Besteuerung von Unternehmen I

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b) Abgrenzung gegenüber den Einkünften aus Gewerbebetrieb

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Aus den in § 18 EStG aufgeführten Einkunftskategorien lassen sich in Verbindung mit der Rechtsprechung und den in H 15.6 EStH zusammengestellten Erläuterungen der Finanzverwaltung für eine selbständige Arbeit iSd § 18 EStG folgende charakteristische Merkmale ableiten: Selbständigkeit, Nachhaltigkeit der Betätigung, Gewinnerzielungsabsicht sowie Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr.

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Diese vier Kriterien stimmen mit den Positivmerkmalen einer gewerblichen Betätigung überein. Die Einkünfte aus selbständiger Arbeit gehen jedoch als spezielle Einkunftsart den Einkünften aus Gewerbebetrieb vor (§ 15 Abs. 2 EStG: Ausüben einer freiberuflichen Tätigkeit als Negativmerkmal bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb).

Die Abgrenzung zwischen den Einkünften aus selbständiger Arbeit und den Einkünften aus Gewerbebetrieb bereitet häufig erhebliche Schwierigkeiten. Sie ist jedoch notwendig, da sich diese Abgrenzung sowohl für die Einkommensteuer als auch für die Gewerbesteuer auswirkt:


Liegen Einkünfte aus selbständiger Arbeit nach § 18 Abs. 1 Nr 1 EStG vor, berechnet sich die Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten (Istbesteuerung, § 20 UStG). Bei Gewerbetreibenden ist dies nur der Fall, wenn der Gesamtumsatz nicht mehr als 600 000 € beträgt. Ansonsten erfolgt eine Besteuerung nach vereinbarten Entgelten (Sollbesteuerung, § 16 Abs. 1 UStG). Diese Differenzierung entscheidet darüber, zu welchem Zeitpunkt die Umsatzsteuer fällig wird.
Die Begünstigung für thesaurierte Gewinne kann nur in Anspruch genommen werden, wenn der Gewinn durch einen Betriebsvermögensvergleich ermittelt wird. Bei einer Einnahmen-Ausgabenrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG kann eine Besteuerung von einbehaltenen Gewinnen mit dem Sondersteuersatz von 25% nicht beantragt werden (§ 34a Abs. 2 EStG).
Gewerbesteuer fällt nur an, wenn ein Gewerbebetrieb vorliegt (§ 2 Abs. 1 GewStG); Einkünfte aus selbständiger Arbeit unterliegen dagegen nicht der Gewerbesteuer. Durch die Einräumung einer Steuerermäßigung bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb nach § 35 EStG hat aber die zusätzliche Belastung von Gewerbetreibenden mit Gewerbesteuer materiell erheblich an Bedeutung verloren.

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Traditionell bildet das entscheidende Abgrenzungskriterium der Einkünfte aus selbständiger Arbeit gegenüber den Einkünften aus Gewerbebetrieb die Frage, ob die Arbeitskraft des Inhabers oder der Kapitaleinsatz bzw die Vermögensumschichtung im Vordergrund steht. Wesentliche Kennzeichen einer selbständigen Arbeit sind die persönliche Arbeitsleistung und die persönliche Fachkenntnis des Berufsträgers, die ihn befähigt, leitend und eigenverantwortlich tätig zu werden. Keine Abgrenzungsschwierigkeiten bestehen bei den explizit genannten Katalogberufen. Sehr umstritten ist aber, welche Tätigkeiten den Katalogberufen ähnlich sind. Indizien für die Einordnung der „ähnlichen Berufe“ als Einkünfte aus selbständiger Arbeit sind: Vergleichbarkeit der ausgeübten Tätigkeit mit den in § 18 Abs. 1 Nr 1 EStG genannten Katalogberufen, Vergleichbarkeit der Ausbildung (zB Prüfung) sowie Vergleichbarkeit der gesetzlichen Bedingungen für die Ausübung der Tätigkeit (zB berufsrechtliche Regelungen).

