Besteuerung von Unternehmen I

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II. Ertragshoheit

380

Die Körperschaftsteuer ist eine Gemeinschaftsteuer. Ihr Aufkommen steht dem Bund und den Ländern jeweils zur Hälfte zu (Art. 106 Abs. 3 GG). Der Anteil der einzelnen Länder errechnet sich nach der in ihrem Gebiet vereinnahmten Körperschaftsteuer. Ist eine Körperschaft in mehreren Bundesländern tätig, findet unter bestimmten Voraussetzungen eine Aufteilung zwischen den Ländern statt. Die Details dieser Aufteilung sind in § 1 – § 6 Zerlegungsgesetz geregelt.

III. Aufbau des Körperschaftsteuergesetzes

381

Das Körperschaftsteuergesetz ist in sechs Abschnitte untergliedert. Im Einzelnen werden angesprochen:


I. Steuerpflicht (§ 1 – § 6a KStG): Im ersten Abschnitt ist festgelegt, wer körperschaftsteuerpflichtig ist und für wen persönliche Befreiungen von der Körperschaftsteuer bestehen.
II. Einkommen (§ 7 – § 22 KStG): Der zweite Abschnitt regelt, wie die steuerpflichtigen Einkünfte zu ermitteln sind (§ 7 – § 13 KStG) und welche Sondervorschriften für die Organschaft (§ 14 – § 19 KStG) sowie für Versicherungsunternehmen, Pensionsfonds und Genossenschaften gelten (§ 20 – § 22 KStG).
III. Tarif, Besteuerung bei ausländischen Einkunftsteilen (§ 23 – § 26 KStG): Der Körperschaftsteuersatz, die Freibeträge für bestimmte Körperschaften (nicht für Kapitalgesellschaften) sowie die Maßnahmen zur Vermeidung einer internationalen Doppelbesteuerung bei ausländischen Einkünften sind im dritten Abschnitt geregelt.
IV. Nicht in das Nennkapital geleistete Einlagen und Entstehung und Veranlagung (§ 27 – § 32a KStG): Der vierte Abschnitt enthält Vorschriften zur Erfassung der Vermögensmehrungen, die gesellschaftsrechtlich veranlasst sind, und die verfahrensrechtlichen Fragen der Körperschaftsteuer.
V. Ermächtigungs- und Schlussvorschriften (§ 33 – § 35 KStG): Diese sind im fünften Abschnitt zusammengefasst.
VI. Sondervorschriften für den mit der Unternehmensteuerreform 2000 vollzogenen Übergang vom körperschaftsteuerlichen Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren (§ 36 – § 39 KStG): Diese Übergangsregelungen sind nicht mehr von praktischer Bedeutung.

IV. Schema zur Ermittlung der Körperschaftsteuer

382

Das folgende Schema enthält die wichtigsten Positionen zur Berechnung der Körperschaftsteuer von Kapitalgesellschaften. Zu einer detaillierten Zusammenstellung siehe R 7.1, R 7.2 KStR.


