Besteuerung von Unternehmen I

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Wird der Betrieb oder der Anteil an einer Personengesellschaft unentgeltlich übertragen, hat der Erwerber die Buchwerte fortzuführen (§ 6 Abs. 3 EStG). Dies bedeutet, dass der Erbe bzw Beschenkte auch den Nachversteuerungsbetrag zu übernehmen hat (§ 34a Abs. 7 EStG). Bei der Überführung eines Wirtschaftsguts von einem Betrieb in einen anderen Betrieb des gleichen Steuerpflichtigen unterbleibt eine Nachversteuerung, wenn der Nachversteuerungsbetrag bei dem übernehmenden Betrieb fortgeführt wird (§ 34a Abs. 5 EStG). Die verfahrensrechtliche Zuständigkeit ist in § 34a Abs. 9 EStG geregelt.

VIII. Steuerermäßigungen

1. Überblick

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Zusätzlich zur Steuerermäßigung für gewerbliche Einkünfte sind zur Ermittlung der festzusetzenden Einkommensteuer die weiteren im Einkommensteuergesetz oder in anderen Gesetzen genannten Steuerermäßigungen von der tariflichen Einkommensteuer abzuziehen und einige Hinzurechnungsbeträge zu addieren (§ 2 Abs. 6 EStG, R 2 Abs. 2 EStR):


tarifliche Einkommensteuer (§ 32a Abs. 1, 5 EStG) unter Berücksichtigung des Progressionsvorbehalts nach § 32b EStG, des ermäßigten Steuersatzes nach § 34 Abs. 1, § 34 Abs. 3 und § 34b EStG sowie der Begünstigung der nicht entnommenen Gewinne nach § 34a EStG (bei Thesaurierung: Sondersteuersatz 28,25%, bei Entnahme in späteren Jahren 25%ige Nachversteuerung)
Der Sondersteuersatz für Einkünfte aus Kapitalvermögen (Abgeltungsteuer von 25% nach § 32d EStG) wird grundsätzlich dadurch berücksichtigt, dass die Steuerschuld mit Erhebung der 25%igen Kapitalertragsteuer abgegolten ist (§ 43, § 43a EStG). Die Einkünfte aus Kapitalvermögen werden deshalb im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung grundsätzlich nicht mehr angesetzt.
Steuerermäßigung bei Einkünften aus Gewerbebetrieb ( § 35 EStG )
Steuerermäßigung für bestimmte Zuwendungen zur Förderung staatspolitischer Zwecke (§ 34g EStG)
Steuerermäßigung bei Aufwendungen für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse, haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen (§ 35a EStG)
Steuerermäßigung für energetische Maßnahmen bei zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden (§ 35c EStG)
+ Einkommensteuer auf pauschal besteuerte ausländische Einkünfte (§ 34c Abs. 5 EStG)
+ Anspruch auf die Altersvorsorgezulage nach § 79 EStG (sofern die Beiträge für einen Altersvorsorgevertrag als Sonderausgaben abgezogen wurden, § 10a Abs. 2 EStG)
+ Anspruch auf Kindergeld (sofern das Einkommen um die Freibeträge für Kinder gemindert wurde, § 31 S. 4 EStG)
= festzusetzende Einkommensteuer

2. Steuerermäßigung bei Einkünften aus Gewerbebetrieb

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(1) Grundsätzliche Wirkung: Steuerpflichtigen, die Einkünfte aus Gewerbebetrieb beziehen, wird eine Steuerermäßigung in Höhe des 3,8fachen des Gewerbesteuermessbetrags, maximal die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer, gewährt. Die Steuerermäßigung ist auf die Einkommensteuer beschränkt, die anteilig auf die im zu versteuernden Einkommen enthaltenen gewerblichen Einkünfte entfällt (§ 35 Abs. 1 Nr 1 EStG).[166]

Gesellschaftern einer gewerblich tätigen Personengesellschaft sowie den Komplementären einer KGaA wird die Steuerermäßigung insoweit gewährt, als der Gewerbesteuermessbetrag der Personengesellschaft bzw KGaA auf sie entfällt (§ 35 Abs. 1 Nr 2, Abs. 2 EStG).

