Besteuerung von Unternehmen II

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Anmerkungen

[1]

Zur konkreten gesetzlichen Umsetzung des Niederstwertprinzips (Abwertungsgebot, -wahlrecht oder -verbot) siehe Kapitel IV.2., Rn. 372–395.

[2]

Zu diesen beiden Sonderregelungen siehe Kapitel VI., Rn. 452–453.

2. Überblick über die Bewertung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens

239

Für die Bewertung ist zwischen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens und Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens zu differenzieren. Zwar stimmen die Bewertungsvorschriften bei den aktiven Wirtschaftsgütern von der Konzeption her überein, hinsichtlich ihres Anwendungsbereichs ergeben sich jedoch einige Unterschiede. Die wichtigsten Vorschriften zur Bewertung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens sind in Abb. 25 zusammengestellt.

240

Ausgangsgröße für die Bewertung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens bilden die Anschaffungs- oder Herstellungskosten (§ 253 Abs. 1 HGB, § 6 Abs. 1 Nr 1 S. 1, Nr 2 S. 1 EStG). Diese Bewertungsmaßstäbe gelten nicht nur als Basiswert, sondern gleichzeitig als Wertobergrenze. Das auf dem Realisationsprinzip beruhende Ertragsantizipationsverbot (Anschaffungswertprinzip) schließt einen Ansatz über den Anschaffungs- oder Herstellungskosten aus (Fall 2a des Maßgeblichkeitsprinzips: übereinstimmende verbindliche Regelungen).

241

Bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens sind in den Folgeperioden die Anschaffungs- oder Herstellungskosten um planmäßige Abschreibungen zu vermindern (§ 253 Abs. 3 S. 1, 2 HGB, § 6 Abs. 1 Nr 1 S. 1 EStG). Bei Zugang gelten wie bei allen aktiven Wirtschaftsgütern die Anschaffungs- oder Herstellungskosten als Ausgangsgröße. In den nachfolgenden Jahren entspricht die Wertobergrenze den fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten, dh den um die Absetzung für Abnutzung oder um die Absetzung für Substanzverringerung (§ 7 EStG) verminderten Anschaffungs- oder Herstellungskosten.

Das Maßgeblichkeitsprinzip wirkt auf die Ausgestaltung des Abschreibungsplans (Abschreibungssumme, Nutzungsdauer, Abschreibungsmethode) in unterschiedlicher Weise. Deshalb ist keine einheitliche Zuordnung zu einem der Fälle des Maßgeblichkeitsprinzips möglich. Vielmehr können bei der Verteilung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer eines Wirtschaftsguts insbesondere vier Fälle auftreten: Fall 2a (übereinstimmende verbindliche Regelungen), Fall 8b (handelsrechtlicher Ermessensspielraum geht weiter als der im Steuerrecht zulässige Rahmen), Fall 6 (für beide Bilanzen besteht ein Wahlrecht) und Fall 4 (dem handelsrechtlichen Wahlrecht steht eine verbindliche steuerrechtliche Regelung gegenüber).

242

Fällt der Wert eines Wirtschaftsguts aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung unter den (modifizierten) Basiswert, sind in der Handelsbilanz nach dem Imparitätsprinzip (Niederstwertprinzip) die Wertverluste zwingend durch eine außerplanmäßige Abschreibung auf den niedrigeren Stichtagswert zu antizipieren (§ 253 Abs. 3 S. 5 HGB). Demgegenüber besteht für die Steuerbilanz ein Abwertungswahlrecht (§ 6 Abs. 1 Nr 1 S. 2, Nr 2 S. 2 EStG). Die handelsrechtliche Abwertung auf den niedrigeren Stichtagswert muss in der Steuerbilanz nicht nachvollzogen werden. Es liegt Fall 3 des Maßgeblichkeitsprinzips vor (verbindliche handelsrechtliche Regelung – steuerliches Wahlrecht).[1] Bei vorübergehenden Wertminderungen gilt sowohl in der Handelsbilanz als auch in der Steuerbilanz ein Abwertungsverbot. Da das gemilderte Niederstwertprinzip sowohl in der Handelsbilanz als auch für die steuerliche Gewinnermittlung zur Anwendung kommt, liegt Fall 2a des Maßgeblichkeitsprinzips (übereinstimmende verbindliche Regelungen) vor.[2] Bei der Prüfung einer dauernden Wertminderung ist im Rahmen der steuerlichen Gewinnermittlung der Teilwert als Vergleichswert heranzuziehen. Die handelsrechtlichen Vergleichswerte (beizulegender Wert, der sich aus dem Börsenpreis ergebende Wert und der sich aus dem Marktpreis ergebende Wert) sind für die Steuerbilanz aus rechtlicher Sicht grundsätzlich nicht relevant.