steuerlicher Gewinn (bei Kapitalgesellschaften nur Einkünfte aus Gewerbebetrieb, § 8 Abs. 2 KStG)
abziehbare Zuwendungen (§ 9 Abs. 1 Nr 2 KStG)
+ bei Organträgern: zuzurechnendes Einkommen von Organgesellschaften(§ 14, § 17 KStG)
bei Organgesellschaften: das dem Organträger zuzurechnende Einkommen(§ 14, § 17 KStG)
= Gesamtbetrag der Einkünfte
Verlustabzug (§ 8 Abs. 1 KStG iVm § 10d EStG)
= Einkommen
Freibetrag für bestimmte Körperschaften (§ 24, § 25 KStG)
= zu versteuerndes Einkommen
× Körperschaftsteuersatz (15%, § 23 Abs. 1 KStG)
= Steuerbetrag nach Regelsteuersatz
Steuerermäßigungen, insbesondere anrechenbare ausländische Steuern(§ 26 KStG iVm § 34c EStG)
= Tarifbelastung
= festzusetzende Körperschaftsteuer
Ende der Steuerermittlung
Beginn der Steuererhebung
vierteljährliche Körperschaftsteuer-Vorauszahlungen
anzurechnende Kapitalertragsteuer (bei Kapitalerträgen, die einer Kapitalgesellschaft zufließen, hat die Kapitalertragsteuer grundsätzlich keine abgeltende Wirkung,§ 32d EStG gilt nur für Einkünfte aus Kapitalvermögen einer natürlichen Person)
bei Durchführung von begünstigten Forschungs- und Entwicklungsvorhaben: Forschungszulage
bei der Erbringung von Bauleistungen: vom Leistungsempfänger einbehaltener Steuerabzug (sofern nicht bereits bei der abzuführenden Lohnsteuer oder den Körperschaftsteuer-Vorauszahlungen angerechnet)
= Abschlusszahlung (zu zahlende Körperschaftsteuer) oder Körperschaftsteuererstattung (§ 31 Abs. 1 KStG iVm § 36, § 48c Abs. 1 EStG)

Zweiter Teil Die Besteuerung des Erfolgs eines Unternehmens › Dritter Abschnitt Körperschaftsteuer › B. Persönliche Steuerpflicht (juristische Personen)

B. Persönliche Steuerpflicht (juristische Personen)

383

 

Bei der Besteuerung von juristischen Personen ist wie bei der Einkommensteuer zwischen unbeschränkter Steuerpflicht und beschränkter Steuerpflicht zu unterscheiden.

I. Unbeschränkte Steuerpflicht

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Unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig sind folgende Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz im Inland haben (§ 1 Abs. 1 KStG):


Kapitalgesellschaften (insbesondere Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung einschließlich ihrer Unterform Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt), Kommanditgesellschaften auf Aktien, Europäische Gesellschaften),
Genossenschaften (zB Volksbanken, Raiffeisenbanken, die DATEV, Einkaufsgenossenschaften der Handwerker, Winzergenossenschaften, Wohnungsbaugenossenschaften) sowie Europäische Genossenschaften,
Versicherungsvereine und Pensionsfondsvereine auf Gegenseitigkeit,
sonstige juristische Personen des privaten Rechts, zB eingetragene Vereine (wie Sportvereine), Stiftungen des privaten Rechts,
nichtrechtsfähige Vereine, Anstalten, Stiftungen und andere Zweckvermögen des privaten Rechts, zB nicht eingetragene Kegelvereine, die Einzelgewerkschaften, der Deutsche Gewerkschaftsbund,
Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (zB Gebietskörperschaften, wie Bund, Länder, Gemeinden und öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften, Universitäten, Innungen, Handwerkskammern, Industrie- und Handelskammern, Steuerberaterkammern, Wirtschaftsprüferkammer, Rundfunkanstalten des öffentlichen Rechts). Nach § 4 KStG sind Betriebe gewerblicher Art alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dienen und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben. Zu den Betrieben gewerblicher Art gehören auch Betriebe, die der Versorgung der Bevölkerung mit Wasser, Gas, Elektrizität oder Wärme, dem öffentlichen Verkehr oder dem Hafenbetrieb dienen. Keinen Betrieb gewerblicher Art bilden Betriebe, die überwiegend der öffentlichen Gewalt dienen (Hoheitsbetriebe). Bei Betrieben gewerblicher Art sind die Absicht, Gewinn zu erzielen, und die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nicht erforderlich (§ 8 Abs. 1 S. 2 KStG). Die Besteuerung gewerblicher Betriebe der öffentlichen Hand ist aus wettbewerbspolitischen Gründen geboten, da eine Konkurrenz zu privaten Unternehmen gegeben ist, sofern sich die öffentliche Hand in nicht unerheblichem Maße privatwirtschaftlich betätigt. Beispiele für Betriebe gewerblicher Art der öffentlichen Hand sind öffentlich-rechtliche Banken und Sparkassen, Versicherungsanstalten, Friedhofsgärtnereien, Universitätskliniken, Wochen- und Jahrmärkte, Parkhäuser, Schwimmbäder, Veranstaltungshallen (zB Stadthalle), Campingplätze und Klosterbrauereien. Zur Abgrenzung siehe im Einzelnen R 4.1, R 4.2 KStR. Hinweis: Soweit die Betriebe in privatrechtlicher Form (zB GmbH, AG) geführt werden, werden sie nach den für diese Rechtsform geltenden Vorschriften besteuert (Beispiel: N-ERGIE AG).