Durch die Steuerermäßigung nach § 35 EStG soll erreicht werden, dass es bei gewerblichen Einkünften zur gleichen Steuerbelastung kommt wie bei den anderen Einkunftsarten. Die effektive Gewerbesteuerbelastung soll sich also auf null belaufen. Das Ziel besteht darin, dass die folgende Gleichung erfüllt ist:


Gewerbesteuer
+ Einkommensteuer – Steuerermäßigung nach § 35 EStG
= Einkommensteuer

Bei der Steuerermäßigung für gewerbliche Einkünfte sind nach § 35 Abs. 1 EStG drei Begrenzungen zu beachten. Die Einkommensteuer mindert sich nur um das Minimum aus den folgenden Beträgen:


3,8facher Gewerbesteuermessbetrag
tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer
tarifliche Einkommensteuer, die anteilig auf die im zu versteuernden Einkommen enthaltenen gewerblichen Einkünfte entfällt

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Die folgende Beispielrechnung verdeutlicht das Konzept der Steuerermäßigung nach § 35 EStG bei gewerblichen Einkünften:


gewerblicheEinkünfte freiberuflicheEinkünfte
Gewinn vor Steuern 100,00 100,00
Gewerbesteuer (= Gewinn × Steuermesszahl × Hebesatz) bei einem Hebesatz von 400% = 100,00 × 3,5% × 400% – 14,00 –.–
tarifliche Einkommensteuerbeim Spitzensteuersatz von 45% – 45,00 – 45,00
+ Steuerermäßigung nach § 35 EStG (= 3,8 × Gewinn × Steuermesszahl)3,8 × 100 × 3,5% = 3,8 × 3,50 + 13,30 –.–
= Gewinn nach Steuern 54,30 55,00
entspricht einer Steuerbelastung von 45,70 45,00
damit Mehrbelastung der gewerblichen Einkünfte (= Nettobelastung mit Gewerbesteuer) 0,70

Die Gesamtbelastung aus Gewerbesteuer und Einkommensteuer beläuft sich auf 45,70. Bei freiberuflich Tätigen unterliegen die Gewinne nur der Einkommensteuer, sodass die Steuerbelastung mit dem Einkommensteuersatz von 45% übereinstimmt. Durch die Gewerbesteuer erhöht sich die Summe der Steuerzahlungen um 0,70: Die Gewerbesteuerzahlung in Höhe von 14,00 wird in Höhe von 13,30 durch die Steuerermäßigung nach § 35 EStG weitgehend neutralisiert.

 

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(2) Begrenzung der Steuerermäßigung auf das 3,8fache des Gewerbesteuermessbetrags, maximal die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer: Durch die Steuerermäßigung bei Einkünften aus Gewerbebetrieb nach § 35 EStG wird (ohne Berücksichtigung des Solidaritätszuschlags) die Gewerbesteuer bei einem Hebesatz von 380% vollständig kompensiert:


Gewerbesteuer = Steuerermäßigung nach § 35 EStG
Gewerbeertrag × Steuermesszahl × Hebesatz = 3,8 × Gewerbeertrag × Steuermesszahl
Hebesatz = 380%

Liegt der Hebesatz der Gewerbesteuer über 380%, ist die Belastung von Einkünften aus Gewerbebetrieb mit Gewerbesteuer und Einkommensteuer trotz der Steuerermäßigung nach § 35 EStG höher als die Belastung von nicht gewerblichen Einkünften. Hat die Gemeinde einen niedrigeren Hebesatz als 380% festgesetzt, kommt es aber nicht zu einer Entlastung, da die Steuerermäßigung nach § 35 EStG auf die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer begrenzt ist.

Beim Einbezug des Solidaritätszuschlags erhöht sich der Grenzwert, bis zu dem die Gewerbesteuer vollständig kompensiert wird, auf 401%. Die Kirchensteuer wirkt auf diesen Grenzwert nicht, da bei der Berechnung der Kirchensteuer die Einkommensteuer angesetzt wird, die sich vor Abzug der Steuerermäßigung nach § 35 EStG ergibt (§ 51a Abs. 2 S. 3 EStG):


Belastung der nicht gewerblichen Einkünfte mit Einkommensteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag = Belastung der gewerblichen Einkünfte mit Gewerbesteuer und Einkommensteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag, jeweils unter Berücksichtigung der Steuerermäßigung nach § 35 EStG
sESt + sESt × sSolZ = Stmz × Hebesatz + sESt – 3,8 × Stmz + (sESt – 3,8 × Stmz) × sSolZ
0 = Stmz × Hebesatz – 3,8 × Stmz – 3,8 × Stmz × sSolZ
Hebesatz = 3,8 + 3,8 × sSolZ
Hebesatz = 3,8 + 3,8 × 0,055
Hebesatz = 400,9%
Hebesatz = 401% (nach Aufrundung)


mit
sESt = Einkommensteuersatz
sSolZ = Solidaritätszuschlagsatz
Stmz = Steuermesszahl

