Besteuerung von Unternehmen I

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II. Einschränkungen des Verlustabzugs nach einem Gesellschafterwechsel

405

Sowohl die Einkommensteuer als auch die Körperschaftsteuer sind durch eine personenbezogene Besteuerung gekennzeichnet. Den Verlustabzug kann nur die Kapitalgesellschaft in Anspruch nehmen, bei der die negativen Einkünfte entstanden sind. Eine Übertragung der Verluste auf die Gesellschafter oder eine andere juristische Person prinzipiell scheidet aus.[203]

Denkbar wäre es aber, dass ein nicht genutzter Verlustvortrag durch Veräußerung der Gesellschaftsanteile indirekt (wirtschaftlich) übertragen wird. Wird eine Kapitalgesellschaft, die einen Verlustvortrag ausweist, veräußert, werden die in der Zukunft erzielten Gewinne mit diesem Verlustvortrag verrechnet. Aus Sicht der neuen Anteilseigner entfällt für diese Gewinne die (Vor-)Belastung mit Körperschaftsteuer. Der neue Anteilseigner profitiert dadurch, dass die Dividenden entsprechend höher ausfallen können. Um die daraus resultierenden Gestaltungsmöglichkeiten zu vermeiden, entfällt nach § 8c Abs. 1 S. 1 KStG der Verlustvortrag der Kapitalgesellschaft in vollem Umfang, wenn mehr als 50% der Anteils- oder Stimmrechte an einen Erwerber oder diesem nahestehende Personen übertragen werden (schädlicher Gesellschafterwechsel).[204]

Beispiel:

Die P-AG hat einen Verlustvortrag von 4 000 000 €. B erwirbt 70% der Anteile an der P-AG. Der Verlustvortrag geht in dem Zeitpunkt in vollem Umfang unter, in dem B die Mehrheit der Anteile erwirbt. Die bei der P-AG in der Vergangenheit entstandenen Verluste können von der P-AG nicht mehr verrechnet werden, sie bleiben steuerlich unberücksichtigt.

406

Eine Kapitalerhöhung steht einem Gesellschafterwechsel gleich, sofern es dadurch zu einer Veränderung der Beteiligungsverhältnisse kommt.

Bei der Berechnung der Quote, bei deren Erreichen es zu einem schädlichen Gesellschafterwechsel kommt, werden alle (mittel- und unmittelbaren) Übertragungen von Anteilen- und Stimmrechten zusammengefasst, die innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren durchgeführt werden.

Als ein Erwerber gilt auch eine Gruppe von Erwerbern, wenn diese gleich gerichtete Interessen haben. Erreicht keiner der Erwerber eine Beteiligungsquote von 50%, kann die Kapitalgesellschaft aufgrund ihrer eigenständigen Steuersubjekteigenschaft den Verlustabzug auch ohne weitere Einschränkung dann in Anspruch nehmen, wenn sich die Zusammensetzung ihrer Gesellschafter ändert.

Die Einschränkung der Verlustverrechnung auf Ebene der Kapitalgesellschaft betrifft sowohl den Verlustvortrag der Kapitalgesellschaft, dh die in den vergangenen Jahren entstandenen und noch nicht verrechneten Verluste, als auch die Verluste des Jahres, die bis zum Zeitpunkt der Anteilsübertragung entstanden sind (laufende Verluste).

407

Entfällt nach einem Gesellschafterwechsel der Verlustvortrag auf Ebene der Kapitalgesellschaft, deren Anteile übertragen wurden, wird das ansonsten bei Kapitalgesellschaften geltende Trennungsprinzip durchbrochen. Für die Besteuerung auf Ebene der Kapitalgesellschaft werden entgegen dem Konzept der eigenständigen Gewinnermittlung von juristischen Personen Vorgänge berücksichtigt, die sich auf Ebene der Gesellschafter ereignen. Der Untergang des Verlustvortrags auf Ebene der Kapitalgesellschaft nach einem Gesellschafterwechsel kann dazu führen, dass die betragsmäßige Beschränkung des Verlustvortrags nicht nur einen negativen Zeiteffekt auslöst, sondern mit einem endgültigen Untergang der Vortragsmöglichkeiten verbunden ist. Aufgrund dieses negativen Bemessungsgrundlageneffekts können die in der Vergangenheit entstandenen Verluste einer Kapitalgesellschaft überhaupt nicht verrechnet werden.

