Besteuerung von Unternehmen I

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b) Abgrenzung gegenüber den Einkünften aus Gewerbebetrieb

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Die Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, an der eine natürliche Person innerhalb der letzten fünf Jahre zu mindestens 1% beteiligt ist, führt zu Einkünften aus Gewerbebetrieb (§ 17 EStG). Die Zuordnung zu dieser Haupteinkunftsart geht der Zuordnung zu der Nebeneinkunftsart Einkünfte aus Kapitalvermögen vor (§ 20 Abs. 8 EStG). Damit werden diese Veräußerungsgewinne nach dem Teileinkünfteverfahren besteuert (60% des Veräußerungsgewinns unterliegen dem Normaltarif) und nicht nach dem Konzept der Abgeltungsteuer (25% auf den vollen Veräußerungsgewinn). Für diese Differenzierung nach der Beteiligungsquote gibt es keine methodische Begründung. Mit der Einführung einer allgemeinen Veräußerungsgewinnbesteuerung bei den Einkünften aus Kapitalvermögen im Jahr 2009 hat sie (zumindest bei rein nationalen Sachverhalten) ihre Berechtigung verloren.

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Die Verwaltung eines Wertpapierbesitzes bildet grundsätzlich keinen Gewerbebetrieb. Dies gilt auch dann, wenn das Vermögen sehr umfangreich ist, wenn der Wertpapierbestand zur Erzielung von Kursgewinnen häufig umgeschichtet wird und wenn die Kapitalanlagen mit Fremdkapital finanziert werden. Von einer Vermögensverwaltung wird solange ausgegangen, wie die An- und Verkäufe und die Verwaltung in der im Privatbereich üblichen Form durchgeführt werden, dh durch Erteilung von Aufträgen an eine Bank. Der An- und Verkauf von Wertpapieren überschreitet grundsätzlich nicht den Rahmen einer Vermögensverwaltung. Einkünfte aus Gewerbebetrieb werden nur in den Ausnahmefällen angenommen, in denen die Tätigkeit die im Kreditwesengesetz definierten Kriterien eines Wertpapierhandelsunternehmens oder Finanzunternehmens erfüllt.[47]

c) Besonderheiten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen

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(1) Begrenzung des Steuersatzes als Vorteil der Abgeltungsteuer: Einnahmen, die als Einkünfte aus Kapitalvermögen erfasst werden, unterliegen der Kapitalertragsteuer (§ 43 EStG). Die Kapitalertragsteuer beträgt grundsätzlich 25% der Kapitalerträge (§ 43a EStG).[48]

Für Einkünfte aus Kapitalvermögen gilt ein gesonderter Steuertarif von 25% (§ 32d EStG). Da der Sondersteuersatz für Einkünfte aus Kapitalvermögen mit dem Steuersatz der Kapitalertragsteuer übereinstimmt, können Einkünfte aus Kapitalvermögen bei der Einkommensteuerveranlagung grundsätzlich unberücksichtigt bleiben (Abgeltungsteuer, § 25 Abs. 1 iVm § 43 Abs. 5 EStG).[49]

Die der Abgeltungsteuer unterliegenden Einkünfte werden auch dann nicht in die Veranlagung einbezogen, wenn im Rahmen des Einkommensteuergesetzes an die Begriffe Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen oder zu versteuerndes Einkommen angeknüpft wird (§ 2 Abs. 5b EStG). Knüpfen außersteuerliche Rechtsnormen (zB im Sozialhilferecht) an die im Einkommensteuergesetz verwendeten Begriffe Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen und zu versteuerndes Einkommen an, werden die Einkünfte, die der Abgeltungsteuer unterliegen, aber berücksichtigt (§ 2 Abs. 5a S. 1 EStG).

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Der Grundsatz, dass Einkünfte aus Kapitalvermögen bei der Einkommensteuerveranlagung unberücksichtigt bleiben, wird durch mehrere Ausnahmen durchbrochen. Abb. 2.4 enthält dazu einen Überblick.

Abb. 2.4:

System der Veranlagung bei Einkünften aus Kapitalvermögen


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Ein Einbezug in die Veranlagung erfolgt ausnahmsweise in den Fällen, in denen kein Kapitalertragsteuerabzug vorgenommen wird (§ 32d Abs. 3 EStG). Dies gilt insbesondere für ausländische Kapitalerträge sowie für Gewinne aus der Veräußerung von GmbH-Anteilen.

