Besteuerung von Unternehmen II

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Anmerkungen

[1]

Zum Versendungskauf siehe Knobloch/Baumeister, DStR 2015, S. 2403.

[2]

Zu einem weiteren, sehr instruktiven Beispiel siehe Schildbach/Stobbe/Brösel, Der handelsrechtliche Jahresabschluss, 10. Aufl., Sternenfels 2013, S. 149–151.

[3]

Vgl Moxter, Grundsätze ordnungsgemäßer Rechnungslegung, Düsseldorf 2003, S. 43–44.

[4]

Siehe hierzu auch Marx, StuB 2016, S. 327.

[5]

Vgl BFH vom 10.9.1998, BStBl. 1999 II, S. 21; BFH vom 14.10.1999, BStBl. 2000 II, S. 25.

[6]

Vgl BFH vom 14.10.1999, BStBl. 2000 II, S. 25; BFH vom 3.8.2005, BStBl. 2006 II, S. 20.

[7]

Vgl BFH vom 8.9.2005, BStBl. 2006 II, S. 26.

[8]

Vgl BFH vom 22.7.2008, BStBl. 2009 II, S. 124 mwN.

[9]

Vgl BFH vom 26.4.1989, BStBl. 1991 II, S. 213.

[10]

Vgl BGH vom 3.11.1975, BGHZ 65 (1976), S. 230.

[11]

Vgl BFH vom 2.4.1980, BStBl. 1980 II, S. 702; BFH vom 3.12.1980, BStBl. 1981 II, S. 184 iVm dem Grundsatzurteil des BFH vom 3.2.1969, BStBl. 1969 II, S. 291.

[12]

Vgl zB BFH vom 8.3.1989, BStBl. 1989 II, S. 714; BFH vom 19.2.1991, BStBl. 1991 II, S. 569.

[13]

Vgl EuGH vom 27.6.1996 (Tomberger), ECLI:EU:C:1996:252.

[14]

Vgl BGH vom 12.1.1998, BGHZ 137 (1999), S. 378.

[15]

Grundlegend hierzu BFH vom 7.8.2000, BStBl. 2000 II, S. 632. Siehe auch BFH vom 20.12.2000, BStBl. 2001 II, S. 409; BFH vom 28.2.2001, BStBl. 2001 II, S. 401; BFH vom 7.2.2007, BStBl. 2008 II, S. 340.

[16]

Siehe hierzu auch Wüstemann/Wüstemann, ZfB 2009, S. 31 (zur Gewinnrealisierung bei Werkverträgen als ein typischer Anwendungsfall für eine langfristige Fertigung).

[17]

Vgl FG Baden-Württemberg vom 3.3.2016 (rechtskräftig), EFG 2016, S. 1071.

[18]

Vgl BFH vom 14.5.2014, BStBl. 2014 II, S. 968.

[19]

Vgl BMF-Schreiben vom 29.6.2015, BStBl. 2015 I, S. 542.

[20]

Vgl zB IDW, FN-IDW 2015, S. 257; Marx/Juds, DStR 2015, S. 1014; Marx/Juds, DStR 2015, S. 1462; Ortmann-Babel, DB 2015, S. 1690; Prinz, DB 2016, S. 371; Ramme, DB 2017, S. 2958; Ringwald, NWB 2015, S. 2352; Velte/Stawinoga, StuW 2016, S. 118.

[21]

Vgl BMF-Schreiben vom 15.3.2016, BStBl. 2016 I, S. 279.

[22]

Vgl Siegel, Steuern, in: Korff et al. (Hrsg.), Handbuch der Wirtschaftsethik, Band III, Gütersloh 1999, S. 366.

[23]

Siehe hierzu auch Zweiter Abschnitt, Kapitel B.VI., Rn. 452–453.