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Die effektive Gewerbesteuerbelastung hängt von der Höhe des Gewerbesteuerhebesatzes ab. Sofern der Ermäßigungsanspruch unter der anteilig auf die gewerblichen Einkünfte entfallenden Einkommensteuer liegt, gelten folgende Aussagen:[167]


Bei einem Hebesatz von 380% kommt es durch die Gewerbesteuer per Saldo zu einer Entlastung von 0,73% des Gewinns vor Einkommen- und Gewerbesteuer. Dieser Prozentwert stellt den unteren Extremwert dar.
Da die Steuerermäßigung nach § 35 EStG zusätzlich auf die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer begrenzt ist, fällt bei Hebesätzen von unter 380% die Entlastung geringer aus. Setzt die Gemeinde den Hebesatz auf den Mindestwert von 200% fest (§ 16 Abs. 4 GewStG), liegt der Vorteil von Gewerbetreibenden nur noch bei 0,39% des Vor-Steuer-Gewinns.
Durch die Begrenzung der Steuerermäßigung nach § 35 EStG auf das 3,8fache des Steuermessbetrags, steigt ab einem Hebesatz von 380% die effektive Gewerbesteuerbelastung.
Da bei Einbezug des Solidaritätszuschlags der Grenzwert bei einem Hebesatz von 401% liegt, entspricht bei einem Hebesatz von 400% die Gesamtsteuerbelastung von gewerblichen Einkünften in etwa derjenigen von nicht gewerblichen Einkünften. Die Abweichung (dh Minderbelastung der gewerblichen Einkünfte) kann mit 0,03% des Gewinns vor Steuern praktisch vernachlässigt werden.
Bei einem Hebesatz von 500% beläuft sich die Mehrbelastung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb auf 3,47% des steuerpflichtigen Gewinns. Hebesatz der Gewerbesteuer effektive Gewerbesteuerbelastung 200% – 0,39% 300% – 0,58% 380% – 0,73% 400% – 0,03% 401% ± 0,00% 450% + 1,72% 500% + 3,47%

Bei einer Beurteilung dieser Aussagen zur effektiven Gewerbesteuerbelastung ist zu berücksichtigen, dass der Hebesatz im Bundesdurchschnitt bei 451% liegt (Bezugsbasis: Gemeinden mit mindestens 50 000 Einwohnern im Jahr 2018).

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(3) Begrenzung auf die anteilig im zu versteuernden Einkommen enthaltenen gewerblichen Einkünfte: Die Steuerermäßigung bei Einkünften aus Gewerbebetrieb ist auf die tarifliche Einkommensteuer begrenzt, die anteilig auf die im zu versteuernden Einkommen enthaltenen gewerblichen Einkünfte entfällt (Ermäßigungshöchstbetrag).

Ausgangsgröße für die Berechnung des Ermäßigungshöchstbetrags ist die tarifliche Einkommensteuer. Diese ist um die nach § 34c EStG anzurechnenden ausländischen Steuern zu vermindern. Die Steuerermäßigungen nach § 34f EStG, § 34g EStG, § 35a EStG und § 35c EStG sind erst nach Abzug der Steuerermäßigung nach § 35 EStG zu berücksichtigen.

Die Steuerermäßigung nach § 35 EStG ist auf die tarifliche Einkommensteuer begrenzt, die anteilig auf die im zu versteuernden Einkommen enthaltenen gewerblichen Einkünfte entfällt. Bei der Berechnung des Anteils der gewerblichen Einkünfte werden nur positive Einkünfte berücksichtigt (§ 35 Abs. 1 S. 2 EStG):


Summe der positiven gewerblichen Einkünfte
× um die Anrechnung ausländischer Einkünfte geminderte tarifliche Einkommensteuer
Summe aller positiven Einkünfte

Es erfolgt eine einkunftsquellenbezogene Betrachtung. Positive Einkünfte im Sinne dieser Berechnungsformel sind also die positiven Einkünfte aus der jeweiligen Einkunftsquelle. Eine Saldierung der positiven mit den negativen Einkunftsquellen innerhalb der gleichen Einkunftsart (interner Verlustausgleich) und zwischen verschiedenen Einkunftsarten (externer Verlustausgleich) erfolgt nicht.