Entfallen die Gründe, die zu einer außerplanmäßigen Abschreibung auf den niedrigeren Vergleichswert geführt haben, ist sowohl handelsrechtlich als auch ertragsteuerlich eine Zuschreibung zwingend vorzunehmen (§ 253 Abs. 5 S. 1 HGB bzw § 6 Abs. 1 Nr 1 S. 4, Nr 2 S. 3 EStG). Da zwei übereinstimmende verbindliche Regelungen vorliegen, entspricht diese Situation dem Fall 2a des Maßgeblichkeitsprinzips.[3]

243

Abb. 25: Bewertung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens


Handelsbilanz Steuerbilanz Fall
P (modifizierte) Basiswerte Ausgangsgröße und Wertobergrenze Anschaffungs- oder Herstellungskosten Anschaffungs- oder Herstellungskosten 2a
bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens: modifizierte Wertobergrenze fortgeführte Anschaffungs- oder Herstellungskosten (Anschaffungs- oder Herstellungskosten vermindert um planmäßige Abschreibungen) fortgeführte Anschaffungs- oder Herstellungskosten (Anschaffungs- oder Herstellungskosten vermindert um planmäßige Abschreibungen) 2a, 8b, 6, 4
I Vergleichswert dauernde Wertminderung Abwertungspflicht Abwertungswahlrecht 3
vorübergehende Wertminderung Grundsatz: Abwertungsverbot Ausnahme für Finanzanlagen: Abwertungswahlrecht Abwertungsverbot 2a 4
Wertaufholung Zuschreibungspflicht Zuschreibungspflicht 2a
L steuerliche Sondervorschriften überhöhte Abschreibung auf den niedrigeren steuerlichen Wert nicht zulässig Wahlrecht 3

Im Zusammenhang mit dem Lenkungszweck des Steuerrechts wird den Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen das Wahlrecht eingeräumt, Sonderabschreibungen, erhöhte Absetzungen oder Bewertungsabschläge zu verrechnen. Diese überhöhten Abschreibungen führen zu einem Wertansatz, der unter den (fortgeführten) Anschaffungs- oder Herstellungskosten bzw dem niedrigeren Vergleichswert liegt. Diese Form der Bildung von stillen Reserven ist nur im Rahmen der steuerlichen Gewinnermittlung zulässig (Fall 3 des Maßgeblichkeitsprinzips: spezielles steuerliches Wahlrecht).

Anmerkungen

[1]

Vgl BMF-Schreiben vom 12.3.2010, BStBl. 2010 I, S. 239, Tz. 15.

[2]

 

Eine Ausnahme gilt für Finanzanlagen, bei denen in der Handelsbilanz bei vorübergehenden Wertminderungen ein Abwertungswahlrecht besteht (§ 253 Abs. 3 S. 6 HGB), das jedoch aufgrund einer verbindlichen Vorschrift in der Steuerbilanz nicht gewährt wird (§ 6 Abs. 1 Nr 1 S. 2, Nr 2 S. 2 EStG, Fall 4 des Maßgeblichkeitsprinzips).