3. Abgrenzung von Aufwendungen der Sache nach

119

Das Realisationsprinzip regelt den Zeitpunkt, zu dem Erträge zu vereinnahmen sind. Der Zeitpunkt der Erfassung von negativen Erfolgskomponenten bestimmt sich nach dem Grundsatz der Abgrenzung von Aufwendungen der Sache nach. Die Abgrenzung von Aufwendungen der Sache nach folgt dem Finalprinzip: Aufwendungen werden als Mittel zur Erzielung von Erträgen interpretiert.

Das Nebeneinander von Realisationsprinzip und dem Grundsatz der Abgrenzung von Aufwendungen der Sache nach führt dazu, dass im externen Rechnungswesen eine umsatzbezogene Gewinnermittlung vorzunehmen ist. Im ersten Schritt sind die Umsätze des Geschäftsjahres zu ermitteln und entsprechend dem Realisationsprinzip als Ertrag auszuweisen. Im zweiten Schritt ist zu prüfen, welche Aufwendungen mit diesen Umsatzerlösen im Zusammenhang stehen. In die Gewinn- und Verlustrechnung gehen die Materialaufwendungen, die Personalaufwendungen und die Abschreibungen (= Wertverlust der im Rahmen des Leistungserstellungsprozesses eingesetzten Wirtschaftsgüter) ein, die durch die in dieser Periode ausgewiesenen Umsatzerlöse veranlasst sind. Der Gewinn einer Periode ergibt sich damit wie folgt:

Erträge aus den abgesetzten Leistungen des Unternehmens

(Realisationsprinzip)


Aufwendungen, die notwendig waren, um diese Erträge zu erwirtschaften (Abgrenzung von Aufwendungen der Sache nach)

Besonders deutlich kommt der Grundsatz der Abgrenzung von Aufwendungen der Sache nach in einer Gewinn- und Verlustrechnung zum Ausdruck, die nach dem Umsatzkostenverfahren aufgestellt wird. Die Umsatzerlöse sind um die Herstellungskosten der zur Erzielung dieser Umsätze erbrachten Leistungen zu mindern (§ 275 Abs. 3 HGB). Beim Gesamtkostenverfahren wird die Abgrenzung von Aufwendungen der Sache nach indirekt erreicht, indem die Aufwendungen, die im abgelaufenen Wirtschaftsjahr noch nicht zu Umsatzerlösen geführt haben, über die Konten „Bestandserhöhungen“ und „aktivierte Eigenleistungen“ neutralisiert werden (§ 275 Abs. 2 HGB).

Beispiele:

Für die Herstellung eines Produkts fallen im Dezember 01 Materialaufwendungen und Lohnzahlungen von 15 000 € an. Das Produkt wird im Februar 02 verkauft. Nach dem Grundsatz der Abgrenzung von Aufwendungen der Sache nach sind der Materialverbrauch und die Lohnzahlungen als Aufwand des Jahres 02 zu verrechnen. Sie werden den Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsätze erbrachten Leistungen zugerechnet.

Im Jahr 02 fallen voraussichtlich für im Jahr 01 verkaufte Erzeugnisse Garantieleistungen von 30 000 € an. Da die Garantieverpflichtungen mit der Lieferung der Produkte eng verbunden sind, sind sie nach dem Grundsatz der Abgrenzung von Aufwendungen der Sache nach bereits im Jahr 01 durch Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten (Garantierückstellung) aufwandswirksam zu verrechnen.

Im Januar 01 wird eine Maschine gekauft, die voraussichtlich fünf Jahre genutzt werden kann. Die Nutzung der Maschine steht mit zukünftigen Umsatzerlösen in Verbindung. Deshalb erfolgt eine aufwandswirksame Verrechnung der Anfangsauszahlung (der Anschaffungskosten) entsprechend der Nutzung der Maschine (§ 253 Abs. 3 S. 1, 2 HGB). Aus Vereinfachungsgründen erfolgt häufig eine lineare oder degressive Verrechnung der (planmäßigen) Abschreibungen, die als zeitliche Abgrenzung interpretiert werden kann. Im Anschluss an die Berechnung der Jahresabschreibung erfolgt allerdings eine anteilige Zurechnung auf die mit dieser Maschine hergestellten Produkte (Abgrenzung von Aufwendungen der Sache nach).