Bei ausländischen Einkünften erfolgt zur Vermeidung einer internationalen Doppelbesteuerung eine Anrechnung der im Ausland gezahlten Quellensteuer (§ 32d Abs. 1, 5 EStG).[50]

Bemessungsgrundlage für die Abgeltungsteuer bilden grundsätzlich die Einnahmen. Bei Veräußerungsgewinnen wird auf die Differenz zwischen dem erzielten Veräußerungserlös und den beim Erwerb anfallenden Anschaffungskosten abgestellt. Die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Veräußerung stehenden Aufwendungen sind abziehbar (§ 20 Abs. 4 S. 1 EStG).

Zur Einschränkung von Steuergestaltungen werden folgende (Festzins-)Darlehen, stille Gesellschaften und partiarische Darlehen in den Anwendungsbereich der Abgeltungsteuer nicht einbezogen. Diese Zinsen und Gewinnanteile unterliegen beim Empfänger der Besteuerung nach dem Normaltarif (§ 32d Abs. 2 Nr 1 EStG):


Back-to-Back-Finanzierungen (Der Schuldner der Kapitalerträge hat seinerseits Kapital an einen Betrieb des Gläubigers überlassen oder ein Dritter überlässt einer Personengesellschaft oder einer Kapitalgesellschaft Kapital und der Dritte kann auf den Gläubiger bzw eine diesem nahestehende Person zurückgreifen. Bei Personengesellschaften ist zusätzlich Voraussetzung, dass der Gläubiger Mitunternehmer der Personengesellschaft ist. Bei Kapitalgesellschaften wird die Back-to-Back-Finanzierung nur erfasst, wenn der Gläubiger oder eine diesem nahestehende Person an der Kapitalgesellschaft zu mindestens 10% beteiligt ist.).

Bei Lebensversicherungen, die nach dem 31.12.2004 abgeschlossen wurden, wird die Differenz zwischen der ausbezahlten Versicherungsleistung und der Summe der entrichteten Beträge unter bestimmten Voraussetzungen (Kapitallebensversicherungen und Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht, soweit keine Rentenzahlungen gewählt werden, Laufzeit des Vertrags mindestens zwölf Jahre und Auszahlung erfolgt erst nach Vollendung des 62. Lebensjahres) nur zur Hälfte besteuert (§ 20 Abs. 1 Nr 6 S. 2 iVm § 52 Abs. 28 S. 7 EStG). Um eine doppelte Begünstigung zu vermeiden, werden diese Erträge nach dem Normaltarif besteuert. Die Anwendung des Sondersteuersatzes für Einkünfte aus Kapitalvermögen scheidet in diesem Fall aus (§ 32d Abs. 2 Nr 2 EStG). Bei diesen Erträgen erfolgt also eine Entlastung durch Reduzierung der Bemessungsgrundlage (nur hälftige Besteuerung der Erträge) und nicht durch Reduzierung des Steuersatzes (Abgeltungsteuer kommt nicht zur Anwendung).

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Da sich der Anwendungsbereich der Abgeltungsteuer nur auf die Einkünfte aus Kapitalvermögen erstreckt, ist eine Abgrenzung gegenüber den anderen Einkunftsarten vorzunehmen. Diese Abgrenzung ist deshalb notwendig, weil Einkünfte aus Kapitalvermögen der 25%igen Abgeltungsteuer unterliegen, während die anderen Einkünfte grundsätzlich nach dem Normaltarif besteuert werden.

(a) Die Zuordnung zu den Einkünften aus Kapitalvermögen geht der Einordnung als privates Veräußerungsgeschäft vor (§ 23 Abs. 2 EStG). Dies bedeutet, dass ein privates Veräußerungsgeschäft nur bei Immobilien sowie bei Wirtschaftsgütern, die weder Immobilien noch private Kapitalanlagen sind, vorliegen kann.