[3]

Eine Besonderheit gilt für den derivativen Geschäfts- oder Firmenwert, für den handelsrechtlich ein Zuschreibungsverbot besteht (§ 253 Abs. 5 S. 2 HGB).

3. Überblick über die Bewertung von Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens

244

Die Bewertungskonzeption für Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens stimmt weitgehend mit der für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens überein. Abweichungen ergeben sich in folgenden Teilbereichen:


Bei Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens fällt keine Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung an. Damit scheiden die fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten als Bewertungsmaßstab aus.

In der folgenden Übersicht sind die für Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens geltenden Bewertungsregeln zusammengefasst:

Abb. 26: Bewertung von Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens


Handelsbilanz Steuerbilanz Fall
P Basiswerte Ausgangsgröße und Wertobergrenze Anschaffungs- oder Herstellungskosten Anschaffungs- oder Herstellungskosten 2a
I Vergleichswert dauernde Wertminderung Abwertungspflicht Abwertungswahlrecht 3
vorübergehende Wertminderung Abwertungspflicht Abwertungsverbot 2b
Wertaufholung Zuschreibungspflicht Zuschreibungspflicht 2a
L steuerliche Sondervorschriften überhöhte Abschreibung auf den niedrigeren steuerlichen Wert nicht zulässig idR nicht zulässig -.-
Besonderheit für Finanzinstrumente, die von Kreditinstituten zu Handelszwecken gehalten werden Bewertung mit dem beizulegenden Zeitwert abzüglich eines Risikoabschlags Aufwertungs- bzw Abwertungspflicht Aufwertungs- bzw Abwertungspflicht 2a

Anmerkungen

[1]

Vgl BMF-Schreiben vom 12.3.2010, BStBl. 2010 I, S. 239, Tz. 15.

[2]

Eine weitere Sonderregelung gilt für auf fremde Währung lautende Wirtschaftsgüter, bei denen in der Handelsbilanz bei einer Restlaufzeit von weniger als einem Jahr der Stichtagswert gleichfalls auch dann anzusetzen ist, wenn er die Anschaffungs- oder Herstellungskosten übersteigt (Währungsumrechnung nach § 256a S. 2 HGB).

II. Basiswerte (Bewertung bei Zugang auf der Grundlage der Periodisierungsgrundsätze)

245

Für die Bewertung im Zeitpunkt des Zugangs eines Wirtschaftsguts stehen zwei Basiswerte zur Verfügung: Anschaffungskosten (beim Erwerb von Dritten) und Herstellungskosten (bei Eigenerstellung). Im Folgenden werden zuerst die grundsätzlichen Bestandteile der Anschaffungskosten und der Herstellungskosten vorgestellt. Danach werden ausgewählte Sonderfragen behandelt: Besonderheiten bei Anschaffungskosten, Besonderheiten bei Herstellungskosten, Spezialfragen bei Gebäuden, steuerbilanzielle Behandlung von Investitionszulagen und -zuschüssen sowie Bewertungsvereinfachungen (Festbewertung, Gruppenbewertung sowie Sammelbewertung).

1. Anschaffungskosten

246

Die Bestimmung der Anschaffungskosten bereitet im Regelfall wenig Schwierigkeiten. Zum einen besteht bei den Anschaffungskosten zwischen der handels- und steuerrechtlichen Rechnungslegung grundsätzlich Übereinstimmung. Zum anderen ist die Abgrenzung der einzelnen Komponenten der Anschaffungskosten weitgehend unstrittig.