120

Die finale Beziehung zwischen Aufwendungen und Erträgen impliziert, dass die Aufwendungen einem bestimmten Ertrag zugeordnet werden müssen. Die Umsetzung des Grundsatzes der Abgrenzung von Aufwendungen der Sache nach ist jedoch nur bei Einzelkosten ohne Schwierigkeiten möglich. Um die finale Abgrenzung auch für zeitabhängige Aufwendungen und für Aufwendungen, die keiner speziellen Leistungseinheit direkt zurechenbar sind, umsetzen zu können, ist eine anteilige Aufteilung auf die damit verbundenen Erträge vorzunehmen. Aus Objektivierungsgründen ist bei Gemeinkosten das Durchschnittsprinzip anderen Verrechnungsprinzipien vorzuziehen. Die Abgrenzung von Aufwendungen der Sache nach hat in Kombination mit dem Durchschnittsprinzip beispielsweise zur Konsequenz, dass die Herstellungskosten von noch nicht abgesetzten Erzeugnissen mit ihren Vollkosten (Einzelkosten zuzüglich anteilige Gemeinkosten) zu bewerten sind und nicht nur mit ihren Einzelkosten.

4. Abgrenzung von Erträgen und Aufwendungen der Zeit nach

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Der Grundsatz der Abgrenzung von Erträgen und Aufwendungen der Zeit nach ergänzt das Realisationsprinzip und den Grundsatz der Abgrenzung von Aufwendungen der Sache nach. Die zeitliche Abgrenzung bezieht sich auf Erträge, die nicht nach dem Realisationsprinzip abgegrenzt werden können, und auf Aufwendungen, die keine sachliche Beziehung zu bestimmten Umsätzen aufweisen:

 

Zeitraumbezogene Aufwendungen und Erträge werden unabhängig vom Zahlungszeitpunkt der Periode ihrer wirtschaftlichen Zugehörigkeit zeitanteilig zugerechnet. Eine zeitraumbezogene Leistung liegt vor, wenn für den gesamten Zeitraum eine qualitativ gleichbleibende Dauerverpflichtung besteht. Existiert kein (einmaliger) Erfüllungszeitpunkt, erfolgt die Periodenabgrenzung im Regelfall über die Bildung von aktiven oder passiven Rechnungsabgrenzungsposten (Zahlung vor Erfolgswirksamkeit, § 250 HGB, § 5 Abs. 5 EStG) oder über die Bilanzierung von sonstigen Forderungen bzw sonstigen Verbindlichkeiten (Erfolgswirksamkeit vor Zahlung). Beispiele: Am 2.4.01 werden für den Zeitraum 1.4.01 bis 31.3.02 Leasingraten in Höhe von 6000 € im Voraus vereinnahmt. Nach dem Grundsatz der Abgrenzung der Zeit nach gehören 4500 € (= 9/12 von 6000 €) als Ertrag in das Jahr 01. 1500 € (= 3/12 von 6000 €) erhöhen den Gewinn des Jahres 02. Die Prämie für eine Brandschutzversicherung in Höhe von 2400 € wird am 1.11.01 für ein Vierteljahr im Voraus bezahlt. Von dieser Summe stellen 1600 € Aufwand des Jahres 01 und 800 € Aufwand des Jahres 02 dar.
Zu den Aufwendungen und Erträgen, die ihrer Art nach nur in der Periode erfasst werden können, in der sie anfallen, gehören aperiodische Tatbestände (zB Brandschäden) und periodenfremde Vorgänge (zB Korrektur von Schätzfehlern bei der Bewertung von Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten). Bei aperiodischen Erfolgsvorgängen verbleibt nur die Möglichkeit, sie in der Periode zu verrechnen, in der sie auftreten. Beispiel: Durch einen Bedienungsfehler entsteht am 3.4.01 an einer Maschine ein Totalschaden. Nach dem Grundsatz der Abgrenzung der Zeit nach ist der Restbuchwert der Maschine im Wirtschaftsjahr 01 aufwandswirksam auszubuchen. Periodenfremde Erfolge hätten nach dem Realisationsprinzip oder der Abgrenzung von Aufwendungen der Sache nach in vorangegangenen Perioden verrechnet werden sollen. Da sie aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt waren, können sie nur in der Periode erfasst werden, in der sie auftreten. Beispiel: Bei der Erstellung einer Großanlage im Jahr 01 wurde das Risiko aus Gewährleistungen auf 100 000 € geschätzt. Im Jahr 04 stellt sich heraus, dass aufgrund eines Konstruktionsfehlers Nachbesserungen erforderlich sind, die mit zusätzlichen Aufwendungen von 2 000 000 € verbunden sind. Die Nachbesserungen werden nach Verhandlungen mit dem Kunden im Jahr 05 durchgeführt. Nach dem Grundsatz der Abgrenzung von Aufwendungen der Sache nach ist im Jahr 01 eine Rückstellung für Garantieleistungen in Höhe von 100 000 € zu bilden. Nach dem Grundsatz der Abgrenzung der Zeit nach ist im Jahr 04 die Rückstellung um 2 000 000 € zu erhöhen.

