

Eine Schätzung ist auch dann möglich, wenn ein Steuerpflichtiger bei Sachverhalten, die Vorgänge mit Auslandsbezug betreffen, seine Mitwirkungspflichten verletzt (§ 162 Abs. 3, 4 iVm § 90 Abs. 3 AO). Hauptanwendungsfall für diese spezielle Form der Schätzung bildet die Prüfung der Verrechnungspreise für konzerninterne Lieferungen und Leistungen.

Anmerkungen

[1]

Eigenständige Gewinnermittlungsvorschriften gelten für Gewinne aus der Veräußerung oder Aufgabe eines Einzelunternehmens oder einer Beteiligung an einer Personengesellschaft (§ 16 Abs. 2 EStG), für Gewinne aus dem Verkauf von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die sich im Privatvermögen einer natürlichen Person befinden, die an der Kapitalgesellschaft zu mindestens 1% beteiligt ist (§ 17 Abs. 2 EStG), und für Gewinne aus dem Verkauf von privaten Kapitalanlagen (§ 20 Abs. 4 EStG).

[2]

Vgl BFH vom 8.10.1969, BStBl. 1970 II, S. 44.

[3]

Siehe hierzu BMF-Schreiben vom 9.10.2017, BStBl. 2017 I, S. 1381. Der Vordruck zur Einnahmen-Ausgabenrechnung wird auf http://www.elster.de bekanntgegeben.

[4]

Regelungen zur Vermeidung von Missbräuchen enthalten § 5a Abs. 3 EStG (Zeitpunkt und Bindungswirkung der Antragstellung) sowie § 4 Abs. 5 Nr 11 EStG (Einordnung von bestimmten Aufwendungen als nichtabziehbare Betriebsausgaben). Zu Einzelheiten siehe BMF-Schreiben vom 12.6.2002, BStBl. 2002 I, S. 614; BMF-Schreiben vom 31.10.2008, BStBl. 2008 I, S. 956; BMF-Schreiben vom 10.9.2013, BStBl. 2013 I, S. 1152.

[5]

Vgl BMF, 24. Subventionsbericht, Berlin 2013, S. 228. Die Steuervergünstigung wird noch dadurch verstärkt, dass Schifffahrtsunternehmen unter bestimmten Voraussetzungen 40% der abzuführenden Lohnsteuer einbehalten können (§ 41a Abs. 4 EStG).

[6]

Zu Einzelheiten siehe BMF-Schreiben vom 8.6.2017, BStBl. 2017 I, S. 801.

III. Gewinnermittlungszeitraum

27

Aufgrund des bei den Ertragsteuern geltenden Abschnittsprinzips sind für die Höhe der Einkünfte die innerhalb eines bestimmten Zeitraums angefallenen Geschäftsvorgänge relevant. Bei Einkünften aus Gewerbebetrieb ist der Gewinn nach dem Wirtschaftsjahr zu ermitteln (§ 4a Abs. 1 EStG). Bei Gewerbetreibenden deckt sich das Wirtschaftsjahr grundsätzlich mit dem Kalenderjahr. Weicht bei Gewerbebetrieben, die im Handelsregister eingetragen sind, der für die Erstellung des handelsrechtlichen Jahresabschlusses zugrunde gelegte Zeitraum vom Kalenderjahr ab, kann dieses abweichende Geschäftsjahr steuerlich als Wirtschaftsjahr übernommen werden.[1]

Bei den Ertragsteuern entspricht der Veranlagungszeitraum dem Kalenderjahr (§ 2 Abs. 7 EStG, § 7 Abs. 3 KStG, § 14 GewStG). Im Regelfall stimmen also sowohl der Gewinnermittlungszeitraum als auch der Veranlagungszeitraum mit dem Kalenderjahr überein. Gewerbetreibende mit einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr erfassen den Gewinn in dem Veranlagungszeitraum, in dem das Wirtschaftsjahr endet (§ 4a Abs. 2 EStG, § 7 Abs. 4 KStG, § 10 Abs. 2 GewStG).

Beispiel:

Erstreckt sich bei einem Gewerbetreibenden das Wirtschaftsjahr vom 1.5. bis zum 30.4., hat er den Gewinn aus dem Zeitraum 1.5.01 bis 30.4.02 in voller Höhe im Jahr 02 zu versteuern.

Die Umstellung eines Wirtschaftsjahres auf einen vom Kalenderjahr abweichenden Zeitraum ist nur wirksam, wenn sie im Einvernehmen mit dem Finanzamt vorgenommen wird (§ 4a Abs. 1 Nr 2 S. 2 EStG).