(b) Die Zuordnung zu einer der Gewinneinkunftsarten und zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geht der Zuordnung zu den Einkünften aus Kapitalvermögen vor (§ 20 Abs. 8 EStG). Wird zusätzlich berücksichtigt, dass bei Dividenden, die außerhalb des Anwendungsbereichs der Abgeltungsteuer bezogen wurden, das Teileinkünfteverfahren (40%ige Steuerbefreiung nach § 3 Nr 40 EStG) gilt, ergeben sich bei einer Zuordnung zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb, aus selbständiger Arbeit oder aus Vermietung und Verpachtung im Vergleich zu einer Zuordnung zu den Einkünften aus Kapitalvermögen folgende Rechtsfolgen:

 

Zinsen sowie Gewinne aus der Veräußerung von Kapitalanlagen (soweit keine Anteile an einer Kapitalgesellschaft)zu 100% Besteuerung nach dem Normaltarif der Einkommensteuer anstatt 25%ige Abgeltungsteuer auf 100% der Einkünftebei Einkünften aus Gewerbebetrieb: zusätzlich Gewerbesteuer
Dividenden sowie Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaftzu 60% Besteuerung nach dem Normaltarif der Einkommensteuer anstatt 25%ige Abgeltungsteuer auf 100% der Einkünftebei Einkünften aus Gewerbebetrieb: zusätzlich auf 60% der Einkünfte Gewerbesteuer, soweit keine Kürzung nach § 9 Nr 2a, 7, 8 GewStG erfolgt
Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft iSd § 17 EStG (Beteiligungsquote mindestens 1%) zu 60% Besteuerung nach dem Normaltarif der Einkommensteuer anstatt 25%ige Abgeltungsteuer auf 100% der Einkünfte.

Für Einkünfte aus Kapitalvermögen, die vom Anwendungsbereich der Abgeltungsteuer erfasst werden, wird ein Sparer-Pauschbetrag von 801 € (Ledige) bzw 1 602 € (zusammenveranlagte Ehegatten) gewährt (§ 20 Abs. 9 EStG).

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(2) Bruttobesteuerung und Einschränkung der Verlustverrechnung als Nachteil der Abgeltungsteuer: Innerhalb des Anwendungsbereichs der Abgeltungsteuer wird eine Bruttobesteuerung vorgenommen. Der Abzug des Sparer-Pauschbetrags ersetzt den Abzug der tatsächlich angefallenen Werbungskosten (§ 20 Abs. 9 EStG). Deshalb dürfen bei Kapitalerträgen, die der Abgeltungsteuer unterliegen, die damit zusammenhängenden Werbungskosten nicht abgezogen werden. Das Abzugsverbot gilt beispielsweise für Depotgebühren, Beratungsgebühren und Fremdkapitalzinsen.[54] Durch dieses Abzugsverbot wird das Nettoprinzip, das eines der grundlegenden Prinzipien der Einkommensbesteuerung ist, nicht beachtet. In § 2 Abs. 2 S. 2 EStG wird explizit darauf hingewiesen, dass es sich bei diesem Abzugsverbot um eine Ausnahme von dem prinzipiell für die Ermittlung der Einkünfte geltenden (sachlichen) Nettoprinzip handelt.

Der Gesetzgeber begründet die Bruttobesteuerung wie folgt:


Bei Steuerpflichtigen mit geringen Einkünften aus Kapitalvermögen liegt deshalb kein Verstoß gegen das Nettoprinzip vor, weil bei dieser Gruppe von Steuerpflichtigen die tatsächlich angefallenen Werbungskosten im Regelfall niedriger sind als der Sparer-Pauschbetrag.
Bei Steuerpflichtigen mit hohen Einkünften aus Kapitalvermögen führt die Besteuerung mit der 25%igen Abgeltungsteuer anstatt einer Besteuerung mit dem persönlichen Einkommensteuersatz von bis zu 45% zu einer derart hohen Entlastung, dass sich damit der in Zusammenhang mit dem Verbot, Werbungskosten abzuziehen, entstehende Verstoß gegen das Nettoprinzip rechtfertigen lässt.