a) Definition

247

Anschaffungskosten sind die Aufwendungen, die geleistet werden, um ein Wirtschaftsgut zu erwerben und in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Wirtschaftsgut einzeln zugeordnet werden können (§ 255 Abs. 1 S. 1 HGB). Im Einkommensteuergesetz ist der Begriff der Anschaffungskosten nicht explizit definiert. Aus der Formulierung in § 6 Abs. 1 Nr 1, 2 EStG, wonach eine Bewertung mit „den“ Anschaffungskosten zu erfolgen hat, schließt die Finanzverwaltung, dass alle mit der Anschaffung zusammenhängenden Aufwendungen in die Anschaffungskosten einzubeziehen sind.[1] Nach dieser Auffassung stimmt die handelsrechtliche Begriffsdefinition mit der Interpretation der Anschaffungskosten für die Steuerbilanz überein (H 6.2 EStH). Damit liegen zwei übereinstimmende verbindliche Regelungen vor. Diese Situation wurde bei der Erläuterung des Inhalts des Maßgeblichkeitsprinzips dem Fall 2a zugeordnet.

Die Bewertung mit den Anschaffungskosten stellt sicher, dass der Anschaffungsvorgang erfolgsneutral erfasst wird. Das Reinvermögen des Unternehmens ändert sich durch den Erwerb eines Wirtschaftsguts nicht. Das gilt sowohl für den Fall, dass der Kaufpreis mit vorhandenen Zahlungsmitteln beglichen wird, als auch dann, wenn die Erwerbsaufwendungen mit Fremdkapital finanziert werden. Bei einer Eigenfinanzierung handelt es sich bilanztechnisch um einen (erfolgsneutralen) Aktivtausch. Die Fremdfinanzierung führt zu einer Bilanzverlängerung, die gleichfalls erfolgsneutral ist:


Buchung bei Eigenfinanzierung: Wirtschaftsgut an Zahlungsmittel
Buchung bei Fremdfinanzierung: Wirtschaftsgut an Verbindlichkeiten

Bei den Anschaffungskosten handelt es sich nicht um Kosten im Sinne der Kostenrechnung. Nach dem Grundsatz der Pagatorik (Grundsatz der Zahlungsverrechnung) dürfen nur aufwandsgleiche Kosten angesetzt werden. Für Zusatzkosten, zB kalkulatorische Wagnisse für den Transport des Wirtschaftsguts vom Lieferanten, besteht ein Einbeziehungsverbot. Obwohl die Bezeichnung Anschaffungsaufwand zutreffend wäre, wird allgemein der Begriff Anschaffungskosten verwendet.

248

Die erfolgsneutrale Behandlung des Investitionsvorgangs beruht auf den Periodisierungsgrundsätzen. Die beim Erwerb anfallenden Ausgaben sind den Perioden zuzurechnen, in denen mit dem Wirtschaftsgut Erträge erzielt werden (Abgrenzung von Aufwendungen der Sache nach). Der Anschaffungsvorgang darf den Gewinn weder erhöhen noch schmälern:


Die Anschaffung eines Wirtschaftsguts muss auch dann gewinnneutral erfasst werden, wenn der Bilanzierende im Erwerbszeitpunkt davon ausgeht, dass er mit dem Wirtschaftsgut Gewinne erzielen wird, zB durch Veräußerung dieses Wirtschaftsguts. Aufgrund des Anschaffungswertprinzips dürfen aktive Wirtschaftsgüter höchstens mit den Anschaffungskosten bewertet werden (§ 253 Abs. 1 S. 1 HGB, § 6 Abs. 1 Nr 1 S. 1, Nr 2 S. 1 EStG). Ein Wertzuwachs darf nach dem Realisationsprinzip erst in dem Zeitpunkt bilanziell berücksichtigt werden, in dem er durch einen Umsatzakt am Markt bestätigt ist.

Die Erläuterung der einzelnen Bestandteile der Anschaffungskosten wird zeigen, dass durch die gesetzliche Definition das Ziel einer erfolgsneutralen Behandlung des Investitionsvorgangs weitgehend erfüllt wird.

 

Anmerkungen

[1]

Vgl BMF-Schreiben vom 12.3.2010, BStBl. 2010 I, S. 239, Tz. 8 (Übertragung der für die Konkretisierung des Herstellungskostenbegriffs von der Finanzverwaltung vertretenen Auffassung).

