Besteuerung von Unternehmen I

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III. Gesonderter Steuertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen

316

Für Einkünfte aus Kapitalvermögen gilt ein gesonderter Steuertarif. Dieser liegt mit 25% deutlich unter dem Spitzensteuersatz der Einkommensteuer von 45% (§ 32d EStG).

Der Sondersteuersatz für Einkünfte aus Kapitalvermögen wird grundsätzlich dadurch berücksichtigt, dass die Steuerschuld mit Erhebung der Kapitalertragsteuer abgegolten ist (§ 43, § 43a EStG). Diese Einkünfte werden deshalb im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung grundsätzlich nicht angesetzt (Abgeltungsteuer).[156]

IV. Ermäßigter Steuersatz nach § 34 Abs. 1 EStG (Multiplikator-Mischtarif)

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Die Einkommensteuerbelastung wird für bestimmte Einkünfte durch eine Ermäßigung des Steuersatzes nach einem Multiplikator-Mischtarif reduziert. Begünstigt sind folgende außerordentliche Einkünfte (§ 34 Abs. 1, 2 EStG):


Entschädigungen iSd § 24 Nr 1 EStG,
Nutzungsvergütungen und Zinsen iSd § 24 Nr 3 EStG, soweit sie für einen Zeitraum von mehr als drei Jahren nachgezahlt werden,
Vergütungen, die für eine mehrjährige Tätigkeit geleistet werden.

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Für außerordentliche Einkünfte wird ein Multiplikator-Mischtarif angewendet. Der Multiplikator-Mischtarif lässt sich wie folgt charakterisieren:


Die Einkommensteuer auf die nicht begünstigten Einkünfte (= zu versteuerndes Einkommen abzüglich der außerordentlichen Einkünfte) wird nach den allgemeinen Regeln des Einkommensteuerrechts berechnet ①.
Die Einkommensteuer auf die (begünstigten) außerordentlichen Einkünfte beträgt das Fünffache der Einkommensteuerdifferenz ②, wobei die Einkommensteuerdifferenz der Differenz zwischen der Einkommensteuer auf die nicht begünstigten Einkünfte zuzüglich eines Fünftels der außerordentlichen Einkünfte einerseits und der Einkommensteuer auf die nicht begünstigten Einkünfte andererseits entspricht: ESt = ESt(NE) + 5 × { ESt(NE + AE/5) – ESt(NE) } ① ② mit ESt = Einkommensteuer ESt(…) = tarifliche Einkommensteuer auf Einkünfte in Höhe von (…) AE = Außerordentliche Einkünfte (zB Gewinn aus der Veräußerung eines gewerblichen Einzelunternehmens) NE = Nicht begünstigte Einkünfte (verbleibende Einkünfte) = zu versteuerndes Einkommen abzüglich der außerordentlichen Einkünfte.

Die vorstehende Formel ist wie folgt zu lesen:


1. Schritt: Berechnung der Einkommensteuer auf die nicht begünstigten Einkünfte ① = ESt(NE)
2. Schritt: Berechnung der Einkommensteuer auf die um 1/5 der außerordentlichen Einkünfte erhöhten nicht begünstigten Einkünfte= ESt(NE + AE/5)
3. Schritt: Subtraktion der im zweiten Schritt ermittelten Einkommensteuer um die im ersten Schritt errechnete Einkommensteuer auf die nicht begünstigten Einkünfte= ESt(NE + AE/5) – ESt(NE)
4. Schritt: Multiplikation der im dritten Schritt errechneten Einkommensteuerdifferenz mit dem Faktor fünf ②5 × { ESt(NE + AE/5) – ESt(NE) }
5. Schritt: Addition der im ersten und im vierten Schritt ermittelten Einkommensteuer auf die nicht begünstigten Einkünfte ① und der Einkommensteuer auf die außerordentlichen Einkünfte ②.