VI. Konventionen zur Beschränkung von gewinnabhängigen Zahlungen

1. Zielsetzung und Verhältnis zum Vorsichtsprinzip

122

Die häufig aufgestellte Forderung, der Kaufmann solle im Jahresabschluss seine wirtschaftliche Lage eher zu ungünstig als zu günstig darstellen, ist zu unbestimmt, um daraus für konkrete Bilanzierungs- und Bewertungsprobleme eine Lösung abzuleiten. Der Grundsatz der vorsichtigen Gewinnermittlung bedarf deshalb einer Spezifizierung. Diese erfolgt zum einen über die Grundsätze der Periodisierung und zum anderen durch die Konventionen zur Beschränkung von gewinnabhängigen Zahlungen (Kapitalerhaltungsgrundsätze). § 252 Abs. 1 Nr 4 HGB beschreibt diese Zusammenhänge wie folgt:


Gewinne dürfen erst zu dem Zeitpunkt ausgewiesen werden, zu dem sie realisiert sind (Realisationsprinzip).
Alle vorhersehbaren Risiken und Verluste, die bis zum Abschlussstichtag entstanden sind, sind zu berücksichtigen (Imparitätsprinzip).

Das Realisationsprinzip gewährleistet einen willkürfreien Ausweis von (nahezu) sicheren Erträgen. Der Grundsatz der Abgrenzung von Aufwendungen der Sache nach dient der Zurechnung von Aufwendungen zu den nach dem Realisationsprinzip auszuweisenden Erträgen. Ergänzend ist das Prinzip der Abgrenzung von Erträgen und Aufwendungen der Zeit nach heranzuziehen. Durch die Konventionen zur Begrenzung von gewinnabhängigen Zahlungen werden die Periodisierungsgrundsätze modifiziert. Die Kapitalerhaltungsgrundsätze reduzieren den im externen Rechnungswesen ausgewiesenen Erfolg dadurch, dass sie eine Verrechnung von Aufwendungen vorsehen, die zwar eingetreten sind, die aber nach dem Grundsatz der Abgrenzung von Aufwendungen der Sache nach und nach dem Prinzip der zeitlichen Abgrenzungnochnicht zu erfassen sind. Dieses Aufwandsantizipationsgebot wird als Imparitätsprinzip bezeichnet. Das Imparitätsprinzip stellt neben dem Realisationsprinzip das zweite für die externe Rechnungslegung charakteristische Kriterium dar.

Abb. 9:

Einteilung der Konventionen zur Beschränkung gewinnabhängiger Zahlungen


[Bild vergrößern]

Zu den Grundsätzen einer vorsichtigen Gewinnermittlung zählt auch der Grundsatz der Bewertungsvorsicht (Vorsichtsprinzip ieS). Er sieht für die Behandlung von unsicheren Sachverhalten vor, dass eher von einem für das Unternehmen ungünstigen Verlauf auszugehen ist. Die für den Bilanzierenden günstigen Entwicklungen werden tendenziell weniger stark gewichtet.