Die Beschäftigung von Personal steht der Qualifikation einer Tätigkeit als selbständige Arbeit nicht entgegen, sofern die Mitarbeiter fachlich ausgebildet sind und der Inhaber innerhalb des gesamten Unternehmensbereichs verantwortlich bleibt (§ 18 Abs. 1 Nr 1 S. 3 EStG). Dies erfordert, dass der Inhaber Arbeitsanweisungen an seine Mitarbeiter gibt, sodass ihm alle Tätigkeiten der Mitarbeiter persönlich zugerechnet werden können. Die Übertragung der Unternehmensleitung an einen Geschäftsführer oder Vertreter sowie das eigenverantwortliche Tätigwerden der Mitarbeiter ist nicht möglich.

Die Leitidee, dass bei selbständig Tätigen die Arbeitskraft und bei Gewerbetreibenden der Produktionsfaktor Kapital im Vordergrund steht, stimmt mit dem heutigen Wirtschaftsleben nur noch bedingt überein. Aufgrund des Wandels im Bereich der Dienstleistungsberufe stehen einige Wirtschaftszweige einem „typischen“ Gewerbebetrieb zum Teil näher als Steuerpflichtige, die steuerrechtlich als Gewerbetreibende angesehen werden. Auch bei Gewerbetreibenden ist eine hochwertige Aus- und Weiterbildung von erheblicher Bedeutung. Freiberufler investieren zum Teil in großem Umfang in technische Geräte (beispielsweise kann der Computertomograph eines Arztes mehr als 2,5 Mio. € kosten), sodass auch bei diesen Berufsgruppen ein hoher Kapitalbedarf besteht. Die Aufzählung in § 18 EStG ist historisch bedingt. Neue Berufsbilder (zB im Bereich der elektronischen Datenverarbeitung) werden nicht berücksichtigt.

Wie kasuistisch die Abgrenzung zwischen den Einkünften aus selbständiger Arbeit und den Einkünften aus Gewerbebetrieb ist, zeigen einige ausgewählte Beispiele: (1) Bei einem Fitnessstudio hängt die steuerrechtliche Einordnung davon ab, ob die Nutzung der Geräte überwiegt oder die Unterrichtung, wie die Geräte zu nutzen sind. (2) Steuerberater sind freiberuflich tätig, während der Beratungsstellenleiter eines Lohnsteuerhilfevereins Gewerbetreibender ist. (3) Ein Fotomodell bezieht Einkünfte aus Gewerbebetrieb, während der Modeschöpfer, der die Kleider entwirft, die das Fotomodell trägt, seine Einnahmen als Einkünfte aus selbständiger Arbeit zu versteuern hat. (4) Tanzorchester gelten dann als freiberuflich, wenn sie einen bestimmten Qualitätsstandard erreichen, wobei nicht eindeutig ist, anhand welcher Kriterien dies beurteilt wird. (5) Bei den weiteren Fällen, die die Rechtsprechung beschäftigt haben, wie Büttenredner, Erbensucher, Fakir, Hellseher, Detektiv, Kükensortierer, Klavierstimmer, Plakatkleber oder Rentenberater lässt es sich mit dem „gesunden Menschenverstand“ nicht immer eindeutig begründen, ob es sich um eine gewerbliche oder um eine freiberufliche Tätigkeit handelt.[30]

Ein weiterer Kritikpunkt ergibt sich daraus, dass sich durch Gründung einer GmbH & Co. KG – sofern es gewünscht ist – die Gewerblichkeit leicht erreichen lässt, auch wenn die Merkmale eines Gewerbebetriebs kraft gewerblicher Betätigung nicht erfüllt sind. Diese Unternehmen gelten unabhängig von der Art ihrer Tätigkeit nach § 15 Abs. 3 Nr 2 EStG als Gewerbebetrieb kraft gewerblicher Prägung.

c) Besonderheit bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit

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Für Einkünfte aus selbständiger Arbeit, die der Steuerpflichtige nicht aus einem Betrieb entnimmt, wird auf Antrag ein besonderer Steuersatz von 28,25% angewandt (Begünstigung der nicht entnommenen Gewinne nach § 34a EStG). Voraussetzung ist aber, dass die Einkünfte durch einen Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG (Steuerbilanz) ermittelt werden.[31] Die Begünstigung der nicht entnommenen Gewinne kann also nur in Anspruch genommen werden, wenn der Steuerpflichtige eine Buchführung einrichtet. Dies ist insoweit bedeutsam, als bei Einkünften aus selbständiger Arbeit der Gewinn regelmäßig durch eine Einnahmen-Ausgabenrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt wird. Damit kann der Sondersteuersatz nach § 34a EStG von den meisten Freiberuflern nicht beantragt werden.