Die Aufzählung in § 1 Abs. 1 KStG ist abschließend. Die Körperschaftsteuerpflicht von Investmentfonds ergibt sich aus einem gesonderten Gesetz (§ 15 InvStG).

Personengesellschaften sind weder körperschaftsteuer- noch einkommensteuerpflichtig, da sie in § 1 Abs. 1 KStG nicht genannt sind und sie auch nicht unter § 1 Abs. 1 EStG fallen. Eine Personengesellschaft ist weder eine natürliche Person noch eine juristische Person. Deshalb werden die über eine Personengesellschaft erzielten Erfolge den Gesellschaftern zugerechnet und von den Gesellschaftern versteuert (Transparenzprinzip, insbesondere § 15 Abs. 1 S. 1 Nr 2 EStG). Spezialfragen zur Abgrenzung zwischen Körperschaft- und Einkommensteuerpflicht regelt § 3 KStG.

Die Geschäftsleitung befindet sich an dem Ort, an dem sich der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung befindet (§ 10 AO). Der Sitz wird durch Gesetz, Gesellschaftsvertrag, Satzung, Stiftungsgeschäft oder vergleichbare rechtliche Regelungen bestimmt (§ 11 AO).

Was zum Inland gehört, ist in § 1 Abs. 3 KStG im Einzelnen definiert. Dieser Inlandsbegriff dient beispielsweise dazu, auch Windkraftanlagen vor der Küste zu erfassen.

Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf das Welteinkommen (§ 1 Abs. 2 KStG). Die juristische Person hat in Deutschland sämtliche Einkünfte zu versteuern, dh die Besteuerung ist unabhängig davon, ob eine juristische Person ihre Einkünfte im Inland oder im Ausland erzielt (Welteinkommensprinzip, Universalitätsprinzip). Ausnahmen können sich aus den zur Vermeidung einer internationalen Doppelbesteuerung mit ausländischen Staaten abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen ergeben.[191]

II. Beschränkte Steuerpflicht

385

Die beschränkte Steuerpflicht ist zweigeteilt (§ 2 KStG):


Organisationen mit Geschäftsleitung und Sitz im Ausland
sonstige nicht unbeschränkt steuerpflichtige Organisationen.

Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die weder ihre Geschäftsleitung noch ihren Sitz im Inland haben, sind beschränkt körperschaftsteuerpflichtig, sofern sie inländische Einkünfte iSd § 49 EStG erzielen (§ 2 Nr 1 KStG). Diese Form der beschränkten Steuerpflicht einer juristischen Person entspricht konzeptionell der beschränkten Steuerpflicht von natürlichen Personen nach § 1 Abs. 4 EStG (eingeschränktes Territorialprinzip für ausländische Kapitalgesellschaften).

Beispiel:

Eine ausländische Kapitalgesellschaft unterhält im Inland eine Betriebsstätte (Zweigniederlassung, § 2 Nr 1 KStG iVm § 49 Abs. 1 Nr 2 Buchst. a EStG).

Sonstige Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die nicht unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig sind, unterliegen in dem Umfang der beschränkten Steuerpflicht, in dem sie inländische Einkünfte beziehen, die vollständig oder teilweise dem Steuerabzug unterliegen (§ 2 Nr 2 KStG). Bei diesen beschränkt körperschaftsteuerpflichtigen Organisationen findet keine Veranlagung statt. Die Steuerschuld ist mit dem Abzug der Kapitalertragsteuer abgegolten.