2. Imparitätsprinzip (Aufwandsantizipationsgebot)

123

(1) Zielsetzung und Unterformen des Imparitätsprinzips: Nach dem Imparitätsprinzip sind Risiken und Verluste aus einzelnen Geschäften zu berücksichtigen, soweit sie am Abschlussstichtag zwar eingetreten, aber noch nicht am Markt bestätigt sind. Positive und negative Erfolgsbeiträge werden somit ungleich – imparitätisch – behandelt: Eine Erfassung von Erträgen vor deren Bestätigung am Markt ist nach dem Realisationsprinzip unzulässig (Ertragsantizipationsverbot). Das Imparitätsprinzip sieht abweichend von den Periodisierungsgrundsätzen vor, dass negative Erfolgsentwicklungen bereits in der Periode zu erfassen sind, in der sie wirtschaftlich entstanden sind. Die Wertverluste sind bereits in der Periode als Aufwendungen gewinnmindernd zu verbuchen, in der sie das Reinvermögen reduziert haben. Einer Bestätigung am Markt in Form eines Umsatzakts bedarf es bei Vermögensminderungen nicht (Aufwandsantizipationsgebot).

Die relativ starke Betonung des Grundsatzes einer vorsichtigen Gewinnermittlung dient der Erhaltung des bilanziellen Eigenkapitals (Kapitalerhaltungsgrundsatz). Durch die Verrechnung von Aufwendungen wird die Höhe des ausgewiesenen Gewinns reduziert. Durch die Verringerung des maximal ausschüttbaren Betrags wird insoweit ein Abfluss von Zahlungsmitteln vermieden, als Zahlungsverpflichtungen (wie beispielsweise Ausschüttungen und Ertragsteuern) von der Höhe des Gewinns des Unternehmens abhängen. Diese Zahlungsmittel können dann eingesetzt werden, wenn die Vermögensminderung zu einer Zahlungsverpflichtung wird.

Aufgrund des Objektivierungsgrundsatzes und damit des Grundsatzes der Rechtssicherheit (Grundsatz der Tatbestandsbestimmtheit) darf eine Aufwandsantizipation nur vorgenommen werden, sofern konkrete Hinweise dafür bestehen, dass die Wertminderungen bzw die Aufwendungen eingetreten sind. Die Minderung des Reinvermögens muss in intersubjektiv nachprüfbarer Weise konkretisiert werden können. Offen sein darf lediglich die Bestätigung durch einen Umsatzakt oder durch einen anderen Marktvorgang. Das Imparitätsprinzip bedeutet nicht, dass erst in der Zukunft möglicherweise eintretende Vermögensminderungen am Abschlussstichtag bereits gewinnmindernd erfasst werden dürfen. Der Verrechnung von zukünftigen, potenziellen Aufwendungen steht das Stichtagsprinzip entgegen.

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Für den Anwendungsbereich der verschiedenen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung gilt also Folgendes:


Die Periodisierungsgrundsätze (insbesondere Abgrenzung von Aufwendungen der Sache und der Zeit nach) erfassen entstandene und am Markt bestätigte („realisierte“) Aufwendungen.
Das Imparitätsprinzip bezieht sich auf entstandene, aber noch nicht realisierte Aufwendungen.
Die Berücksichtigung von Aufwendungen, die voraussichtlich in zukünftigen Wirtschaftsjahren eintreten werden, ist aufgrund des Stichtagsprinzips nicht möglich.

