Besteuerung von Unternehmen II

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Anmerkungen

[1]

Vgl Schneider, Investition, Finanzierung und Besteuerung, 7. Aufl., Wiesbaden 1992, S. 173; Schneider, Steuerlast und Steuerwirkung, München/Wien 2002, S. 24–30, S. 79–88; Wagner, StuW 2005, S. 97.

[2]

Vgl Wagner, FA 1986, S. 32; Wagner, DB 1991, S. 5.

Erster Teil Steuerliche Gewinnermittlung › Erster Abschnitt Konzeption der Steuerbilanz › B. Methoden der Gewinnermittlung bei Einkünften aus Gewerbebetrieb

B. Methoden der Gewinnermittlung bei Einkünften aus Gewerbebetrieb

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Im ersten Schritt wird das Konzept der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach § 5 EStG vorgestellt. Die Gewinnermittlung durch eine Steuerbilanz setzt voraus, dass eine steuerliche Buchführungspflicht besteht. Im zweiten Schritt werden die Grundzüge der weiteren, bei Gewerbetreibenden möglichen Gewinnermittlungsmethoden (Einnahmen-Ausgabenrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG, Gewinnermittlung bei Handelsschiffen im internationalen Verkehr nach § 5a EStG sowie Schätzung des Gewinns nach § 162 AO) beschrieben.[1] Aufgrund des Prinzips der Abschnittsbesteuerung ist im dritten Schritt der Zeitraum festzulegen, für den die Gewinnermittlung durchzuführen ist (§ 4a EStG).

Anmerkungen

[1]

Zu den bei den anderen Einkunftsarten geltenden Einkunftsermittlungsmethoden und deren Anwendungsbereich siehe Band I, Rn. 162 ff.

I. Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach § 5 EStG (Steuerbilanz)

1. Anwendungsbereich der Steuerbilanz: steuerliche Buchführungspflicht

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Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind im Regelfall durch einen Betriebsvermögensvergleich nach § 5 EStG zu ermitteln. Diese Gewinnermittlungsmethode baut auf der Finanzbuchhaltung auf. Sie ist bei Gewerbetreibenden in folgenden Fällen anzuwenden:

Derivative steuerliche Buchführungspflicht. Wer nach handelsrechtlichen Vorschriften verpflichtet ist, Bücher zu führen, hat diese Verpflichtung auch für die Besteuerung zu erfüllen (§ 140 AO). Nach § 238 HGB ist buchführungspflichtig, wer Kaufmann ist. Einzelunternehmen und Personengesellschaften (OHG, KG) sind Kaufmann, wenn sie ein Handelsgewerbe betreiben, dh wenn sie einen Gewerbebetrieb unterhalten, und wenn der Umfang der Aktivitäten so umfangreich ist, dass ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb erforderlich ist (§ 1 – § 6, § 238 HGB). Kapitalgesellschaften sind aufgrund ihrer Rechtsform generell Kaufmann. Damit sind GmbH, UG, AG, SE und KGaA unabhängig von der Art ihrer Geschäftstätigkeit handels- und steuerrechtlich buchführungspflichtig (§ 13 Abs. 3 GmbHG, § 3 Abs. 1 AktG iVm § 6 Abs. 1 HGB).

Einzelkaufleute sind ausnahmsweise nicht buchführungspflichtig, wenn sie an den Abschlussstichtagen von zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren Umsatzerlöse von nicht mehr als 600 000 € erzielen und ihr Jahresüberschuss 60 000 € nicht übersteigt (§ 241a HGB).[1]

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Originäre steuerliche Buchführungspflicht. Einzelunternehmen oder Personengesellschaften (GdbR), die nach Art und Umfang ihrer Tätigkeit keinen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb benötigen, sind nicht Kaufmann. Sie sind deshalb nach dem HGB nicht buchführungspflichtig. Handelsrechtlich nicht buchführungspflichtig sind auch die Einzelkaufleute, die die in § 241a HGB kodifizierten Umsatz- und Gewinngrenzen nicht überschreiten. Für diese Gewerbetreibenden besteht eine eigenständige steuerliche Buchführungspflicht, sofern sie im Wirtschaftsjahr[2] einen Umsatz von mehr als 600 000 € oder einen Gewinn von mehr als 60 000 € erzielen (§ 141 Abs. 1 AO).