Beispiel:

Der Stadt Nürnberg fließen aus der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft Gewinnausschüttungen zu.

III. Steuerbefreiungen

386

Aus sozial- und wirtschaftspolitischen Gründen sind bestimmte juristische Personen von der Körperschaftsteuer befreit. Hierzu gehören beispielsweise (§ 5, § 6 KStG):


Deutsche Bundesbank, Kreditanstalt für Wiederaufbau, Bayerische Landesanstalt für Aufbaufinanzierung,
rechtsfähige Pensions-, Sterbe-, Kranken- und Unterstützungskassen (unter bestimmten Voraussetzungen),
kleinere Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit (unter bestimmten Voraussetzungen),
Berufsverbände (wie Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände), soweit sie keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhalten,
politische Parteien, soweit kein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten wird,
gemeinnützige Körperschaften, soweit kein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten wird,
bestimmte Genossenschaften,
die Auftragsforschung öffentlich-rechtlicher Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen (mit Einschränkungen).

Außerhalb des Körperschaftsteuergesetzes bestehen weitere Steuerbefreiungen (zB § 16 REITG für bestimmte börsennotierte Immobiliengesellschaften sowie § 14 FMStFG für den Finanzmarktstabilisierungsfonds).

Die Steuerbefreiung gilt für inländische juristische Personen, jedoch nicht für beschränkt steuerpflichtige ausländische Körperschaften. Gemeinnützige Gesellschaften sind allerdings auch dann steuerbefreit, wenn sie in einem EU- oder EWR-Staat gegründet und ansässig sind (§ 5 Abs. 2 Nr 2 KStG).

Bei den Steuerbefreiungen nach § 5 KStG handelt es sich um persönliche Steuerbefreiungen, dh bestimmte juristische Personen werden von der Besteuerung ausgenommen. Dies ist eine Abweichung von den einkommensteuerlichen Regelungen. Die Einkommensteuer kennt nur sachliche Steuerbefreiungen, wonach bestimmte Einkünfte nicht besteuert werden (zB nach § 3 EStG).

Die Befreiung wird für die inländischen Einkünfte aufgehoben, die vollständig oder teilweise dem Steuerabzug (Kapitalertragsteuer) unterliegen (§ 5 Abs. 2 Nr 1 KStG). In diesem Fall liegt eine besondere Form der beschränkten Steuerpflicht vor.

IV. Beginn und Ende der Steuerpflicht

387

 

Zivilrechtlich entsteht eine Körperschaft mit Eintragung in das maßgebende Register. Bei einer Kapitalgesellschaft ist das die Eintragung in das Handelsregister. Im Zeitraum zwischen dem Entschluss zur Gründung einer Körperschaft und dem Abschluss des Gesellschaftsvertrags spricht man von einer Vorgründungsgesellschaft. Mit Abschluss des Gesellschaftsvertrags (§ 2 GmbHG) bzw Feststellung der Satzung (§ 23 Abs. 1, § 280 AktG) entsteht die Vorgesellschaft (Gründergesellschaft), die bis zur Eintragung der Kapitalgesellschaft ins Handelsregister besteht.

Die Körperschaftsteuerpflicht beginnt mit Abschluss des Gesellschaftsvertrags, dh mit Entstehen der Vorgesellschaft. Die Vorgründungsgesellschaft ist eine Mitunternehmerschaft (Personengesellschaft) iSd § 15 Abs. 1 S. 1 Nr 2 EStG. Das von einer Vorgründungsgesellschaft erzielte Einkommen ist von den Gründungsgesellschaftern zu versteuern (R 1.1 Abs. 4 KStR, H 1 KStH).