Die nach dem Imparitätsprinzip zu berücksichtigenden negativen Erfolgsbeiträge können sich auf erfüllte Geschäfte (Beschaffung von Vermögensgegenständen und Entstehen von Schulden) und auf schwebende Geschäfte (abgeschlossene, aber noch nicht erfüllte Verträge) beziehen. Die drei Unterformen des Imparitätsprinzips stimmen insoweit überein, als sie zur Berücksichtigung von Minderungen des Reinvermögens führen, die am Abschlussstichtag bereits eingetreten, aber nach den Periodisierungsgrundsätzen noch nicht zu verrechnen sind. Sie unterscheiden sich dadurch, dass sie sich auf unterschiedliche Bilanzpositionen beziehen:


Imparitätsprinzip dem Grunde nach (Verlustantizipation durch Bildung von Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften: Einstellung von zusätzlichen Passiva)
Imparitätsprinzip der Höhe nach (Bewertung von Aktiva und Passiva) mit den Unterformen 1. Niederstwertprinzip (Aufwandsantizipation durch außerplanmäßige Abschreibung von Wirtschaftsgütern auf den niedrigeren Stichtagswert: Abwertung von Aktiva) 2. Höchstwertprinzip (Aufwandsantizipation durch außerplanmäßige Zuschreibung von bilanziellen Schulden auf den höheren Stichtagswert: Aufwertung von Passiva).

125

(2) Verlustantizipation durch Rückstellungsbildung: Das Imparitätsprinzip dem Grunde nach führt zur Verlustantizipation durch die Bildung von Rückstellungen. Von besonderer Bedeutung ist das Imparitätsprinzip bei Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften. Schwebende Geschäfte sind Verträge, die noch von keiner Seite erfüllt sind. Ein Verlust droht, wenn nach den am Abschlussstichtag geltenden Verhältnissen der Wert der voraussichtlich zu erbringenden eigenen Leistung höher ist als der Wert der zu erwartenden Gegenleistung, wenn also ein Verpflichtungsüberhang vorliegt.

Die Verlustantizipation durch Rückstellungsbildung bezieht sich sowohl auf Absatzgeschäfte als auch auf Beschaffungsgeschäfte:


Bei Absatzgeschäften kommt das Imparitätsprinzip dem Grunde nach zur Anwendung, wenn der mit einem Kunden festgelegte (Verkaufs-)Preis geringer ist als der Wert der dafür zu erbringenden eigenen Leistungen.
Bei Beschaffungsgeschäften droht im bilanzrechtlichen Sinn ein Verlust, wenn am Abschlussstichtag der Tageswert des noch nicht in den Verfügungsbereich des Kaufmanns gelangten Vermögensgegenstands geringer ist als der mit dem Lieferanten vereinbarte (Einkaufs-)Preis.

Durch die Bildung einer Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften wird der Grundsatz durchbrochen, dass schwebende Geschäfte nicht erfasst werden. Nach dem Imparitätsprinzip dem Grunde nach werden die durch schwebende Geschäfte verursachten Minderungen des Reinvermögens bilanziell bereits erfasst, obwohl sie sich erst im Zeitpunkt der Erfüllung des Geschäfts realisieren (Aufwandsantizipationsgebot).

 

Im Gegensatz hierzu erfassen Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten Aufwendungen, die nach dem Prinzip der Abgrenzung von Aufwendungen der Sache nach (wie Garantie- oder Pensionsrückstellungen) oder nach dem Grundsatz der Abgrenzung von Aufwendungen der Zeit nach (zB Rückstellungen für Schadensersatzverpflichtungen) zu passivieren sind. Der Unterschied besteht darin, dass Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten auf die Periodisierungsgrundsätze zurückzuführen sind, während Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften auf die Kapitalerhaltungsgrundsätze zurückgehen.

Abb. 10:

Ursachen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften


[Bild vergrößern]

126

Bei Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften wird eine Saldogröße passiviert. Der Anspruch und die Verpflichtung selbst gehen – wie generell bei schwebenden Geschäften – nicht in die Bilanz ein. Lediglich der Verpflichtungsüberhang wird als Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften auf der Passivseite bilanziert. In dieser Vorgehensweise wird kein Verstoß gegen das Saldierungsverbot (§ 246 Abs. 2 S. 1 HGB) gesehen, da sich das Saldierungsverbot nur auf Erträge und Aufwendungen bezieht, die nach den Periodisierungsgrundsätzen (bereits) zu erfassen sind.