Die originäre steuerliche Buchführungspflicht ist vom Beginn des Wirtschaftsjahres an zu erfüllen, das auf die Bekanntgabe der Mitteilung folgt, durch die die Finanzbehörde auf die Buchführungspflicht hingewiesen hat. Die Buchführungspflicht endet mit Ablauf des Wirtschaftsjahres, das auf das Wirtschaftsjahr folgt, in dem die Finanzbehörde feststellt, dass die Voraussetzungen für die eigenständige steuerliche Buchführungspflicht nicht mehr bestehen (§ 141 Abs. 2 AO).

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Freiwillige Buchführung. Eine Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach § 5 EStG ist auch dann vorzunehmen, wenn ein Gewerbetreibender freiwillig Bücher führt und einen Jahresabschluss aufstellt. Dieser Fall kommt ausnahmsweise zur Anwendung, wenn ein Steuerpflichtiger Einkünfte aus Gewerbebetrieb bezieht, aber weder ein kaufmännisches Gewerbe betreibt noch die Grenzen für die originäre steuerliche Buchführungspflicht erreicht.

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– Der Vergleich der Buchführungspflicht nach dem HGB bzw nach der AO zeigt, dass bei Einzelunternehmen zwischen handels- und steuerrechtlicher Buchführungspflicht grundsätzlich Übereinstimmung besteht: Größere Einzelunternehmen sind sowohl handels- als auch steuerrechtlich buchführungspflichtig (§ 140 AO). Die Ausnahmen für kleinere Unternehmen sind weitgehend deckungsgleich (§ 241a HGB bzw § 141 AO). Abweichungen treten nur auf, soweit der handelsrechtliche Jahresüberschuss und der nach steuerrechtlichen Regeln ermittelte Gewinn bzw die Umsatzerlöse nach Handelsrecht und die Umsätze im steuerrechtlichen Sinne auseinander fallen.[3]

Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG) und Kapitalgesellschaften sind generell sowohl nach Handelsrecht als auch nach Steuerrecht buchführungspflichtig (§ 238 HGB bzw § 140 AO). Personengesellschaften, die nicht Kaufmann sind (insbesondere GdbR), sind zwar handelsrechtlich nicht zur Einrichtung einer Buchführung verpflichtet, allerdings tritt bei Überschreiten der Umsatz- oder Gewinngrenze eine originäre steuerliche Buchführungspflicht ein (§ 141 AO).

Abb. 1: Handels- und steuerrechtliche Buchführungspflicht


Rechtsform handelsrechtliche Buchführungspflicht steuerrechtliche Buchführungspflicht
Einzelunternehmen
• Kaufmann • Grundsatz: jaBesonderheit nach § 241a HGB: nein, wenn Umsatz ≤ 600 000 € und Jahresüberschuss ≤ 60 000 € • Grundsatz: ja (§ 140 AO) Besonderheit nach § 241a HGB: nein, Ausnahme: ja, wenn Umsatz > 600 000 € oder Gewinn > 60 000 € (§ 141 AO)
• kein Kaufmann • nein • Grundsatz: neinAusnahme: ja, wenn Umsatz > 600 000 € oder Gewinn > 60 000 € (§ 141 AO)
Personengesellschaften
• Kaufmann (OHG, KG) • ja (keine Ausnahme nach § 241a HGB) • ja (§ 140 AO)
• kein Kaufmann (insbesondere GdbR) • nein • Grundsatz: neinAusnahme: ja, wenn Umsatz > 600 000 € oder Gewinn > 60 000 € (§ 141 AO)
Kapitalgesellschaften (GmbH, UG, AG, SE, KGaA) • ja (keine Ausnahme nach § 241a HGB) • ja (§ 140 AO)

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Der Inhalt der Bilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung sind dem Finanzamt nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln (E-Bilanz, § 5b Abs. 1 EStG).[4] Die Verpflichtung zur elektronischen Datenübermittlung betrifft alle Unternehmen, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 1, § 5 oder § 5a EStG ermitteln.