Die Körperschaftsteuerpflicht endet mit der rechtsgültigen Einstellung des Geschäftsbetriebs, also erst nach Abschluss des Liquidationsverfahrens und nach Ablauf des Sperrjahres (zB § 272 Abs. 1 AktG, § 73 Abs. 1 GmbHG). Während des Abwicklungs- oder Insolvenzverfahrens bleibt die juristische Person körperschaftsteuerpflichtig (R 11 Abs. 2 KStR).

Eine im Ausland ansässige juristische Person ist so lange beschränkt körperschaftsteuerpflichtig, wie sie inländische Einkünfte iSd § 49 EStG bezieht (R 2 Abs. 1 S. 2 KStR).

Zweiter Teil Die Besteuerung des Erfolgs eines Unternehmens › Dritter Abschnitt Körperschaftsteuer › C. Sachliche Steuerpflicht und Bemessungsgrundlage (zu versteuerndes Einkommen)

C. Sachliche Steuerpflicht und Bemessungsgrundlage (zu versteuerndes Einkommen)

I. Einkommensbegriff des Körperschaftsteuergesetzes

388

Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer ist das „zu versteuernde Einkommen“ (§ 7 Abs. 1 KStG). Dieses entspricht im Regelfall dem „Einkommen“ nach § 8 Abs. 1 KStG. Was als Einkommen gilt und wie das Einkommen zu ermitteln ist, bestimmt sich nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes und den körperschaftsteuerlichen Sondervorschriften (§ 8 Abs. 1 S. 1 KStG).

Bei inländischen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten beträgt das Einkommen aus dem Geschäft der Veranstaltung von Werbesendungen 16% der Entgelte aus Werbesendungen (§ 8 Abs. 1 S. 3 KStG). Bei einigen Körperschaften ist ausnahmsweise das Einkommen um einen Freibetrag zu kürzen (§ 7 Abs. 2 iVm § 24, § 25 KStG).

Bei unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaften, Genossenschaften sowie Versicherungs- und Pensionsfondsvereinen auf Gegenseitigkeit gelten alle Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 8 Abs. 2 KStG). Andere juristische Personen (zB Stiftungen) sowie beschränkt steuerpflichtige Körperschaften können sämtliche Einkunftsarten – mit Ausnahme von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit – beziehen (R 8.1 Abs. 2 KStR).

Juristische Personen haben nur eine betriebliche Sphäre. Bei juristischen Personen gibt es also keine Unterscheidung zwischen unternehmerischem und privatem Bereich. Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und andere private (nicht betriebliche) Ausgaben können bei Ermittlung der körperschaftsteuerpflichtigen Bemessungsgrundlage nicht abgezogen werden.

389

Für Kapitalgesellschaften gelten zur Berechnung der Bemessungsgrundlage „zu versteuerndes Einkommen“ vereinfachend folgende Zusammenhänge:

Abb. 2.22:

Zusammenhang zwischen handelsrechtlichem Gewinn und dem nach dem KStG zu versteuernden Einkommen


[Bild vergrößern]

Der Gewinn aus dem HGB-Einzelabschluss ist um die einkommensteuerlichen Modifikationen (Einschränkungen und Durchbrechungen des Maßgeblichkeitsprinzips, steuerfreie Betriebseinnahmen, nichtabziehbare Betriebsausgaben, Investitionsabzugsbetrag) und aufgrund spezieller körperschaftsteuerlicher Regelungen (Korrektur von unangemessenen Gesellschaft-Gesellschafter-Beziehungen: verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen, nichtabziehbare Aufwendungen, spezielle Steuerbefreiungen) zu korrigieren.[192]

Bei den einkommensteuerlichen Vorschriften ist jeweils zu prüfen, ob sie ihrer Art nach auf natürliche Personen zugeschnitten sind. Die Vorschriften, die sich auf die sachliche Interpretation des Leistungsfähigkeitsprinzips zurückführen lassen, werden für die körperschaftsteuerliche Einkunftsermittlung übernommen. Regelungen, die auf der persönlichen Komponente des Leistungsfähigkeitsprinzips beruhen, können bei Körperschaften nicht angewendet werden. Eine umfangreiche Zusammenstellung der Vorschriften des Einkommensteuergesetzes und der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung, die auch für Kapitalgesellschaften gelten, findet sich in R 8.1 Abs. 1 KStR.