Der ursprünglich vorgesehene quotale Untergang des Verlustabzugs der Kapitalgesellschaft bei einer Übertragung von mehr als 25%, aber weniger als 50% der Anteils- oder Stimmrechte wurde als Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG angesehen. Es ist unzulässig, typisierend davon auszugehen, dass sich bei einem Gesellschafterwechsel zwischen 25 und 50% die wirtschaftliche Identität der Kapitalgesellschaft ändert. Bei einem Gesellschafterwechsel zwischen 25 und 50% liegt kein Missbrauch vor, der durch den quotalen Untergang des Verlustabzugs zu verhindern ist.[205] Strittig ist, ob sich die wirtschaftliche Identität einer Kapitalgesellschaft bei einem Übergang von mehr als 50% der Anteils- oder Stimmrechte so ändert, dass damit der vollständige Untergang des Verlustabzugs gerechtfertigt werden kann.[206]

408

Konzerninterne Umstrukturierungen sollen unter bestimmten Voraussetzungen nicht zum Untergang des Verlustabzugs führen. Der Verlustabzug der Kapitalgesellschaft geht deshalb nicht unter, wenn an dem übertragenden und an dem übernehmenden Rechtsträger dieselbe Person zu jeweils 100% mittelbar oder unmittelbar beteiligt ist (§ 8c Abs. 1 S. 4 KStG). Bei dieser Konzernklausel wird beachtet, dass es zwar rechtlich zu einem Anteilseignerwechsel kommt, sich aber wirtschaftlich die Verhältnisse nicht geändert haben. Idealtypisches Beispiel für die Anwendung der Konzernklausel ist der Verkauf einer Enkelkapitalgesellschaft zwischen zwei Tochterkapitalgesellschaften, die das gleiche Mutterunternehmen haben.

409

Der Verlustvortrag bleibt in dem Umfang erhalten, in dem zum Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs im inländischen Betriebsvermögen stille Reserven vorhanden sind (§ 8c Abs. 1 S. 5–8 KStG). Die Stille-Reserve-Klausel geht von der Überlegung aus, dass in dem Umfang, in dem stille Reserven gebildet wurden, die Einkünfte der Kapitalgesellschaft geringer ausgefallen sind. Wären die stillen Reserven nicht gebildet worden, wäre der Verlustvortrag der Kapitalgesellschaft entsprechend geringer. Soweit der (anteilige) gemeine Wert der Anteile (idR der für die Anteile vereinbarte Kaufpreis) höher ist als das (anteilige) steuerliche Eigenkapital der Kapitalgesellschaft, bleibt auch bei einem schädlichen Gesellschafterwechsel der Verlustvortrag der Kapitalgesellschaft erhalten.

Beispiel:

Die K-AG weist einen Verlustvortrag von 5 000 000 € und ein steuerbilanzielles Eigenkapital von 2 000 000 € aus. N erwirbt 60% der Anteile an der K-AG. Er entrichtet einen Kaufpreis von 1 800 000 €. Der gemeine Wert der Anteile (= 1 800 000 €) übersteigt das anteilige bilanzielle Eigenkapital (= 1 200 000 € = 2 000 000 € × 60%) um 600 000 €. In Höhe dieser Differenz bleibt der Verlustvortrag der K-AG erhalten. Unter Berücksichtigung der Stille-Reserve-Klausel geht der Verlustvortrag der K-AG durch den Gesellschafterwechsel nur in Höhe von 4 400 000 € (= 5 000 000 € – 600 000 €) anstatt in voller Höhe unter.

410

Der Verlustvortrag entfällt nach einem Gesellschafterwechsel nicht, wenn der Beteiligungserwerb der Sanierung der Kapitalgesellschaft dient (Sanierungsklausel, § 8c Abs. 1a KStG).[207] Eine Sanierung liegt vor, wenn eine Maßnahme dazu dient, die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung zu verhindern oder zu beseitigen und zugleich die wesentlichen Betriebsstrukturen zu erhalten.