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Die gesonderte Behandlung von Einkünften führt auch zu Einschränkungen beim Verlustausgleich (§ 20 Abs. 6 EStG):


Eine Verrechnung von positiven Einkünften aus Kapitalvermögen mit negativen Einkünften aus einer anderen Einkunftsart ist nicht möglich.
Negative Einkünfte aus Kapitalvermögen (zB Veräußerungsverluste, gezahlte Stückzinsen) dürfen nur innerhalb der Einkünfte aus Kapitalvermögen verrechnet werden, aber nicht mit positiven Einkünften einer anderen Einkunftsart. Bei negativen Einkünften aus Kapitalvermögen ist darüber hinaus nur ein Verlustvortrag zulässig. Ein Verlustrücktrag scheidet demgegenüber aus. Bei Verlusten aus der Veräußerung von Aktien ist der Verlustverrechnungskreis noch enger. Diese Verluste können nur mit Gewinnen aus der Veräußerung von Aktien verrechnet werden. Verluste aus Termingeschäften können nur mit Gewinnen aus Termingeschäften verrechnet werden. Betragsmäßig besteht eine Beschränkung auf jährlich 10 000 €. Bei Verlusten aus der Uneinbringlichkeit von Kapitalforderungen und aus der Übertragung von wertlosen Kapitalanlagen ist die Verrechnung mit Einkünften aus Kapitalvermögen auf 10 000 €/Jahr beschränkt. Für beim Erwerb von Kapitalanlagen gezahlte Stückzinsen erfolgt eine Verrechnung bis zur Höhe der positiven Kapitalerträge. Ist die Verrechnung der Stückzinsen nicht vollständig möglich, kommt es zu einem Vortrag in das nächste Kalenderjahr (§ 43a Abs. 3 EStG).

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(3) Bei unternehmerischer Beteiligung für Dividenden Wahlrecht zur Anwendung des Teileinkünfteverfahrens: Gesellschafter, die an der Kapitalgesellschaft unternehmerisch beteiligt sind, haben die Option, die Dividenden nach dem Teileinkünfteverfahren zu besteuern (§ 32d Abs. 2 Nr 3 EStG). Von einer unternehmerischen Beteiligung wird ausgegangen, wenn der Anteilseigner entweder eine Beteiligung von mindestens 25% an der Kapitalgesellschaft hält oder wenn er an der Kapitalgesellschaft zu mindestens 1% beteiligt ist und er gleichzeitig durch eine berufliche Tätigkeit bei dieser Kapitalgesellschaft einen maßgeblichen unternehmerischen Einfluss auf deren wirtschaftliche Tätigkeit nehmen kann (zB als Gesellschafter-Geschäftsführer). Die Ausübung dieses Wahlrechts hat zwei Effekte:[55]


Die Dividenden werden nach dem Teileinkünfteverfahren besteuert. Dies bedeutet, dass sie zu 60% dem Normaltarif unterliegen (40%ige Steuerbefreiung nach § 3 Nr 40 EStG).
Die im Zusammenhang mit der Beteiligung an der Kapitalgesellschaft auf Ebene des Gesellschafters anfallenden Aufwendungen sind zu 60% als Werbungskosten abziehbar (40%iges Abzugsverbot nach § 3c Abs. 2 EStG). Das Wahlrecht gilt nur für Dividenden. Gewinne aus der Veräußerung der Beteiligung an der Kapitalgesellschaft unterliegen als Einkünfte aus Gewerbebetrieb generell dem Teileinkünfteverfahren, da bei unternehmerisch beteiligten Gesellschaftern die in § 17 EStG vorgesehene Mindestbeteiligung von 1% überschritten ist.

Entstehen bei einem unternehmerisch beteiligten Gesellschafter keine Aufwendungen, ist die Ausübung des Wahlrechts zur Besteuerung nach dem Teileinkünfteverfahren bis zu einem persönlichen Einkommensteuersatz von 41,67% zu empfehlen. Liegt der Einkommensteuersatz des Gesellschafters über 41,67%, führt die Besteuerung der Dividenden mit der Abgeltungsteuer zu einer geringeren Belastung als die Besteuerung nach dem Teileinkünfteverfahren:


Teileinkünfteverfahren < Abgeltungsteuer
60% der Dividenden × sESt < 100% der Dividenden × sAbgSt
60% × sESt < 25,00%
s ESt < 41,67%

Fallen auf Ebene des Anteilseigners Ausgaben an, die im Zusammenhang mit der Beteiligung an der Kapitalgesellschaft stehen, erweitert sich der Bereich, in dem die Beantragung zur Besteuerung der Dividenden nach dem Teileinkünfteverfahren zu empfehlen ist. Bei einer Besteuerung der Dividenden nach dem Teileinkünfteverfahren können die Ausgaben zu 60% als Werbungskosten abgezogen werden, während im Anwendungsbereich der Abgeltungsteuer ein Abzug von Werbungskosten generell ausscheidet. Der anteilige Werbungskostenabzug ist der Hauptvorteil der Option zur Besteuerung von Dividenden nach dem Teileinkünfteverfahren.