Für die Besteuerung einer Körperschaft sind insbesondere die Regelungen zur Gewinnermittlung (§ 4 – § 7i EStG) und die Abgrenzung des Einkommensbegriffs (§ 13 – § 23 EStG, mit Ausnahme der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit) anwendbar. Ob ein Vorgang im Bereich der Körperschaftsteuer steuerbar ist, bestimmt sich danach, ob er unter eine der Einkunftsarten des Einkommensteuergesetzes subsumiert werden kann. Bei der Zuordnung ist allerdings zu beachten, dass bei unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaften aufgrund des § 8 Abs. 2 KStG und der einkommensteuerlichen Subsidiaritätsklauseln alle Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb behandelt werden.

390

Das Trennungsprinzip wirkt sich nicht nur auf die Steuerpflicht einer juristischen Person aus, sondern auch auf die körperschaftsteuerpflichtige Bemessungsgrundlage. Die eigenständige Rechtsfähigkeit einer Kapitalgesellschaft hat zur Folge, dass zusätzlich zum Gesellschaftsverhältnis zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihren Gesellschaftern schuldrechtliche Leistungsbeziehungen bestehen können. Diese Gesellschaft-Gesellschafter-Verträge werden – sofern sie zu angemessenen Bedingungen abgewickelt werden – dem betrieblichen Bereich zugerechnet. Dies bedeutet, dass sie analog zum Zivilrecht auch steuerrechtlich wie Verträge zwischen fremden Dritten behandelt werden. Die von einer Kapitalgesellschaft an ihre Anteilseigner gezahlten Vergütungen mindern das steuerliche Ergebnis. Entgelte für Leistungen an einen Gesellschafter wirken gewinnerhöhend. Auf Ebene des Gesellschafters gelten die allgemeinen Abgrenzungskriterien des Ertragsteuerrechts.

Beispiele:

Eine Kapitalgesellschaft schließt mit einem ihrer Gesellschafter einen Dienstvertrag ab. Die Kapitalgesellschaft kann das Gehalt, das sie dem Gesellschafter-Geschäftsführer bezahlt, als Betriebsausgabe abziehen. Der Gesellschafter-Geschäftsführer bezieht wie andere Arbeitnehmer Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Vermietet einer der Gesellschafter an die Kapitalgesellschaft ein Grundstück, hat er die Einnahmen als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu versteuern. Die Kapitalgesellschaft verbucht die Mietentgelte gewinnmindernd als Betriebsausgaben.

Gewährt der Gesellschafter der Kapitalgesellschaft ein Darlehen, gelten die Zinsen beim Gesellschafter als Einkünfte aus Kapitalvermögen. Für die Kapitalgesellschaft stellen sie Betriebsausgaben dar.

Vergibt umgekehrt die Kapitalgesellschaft an einen ihrer Gesellschafter ein Darlehen, bilden die Zinsen für die Kapitalgesellschaft steuerpflichtige Betriebseinnahmen. Dient das Darlehen zur Finanzierung des Kaufpreises für die Privatwohnung des Gesellschafters, darf er die Zinsen nicht von seinem steuerpflichtigen Einkommen abziehen, da Ausgaben für die private Lebensführung einkommensteuerlich unbeachtlich sind.