Beispiel:

Ein gewerblich tätiger Einzelunternehmer beendet seine unternehmerische Tätigkeit. Der steuerpflichtige Teil des Betriebsveräußerungsgewinns beträgt 30 000 €. Aus seinen weiteren Tätigkeiten erzielt der Einzelunternehmer Einkünfte von 25 000 €. Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen werden in Höhe von 5 000 € berücksichtigt. Der Einzelunternehmer ist ledig.


Betriebsveräußerungsgewinn 30 000 €
+ weitere, nicht begünstigte Einkünfte 25 000 €
= Summe der Einkünfte = Gesamtbetrag der Einkünfte 55 000 €
Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen 5 000 €
= Einkommen = zu versteuerndes Einkommen 50 000 €

Nach Abzug der außerordentlichen Einkünfte vom zu versteuernden Einkommen verbleiben nicht begünstigte Einkünfte in Höhe von 20 000 € (= 50 000 € – 30 000 €). Aus dem Normaltarif errechnet sich hierfür eine tarifliche Einkommensteuer von 2 347 € (1. Schritt).

Zur Berechnung der Einkommensteuerdifferenz sind zunächst die außerordentlichen Einkünfte durch fünf zu dividieren. Der sich daraus ergebende Betrag (= 6 000 € = 30 000 €/5) ist zu dem verbleibenden zu versteuernden Einkommen zu addieren. Hieraus errechnet sich eine modifizierte Bemessungsgrundlage von 26 000 € (= 20 000 € + 6 000 €), auf die eine Einkommensteuer von 4 000 € entfällt (2. Schritt). Die Einkommensteuerdifferenz beträgt damit 1 653 € = 4 000 € – 2 347 € (3. Schritt).

Nach Multiplikation der Einkommensteuerdifferenz mit dem Faktor fünf (4. Schritt) und Addition der auf das verbleibende zu versteuernde Einkommen entfallenden tariflichen Einkommensteuer (5. Schritt) errechnet sich insgesamt eine Einkommensteuer von 10 612 € = 2 347 € + 5 × 1653 €.

Durch die Ermäßigung des Steuersatzes nach einem Multiplikator-Mischtarif ergibt sich gegenüber einer Besteuerung mit dem Normaltarif eine Entlastung von 1 530 € (= 12 142 € – 10 612 €).

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Der ermäßigte Steuersatz nach dem Multiplikator-Mischtarif (§ 34 Abs. 1 EStG) führt über die Fünftelung der außerordentlichen Einkünfte zu einer Abschwächung des Progressionseffekts, sofern die Einkünfte innerhalb der Progressionszone liegen. In Abhängigkeit von der Höhe der außerordentlichen Einkünfte werden diese mit einem Einkommensteuersatz zwischen 0 und 45% belastet. Die Entlastungen aus der Steuersatzermäßigung nach dem Multiplikator-Mischtarif wirken sich lediglich innerhalb der Progressionszone in größerem Umfang aus. Je höher die Einkünfte des Steuerpflichtigen sind, umso geringer fällt die Entlastung aus der Steuersatzermäßigung nach § 34 Abs. 1 EStG aus. Die Entlastungswirkungen entfallen, wenn die nicht begünstigten Einkünfte so hoch sind, dass die „Proportionalzone“ erreicht ist. Die Steuerermäßigung nach dem Multiplikator-Mischtarif dient also lediglich zur Progressionsglättung beim Auftreten von außerordentlichen Einkünften. Durch den Multiplikator-Mischtarif sollen insbesondere in den Fällen steuerliche Nachteile vermieden werden, in denen im Zeitpunkt der Beendigung einer unternehmerischen Tätigkeit sämtliche, sukzessive gebildete stille Reserven „auf einen Schlag“ aufgelöst werden.