Beispiel für ein Beschaffungsgeschäft:

Die AB-OHG erwirbt bei einem Großhändler Rohstoffe. In dem am 10.12.01 abgeschlossenen Kaufvertrag wird mit dem Lieferanten ein Kaufpreis von 200 000 € und als Liefertermin der 15.1.02 vereinbart. Am Abschlussstichtag (31.12.01) könnten die gleichen Rohstoffe zu 190 000 € eingekauft werden.

Der Wertverlust ist erst im Zeitpunkt der Auslieferung am Markt bestätigt, dh am 15.1.02. Die Vermögensminderung ist allerdings bereits im abgelaufenen Wirtschaftsjahr entstanden. Die AB-OHG hat bei Lieferung 200 000 € zu bezahlen, obwohl am Abschlussstichtag erkennbar ist, dass die eingekauften Rohstoffe nur einen Wert von 190 000 € haben. Die eigene Leistung übersteigt die zu erwartende Gegenleistung um 10 000 €. Der drohende Verlust aus dem schwebenden Beschaffungsgeschäft ist durch Passivierung einer Rückstellung bereits im Jahr 01 gewinnmindernd zu erfassen. Der Eingang der Rohstoffe wirkt sich auf den Gewinn des Jahres 02 nicht aus.


10.12.01: keine Buchung (Grundsatz des Nichtausweises schwebender Geschäfte)
31.12.01: Aufwand 10 000 € an Rückstellung 10 000 €

Aufwandsantizipation nach dem Imparitätsprinzip dem Grunde nach (Verpflichtungsüberhang) im Jahr des Vertragsabschlusses


15.1.02: Rohstoffe 190 000 €
Rückstellung 10 000 € an Bank 200 000 €

Da der Wertverlust bereits im Vorjahr durch die Bildung einer Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften erfasst wurde, ist der Vorgang im Jahr der Erfüllung des Vertrags erfolgsneutral.

Beispiel für ein Absatzgeschäft:

Die Bau-KG vereinbart in einem am 12.12.01 abgeschlossenen Werkvertrag, dem Kunden bis zum 30.6.02 eine Eigentumswohnung zu einem Festpreis von 300 000 € zu erstellen. Bis zum Abschlussstichtag wurde mit dem Bauvorhaben noch nicht begonnen.[1] Eine am Abschlussstichtag vorgenommene Nachkalkulation zeigt, dass aufgrund von zwischenzeitlich eingetretenen Preissteigerungen für die Herstellung der Wohnung voraussichtlich Aufwendungen von 320 000 € anfallen.

Der Wert der eigenen Leistung (= Aufwendungen zur Herstellung der Wohnung von 320 000 €) liegt voraussichtlich um 20 000 € über der Gegenleistung des Kunden (= Festpreis von 300 000 €). Diese Unterdeckung gilt nach dem Imparitätsprinzip dem Grunde nach als Aufwand des Jahres 01, der zur Passivierung einer Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften und damit zu einer entsprechenden Gewinnminderung führt. Fasst man alle Buchungen zusammen, ändert sich im Jahr 02 der Erfolg der Bau-KG nicht. Den Aufwendungen für die Erstellung des Gebäudes von 320 000 € stehen Erträge in gleicher Höhe gegenüber: Umsatzerlöse von 300 000 € sowie Ertrag aus der Auflösung der Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften von 20 000 €.