Die Erhaltung der wesentlichen Betriebsstrukturen setzt voraus, (1) dass eine Betriebsvereinbarung mit einer Arbeitsplatzregelung besteht oder (2) dass die Lohnsumme in den nächsten fünf Jahren nach dem Beteiligungserwerb 400% der Ausgangslohnsumme nicht unterschreitet (= im Durchschnitt 80% der bisherigen Lohnsumme) oder (3) dass der Kapitalgesellschaft durch Einlagen wesentliches Betriebsvermögen zugeführt wird. Eine wesentliche Betriebsvermögenszuführung liegt vor, wenn der Kapitalgesellschaft innerhalb von zwölf Monaten nach dem Beteiligungserwerb neues Betriebsvermögen zugeführt wird, das mindestens 25% des in der Steuerbilanz zum Schluss des vorangehenden Wirtschaftsjahres enthaltenen (anteiligen) Aktivvermögens entspricht. Ein Erlass von werthaltigen Verbindlichkeiten durch den Erwerber oder eine ihm nahestehende Person gilt gleichfalls als Zuführung neuen Betriebsvermögens. Leistungen der Kapitalgesellschaft an die Gesellschafter (offene oder verdeckte Gewinnausschüttungen, Kapitalherabsetzungen) innerhalb von drei Jahren nach der Zuführung des neuen Betriebsvermögens mindern den Wert des neu zugeführten Betriebsvermögens.

Keine Sanierung liegt vor, wenn die Kapitalgesellschaft im Zeitpunkt des Beteiligungserwerbs ihren Geschäftsbetrieb im Wesentlichen eingestellt hat oder wenn innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren nach dem Beteiligungserwerb ein Branchenwechsel erfolgt.

411

Nach einem schädlichen Gesellschafterwechsel iSd § 8c KStG geht der Verlustvortrag auf Antrag doch nicht unter, wenn die Kapitalgesellschaft seit ihrer Gründung oder zumindest in den letzten drei Jahren ausschließlich denselben Geschäftsbetrieb unterhalten hat und dieser Geschäftsbetrieb fortgeführt wird (§ 8d Abs. 1 S. 1 KStG). Rechtsfolge des Antrags ist, dass § 8c KStG nicht angewendet wird und dass der (ansonsten untergehende) Verlustvortrag zum fortführungsgebundenen Verlustvortrag wird (§ 8d Abs. 1 S. 5–8 KStG).[208]

 

§ 8d KStG ist nur relevant, wenn nach § 8c KStG der Verlustvortrag untergehen würde. Es muss also ein schädlicher Gesellschafterwechsel vorliegen (Übertragung von mehr als 50% der Anteils- oder Stimmrechte auf einen Erwerber) und es darf keine der in § 8c KStG kodifizierten Ausnahmeregelungen relevant sein (Konzernklausel, Stille-Reserve-Klausel, Sanierungsklausel). Der fortführungsgebundene Verlustvortrag nach § 8d KStG dient insbesondere der Erleichterung von Sanierungen (wenn keine stillen Reserven mehr vorhanden sind) sowie zur Aufnahme von neuen Gesellschaftern in Wachstumsunternehmen (wenn noch keine stillen Reserven vorhanden sind).[209]

Die Regelungen für den fortführungsgebundenen Verlustvortrag kommt nicht zur Anwendung, wenn die verlusterzielende Kapitalgesellschaft ihren Geschäftsbetrieb eingestellt oder ruhend gestellt hat oder wenn die Kapitalgesellschaft als Muttergesellschaft einer ertragsteuerlichen Organschaft fungiert oder wenn sie an einer Personengesellschaft beteiligt ist (§ 8d Abs. 1 S. 2 KStG).

Ein Geschäftsbetrieb umfasst die von einer einheitlichen Gewinnerzielungsabsicht getragenen, nachhaltigen, sich gegenseitig ergänzenden und fördernden Betätigungen der Körperschaft und bestimmt sich nach qualitativen Merkmalen in einer Gesamtbetrachtung. Qualitative Merkmale sind insbesondere die angebotenen Dienstleistungen oder Produkte, der Kunden- und Lieferantenkreis, die bedienten Märkte und die Qualifikation der Arbeitnehmer (§ 8d Abs. 1 S. 3, 4 KStG).