 

V. Ermäßigter Steuersatz nach § 34 Abs. 3 EStG

320

Für Gewinne aus der Veräußerung oder Aufgabe eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, eines Gewerbebetriebs oder eines Betriebs, der zu Einkünften aus selbständiger Arbeit geführt hat, kann unter bestimmten Voraussetzungen alternativ zur Ermäßigung des Steuersatzes nach dem Multiplikator-Mischtarif der ermäßigte Steuersatz in Höhe von 56% des durchschnittlichen Steuersatzes in Anspruch genommen werden (§ 34 Abs. 2, 3 EStG).[158]

321

Für die Steuerermäßigung nach § 34 Abs. 3 EStG gelten folgende Voraussetzungen:


Der Steuerpflichtige hat das 55. Lebensjahr vollendet oder ist im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig.
Die Steuersatzermäßigung gilt nur für den Teil der außerordentlichen Einkünfte, der 5 Mio. € nicht übersteigt. Außerordentliche Einkünfte, die diesen Wert übersteigen, werden wie die nicht begünstigten Einkünfte nach dem Normaltarif besteuert.
Der Steuerpflichtige kann die Steuersatzermäßigung von 56% des durchschnittlichen Steuersatzes nur einmal im Leben in Anspruch nehmen.
Der Steuerpflichtige muss einen Antrag stellen. Der ermäßigte Steuersatz von 56% des durchschnittlichen Steuersatzes kommt nur zur Anwendung, wenn auf den ermäßigten Steuersatz nach dem Multiplikator-Mischtarif verzichtet wird. Eine doppelte Steuersatzermäßigung ist ausgeschlossen.

322

Der ermäßigte Steuersatz nach § 34 Abs. 3 EStG beträgt 56% des durchschnittlichen Steuersatzes, der sich ergeben würde, wenn die tarifliche Einkommensteuer nach dem gesamten zu versteuernden Einkommen zuzüglich der dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte zu bemessen wäre. Der ermäßigte Steuersatz beträgt allerdings mindestens 14%. Dieser Mindeststeuersatz stimmt mit dem Grenzsteuersatz überein, wenn die Einkünfte den Grundfreibetrag überschreiten (Eingangssteuersatz des Einkommensteuertarifs). Die Steuersatzermäßigung nach § 34 Abs. 3 EStG kommt also nur zur Anwendung, wenn die steuerpflichtigen Einkünfte bei Ledigen mindestens 52 466 € (Einkommenshöhe, die mit einem durchschnittlichen Steuersatz von 25% = 14%/56% besteuert wird) erreichen. Bei zusammenveranlagten Ehegatten erhöht sich dieser Grenzwert auf 104 932 €. Bei einem geringeren Einkommen kommt der Mindeststeuersatz von 14% zur Anwendung.

Da bei Beantragung der Steuersatzermäßigung nach § 34 Abs. 3 EStG der Steuersatz mindestens 14% beträgt, liegt die Besteuerung der außerordentlichen Einkünften zwischen 14% (Mindeststeuersatz) und 25,20% (= 56% des Spitzensteuersatzes von 45%).

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Beispiel:

Ein lediger Steuerpflichtiger erzielt aus dem Verkauf seines gewerblichen Einzelunternehmens einen Veräußerungsgewinn, der in Höhe von 65 000 € steuerpflichtig ist. Seine weiteren, nicht begünstigten Einkünfte belaufen sich auf 40 000 €. Als Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen kann er 5 000 € abziehen.

Berechnung des ermäßigten Steuersatzes

Den ermäßigten Steuersatz erhält man dadurch, dass man den aus dem steuerpflichtigen Einkommen nach dem Normaltarif ermittelten Durchschnittssteuersatz auf 56% des Ausgangswerts reduziert:


Betriebsveräußerungsgewinn 65 000 €
+ weitere, nicht begünstigte Einkünfte 40 000 €
= Summe der Einkünfte = Gesamtbetrag der Einkünfte 105 000 €
Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen 5 000 €
= Einkommen = zu versteuerndes Einkommen 100 000 €
daraus Einkommensteuer nach dem Normaltarif 33 036 €

Hieraus errechnet sich ein Durchschnittssteuersatz von 33,0362% (= 33 036 €/100 000 € × 100). Der ermäßigte Steuersatz nach § 34 Abs. 3 EStG beträgt damit 18,5003% (= 56% von 33,0362%). Der Mindeststeuersatz 14% kommt nicht zur Anwendung.