Mit der elektronischen Übermittlung von Rechnungslegungsdaten wird zum einen ein vereinfachter Informationsaustausch zwischen den Steuerpflichtigen und den Finanzbehörden angestrebt. Zum anderen wird die E-Bilanz von der Finanzverwaltung dazu genutzt, mittelfristig ein Risikomanagementsystem aufzubauen. Durch Plausibilitätsprüfungen und Mehrjahresvergleiche soll es der Finanzverwaltung erleichtert werden, prüfungswürdige Veranlagungen zu erkennen. Durch Identifizierung der nicht prüfungswürdigen Veranlagungen soll die Zahl der Außenprüfungen reduziert werden. Darüber hinaus ist vorgesehen, bei den Fällen, bei denen eine Außenprüfung erforderlich erscheint, diese zeitnäher durchzuführen. Die E-Bilanz stellt insoweit ein Instrument zur Erhöhung der Effizienz des Besteuerungsverfahrens dar.[5]

Der Steuerpflichtige kann bei der elektronischen Übermittlung zwischen zwei Alternativen wählen:


Übermittlung einer handelsrechtlichen Bilanz sowie einer handelsrechtlichen Gewinn- und Verlustrechnung unter Anpassung der Positionen der handelsrechtlichen Rechnungslegung, die mit den steuerlichen Vorschriften nicht vereinbar sind (Überleitungsrechnung).
Übermittlung einer den steuerlichen Vorschriften entsprechenden Bilanz (Steuerbilanz) und einer handelsrechtlichen Gewinn- und Verlustrechnung. Eine steuerliche Gewinn- und Verlustrechnung muss nicht aufgestellt werden.

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Die elektronische Übermittlung erfolgt technisch im XBRL-Format (eXtensible Business Reporting Language).[6] Dabei handelt es sich um ein standardisiertes Format für die Erstellung, den Austausch und den Vergleich von Unternehmensdaten auf elektronischem Weg. Die Berichtbestandteile des § 5b EStG sind nach amtlich vorgeschriebenen Datensätzen (Taxonomien) an das Finanzamt zu übermitteln. Grundsätzlich sind die Inhalte der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung nach der Kerntaxonomie zu übermitteln.[7] Zwar gelten die Positionen der Kerntaxonomie für alle Unternehmen. Allerdings sind im Einzelfall nur die Positionen zu befüllen, zu denen tatsächlich Geschäftsvorfälle vorliegen. Für bestimmte Wirtschaftszweige gibt es Branchentaxonomien, die sich in Ergänzungs- und Spezialtaxonomien unterteilen. Spezialtaxonomien sind eigenständige Taxonomien für Banken und Versicherungen. Ergänzungstaxonomien gelten für die Wohnungswirtschaft, Verkehrsunternehmen, die Land- und Forstwirtschaft, Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen und kommunale Eigenbetriebe.

Obwohl sich die Taxonomien an den handelsrechtlichen Vorgaben zur Gliederung der Bilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung orientieren, ergibt sich durch die E-Bilanz eine erhebliche Ausweitung der an das Finanzamt zu übermittelnden Daten. Der hohe Detaillierungsgrad der Taxonomien führt dazu, dass viele bilanzierende Unternehmen ihre Finanzbuchhaltung (Kontenpläne, Kontierungsregeln) und IT-Systeme entsprechend ausführlich gestalten müssen.

Wenn die elektronische Übermittlung für den Steuerpflichtigen mit unbilligen Härten verbunden ist, kann das Finanzamt auf Antrag gestatten, dass alternativ die Handelsbilanz mit Überleitungsrechnung bzw die Steuerbilanz der Steuererklärung in Papierform beigefügt wird (§ 5b Abs. 2 EStG iVm § 60 Abs. 1, 2 EStDV). Liegen ein Anhang, ein Lagebericht oder ein Prüfungsbericht vor, so sind sie gleichfalls beim Finanzamt einzureichen (§ 60 Abs. 3 EStDV). Diese Verpflichtung besteht unabhängig von der elektronischen Übermittlung der Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung.