Bei Einbezug von Werbungskosten empfiehlt sich die Option zum Teileinkünfteverfahren, wenn folgende Ungleichung erfüllt ist:


Teileinkünfteverfahren < Abgeltungsteuer
60% × (Dividenden – Werbungskosten) × sESt < Dividenden × sAbgSt
Dividenden – Werbungskosten < (Dividenden × sAbgSt) / (60% × sESt)
Werbungskosten > [Dividenden × (60% × sESt – sAbgSt)] / [60% × sESt]
Werbungskosten > Dividenden × [1 – 25% / (60% × sESt)]

Bei einem persönlichen Einkommensteuersatz von unter 41,67% ist diese Bedingung immer erfüllt. Zum einen werden die Dividenden beim Teileinkünfteverfahren geringer belastet. Zum anderen können beim Teileinkünfteverfahren die Werbungskosten zu 60% abgezogen werden, während im Anwendungsbereich der Abgeltungsteuer ein Werbungskostenabzug vollständig ausscheidet. Bei einem Einkommensteuersatz von über 41,67% ist der Nachteil des Teileinkünfteverfahrens aus der geringfügig höheren Besteuerung der Dividenden mit dem Vorteil aus dem teilweisen Werbungskostenabzug abzuwägen. Bei einem persönlichen Einkommensteuersatz von 45% ist das Teileinkünfteverfahren vorteilhaft, wenn die Werbungskosten mindestens 7,41% der Dividenden betragen. Bei einem persönlichen Einkommensteuersatz von 42% reichen bereits Werbungskosten von 0,794% der Dividenden aus, damit das Teileinkünfteverfahren vorzuziehen ist.

 

In der nachfolgenden Übersicht sind die wichtigsten Faktoren für die Entscheidung eines unternehmerisch beteiligten Gesellschafters für die Ausübung des Wahlrechts nach § 32d Abs. 2 Nr 3 EStG zusammengestellt:

Abb. 2.5: Erfassung von Dividenden nach dem Konzept der Abgeltungsteuer und nach dem Teileinkünfteverfahren im Vergleich


steuerlicher Einflussfaktor Abgeltungsteuer (wenn kein Antrag gestellt) Teileinkünfteverfahren (wenn Antrag gestellt)
Umfang der Erfassung der Einnahmen (Dividenden) zu 100% zu 60%
Umfang des Abzugs der Werbungskosten (Aufwendungen im Zusammenhang mit der Beteiligung an der Kapitalgesellschaft) kein Abzug möglich zu 60%
Sparer-Pauschbetrag ja nein
Einbezug in den Verlustausgleich mit anderen Einkunftsarten nein ja
Steuersatz Grundsatz: einheitlich 25% Ausnahme: Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG (niedrigerer persönlicher Steuersatz) persönlicher Steuersatz:zwischen 0 und 45%
Einbezug in die Veranlagung nein (Grundsatz) ja

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(4) Günstigerprüfung für Steuerpflichtige mit einem niedrigen persönlichen Einkommensteuersatz: Der Steuerpflichtige hat das Wahlrecht, die Einkünfte aus Kapitalvermögen in die Veranlagung einzubeziehen (§ 32d Abs. 6 EStG). Bei der Günstigerprüfung handelt es sich allerdings nicht um eine „echte“ Veranlagungsoption, da auch im Rahmen der Günstigerprüfung ein Abzug von Werbungskosten und eine Verrechnung von Veräußerungsverlusten mit positiven Einkünften aus einer anderen Einkunftsart ausscheiden. Diese Einschränkungen ergeben sich aus § 20 Abs. 6, 9 EStG, dh aus der Abgrenzung der Bemessungsgrundlage. Bei § 32d EStG handelt es sich um eine Vorschrift, die die Höhe des Steuersatzes regelt. Der Umfang der Einkünfte aus Kapitalvermögen wird durch § 32d EStG nicht beeinflusst. Das Wahlrecht zum Einbezug in die Veranlagung ist deshalb grundsätzlich nur dann vorteilhaft, wenn der persönliche Einkommensteuersatz unter dem Abgeltungsteuersatz von 25% liegt. Diese Aussage gilt unabhängig davon, wie hoch die angefallenen Werbungskosten oder Veräußerungsverluste sind.