Berechnung der Einkommensteuer

Die begünstigten außerordentlichen Einkünfte sind mit dem ermäßigten Steuersatz nach § 34 Abs. 3 EStG zu versteuern, während die Einkommensteuer für das verbleibende zu versteuernde Einkommen aus dem Normaltarif nach § 32a EStG zu berechnen ist:


nach dem Normaltarif zu versteuerndes Einkommen(verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) =100 000 € – 65 000 € = 35 000 €
darauf Einkommensteuer nach der Tarifformel = 6 767 €
+ mit dem ermäßigten Steuersatz zu versteuernde außerordentliche Einkünfte = 65 000 €
darauf Einkommensteuer = 65 000 € × 18,5003% = 12 025 €
= tarifliche Einkommensteuer 18 792 €

Die Vorteile aus dem ermäßigten Steuersatz belaufen sich auf 14 244 € (= 33 036 € – 18 792 €). Sie lassen sich in zwei Teileffekte zerlegen:

9 448 € = 65 000 € × (33,0362% – 18,5003%) beruhen darauf, dass die außerordentlichen Einkünfte nur mit dem ermäßigten und nicht mit dem durchschnittlichen Steuersatz belastet werden.

Eine weitere Minderung der Einkommensteuer um 4 671 € ergibt sich daraus, dass die außerordentlichen Einkünfte keine Progressionswirkungen entfalten. Vielmehr wird der Normaltarif unmittelbar auf die nicht begünstigten Einkünfte angewendet: 4 795 € = (35 000 € × 33,0362%) – 6 767 €. (Abweichungen beruhen auf Rundungsdifferenzen.)

324

Der ermäßigte Steuersatz in Höhe von 56% des durchschnittlichen Steuersatzes (§ 34 Abs. 3 EStG) führt zu einer effektiven Senkung des Einkommensteuersatzes. Bei der Steuersatzermäßigung nach § 34 Abs. 3 EStG handelt es sich um eine steuerliche Begünstigung. Der Gewinn aus der Veräußerung eines Unternehmens soll dem Unternehmer zur Sicherung seiner Altersversorgung verbleiben. Die Minderung der Einkommensteuer fällt umso höher aus, je höher die außerordentlichen Einkünfte sind. Bei Einkünften von beispielsweise 2 500 000 € ergibt sich eine Reduzierung um 487 485 € = 2 500 000 € × 44,3169 % × (1–0,56). Bei außerordentlichen Einkünften von 5 000 000 € erreicht die Minderung mit 982 485 € ihren höchsten Wert.

325

In den meisten Fällen ist der Antrag auf Anwendung der Steuersatzermäßigung nach § 34 Abs. 3 EStG (56% des durchschnittlichen Steuersatzes) zu empfehlen. Der ermäßigte Steuersatz nach dem Multiplikator-Mischtarif (§ 34 Abs. 1 EStG) ist nur vorteilhaft, wenn der Steuerpflichtige niedrige außerordentliche Einkünfte zu versteuern hat und auch seine anderen Einkünfte sehr gering sind. Bei diesen Einkommensverhältnissen wirkt die Steuersatzermäßigung nach § 34 Abs. 3 EStG nur zum Teil, da der Mindeststeuersatz von 14% zu beachten ist, während die Fünftelung der außerordentlichen Einkünfte nach § 34 Abs. 1 EStG in dieser Situation ihre höchste Wirkung entfaltet.[159]

VI. Ermäßigter Steuersatz nach § 34b EStG

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Für bestimmte außerordentliche Einkünfte aus der Forstwirtschaft (außerordentliche Holznutzung) kommt eine spezielle Variante des ermäßigten Steuersatzes zur Anwendung. Der Steuersatz wird auf die Hälfte des durchschnittlichen Steuersatzes ermäßigt. Unter bestimmten Voraussetzungen wird der Steuersatz sogar auf ein Viertel des durchschnittlichen Steuersatzes reduziert (§ 34b EStG).