Anmerkungen

[1]

Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG) sind demgegenüber handelsrechtlich generell buchführungspflichtig, wenn sie ein Handelsgewerbe betreiben und wenn ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb erforderlich ist. Die Begründung für die generelle Buchführungspflicht von Personenhandelsgesellschaften liegt darin, dass im Gesellschaftsrecht in vielen Bereichen an das (handelsrechtliche) Kapitalkonto angeknüpft wird. Im Innenverhältnis orientieren sich insbesondere die Gewinnverteilung, die Entnahmerechte sowie die Stimmrechte am Stand des Kapitalkontos. Bei Kommanditisten werden Gewinnanteile nur solange dem Kapitalkonto gutgeschrieben, bis die Einlage erreicht ist. Der Umfang der Verlustzuweisung ist auf das Kapitalkonto begrenzt. Im Außenverhältnis sind insbesondere die Kapitalerhaltung (Entnahmerechte) sowie die Haftung relevant (die Haftung des Kommanditisten ist nur dann auf die Kapitaleinlage begrenzt, wenn die Hafteinlage erbracht ist und wenn die Hafteinlage nicht zurückbezahlt wurde).

[2]

Im Handelsrecht wird von „Geschäftsjahr“ gesprochen. Im Steuerrecht wird der Begriff „Wirtschaftsjahr“ verwendet.

[3]

Da das Geschäftsjahr bei kleinen Unternehmen zumeist mit dem Kalenderjahr überstimmt, ergeben sich daraus, dass nach § 241a HGB die beiden Grenzwerte für das Geschäftsjahr und nach § 141 AO für das Kalenderjahr berechnet werden, regelmäßig keine Unterschiede. Zu den Auswirkungen des § 241a HGB siehe Grefe, SteuerStud 2010, S. 585; Kußmaul/Meyering, DB 2008, S. 1445; Richter, FR 2009, S. 804 (jeweils mit den früher geltenden niedrigeren Grenzwerten von 500 000 € bzw 50 000 €).

[4]

§ 5b EStG wird zwar den Gewinnermittlungsvorschriften zugeordnet. Materiell handelt es sich allerdings um eine Verfahrensvorschrift.

[5]

Zur E-Bilanz siehe BMF-Schreiben vom 28.9.2011, BStBl. 2011 I, S. 855; http://www.esteuer.de/#schnittstellen sowie Costa/Treybal, BBK Sonderausgabe 09/2012; Geberth/Burlein, DStR 2011, S. 2013; Herrfurth, StuB 2011, S. 779; Herrfurth, StuB 2012, S. 672; Herzig/Briesemeister/Schäperclaus, DB 2010, Beilage 5; Herzig/Briesemeister/Schäperclaus, DB 2011, S. 2509; Kußmaul/Ollinger/Weiler, StuW 2012, S. 131; Rust/Hülshoff/Kolbe, BB 2011, S. 747; Schiffers, DStZ 2012, S. 36; Wenk/Jagosch/Straßer, DStR 2011, S. 586.

[6]

Vgl BMF-Schreiben vom 28.9.2011, BStBl. 2011 I, S. 855, Tz. 8.

[7]

Die Taxonomien können unter http://www.esteuer.de abgerufen werden. Sie werden regelmäßig auf notwendige Aktualisierungen geprüft und gegebenenfalls um Branchentaxonomien erweitert. Grundsätzlich sind die Taxonomien nur für ein Wirtschaftsjahr zu verwenden. Nur sofern keine Aktualisierung erfolgt, ist die zuletzt veröffentliche Taxonomie für das Folgejahr zu verwenden, vgl BMF-Schreiben vom 28.9.2011, BStBl. 2011 I, S. 855, Tz. 28–29; BMF-Schreiben vom 5.6.2012, BStBl. 2012 I, S. 598.

2. Gewinnbegriff der Steuerbilanz

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Beim Betriebsvermögensvergleich nach § 5 EStG gilt als steuerpflichtiger Gewinn die Vermehrung des Betriebsvermögens (des bilanziellen Eigenkapitals, des Reinvermögens), soweit sie auf betriebliche Vorgänge zurückzuführen ist und soweit keine Steuerbefreiung gilt oder die Abziehbarkeit von Ausgaben versagt wird (§ 4 Abs. 1 S. 1 iVm § 5 EStG). Das Betriebsvermögen ergibt sich als Saldo zwischen den auf der Aktivseite der Steuerbilanz angesetzten (aktiven) Wirtschaftsgütern und den passivierten (negativen) Wirtschaftsgütern:


Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres
Betriebsvermögen zu Beginn des Wirtschaftsjahres
(= Betriebsvermögen am Schluss des vorangehenden Wirtschaftsjahres)
= Veränderung des Eigenkapitals
+ Entnahmen bzw offene Gewinnausschüttungen, verdeckte Gewinnausschüttungen,
Kapitalrückzahlungen
Einlagen bzw Kapitalerhöhungen, sonstige Gesellschaftereinlagen, verdeckte Einlagen
= Gewinn des Wirtschaftsjahres (§ 4 Abs. 1 EStG)
steuerfreie Betriebseinnahmen
+ nichtabziehbare Betriebsausgaben
± Investitionsabzugsbetrag nach § 7g Abs. 1–4 EStG
= steuerpflichtiger Gewinn

Im ersten Block wird die Veränderung des bilanziellen Reinvermögens ermittelt. Das Abstellen auf das Eigenkapital und nicht auf das Bruttovermögen folgt aus dem Nettoprinzip, das eines der wichtigsten Prinzipien für die Ertragsteuern ist. Die Korrektur durch Entnahmen und Einlagen (Einzelunternehmen, Personengesellschaften) bzw durch Gewinnausschüttungen und die Veränderungen des Nennkapitals sowie die Veränderungen der Kapitalrücklagen (Kapitalgesellschaften) im zweiten Block dient dazu, den privaten bzw gesellschaftsrechtlichen Bereich von den betrieblich veranlassten Geschäftsvorfällen zu trennen. Damit wird ein weiteres Kennzeichen des Fiskalzwecks bei den Ertragsteuern umgesetzt: der Grundsatz der Trennung von Einkommenserzielung und Einkommensverwendung. Besteuert wird das im abgelaufenen Jahr erzielte Einkommen. Die Art der Verwendung des am Markt erwirtschafteten Einkommens darf die ertragsteuerliche Bemessungsgrundlage nicht beeinflussen. Die Höhe der Ertragsteuern soll unabhängig davon sein, ob das erzielte Einkommen konsumiert, investiert oder gespart wird.

 

Im dritten Block wird berücksichtigt, in welchem Umfang die der betrieblichen Sphäre zuzurechnenden Vermögensmehrungen und Vermögensminderungen Einfluss auf den steuerpflichtigen Teil des Gewinns haben, m.a.W. ob für die Betriebseinnahmen eine Steuerbefreiung gilt bzw welche Betriebsausgaben von der ertragsteuerlichen Bemessungsgrundlage nichtabziehbar sind. Der Investitionsabzugsbetrag ist dadurch gekennzeichnet, dass bereits vor dem Erwerb eines Wirtschaftsguts ein außerbilanzieller Abzug in Höhe von 40% der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten vorgenommen wird, der den zu versteuernden Gewinn mindert. Bei Zugang des Wirtschaftsguts werden die Anschaffungs- oder Herstellungskosten um 40% gewinnmindernd herabgesetzt und der Investitionsabzugsbetrag außerbilanziell gewinnerhöhend hinzugerechnet. Durch den Investitionsabzugsbetrag werden die Abschreibungen eines Wirtschaftsguts zum Teil bereits vor dessen Erwerb gewinnmindernd verrechnet (Steuerstundungseffekt durch Aufwandsvorverlagerung, § 7g Abs. 1–4 EStG).[1]

Beispiel:

Das Betriebsvermögen des Einzelunternehmers T beträgt zu Beginn des Wirtschaftsjahres 120 000 €. Am Ende des Wirtschaftsjahres weist er in seiner Steuerbilanz ein Eigenkapital von 180 000 € aus. Im Laufe des Wirtschaftsjahres legt er ein Fahrzeug im Wert von 12 000 € ein und entnimmt Waren mit einem Wert von 15 000 €. T erhält eine (steuerfreie) Investitionszulage in Höhe von 2000 €. Von den Betriebsausgaben des T gelten 5000 € als nichtabziehbar. Zusätzlich nimmt der Einzelunternehmer einen Investitionsabzugsbetrag in Höhe von 30 000 € in Anspruch.

T hat Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 36 000 € zu versteuern:


Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres 180 000 €
Betriebsvermögen zu Beginn des Wirtschaftsjahres – 120 000 €
= Veränderung des Betriebsvermögens im abgelaufenen Wirtschaftsjahr 60 000 €
+ Wert der Entnahmen 15 000 €
Wert der Einlagen – 12 000 €
= Gewinn des Wirtschaftsjahres (§ 4 Abs. 1 EStG) 63 000 €
steuerfreie Betriebseinnahmen – 2 000 €
+ nichtabziehbare Betriebsausgaben 5 000 €
Investitionsabzugsbetrag – 30 000 €
= steuerpflichtiger Gewinn des Wirtschaftsjahres 36 000 €

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Beim Betriebsvermögensvergleich nach § 5 EStG ist der Gewinn auf der Grundlage einer Buchführung zu ermitteln, die am Ende des Wirtschaftsjahres zu einer Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung zusammengefasst wird (doppelte Buchführung).