Ein weiterer Vorteil der Günstigerprüfung ergibt sich, wenn bei einer anderen Einkunftsart Verluste entstehen. Im Rahmen der Günstigerprüfung können die Verluste aus anderen Einkunftsarten ausnahmsweise mit positiven Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden.[56]

Stellt der Steuerpflichtige den Antrag auf die Günstigerprüfung, erfolgt der Einbezug in die Veranlagung von Amts wegen nur dann, wenn dies für den Steuerpflichtigen günstiger ist. Ist die Besteuerung nach den Regeln der Abgeltungsteuer für den Steuerpflichtigen vorteilhaft, gilt der Antrag auf Einbezug der Kapitalerträge in die Veranlagung als nicht gestellt.

Der Antrag auf Einbezug in die Veranlagung kann jährlich gestellt werden. Er muss für alle Einkünfte aus Kapitalvermögen eines Jahres einheitlich gestellt werden. Bei einer Zusammenveranlagung ist nur eine einheitliche Ausübung des Einbezugswahlrechts für alle Einkünfte aus Kapitalvermögen der beiden Ehegatten möglich.

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(5) Besondere Veranlagung: Wenn im Rahmen des Abzugs der Kapitalertragsteuer nicht alle für den Steuerpflichtigen günstigen Umstände berücksichtigt wurden, kann eine besondere Veranlagung beantragt werden (besondere Veranlagungsoption zum pauschalen Steuersatz, § 32d Abs. 4 EStG). Beispiele für die besondere Veranlagung sind ein nicht vollständig ausgeschöpfter Sparer-Pauschbetrag oder die fehlende Berücksichtigung von im Ausland erhobenen Quellensteuern.

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(6) Auswirkungen auf die Zuschlagsteuern: Die abgeltende Wirkung der Kapitalertragsteuer auf Einkünfte aus Kapitalvermögen (Abgeltungsteuer) wirkt sich auch auf den Solidaritätszuschlag aus (§ 3 Abs. 1 Nr 5 SolZG iVm § 32d Abs. 1 EStG). Die Belastung aus der Abgeltungsteuer erhöht sich damit auf 26,38% (= 25,00% + 0,055 × 25,00%).

Bei Steuerpflichtigen, die kirchensteuerpflichtig sind, unterliegen die Einkünfte aus Kapitalvermögen zusätzlich der Kirchensteuer (§ 51a Abs. 2b EStG). Die Abziehbarkeit der Kirchensteuer als Sonderausgabe wird in pauschalierender Form berücksichtigt (§ 51a Abs. 2b iVm § 43, § 43a EStG). Der Abgeltungsteuersatz (dh die Einkommensteuer) reduziert sich nach folgender Formel (§ 32d Abs. 1 EStG):

Einkommensteuer = Einkünfte aus Kapitalvermögen / (4 + Kirchensteuersatz in %).

Fasst man die 25%ige Einkommensteuer, den 5,5%igen Solidaritätszuschlag sowie ggf zusätzlich die Kirchensteuer von 8% (Baden-Württemberg, Bayern) bzw 9% (die anderen Bundesländer) zusammen, ergibt sich für Einkünfte aus Kapitalvermögen, die in den Anwendungsbereich der Abgeltungsteuer fallen, folgende Gesamtbelastung:


ohne Kirchensteuer 26,38% (= 25,00% + 0,055 × 25,00%)
Kirchensteuersatz 8% 27,82% (= 24,51% + 0,055 × 24,51% + 0,08 × 24,51%)
Kirchensteuersatz 9% 28,00% (= 24,45% + 0,055 × 24,45% + 0,09 × 24,45%).