Beispiel:

Ein Steuerpflichtiger hat folgende Einkünfte:


Gewerbebetrieb 1 80 000 €
Gewerbebetrieb 2 – 60 000 €
Vermietung und Verpachtung (Grundstück A) 40 000 €
Vermietung und Verpachtung (Grundstück B) – 15 000 €

Die Summe der Einkünfte beläuft sich auf 45 000 €. Für die Berechnung des Anteils der Einkommensteuer, der auf die gewerblichen Einkünfte entfällt, werden nur die positiven Einkunftsquellen betrachtet. Damit errechnet sich der Anteil der gewerblichen Einkünfte an der tariflichen Einkommensteuer wie folgt:

 

80 000 € / (80 000 € + 40 000 €) = 66,67%.

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Soweit der Ermäßigungshöchstbetrag (= Anteil der tariflichen Einkommensteuer, der auf die gewerblichen Einkünfte entfällt) niedriger ist als das 3,8fache des Gewerbesteuermessbetrags (maximal die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer), kommt es zu einem Ermäßigungsüberhang. Entsteht ein Ermäßigungsüberhang, wird insoweit die Belastung mit Gewerbesteuer durch die Steuerermäßigung nach § 35 EStG nicht abgeschwächt. Die effektive Gewerbesteuerbelastung erhöht sich um den Ermäßigungsüberhang.

Die wichtigsten Ursachen für einen Ermäßigungsüberhang sind:


Der Gewerbeertrag ist aufgrund der gewerbesteuerlichen Korrekturvorschriften höher als die Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Besonders deutlich wird dieser Effekt, wenn negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb durch die gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen zu einem positiven Gewerbeertrag führen. In diesem Fall entfällt die Steuerermäßigung vollständig, da bei der Berechnung der anteiligen Einkommensteuer nur positive Einkünfte aus Gewerbebetrieb berücksichtigt werden.
Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen verringern nicht nur die tarifliche Einkommensteuer, sondern gleichzeitig die anteilig auf die gewerblichen Einkünfte entfallende Einkommensteuer.
Verluste, die nicht aus Einkünften aus Gewerbebetrieb stammen, mindern über den Verlustausgleich oder den Verlustabzug die tarifliche Einkommensteuer. Bei der Berechnung des Anteils der tariflichen Einkommensteuer, die auf gewerbliche Einkünfte entfällt, bleiben diese Verluste unberücksichtigt. Die maximal mögliche Steuerermäßigung nach § 35 EStG geht damit aus zwei Gründen zurück. Zum einen fällt die tarifliche Einkommensteuer niedriger aus. Zum anderen geht der Anteil der gewerblichen Einkünfte an der Summe der positiven Einkünfte zurück.
Ist der Steuerpflichtige an zwei Gewerbebetrieben beteiligt, von denen einer Verluste und der andere Gewinne ausweist, werden diese beiden Einkunftsquellen sowohl gewerbesteuerlich als auch für die Berechnung der Steuerermäßigung nach § 35 EStG getrennt betrachtet. Es kommt zwar zu keinem internen Verlustausgleich. Allerdings mindert der Gewerbebetrieb, bei dem Verluste entstehen, die tarifliche Einkommensteuer und damit mittelbar den Ermäßigungshöchstbetrag für den Gewerbebetrieb, bei dem Gewinne entstehen.

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(4) Kurzbeurteilung: Durch die Steuerermäßigung nach § 35 EStG soll ein Ausgleich dafür gewährt werden, dass Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Gegensatz zu den anderen Einkunftsarten zusätzlich der Gewerbesteuer unterliegen. Es wird eine Gleichbehandlung von gewerblichen und nicht gewerblichen Einkünften angestrebt. Durch die Steuerermäßigung bei Einkünften aus Gewerbebetrieb wird aber innerhalb des Einkommensteuergesetzes der Grundgedanke verletzt, wonach die verschiedenen Einkunftsarten als gleichwertig gelten (Konzept einer synthetischen Einkommensteuer). Will man die Gewerbesteuerbelastung (zumindest weitgehend) vermeiden, ist unmittelbar bei der Gewerbesteuer anzusetzen. Der Aufbau des Steuersystems wird besser verdeutlicht, wenn die Gewerbesteuer direkt gemindert wird. Die indirekte (Teil-)Kompensation der Gewerbesteuer durch eine Steuerermäßigung im Rahmen der Einkommensteuer erschwert den Überblick über die Höhe der Unternehmenssteuerbelastung. Im geltenden Recht wird die als zu hoch empfundene Belastung mit Gewerbesteuer durch einen Verstoß gegen das Grundkonzept einer anderen Steuerart neutralisiert.[168]

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