 
5. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit

a) Kennzeichen einer nichtselbständigen Arbeit

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Der Begriff „Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit“ ist zwar gesetzlich nicht definiert. Es ist aber unstrittig, dass diese Einkunftsart die Arbeitnehmereigenschaft erfordert (§ 1 Abs. 1 LStDV). Arbeitnehmer sind Personen, die im öffentlichen oder privaten Dienst angestellt oder beschäftigt sind oder waren und die aus diesem Dienstverhältnis Arbeitslohn beziehen. Als Arbeitnehmer gelten auch die Rechtsnachfolger dieser Personen, soweit sie Arbeitslohn aus dem früheren Dienstverhältnis ihres Rechtsvorgängers beziehen (Beispiel: Witwenbezüge aus einer Betriebsrente).

Ein Dienstverhältnis liegt vor, wenn der Arbeitnehmer (Beschäftigte) dem Arbeitgeber (öffentliche Körperschaft, Unternehmer, Haushaltsvorstand) seine Arbeitskraft schuldet. Die typischen Abgrenzungskriterien sind Unterordnung unter die Leitung des Arbeitgebers und Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber (§ 1 Abs. 2 LStDV). Die Frage, ob eine Tätigkeit selbständig oder nichtselbständig ausgeübt wird, ist anhand einer Vielzahl von in Betracht kommenden Merkmalen nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen. Eine Würdigung nach dem Gesamtbild bedeutet, dass die für und die gegen ein Dienstverhältnis sprechenden Merkmale gegeneinander abzuwägen sind. In diese Gesamtwürdigung ist auch einzubeziehen, wie das der Beschäftigung zugrunde liegende Vertragsverhältnis ausgestaltet worden ist, sofern die Vereinbarungen ernsthaft gewollt und tatsächlich durchgeführt worden sind.[32]

Es kommt nicht auf die Bedeutung der Arbeit, die Höhe und die Art der Entlohnung sowie den Grad der persönlichen Freiheit an, sofern diese Freiheit Ausfluss des Willens des Arbeitgebers ist, dh nicht auf eigenen Entscheidungen des Arbeitnehmers beruht. Ein wichtiges Indiz für die Arbeitnehmereigenschaft ist das Fehlen eines unternehmerischen Risikos. Beispielsweise beziehen auch Vorstände einer AG, Geschäftsführer einer GmbH, Staatssekretäre und Universitätsprofessoren Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

b) Umfang der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit

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Arbeitslohn sind alle Einnahmen, die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis zufließen. Es ist unerheblich, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form die Einnahmen gewährt werden (§ 2 Abs. 1 LStDV).

Die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit umfassen (§ 19 Abs. 1 EStG, § 2 Abs. 2 LStDV):


Wartegelder, Ruhegelder, Witwen- und Waisengelder und andere Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstverhältnissen (Hauptanwendungsfälle sind Beamtenpensionen sowie Zahlungen aus einer betrieblichen Pensionszusage, dh Leistungen aus der betrieblichen Altersvorsorge in der Form einer Direktzusage oder einer Unterstützungskasse: „Betriebsrente“).

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Die Einordnung als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit ist unabhängig davon,


ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge, wie Jubiläumszuwendungen, Entschädigungen oder Abfindungen, handelt.
ob der Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch hat oder ob der Arbeitgeber freiwillig leistet, zB Leistungen der betrieblichen Altersversorgung.