VII. Begünstigung der nicht entnommenen Gewinne

327

Bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften ist die Höhe der Einkommensteuer grundsätzlich unabhängig von der Entscheidung über die Gewinnverwendung. Die Gewinne werden dem Inhaber bzw den Gesellschaftern unabhängig davon als steuerpflichtige Einkünfte zugerechnet, ob die Gewinne entnommen werden oder im Unternehmen verbleiben (Einheitsprinzip bzw Transparenzprinzip). Diese Grundaussage wird durch die Begünstigung der nicht entnommenen Gewinne nach § 34a EStG eingeschränkt. Sind im zu versteuernden Einkommen Einkünfte aus einer Gewinneinkunftsart enthalten, können auf Antrag die Gewinne, die im Unternehmen verbleiben, mit einem Sondersteuersatz von 28,25% besteuert werden (§ 34a Abs. 1 EStG). Dieser Sondersteuersatz gilt nur solange, wie die Gewinne im Unternehmen thesauriert werden. Werden die Gewinne in späteren Jahren entnommen, kommt es zu einer Nachversteuerung in Höhe von 25% des entnommenen Betrags (§ 34a Abs. 4 EStG).[160]

Bleiben die Gewerbesteuer, der Solidaritätszuschlag und die Kirchensteuer unberücksichtigt, gilt vom Grundsatz folgende Besteuerung:


Gewinn des laufenden Jahres 100,00
Einkommensteuer bei Gewinnthesaurierung(§ 34a Abs. 1 EStG) (= 28,25% von 100,00) 28,25
= thesaurierungsfähiger Gewinn 71,75
Nachversteuerung bei Entnahme (§ 34a Abs. 4 EStG) (= 25,00% von 71,75) 17,94
= verbleiben 53,81
Gesamtbelastung 46,19

Die Gesamtsteuerbelastung nach Entnahme liegt mit 46,19% höher als der Spitzensteuersatz der Einkommensteuer von 45,00%. Diesem negativen Steuersatzeffekt steht der positive Zeiteffekt gegenüber, dass die Nachversteuerung solange vermieden werden kann, wie die Gewinne auf Ebene des Einzelunternehmens oder bei der Personengesellschaft thesauriert werden können.

 

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Die Begünstigung der nicht entnommenen Gewinne nach § 34a EStG ist nur dann von Vorteil, wenn der persönliche Steuersatz des Steuerpflichtigen deutlich über 28,25% liegt und wenn die Gewinne über einen längeren Zeitraum im Unternehmen verbleiben: Der positive Zeiteffekt der vorübergehenden Beschränkung der Einkommensteuer auf den Sondersteuersatz von 28,25% muss so hoch werden, dass er den durch die Nachversteuerung ausgelösten negativen Steuersatzeffekt kompensiert.[161]

329

Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Begünstigung der nicht entnommenen Gewinne sind:


Bei Einzelunternehmern bestehen keine betragsmäßigen Beschränkungen. Gesellschaftern einer Personengesellschaft wird die Begünstigung der nicht entnommenen Gewinne nur gewährt, wenn sie an der Personengesellschaft entweder zu mindestens 10% beteiligt sind oder wenn der auf sie entfallende Gewinnanteil mindestens 10 000 € beträgt (§ 34a Abs. 1 S. 3 EStG).
Der Gewinn wird durch einen Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG (Steuerbilanz) ermittelt (§ 34a Abs. 2 EStG). Bei einer Gewinnermittlung durch eine Einnahmen-Ausgabenrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG, einer Gewinnermittlung nach § 5a EStG (Tonnagebesteuerung bei Handelsschiffen im internationalen Verkehr) oder einer Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen (§ 13a EStG) scheidet die Anwendung des Sondersteuersatzes für einbehaltene Gewinne aus.
Der Sondersteuersatz wird nur auf Antrag gewährt. Der Antrag ist betriebsbezogen, dh er ist für jeden Betrieb und für jede Beteiligung an einer Personengesellschaft getrennt zu stellen. Der Antrag ist für den jeweiligen Veranlagungszeitraum zu stellen, eine Bindungswirkung für andere Jahre besteht nicht (§ 34a Abs. 1 S. 2 EStG).
Der Antrag auf Begünstigung der Gewinne muss nicht den gesamten Gewinn bzw nicht den gesamten Gewinnanteil umfassen. Er kann auf Teile der thesaurierten Gewinne beschränkt werden (§ 34a Abs. 1 S. 1 EStG). Der Antrag kann bis zur Unanfechtbarkeit des Einkommensteuerbescheids für den nächsten Veranlagungszeitraum ganz oder teilweise zurückgenommen werden (§ 34a Abs. 1 S. 4, 5 EStG).

330

Begünstigt ist maximal der Gewinn des laufenden Jahres, soweit er den Saldo aus den Entnahmen und den Einlagen übersteigt (§ 34a Abs. 2 EStG):


Gewinn in der Steuerbilanz (Einzelunternehmen) bzw Anteil am Gewinn der Personengesellschaft
+ bei Gesellschaftern einer Personengesellschaft: Gewinn aus der Ergänzungsbilanz und Gewinn aus der Sonderbilanz
= Gewinn nach § 4 Abs. 1 bzw § 5 EStG
(Entnahmen – Einlagen), sofern der Saldo positiv ist, dh die Entnahmen die Einlagen übersteigen
= nicht entnommener Gewinn nach § 34a Abs. 2 EStG

Da auf den Gewinn nach § 4 Abs. 1 bzw § 5 EStG abgestellt wird, mindern steuerfreie Betriebseinnahmen die Höhe des begünstigten Gewinns nicht. Diesem Vorteil steht gegenüber, dass nichtabziehbare Betriebsausgaben (sowie die Gewerbesteuer und die Einkommensteuer, die mit betrieblichen Mitteln bezahlt werden) den Umfang mindern, in dem der Einzelunternehmer bzw Gesellschafter einer Personengesellschaft den Sondersteuersatz nach § 34a EStG in Anspruch nehmen kann. Übersteigen die nichtabziehbaren Betriebsausgaben die steuerfreien Einnahmen, können deshalb die Vorteile aus der Begünstigung der nicht entnommenen Gewinne nicht in vollem Umfang genutzt werden.[163] Zu einer weiteren Einschränkung des Vorteils der Thesaurierungsbegünstigung kommt es dadurch, dass bei der Festsetzung der im Laufe des Jahres zu zahlenden Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer die Begünstigung der nicht entnommenen Gewinne nicht berücksichtigt wird, sondern von der sich aus dem Normaltarif ergebenden Einkommensteuer ausgegangen wird (§ 37 Abs. 3 S. 5 EStG).

331

Durch den Sondersteuersatz für nicht entnommene Gewinne wird eine eigenständige Einkunftskategorie geschaffen. Negative Einkünfte aus anderen Einkunftsquellen können mit den Einkünften, die nach § 34a Abs. 1 EStG mit 28,25% besteuert werden, nicht verrechnet werden (§ 34a Abs. 8 EStG). Diese Einschränkung des Verlustausgleichs und Verlustabzugs kann dadurch vermieden werden, dass der Antrag auf Besteuerung der thesaurierten Gewinne mit dem Sondersteuersatz nicht gestellt oder zurückgenommen wird.