[2]

Vgl R 6.7 EStR sowie BFH vom 13.10.1976, BStBl. 1977 II, S. 540.

b) Bestandteile

249

(1) Überblick: Die Anschaffungskosten setzen sich aus folgenden Teilgrößen zusammen (§ 255 Abs. 1 HGB):


Anschaffungspreis
+ Anschaffungsnebenkosten, soweit direkt zurechenbar (einschließlich Aufwendungen für die Versetzung in die Betriebsbereitschaft)
Anschaffungspreisminderungen, soweit direkt zurechenbar
+ Fremdkapitalzinsen (unter bestimmten Voraussetzungen)
= ursprüngliche Anschaffungskosten
+ nachträgliche Erhöhungen der Anschaffungskosten
nachträgliche Minderungen der Anschaffungskosten
= Anschaffungskosten

250

(2) Anschaffungspreis: Als Anschaffungspreis gilt das vertraglich vereinbarte Hauptentgelt. Der Anschaffungspreis stimmt im Regelfall mit dem Rechnungspreis überein. Ist der Erwerber zum Vorsteuerabzug berechtigt, ist die Umsatzsteuer herauszurechnen (§ 9b EStG iVm § 15 UStG).

Lautet der Anschaffungspreis auf eine fremde Währung, ist er auf Basis des Kurses umzurechnen, der an dem Tag gilt, an dem das Wirtschaftsgut in der Finanzbuchhaltung als Zugang zu verbuchen ist, dh an dem Tag, an dem das (wirtschaftliche) Eigentum auf den Bilanzierenden übergeht.

251

(3) Anschaffungsnebenkosten: Die Anschaffungsnebenkosten umfassen alle Aufwendungen, die in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Erwerb und der Überführung eines Wirtschaftsguts von der fremden in die eigene Verfügungsmacht stehen. Bei einem Wirtschaftsgut des Anlagevermögens ist der Anschaffungsvorgang erst abgeschlossen, wenn sich das erworbene Wirtschaftsgut in einem betriebsbereiten Zustand befindet. Dies ist dann der Fall, wenn das Wirtschaftsgut für die von dem Unternehmen vorgesehenen Zwecke eingesetzt werden kann (§ 255 Abs. 1 S. 1, 2 HGB).[1] Bei Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen sowie Waren, die zur Weiterverarbeitung oder zum Verkauf bestimmt sind, gehören zu den Anschaffungsnebenkosten auch die Aufwendungen, die erforderlich sind, um diese Wirtschaftsgüter auf Lager zu nehmen.

Zu den Anschaffungsnebenkosten gehören typischerweise Ausgaben für die Verpackung, den Transport vom Lieferanten zum Unternehmen, Transportversicherungen, Provisionen, Vermittlergebühren, Maklergebühren, Notar- und Grundbuchkosten, Zölle sowie Verbrauchsteuern und die Grunderwerbsteuer.

Voraussetzung für den Einbezug als Anschaffungsnebenkosten ist, dass die Ausgaben dem erworbenen Wirtschaftsgut einzeln zugeordnet werden können. Gemeinkosten werden in die Anschaffungskosten nicht einbezogen. Dies hat zur Konsequenz, dass sich insoweit der Anschaffungsvorgang (ausnahmsweise) nicht erfolgsneutral auswirkt: Da Gemeinkosten nicht einbezogen werden dürfen, verbleibt nur eine Verrechnung als Aufwand. So sind beispielsweise die Gehälter der Mitarbeiter der Einkaufsabteilung nicht als Anschaffungsnebenkosten einzubeziehen, da es regelmäßig nicht möglich ist, sie einem bestimmten Beschaffungsvorgang unmittelbar zuzurechnen.