Anmerkungen

[1]

Im Handelsrecht wird von „Geschäftsjahr“ gesprochen. Im Steuerrecht wird der Begriff „Wirtschaftsjahr“ verwendet.

Erster Teil Steuerliche Gewinnermittlung › Erster Abschnitt Konzeption der Steuerbilanz › C. Maßgeblichkeitsprinzip als Bindeglied zwischen der Handelsbilanz und der steuerlichen Rechnungslegung

C. Maßgeblichkeitsprinzip als Bindeglied zwischen der Handelsbilanz und der steuerlichen Rechnungslegung

I. Begründungen für das Maßgeblichkeitsprinzip

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Ein wesentliches Merkmal der Gewinnermittlung durch einen Betriebsvermögensvergleich nach § 5 EStG ist, dass über das Maßgeblichkeitsprinzip die handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) in das Ertragsteuerrecht übertragen werden. Die GoB bilden nicht nur die Grundlage für die handelsrechtliche Rechnungslegung, sondern gleichzeitig den Rahmen für die Ermittlung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die in der Handelsbilanz getroffenen Bilanzierungs- und Bewertungsentscheidungen gelten prinzipiell auch für die Steuerbilanz. Die grundsätzliche Übereinstimmung zwischen der Handelsbilanz und der Steuerbilanz führt zu einer Reduzierung der Arbeitsbelastung, da mit der Erfüllung der handelsrechtlichen Rechnungslegungsverpflichtungen gleichzeitig die steuerrechtlichen Buchführungspflichten erfüllt sind.

Bei Einführung einer allgemeinen Einkommensteuer zum Ende des 19. Jahrhunderts bestanden noch keine konkreten Vorstellungen, wie der steuerliche Gewinn zu ermitteln ist.[1] Die Anknüpfung an die handelsrechtliche Rechnungslegung beruht auf der Idee, dass ein Gewinn, den der Kaufmann als ausschüttungsfähig ansieht, auch als Grundlage für die Besteuerung herangezogen werden kann. Über das Maßgeblichkeitsprinzip wird der Staat als gleichberechtigter (stiller) Teilhaber angesehen, dessen Recht auf Beteiligung am Gewinn des Unternehmens über die Ertragsteuern auf die gleiche Stufe gestellt wird wie die Ausschüttungsansprüche der Anteilseigner. Dieser Zusammenhang wird als Teilhabergedanke bezeichnet.[2]

Als weiteres Argument zugunsten des Maßgeblichkeitsprinzips wird angeführt, dass durch die Anknüpfung der steuerlichen Gewinnermittlung an die handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung die für die Ermittlung der ertragsteuerlichen Bemessungsgrundlage geltenden Regeln weitgehend vorgegeben sind, sodass die Steuerpflichtigen vor einer „extensiven“ Erhöhung der steuerlichen Bemessungsgrundlage geschützt sind.[3]

29

Bei den Argumenten zugunsten des Maßgeblichkeitsprinzips wird in erster Linie auf die Zahlungsbemessungsfunktion (Kapitalerhaltungsfunktion) der Handelsbilanz abgestellt, dh darauf, dass die handelsrechtliche Rechnungslegung sowie die steuerrechtliche Gewinnermittlung die Grundlage für gewinnabhängige Zahlungen bilden. Der in der Handelsbilanz ermittelte Gewinn bildet die Basis zur Ermittlung der Gewinnausschüttungen an die Anteilseigner sowie anderer gewinnabhängiger Zahlungen, wie die Gewinnbeteiligungen der Geschäftsleiter, Arbeitnehmer oder stillen Gesellschafter. Der steuerbilanzielle Gewinn stellt die Ausgangsgröße zur Ermittlung der Einkommen- bzw Körperschaftsteuer sowie der Gewerbesteuer dar.

Während der Teilhabergedanke davon ausgeht, dass der primäre Zweck einer Handelsbilanz in der Zahlungsbemessungsfunktion zu sehen ist, wird in der handelsrechtlichen Rechnungslegung in den letzten Jahren die Informationsfunktion immer stärker betont. Damit kann es zu einem Zielkonflikt kommen, der sich stark vereinfacht wie folgt beschreiben lässt: Die Zahlungsbemessungsfunktion beruht auf der im abgelaufenen Geschäftsjahr erwirtschafteten Vermögensmehrung, während nach der Informationsfunktion eher Angaben über die zukünftige Entwicklung des Unternehmens benötigt werden.

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Das Maßgeblichkeitsprinzip knüpft an den handelsrechtlichen Einzelabschluss an, der nach den im HGB vorgegebenen Regeln aufgestellt wird. Unter dem Begriff „Handelsbilanz“ wird in diesem Buch der HGB-Einzelabschluss verstanden.