Der zuletzt festgestellte fortführungsgebundene Verlustvortrag geht unter, wenn ein schädliches Ereignis nach § 8d Abs. 2 KStG stattfindet. Als schädliches Ereignis gelten zum einen die Einstellung des Geschäftsbetriebs, die Zuführung des Geschäftsbetriebs zu einer andersartigen Zweckbestimmung und die Aufnahme eines zusätzlichen Geschäftsbetriebs (§ 8d Abs. 2 Nr 1–3 KStG). Der fortführungsgebundene Verlustvortrag geht in diesen Fällen unter, weil der Geschäftsbetrieb nicht unverändert fortgeführt wird. Zum anderen entfällt der fortführungsgebundene Verlustvortrag bei einer Beteiligung der Kapitalgesellschaft an einer Personengesellschaft, bei der Übernahme der Stellung eines Mutterunternehmens einer ertragsteuerlichen Organschaft (Organträger) und bei der Übertragung von Wirtschaftsgütern auf die Kapitalgesellschaft zu einem geringeren Wert als dem gemeinen Wert (§ 8d Abs. 2 Nr 4–6 KStG). Durch die Einordnung dieser Geschäftsvorfälle als schädliches Ereignis soll die Möglichkeit ausgeschlossen werden, dass die bei einem anderen Rechtssubjekt entstandenen Gewinne bzw stillen Reserven mit dem fortführungsgebundenen Verlustvortrag verrechnet werden.

Die Voraussetzungen des § 8d KStG stellen sowohl bei den vergangenheitsbezogenen Kriterien als auch den zukunftsbezogenen Ereignissen auf die wirtschaftliche Identität der Kapitalgesellschaft ab, bei der die Verluste entstanden sind und bei der zukünftig Gewinne entstehen.

Zweiter Teil Die Besteuerung des Erfolgs eines Unternehmens › Dritter Abschnitt Körperschaftsteuer › E. Steuertarif und Steuerzahlung

E. Steuertarif und Steuerzahlung

412

Für die Körperschaftsteuer gilt ein einheitlicher Steuersatz von 15% (§ 23 Abs. 1 KStG). Der Körperschaftsteuersatz ist


unabhängig davon, wie hoch die Bemessungsgrundlage, das zu versteuernde Einkommen, ausfällt (proportionaler Steuertarif: keine Progressionswirkung) und
unabhängig davon, ob die Gewinne einbehalten oder ausgeschüttet werden (Unabhängigkeit von der Gewinnverwendung: kein gespaltener Steuersatz).

Die festzusetzende Körperschaftsteuer errechnet sich nach folgendem Schema:


Steuerbetrag nach Regelsteuersatz (§ 23 Abs. 1 KStG) (= zu versteuerndes Einkommen × Körperschaftsteuersatz)
Steuerermäßigungen, zB nach § 26 Abs. 1 KStG iVm § 34c EStG anrechenbare ausländische Steuern
= Tarifbelastung
= festzusetzende Körperschaftsteuer

Die Körperschaftsteuer ist eine Jahressteuer. Sie ist jeweils für ein Kalenderjahr zu ermitteln (§ 7 Abs. 3 KStG).

413

Die Körperschaftsteuer ist eine Veranlagungssteuer. Der Steuerpflichtige gibt bis zum 31. Juli des Folgejahres nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung eine Körperschaftsteuererklärung ab (§ 31 Abs. 1a KStG iVm § 149 Abs. 2 AO). Die Finanzbehörde erlässt daraufhin einen Körperschaftsteuerbescheid. Für Veranlagung, Anrechnung, Entrichtung und Vergütung der Körperschaftsteuer sind die für die Einkommensteuer geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden (§ 31 Abs. 1 KStG).