Beispiel:

Aufwendungen für die rechtliche, steuerliche und betriebswirtschaftliche Beratung im Zusammenhang mit dem geplanten Erwerb eines Unternehmens oder eines Grundstücks sind ab dem Zeitpunkt als Anschaffungsnebenkosten zu aktivieren, zu dem die grundsätzliche Entscheidung für den Kauf getroffen wurde. Aufwendungen, die vor diesem Zeitpunkt anfallen, sind keinem konkreten Anschaffungsvorgang direkt zurechenbar und damit sofort als Betriebsausgabe abziehbar.[2]

Das Einbezugsverbot betrifft nur echte Gemeinkosten (tatsächlich nur mittelbare Zurechnung möglich). Bei unechten Gemeinkosten (direkte Zurechnung theoretisch denkbar, aber praktisch schwierig durchzuführen) kann eine Pauschalierung vorgenommen werden, wenn die Einzelerfassung mit einem erheblichen Arbeitsaufwand verbunden ist und die Pauschalierung zu keinem wesentlich anderen Ergebnis führt. Eine Pauschalierung der Anschaffungsnebenkosten ist insbesondere bei Beschaffungsvorgängen zulässig, die sich häufig wiederholen. Dies trifft in erster Linie für Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens zu. Beim Erwerb von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens liegen die Voraussetzungen für eine Pauschalierung der Anschaffungsnebenkosten nur in Ausnahmefällen vor.

Zu den Anschaffungsnebenkosten gehören die Aufwendungen, die im Zeitraum zwischen Kaufentscheidung und Schaffung eines betriebsbereiten Zustands anfallen.[3] Zu den Aufwendungen zur Versetzung in die Betriebsbereitschaft zählen insbesondere Ausgaben für die Aufstellung und Montage des Wirtschaftsguts, für die Errichtung eines Fundaments sowie die Ausgaben für Probeläufe und die Abnahme des Wirtschaftsguts.

Beispiel:

Beim Erwerb einer ERP-Software (zB Programme der SAP SE) gehören zu den Anschaffungsnebenkosten auch die Planungskosten, die Implementierungskosten sowie die Eigenleistungen, die mit der Anschaffung und Implementierung des Softwaresystems im direkten Zusammenhang stehen und dem Softwaresystem einzeln zurechenbar sind.

Nach der Implementierung ist die ERP-Software betriebsbereit. Deshalb gehören Schulungskosten, die Aufwendungen für Piloteinsätze sowie die Wartungskosten nicht zur Anschaffung, sondern zum laufenden Betrieb. Diese Aufwendungen sind nicht als Anschaffungsnebenkosten zu aktivieren, sondern sofort als Betriebsausgaben abzuziehen.[4]

Für Anschaffungsnebenkosten besteht grundsätzlich eine Einbezugspflicht. Nach dem Grundsatz der Wesentlichkeit bzw dem Grundsatz der Relevanz kann auf die Zurechnung von den Anschaffungsnebenkosten verzichtet werden, die im Verhältnis zum Anschaffungspreis unbedeutend sind und deren Einzelerfassung einen unverhältnismäßig hohen Aufwand erfordert. Die damit verbundenen Abweichungen vom Ziel der Erfolgsneutralität eines Anschaffungsvorgangs können im Hinblick auf Wirtschaftlichkeitsüberlegungen akzeptiert werden.

Beispiel:

Porto- und Telefongebühren im Zusammenhang mit dem Erwerb einer maschinellen Anlage im Wert von 100 000 € können sofort als Aufwand verrechnet werden, weil der mit einer Erfassung dieser Anschaffungsnebenkosten verbundene Aufwand sehr hoch ist und die Aussagefähigkeit der externen Rechnungslegung nur unwesentlich eingeschränkt wird.