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(7) Erträge aus Investmentfonds: Die Besteuerung von Erträgen aus Investmentfonds ist im Investmentsteuergesetz (InvStG) geregelt. Das InvStG geht als spezielles Gesetz den allgemeinen Regeln des EStG vor. Am 1.1.2018 kam es zu einem Konzeptionswechsel. Das bis dahin geltende Transparenzprinzip wurde durch eine Besteuerung auf der Grundlage des Trennungsprinzips ersetzt. Durch den Übergang auf das Trennungsprinzip wird die Besteuerung der Erträge aus Investmentfonds an die Systematik angelehnt, die bei der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft gilt. Diese Grundidee wird durch mehrere Abweichungen ergänzt, um die Besonderheiten von Investmentfonds zu berücksichtigen.[57]

Der Investmentfonds ist körperschaftsteuerpflichtig. In Ausnahmefällen unterliegt er auch der Gewerbesteuer (§ 6, § 15 InvStG). Die Erträge aus dem Investmentfonds sind beim Anleger als Einkünfte aus Kapitalvermögen einkommensteuerpflichtig (§ 20 Abs. 1 Nr 3 EStG iVm § 16 InvStG). Der Besteuerung unterliegen die Ausschüttungen des Investmentfonds. Bei Investmentfonds, die ihre Erträge thesaurieren, wird anstelle der Ausschüttungen eine Vorabpauschale besteuert. Durch diese Vorabpauschale soll mindestens die risikolose Marktverzinsung der Besteuerung unterliegen. Gewinne aus dem Verkauf von Anteilen an Investmentfonds sind gleichfalls steuerpflichtig.

Um eine Doppelbelastung in pauschalierender Form zu vermeiden, erfolgt auf Ebene des Kapitalanlegers eine Teilfreistellung (§ 20 InvStG). Die Höhe der steuerfrei bleibenden Erträge bestimmt sich danach, in welche Vermögenswerte der Investmentfonds investiert und wem die Fondsanteile gehören. Im Folgenden wird davon ausgegangen, dass die Anteile einer natürlichen Person gehören und dass die Fondsanteile dem Privatvermögen zugeordnet werden. Bei Aktienfonds (Aktienanteil über 50%) sind 30% der Erträge steuerfrei. Bei Mischfonds (Aktienanteil zwischen 25 und 50%) beträgt die Teilfreistellung 15% der Erträge. Bei Immobilienfonds (Anteil der Immobilien mehr als 50%) unterliegen beim Anleger 60% der Erträge nicht der Einkommensteuer. Beträgt der Anteil der im Ausland belegenen Immobilien mehr als die Hälfte des Gesamtvermögens des Investmentfonds, erhöht sich der steuerfreie Teil auf 80%. Bei den weiteren Investmentfonds (zB Anlage in festverzinsliche Wertpapiere) wird keine Teilfreistellung gewährt. Für den steuerpflichtigen Teil der Erträge aus einem Investmentfonds wird entsprechend dem für Einkünfte aus Kapitalvermögen verfolgten Konzept die Einkommensteuer durch den Sondersteuersatz von 25% erhoben (Abgeltungsteuer, § 32d EStG).

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(8) Kontenabruf durch die Finanzverwaltung: Die Finanzbehörde kann bei Kreditinstituten über das Bundeszentralamt für Steuern einzelne Daten des Steuerpflichtigen abrufen, wenn dies zur Steuerfestsetzung oder -erhebung erforderlich ist und ein Auskunftsersuchen an den Steuerpflichtigen nicht zum Ziel führt oder keinen Erfolg verspricht (§ 93 Abs. 7 AO).[58] Die Kreditinstitute sind verpflichtet, Kontostammdaten zum Abruf durch das Bundeszentralamt für Steuern bereit zu halten. Diese Verpflichtung bezieht sich jedoch nicht auf Kontostände oder Kontobewegungen. Die Finanzbehörden können nur nachprüfen, ob ein Steuerpflichtiger bei einem bestimmten Kreditinstitut ein Konto oder Depot unterhält. Die Daten können vom Bundeszentralamt für Steuern im automatisierten Verfahren abgerufen werden (§ 93b AO). Andere Behörden können sich an das Finanzamt wenden, um entsprechende Informationen über Kontostammdaten zu erhalten, soweit ein anderes Gesetz an Begriffe des Einkommensteuergesetzes (zB Einkünfte, zu versteuerndes Einkommen) anknüpft (§ 93 Abs. 8 AO). Der automatisierte Abruf von Konteninformationen ist auf die Fälle beschränkt, in denen der Steuerpflichtige die Günstigerprüfung beantragt oder in denen der einkommensteuerliche Einkommensbegriff auch für andere Rechtsgebiete (zB Arbeitslosengeld II, Ausbildungsförderung, Wohngeld) von Bedeutung ist.