332

Zu einer Nachversteuerung kommt es, wenn innerhalb eines Jahres der positive Saldo der Entnahmen und Einlagen den Gewinn des laufenden Jahres übersteigt, m.a.W. wenn die Entnahmen höher sind als die Summe aus Gewinn des laufenden Jahres und den in diesem Jahr getätigten Einlagen (§ 34a Abs. 4 EStG):


Entnahmen
Einlagen
Gewinn des laufenden Jahres nach § 4 Abs. 1 bzw § 5 EStG
= Nachversteuerungsbetrag nach § 34a Abs. 4 EStG (nur sofern positiv)

Der Nachversteuerungsbetrag ist um die Erbschaft- oder Schenkungsteuer zu kürzen, die anlässlich der Übertragung des Einzelunternehmens oder des Anteils an einer Personengesellschaft entnommen wurde.

Der Einkommensteuersatz auf den Nachversteuerungsbetrag beträgt 25%.

Durch die Art und Weise der Berechnung des Nachversteuerungsbetrags wird folgende Verwendungsreihenfolge unterstellt:


die im Laufe des Jahres entstandenen GewinneWirkung: keine Nachversteuerung
ermäßigt besteuerte Gewinne der VorjahreWirkung: Nachversteuerung in Höhe von 25% des entnommenen Betrags
Gewinne, die der Regelbesteuerung unterlagen oder die vor dem Jahr 2009 (dh vor Einführung der Begünstigung von thesaurierten Gewinnen) entstanden sindWirkung: keine Nachversteuerung

Der (verfahrenstechnische) Vorteil dieser Verwendungsreihenfolge ist, dass sie in der praktischen Anwendung kaum Probleme bereitet. Insbesondere ist es nicht notwendig, eine gesonderte Eigenkapitalgliederung zu erstellen. Ein wesentlicher (materieller) Nachteil ergibt sich daraus, dass Gewinne, die der Regelbesteuerung unterlagen oder vor dem Jahr 2009 thesauriert wurden, erst dann als entnommen gelten, wenn die Nachversteuerung auf die zunächst mit dem Sondersteuersatz von 28,25% besteuerten Gewinne durchgeführt wurde.

Verfahrenstechnisch ist für jeden Betrieb bzw jeden Anteil an einer Personengesellschaft der nachversteuerungspflichtige Betrag jährlich gesondert festzustellen (Nachversteuerungskonto, § 34a Abs. 3 EStG):


Übernahme des Nachversteuerungsbetrags aus dem Vorjahr
+ thesaurierter Gewinn des laufenden Jahres, für den die Begünstigung des nicht entnommenen Gewinns in Anspruch genommen wird
Einkommensteuer von 28,25% auf diesen Betrag
Solidaritätszuschlag auf diese Einkommensteuer
nachversteuerungspflichtiger Betrag, der nach § 34a Abs. 5 EStG auf einen anderen Betrieb übertragen wird
+ nachversteuerungspflichtiger Betrag, der nach § 34a Abs. 5 EStG von einem anderen Betrieb übernommen wird
Nachversteuerungsbetrag nach § 34a Abs. 4 EStG
= nachversteuerungspflichtiger Betrag nach § 34a Abs. 3 EStG

Zu einer Nachversteuerung kommt es auch in folgenden Fällen (§ 34a Abs. 6 EStG):


Veräußerung oder Aufgabe des Einzelunternehmens bzw des Anteils an einer Personengesellschaft
Einbringung des Betriebs bzw des Anteils an einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft
der Gewinn wird nicht mehr durch einen Betriebsvermögensvergleich ermittelt
auf Antrag des Steuerpflichtigen.

Bei Veräußerung, Aufgabe oder Einbringung in eine Kapitalgesellschaft kann die auf die Nachversteuerung entfallende Einkommensteuer auf Antrag in regelmäßigen Teilbeträgen entrichtet werden, wenn die sofortige Begleichung für den Steuerpflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre. Die Stundung kann über einen Zeitraum von bis zu zehn Jahren erfolgen. Stundungszinsen werden nicht erhoben.