252

(4) Anschaffungspreisminderungen: Da die Anschaffungskosten nur die tatsächlich angefallenen Ausgaben umfassen, sind Anschaffungspreisminderungen zu kürzen (§ 255 Abs. 1 S. 3 HGB). Von den Anschaffungskosten sind beispielsweise Rabatte, Skonti, Boni und Rückvergütungen abzusetzen. Dies gilt auch dann, wenn sie erst einige Zeit nach dem Anschaffungsvorgang oder unter bestimmten Voraussetzungen gewährt werden, wie zB die Überweisung eines Bonus nach Ablauf des Wirtschaftsjahres, der aufgrund des Überschreitens eines vereinbarten Mindestumsatzes gewährt wird (nachträgliche Anschaffungspreisminderungen).

Anschaffungspreisminderungen werden nur abgezogen, als sie dem erworbenen Wirtschaftsgut direkt zugerechnet werden können. Insoweit gelten die gleichen Überlegungen wie bei Anschaffungsnebenkosten.

253

(5) Fremdkapitalaufwendungen: Finanzierungsaufwendungen gehören prinzipiell nicht zu den Anschaffungskosten. Das Einbezugsverbot gilt für (kalkulatorische) Eigenkapitalzinsen ohne Einschränkung, da diese nicht mit Ausgaben verbunden sind (Grundsatz der Zahlungsverrechnung). Zinsen für einen Kredit, der zur Anschaffung eines Wirtschaftsguts aufgenommen wird, zählen deshalb nicht zu den Anschaffungskosten, weil die Finanzierungsaufwendungen nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Anschaffung des Wirtschaftsguts stehen.[5] Vielmehr handelt es sich um zwei selbständige Vertragsbeziehungen. Der Kreditvertrag ist rechtlich nicht mit dem Kaufvertrag verbunden. Fremdkapitalaufwendungen sind nach den Periodisierungsgrundsätzen (zeitraumbezogen) als Betriebsausgaben zu verrechnen.

Für Fremdkapitalaufwendungen besteht ausnahmsweise die Möglichkeit, diese in die Anschaffungskosten einzubeziehen, wenn eine der beiden folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:[6]


Die Aufnahme von Fremdkapital dient der Finanzierung von Anzahlungen auf bestellte Wirtschaftsgüter mit langfristiger Fertigung. Durch die ersparten Zinsaufwendungen auf Ebene des Lieferanten fällt für den Käufer der Anschaffungspreis geringer aus.
Die Aufnahme des Fremdkapitals dient dazu, den Skontoabzug in Anspruch nehmen zu können. Da die durch den Skontoabzug mögliche Minderung des Rechnungspreises regelmäßig höher ausfällt als die mit einer zwischenzeitlichen Fremdfinanzierung verbundenen Zinsaufwendungen, reduzieren sich per Saldo die Anschaffungskosten.

Der ausnahmsweise zulässige Einbezug von Fremdkapitalaufwendungen in die Anschaffungskosten wird handelsrechtlich als Bilanzierungshilfe qualifiziert, die aus Billigkeitsgründen in die Steuerbilanz übernommen werden darf. Es liegt Fall 7 des Maßgeblichkeitsprinzips vor (handelsrechtlicher Ermessensspielraum – steuerlich keine eigene Regelung).[7]

254

(6) Nachträgliche Anschaffungskosten: Bei nachträglichen Anschaffungskosten handelt es sich um Ausgaben, die zwar erst nach dem Erwerb und der Inbetriebnahme eines Wirtschaftsguts anfallen, die aber einen unmittelbaren sachlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem ursprünglichen Anschaffungsvorgang aufweisen. Zu den nachträglichen Anschaffungskosten gehören zum Beispiel beim Kauf von Grundstücken die Erschließungs- und Anliegerbeiträge. Auch nachträgliche Erhöhungen des Kaufpreises, zB aufgrund einer erst später eintretenden Bedingung, stellen nachträgliche Anschaffungskosten dar. Bei Beteiligungen an Kapitalgesellschaften führen Vermögensmehrungen auf Ebene der Gesellschaft, die ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis haben und zu einer Werterhöhung der Beteiligung führen (zB eine verdeckte Einlage), bei den Anteilen zu nachträglichen Anschaffungskosten.[8]

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