12.12.01: keine Buchung (Grundsatz des Nichtausweises schwebender Geschäfte)
31.12.01: Aufwand 20 000 € an Rückstellung 20 000 €

Aufwandsantizipation nach dem Imparitätsprinzip dem Grunde nach (Verpflichtungsüberhang) im Jahr des Vertragsabschlusses


Januar bis Juni 02 (Bauphase):
diverse Aufwendungen an diverse Bestände
(Material, Löhne, …) 320 000 € (Bank, Rohstoffe, …) 320 000 €
Fertigerzeugnisse 320 000 € an Bestandserhöhungen
(Ertragskonto) 320 000 €


30.6.02 (Fertigstellung und Übergabe):
Forderungen aus Lieferungen und Leistungen 300 000 € an Umsatzerlöse 300 000 €
Bestandsminderungen
(Aufwandskonto) 320 000 € an Fertigerzeugnisse 320 000 €
Rückstellung 20 000 € an sonstiger betrieblicher Ertrag 20 000 €

Da der Wertverlust durch die Bildung einer Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften bereits im Vorjahr erfasst wurde, ist der Vorgang im Jahr der Erfüllung des Vertrags erfolgsneutral.

127

Die aus schwebenden Geschäften drohenden Verluste müssen in der Handelsbilanz durch die Bildung einer Rückstellung berücksichtigt werden (Ansatzpflicht, § 249 Abs. 1 S. 1 HGB). In der Steuerbilanz besteht jedoch für Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften ein Passivierungsverbot (§ 5 Abs. 4a S. 1 EStG). Durch diese Durchbrechung des Maßgeblichkeitsprinzips (Fall 2b: zwei voneinander abweichende verbindliche Normen) fallen die handelsrechtliche und steuerrechtliche Gewinnermittlung in einem konzeptionellen Punkt auseinander. Für die Verletzung der handelsrechtlichen GoB in der Steuerbilanz hat der Gesetzgeber keinen der für die steuerliche Gewinnermittlung bedeutsamen Grundsätze angeführt. Vielmehr dient die Aufhebung des Imparitätsprinzips dem Grunde nach in der Steuerbilanz im Wesentlichen dazu, die durch die Abschaffung der Gewerbesteuer vom Kapital im Jahr 1998 entstandene Minderung der Steuereinnahmen auszugleichen. Das Verbot, in der Steuerbilanz Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften zu passivieren, beruht also ausschließlich auf haushaltspolitischen Überlegungen. Steuersystematische Argumente bestehen nicht.

128

(3) Niederstwertprinzip: Die Grundform des Niederstwertprinzips bezieht sich auf abgeschlossene Beschaffungsgeschäfte. Für Absatzgeschäfte ist der Grundsatz der verlustfreien Bewertung – eine spezielle Ausprägung des Niederstwertprinzips – zu beachten.

129

(a) In seiner Grundform stellt das Niederstwertprinzip die Ausgestaltung des Imparitätsprinzips der Höhe nach dar, soweit sich dieses auf die Aktivseite der Bilanz bezieht. Das Niederstwertprinzip gilt für Wirtschaftsgüter, die am Abschlussstichtag in der Steuerbilanz aktiviert sind, dh für abgeschlossene Beschaffungsgeschäfte. Nach dem Niederstwertprinzip ist für Wirtschaftsgüter eine aufwandswirksame Abwertung auf den Stichtagswert (beizulegender Wert, Teilwert) vorzunehmen, sofern dieser niedriger ist als die (fortgeführten) Anschaffungs- oder Herstellungskosten (§ 253 Abs. 3, 4 HGB, § 6 Abs. 1 Nr 1, 2 EStG).[2]

Beispiel:

Die AB-OHG erwirbt bei einem Großhändler Rohstoffe. In dem am 10.12.01 abgeschlossenen Kaufvertrag wird mit dem Lieferanten ein Kaufpreis von 200 000 € und als Liefertermin der 20.12.01 vereinbart. Am Abschlussstichtag (31.12.01) könnten die gleichen Rohstoffe zu 190 000 € erworben werden. Um die bereits gelieferten Rohstoffe in der Bilanz der AB-OHG mit ihrem niedrigeren Stichtagswert bewerten zu können, ist eine außerplanmäßige Abschreibung von 10 000 € zu verrechnen.


10.12.01: keine Buchung (Grundsatz des Nichtausweises schwebender Geschäfte)
20.12.01: Rohstoffe 200 000 € an Bank 200 000 €

erfolgsneutraler Beschaffungsvorgang