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Einnahmen, die nicht aus Geld bestehen (Sachbezüge), werden mit den – um übliche Preisnachlässe geminderten – üblichen Endpreisen am Abgabeort bewertet (§ 8 Abs. 2 S. 1 EStG).[35] Aus Vereinfachungsgründen bleiben die Sachbezüge außer Ansatz, wenn sie die Freigrenze von 44 €/Monat nicht übersteigen (§ 8 Abs. 2 S. 11 EStG).

Für bestimmte Leistungen werden pauschalierende Regelungen getroffen:


Der Wert der freien Kost und Wohnung einschließlich Heizung und Beleuchtung wird in der Sozialversicherungsentgeltverordnung festgesetzt. Beispielsweise beläuft er sich für die zur Verfügung gestellte Verpflegung (Frühstück, Mittagessen und Abendessen) auf 258 €/Monat (§ 2 Abs. 1 SvEV).
Der Sachbezug für eine dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zu eigenen Wohnzwecken überlassene Wohnung bleibt unberücksichtigt, soweit das vom Arbeitnehmer gezahlte Entgelt mindestens zwei Drittel des ortsüblichen Mietwerts und dieser nicht mehr als 25 € je qm ohne die nach der Betriebskostenverordnung umlagefähige Kosten beträgt (Bewertungsabschlag bei Mitarbeiterwohnungen, § 8 Abs. 2 S. 12 EStG).

Sachleistungen des Arbeitgebers, die auch im gesellschaftlichen Verkehr üblich sind und beim Arbeitnehmer zu keiner ins Gewicht fallenden Bereicherung führen, gehören als bloße Aufmerksamkeiten nicht zum Arbeitslohn (R 19.6 LStR). Aufmerksamkeiten sind beispielsweise Geschenke bis zu einem Wert von 60 € (Blumen, Genussmittel oder ein Buch zum Geburtstag des Arbeitnehmers) oder unentgeltliche Überlassungen von Getränken und Genussmitteln zum Verzehr im Betrieb.

Zuwendungen des Arbeitgebers im Rahmen von Betriebsveranstaltungen gehören als Leistungen im ganz überwiegenden betrieblichen Interesse des Arbeitgebers nicht zum Arbeitslohn, wenn es sich um übliche Betriebsveranstaltungen und um bei diesen Veranstaltungen übliche Zuwendungen handelt. Für jede Betriebsveranstaltung wird ein Freibetrag von 110 € pro teilnehmendem Arbeitnehmer gewährt (§ 19 Abs. 1 S. 1 Nr 1a EStG).[39]

c) Abgrenzung gegenüber den Einkünften aus Gewerbebetrieb und den Einkünften aus selbständiger Arbeit

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Ist eine Person derart in ein Unternehmen eingegliedert, dass sie weisungsgebunden ist und kein unternehmerisches Risiko zu tragen hat, besitzt sie die Arbeitnehmereigenschaft. Eine dem Charakter nach freiberufliche oder gewerbliche Tätigkeit führt dann zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, wenn sie nicht auf eigene Rechnung und eigene Gefahr ausgeübt wird (H 15.1 EStH). Zu nennen sind beispielsweise persönliche Abhängigkeit, Weisungsgebundenheit hinsichtlich Ort, Zeit und Inhalt der Tätigkeit, (weitgehend) zeitabhängige Vergütung, feste Arbeitszeiten, kein Kapitaleinsatz, Schulden der Arbeitskraft und nicht eines bestimmten Arbeitserfolgs, Entgeltfortzahlung bei Krankheit und im Urlaub oder Überstundenvergütung.

Für eine Selbständigkeit und damit gegen die Arbeitnehmereigenschaft sprechen unter anderem die Abhängigkeit der Höhe der Einnahmen von den eigenen Aktivitäten, dh überwiegend erfolgsabhängige Vergütung, die weitgehend freie Entscheidung über Ort, Zeit und Umfang der Tätigkeiten, die Möglichkeit der Delegation von Arbeiten an Mitarbeiter und keine Fortzahlung der Vergütung im Krankheitsfall.

Arbeitnehmer sind beispielsweise angestellte Ärzte, angestellte Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater und unselbständige Reisevertreter. Demgegenüber sind Handelsvertreter oder Versicherungsvertreter im Regelfall Gewerbetreibende.