Für die Steuerbilanz nicht maßgeblich sind:


Konzernabschluss nach HGB
Einzelabschluss nach IFRS
Konzernabschluss nach IFRS.

Abb. 2:

Zusammenhang zwischen der Steuerbilanz und der handelsrechtlichen Rechnungslegung


[Bild vergrößern]

Beim (handelsrechtlichen) Konzernabschluss handelt es sich um ein Informationsinstrument, mit dem rechtlich keine Zahlungsverpflichtungen verbunden sind. Dies gilt nicht nur gesellschaftsrechtlich, sondern auch für die Besteuerung. Die Besteuerung knüpft über das Maßgeblichkeitsprinzip an den HGB-Einzelabschluss des jeweiligen Steuerpflichtigen an. Eine Konzernsteuerbilanz wird nicht aufgestellt. Die Bildung von Konzernen wird ertragsteuerlich durch die (körperschaft- und gewerbesteuerliche) Organschaft (§ 14 – § 19 KStG, § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG) berücksichtigt. Kennzeichen einer Organschaft ist, dass im ersten Schritt die beteiligten Unternehmen ihren Gewinn so ermitteln, als ob keine Organschaft bestehen würde, und im zweiten Schritt die getrennt ermittelten Bemessungsgrundlagen auf Ebene des Mutterunternehmens addiert werden. Im Gegensatz zum Handelsrecht findet ertragsteuerlich keine Konsolidierung statt, dh konzerninterne Geschäftsvorgänge werden für Zwecke der Besteuerung nicht heraus gerechnet, sondern in gleicher Weise behandelt wie Geschäftsbeziehungen mit Außenstehenden.[4]

Die Internationalisierung der Kapitalmärkte hat gezeigt, dass die Marktteilnehmer internationalen Rechnungslegungsregeln (insbesondere den IFRS) eine höhere Aussagekraft hinsichtlich der Einschätzung der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung eines Unternehmens beimessen als einem Jahresabschluss, der nach dem deutschen Handelsgesetzbuch aufgestellt wird. Bei einem nach den IFRS aufgestellten Einzel- oder Konzernabschluss wird ausschließlich auf die Informationsfunktion abgestellt. In § 5 Abs. 1 S. 1 EStG wird ausdrücklich an die handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und damit an das deutsche HGB angeknüpft. Der Einzelabschluss nach IFRS sowie der Konzernabschluss nach IFRS sind deshalb für die Steuerbilanz nicht (direkt) maßgebend. Die IFRS sind aber für die steuerliche Gewinnermittlung insoweit relevant, als diese internationalen Rechnungslegungsregeln die für den HGB-Einzelabschluss relevanten Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften beeinflussen. Soweit die IFRS zu einer Änderung des HGB durch den deutschen Gesetzgeber oder zu einer geänderten Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs „Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung“ führen, wirken sich die IFRS mittelbar doch auf die steuerliche Gewinnermittlung aus. In dem Umfang, in dem die IFRS die für die Aufstellung einer Handelsbilanz relevanten Regeln beeinflussen, verstärkt sich der Zielkonflikt zwischen den beiden Bilanzzwecken Zahlungsbemessungsfunktion und Informationsfunktion.

 

Anmerkungen

[1]

Zur Entwicklung des Maßgeblichkeitsprinzips siehe Velte, Ubg 2015, S. 265.

[2]

Vgl Döllerer, BB 1971, S. 1333; Moxter, BB 1997, S. 195. Siehe auch die Stellungnahme des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags zum Bilanzrichtlinie-Gesetz in Bundestag-Drucksache 10/4268, S. 146. Zur Kritik des Teilhabergedankens siehe zB Wagner, BB 2002, S. 1885: Beim Teilhabergedanken wird auf das Unternehmen als solches abgestellt. Bezieht man auch die Anteilseigner mit ein, geht es nicht um die Gleichbehandlung von Anteilseignern und Staat, sondern um das Verhältnis zwischen Investitionen in ein Unternehmen oder einer anderweitigen Verwendung der finanziellen Mittel (zB Erwerb von festverzinslichen Wertpapieren).

[3]

Vgl Mellwig, BFuP 1989, S. 163.

[4]

Zur körperschaftsteuerlichen- und gewerbesteuerlichen Organschaft siehe Band I, Rn. 828 ff. sowie Müller/Stöcker/Lieber, Die Organschaft, 10. Aufl., Herne 2017, S. 8–263; Schumacher, Die Organschaft im Steuerrecht, 3. Aufl., Berlin 2016, S. 25–237.