Die Körperschaftsteuer entsteht grundsätzlich mit Ablauf des Kalenderjahres (Veranlagungszeitraum, § 30 KStG). Die Körperschaftsteuer wird grundsätzlich in Form von vierteljährlichen Vorauszahlungen auf die voraussichtliche Steuerschuld des Jahres erhoben. Bereits entrichtete bzw einbehaltene Beträge sind auf die festzusetzende Körperschaftsteuer anzurechnen. Für die Abschlusszahlung (zu zahlende Körperschaftsteuer) oder den Erstattungsbetrag gilt (§ 31 Abs. 1 KStG iVm § 36, § 48c Abs. 1 EStG):


festzusetzende Körperschaftsteuer
vierteljährliche Körperschaftsteuer-Vorauszahlungen
anzurechnende Kapitalertragsteuer (bei Kapitalerträgen, die einer juristischen Person zufließen, hat die Kapitalertragsteuer grundsätzlich keine abgeltende Wirkung,§ 32d EStG gilt nur für Einkünfte aus Kapitalvermögen einer natürlichen Person)
bei Durchführung von begünstigten Forschungs- und Entwicklungsvorhaben Forschungszulage
bei der Erbringung von Bauleistungen: vom Leistungsempfänger einbehaltener Steuerabzug (sofern nicht bereits bei der abzuführenden Lohnsteuer oder den Körperschaftsteuervorauszahlungen angerechnet)
= Abschlusszahlung (zu zahlende Körperschaftsteuer) oder Körperschaftsteuererstattung

Zweiter Teil Die Besteuerung des Erfolgs eines Unternehmens › Dritter Abschnitt Körperschaftsteuer › F. Körperschaftsteuersystem

F. Körperschaftsteuersystem

I. Besteuerung von Gewinnausschüttungen

414

Die Ausgestaltung des Körperschaftsteuersystems ist insbesondere dann bedeutsam, wenn eine Kapitalgesellschaft die von ihr erzielten Gewinne ausschüttet. Stellt eine Kapitalgesellschaft ihre Gewinne in die Rücklagen ein (Thesaurierung), sind die Gewinne nur von der Kapitalgesellschaft zu versteuern. Aufgrund des Trennungsprinzips werden die einbehaltenen Gewinne dem Gesellschafter nicht zugerechnet. Der Gesellschafter bezieht keine steuerbaren Einkünfte. Im Thesaurierungsfall kommt es generell nur zu einer einmaligen Besteuerung: (1) Unabhängig von der Ausgestaltung des Körperschaftsteuersystems fällt auf Ebene der Kapitalgesellschaft Körperschaftsteuer an. (2) Auf Ebene des Anteilseigners werden keine Ertragsteuern erhoben.

Bei einer Ausschüttung der Gewinne ist danach zu differenzieren, ob der Gesellschafter eine natürliche Person oder eine juristische Person (insbesondere eine andere Kapitalgesellschaft) ist, da Beteiligungserträge im Rahmen der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer unterschiedlich besteuert werden.

1. Ausschüttungen an eine natürliche Person

a) Anteile im Privatvermögen: Abgeltungsteuer

415

Handelt es sich bei dem Gesellschafter um eine natürliche Person, hängt die Besteuerung der Dividenden davon ab, ob die Anteile an der Kapitalgesellschaft zum Privatvermögen oder zum Betriebsvermögen des Gesellschafters gehören. Zunächst wird auf den Grundfall eingegangen, dass die Anteile dem Privatvermögen zugeordnet werden.

Hält eine natürliche Person die Anteile an der Kapitalgesellschaft in ihrem Privatvermögen, führen die Dividenden zu Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr 1 EStG). Es kommt zu einem Nebeneinander von Besteuerung der Gewinne auf Ebene der Kapitalgesellschaft mit Körperschaftsteuer und Besteuerung auf Ebene der Anteilseigner mit Einkommensteuer. Rechtlich liegt zwar keine Doppelbesteuerung vor, da die Gewinne der Kapitalgesellschaft und die Dividenden der Gesellschafter von zwei verschiedenen Rechtssubjekten zu versteuern sind. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht werden jedoch die gleichen Einkommensteile belastet. Es kommt zu einer wirtschaftlichen Doppelbesteuerung. Das Nebeneinander von Gewinnbesteuerung der Kapitalgesellschaft und Besteuerung der Ausschüttungen beim Anteilseigner wird auch als Doppelbelastung bezeichnet.