Wie bei der einkommensteuerlichen Einkunftsermittlung beeinflussen nur betrieblich veranlasste Vorgänge den Gewinn. Bei Kapitalgesellschaften gibt es keine Privatsphäre, sondern nur einen betrieblichen Bereich. Allerdings sind Leistungsbeziehungen zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihren Anteilseignern daraufhin zu untersuchen, ob sie ihre Ursache im gesellschaftsrechtlichen oder im schuldrechtlichen (dh im betrieblichen) Bereich haben: Die zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihren Gesellschaftern vereinbarten Leistungsentgelte gehen nach dem Trennungsprinzip in die Gewinn- und Verlustrechnung der Kapitalgesellschaft ein. Dies gilt allerdings nur, soweit die Vertragsbeziehungen wie zwischen unabhängigen Personen abgewickelt werden. Die in Gesellschaft-Gesellschafter-Verträgen getroffenen Vereinbarungen werden deshalb nach den Grundsätzen eines Drittvergleichs (Fremdvergleichs) auf ihre Angemessenheit überprüft. Bei unangemessenen Vergütungen besteht lediglich formalrechtlich ein Bezug zum betrieblichen Bereich. Die – gemessen am Drittvergleich – überhöhten oder zu niedrigen Entgelte zählen zur gesellschaftsrechtlichen Sphäre. Nach den Grundsätzen von verdeckten Gewinnausschüttungen (§ 8 Abs. 3 S. 2 KStG, eine Spezialnorm zur Entnahmevorschrift nach § 4 Abs. 1 S. 2 EStG) und verdeckten Einlagen (§ 8 Abs. 3 S. 3–6 KStG, eine Sonderregelung für Einlagen nach § 4 Abs. 1 S. 8 EStG) dürfen unangemessene Vertragsvereinbarungen zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihren Anteilseignern den körperschaftsteuerpflichtigen Gewinn nicht beeinflussen.[193]

Für die Ermittlung des steuerpflichtigen Gewinns einer Kapitalgesellschaft ist es ohne Bedeutung, ob das Einkommen verteilt wird (§ 8 Abs. 3 S. 1 KStG). Dieser Grundsatz ist auf die sachliche Interpretation des Leistungsfähigkeitsprinzips zurückzuführen und ist mit der Zielsetzung der Einkommensteuer vergleichbar. Bei natürlichen und juristischen Personen wird jeweils das am Markt erzielte Einkommen besteuert. Die Art der Einkommensverwendung – dies entspricht bei Kapitalgesellschaften der Entscheidung über die Gewinnverwendung – darf sich auf die ertragsteuerliche Bemessungsgrundlage nicht auswirken.

391

Da eine Kapitalgesellschaft als Formkaufmann (§ 6 HGB) generell buchführungspflichtig ist und bei ihr sämtliche Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb gelten (§ 8 Abs. 2 KStG), sind ihre Einkünfte durch einen Betriebsvermögensvergleich nach § 5 EStG zu ermitteln. Unter Berücksichtigung der körperschaftsteuerlichen Besonderheiten ist die Gewinndefinition wie folgt zu konkretisieren:[194]


Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres
Betriebsvermögen zu Beginn des Wirtschaftsjahres (= Betriebsvermögen am Schluss des vorangehenden Wirtschaftsjahres)
= Veränderung des Eigenkapitals
+ offene Gewinnausschüttungen, verdeckte Gewinnausschüttungen, Kapitalrückzahlungen Vermögensminderungen, die ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis haben, dürfen den Gewinn nicht mindern.
Kapitalerhöhungen, sonstige Gesellschaftereinlagen, verdeckte Einlagen Vermögensmehrungen, die ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis haben, dürfen den Gewinn nicht erhöhen.
= Gewinn der Kapitalgesellschaft nach § 4 Abs. 1, § 5 EStG
steuerfreie Betriebseinnahmen (zB § 8b KStG, § 13 InvZulG 2010, § 3a, § 3c Abs. 4 EStG, § 7b GewStG, Art. 7 OECD-MA)
+ nichtabziehbare Betriebsausgaben (zB § 10 KStG, § 4 Abs. 5–7 EStG, § 4h EStG iVm § 8a KStG, § 4j EStG)
± Investitionsabzugsbetrag nach § 7g Abs. 1–4 EStG
= steuerpflichtiger Gewinn einer Kapitalgesellschaft (= Einkünfte aus Gewerbebetrieb)