Die Gewinndefinition des § 4 Abs. 1 S. 1 EStG geht von der Bilanz aus. Da das Eigenkapitalkonto mit der Gewinn- und Verlustrechnung und dem Privatkonto zwei Unterkonten hat, lässt sich im System der doppelten Buchführung der Gewinn auch mit der Gewinn- und Verlustrechnung ermitteln:


Gewinn- und Verlustrechnung Erträge – Aufwendungen = Gewinn als Saldo der GuV Veränderungen des Eigenkapitals, die betrieblich veranlasst sind (= Gewinn)
Privatkonto Einlagen – Entnahmen = Saldo des Privatkontos + Veränderungen des Eigenkapitals, die privat veranlasst sind
= Veränderung des Eigenkapitals (insgesamt)

Eingesetzt in die Berechnungsformel des § 4 Abs. 1 EStG ergibt sich


Veränderung des Eigenkapitals
Saldo des Privatkontos (= Einlagen – Entnahmen)
= Saldo der Gewinn- und Verlustrechnung (= Erträge – Aufwendungen)
(= Gewinn des Wirtschaftsjahres, § 4 Abs. 1 EStG)

Die steuerfreien Betriebseinnahmen, die nichtabziehbaren Betriebsausgaben und der Investitionsabzugsbetrag werden außerhalb der Buchführung korrigiert. Durch diese außerbilanziellen Korrekturen wird der in der Buchhaltung berechnete Gewinn des Wirtschaftsjahres in den steuerpflichtigen Gewinn überführt.

20

Beim Betriebsvermögensvergleich nach § 5 EStG ist das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist. Das in der Steuerbilanz enthaltene Betriebsvermögen wird also aus der Handelsbilanz abgeleitet. Das in § 5 Abs. 1 S. 1 EStG kodifizierte Maßgeblichkeitsprinzip führt dazu, dass die in der Handelsbilanz geltenden Bilanzierungs- und Bewertungsregeln auch für die Ermittlung des steuerpflichtigen Gewinns heranzuziehen sind, sofern dem nicht eine verbindliche steuerliche Bestimmung entgegensteht oder durch Ausübung eines steuerlichen Wahlrechts ein anderer Ansatz gewählt wird.

Durch diese Verknüpfungen zwischen der Handelsbilanz und der Steuerbilanz bestimmt sich auch der Zeitpunkt, zu dem sich ein Geschäftsvorfall erfolgswirksam auswirkt, nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung. Insbesondere aufgrund des Realisations- und Imparitätsprinzips sind Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben nicht mit dem Begriffspaar „Einzahlungen und Auszahlungen“ gleichzusetzen, sondern mit den beiden Rechenelementen „Erträge und Aufwendungen“ (= periodisierte Zahlungen, § 252 Abs. 1 Nr 4, 5 HGB).[2]

Die am Ende eines Wirtschaftsjahres in regelmäßigen Abständen (grundsätzlich ein Kalenderjahr) aufgestellte Erklärungsbilanz wird als ordentliche Steuerbilanz bezeichnet. Von einer außerordentlichen Steuerbilanz spricht man, wenn aus Anlass eines aperiodischen Geschäftsvorfalls für steuerliche Zwecke eine Bilanz aufzustellen ist. Beispiele hierfür sind Gründungs–, Währungsumstellungs–, Umwandlungs–, Liquidations- oder Betriebsaufgabesteuerbilanzen sowie Anfangs- bzw Schlusssteuerbilanzen bei Änderung der Steuerpflicht oder beim Wechsel der Gewinnermittlungsmethode. Im Gegensatz zu den ordentlichen Steuerbilanzen, die ein Wirtschaftsjahr als Bilanzierungszeitraum umfassen, beziehen sich die außerordentlichen Steuerbilanzen auf einen vom jeweiligen Bilanzierungszweck abhängigen Stichtag.