Die Doppelbelastung von Gewinnen, die eine Kapitalgesellschaft an ihre Anteilseigner ausschüttet, wird in pauschalierter Weise vermieden: Die auf Ebene der Kapitalgesellschaft erhobene Körperschaftsteuer von 15% der Gewinne bleibt auch im Ausschüttungsfall bestehen (Definitivcharakter der Körperschaftsteuer). Die nach Abzug der Körperschaftsteuer verbleibenden Gewinne werden bei einem einkommensteuerpflichtigen Anteilseigner, der die Anteile an der Kapitalgesellschaft in seinem Privatvermögen hält, nicht nach dem Normaltarif besteuert, sondern mit einem gesonderten Steuertarif. Einkünfte aus Kapitalvermögen sind zwar in vollem Umfang steuerpflichtig, allerdings gilt für sie grundsätzlich ein Sondersteuersatz von 25%, der deutlich unter dem Spitzensteuersatz der Einkommensteuer von 45% liegt (Abgeltungsteuer, § 32d EStG).[210]

 

Die Gesamtsteuerbelastung von Gewinnen, die eine Kapitalgesellschaft an eine natürliche Person ausschüttet, setzt sich aus der Körperschaftsteuer der Kapitalgesellschaft sowie der reduzierten Einkommensteuer des Anteilseigners zusammen. Hält der Anteilseigner seine Anteile im Privatvermögen, erfolgt die Entlastung der Einkommensteuer durch eine Reduzierung des Steuersatzes:


sKSt + (1 – sKSt) × sAbgSt




mit sKSt = Körperschaftsteuersatz, sAbgSt = Abgeltungsteuersatz

Auf Ebene der Kapitalgesellschaft fällt Körperschaftsteuer an ①. Die nach Abzug der Körperschaftsteuer mögliche Dividende ② ist auf Ebene des Anteilseigners mit der 25%igen Abgeltungsteuer besteuert ③.

Die Grundstruktur der Besteuerung von Gewinnen, die an eine natürliche Person ausgeschüttet werden, die ihre Anteile im Privatvermögen hält (Abgeltungsteuer), verdeutlicht das folgende Berechnungsschema:


1. Ebene der Kapitalgesellschaft körperschaftsteuerpflichtiger Gewinn 100,00
Körperschaftsteuer von 15%des körperschaftsteuerpflichtigen Gewinns (§ 23 Abs. 1 KStG) 15,00
= Ausschüttung (Bruttobardividende) 85,00
Kapitalertragsteuer von 25% der Ausschüttung(§ 43 Abs. 1 S. 1 Nr 1, § 43a Abs. 1 S. 1 Nr 1 EStG) 21,25
= Auszahlung (Nettobardividende) 63,75
2. Ebene des Gesellschafters (natürliche Person): Abgeltungsteuer keine weitere Besteuerung, da der gesonderte Steuertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen mit der Kapitalertragsteuer übereinstimmt
= Veränderung des Nettovermögens nach Einkommensteuer(Nettobardividende) 63,75
3. Gesamtbelastung 36,25

Nach Abzug der 15%igen Körperschaftsteuer kann die Kapitalgesellschaft aus ihrem Gewinn von 100,00 eine Dividende von 85,00 finanzieren. Auf die Dividende wird eine Kapitalertragsteuer von 25% erhoben. Die Kapitalertragsteuer stimmt mit dem gesonderten Steuertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen (Abgeltungsteuer) überein. Deshalb bleiben die Dividenden bei der Veranlagung des Anteilseigners grundsätzlich außer Ansatz. Dieser gesonderte Steuersatz gilt unabhängig von den persönlichen Verhältnissen des Anteilseigners.[211]

Durch die Gewinnausschüttung erhöht sich das Nettovermögen des Gesellschafters um 63,75. Die steuerliche Gesamtbelastung beträgt also 36,25. Sie setzt sich aus der Körperschaftsteuer der Kapitalgesellschaft von 15,00 und der Einkommensteuer des Anteilseigners (Abgeltungsteuer) von 21,25 zusammen.