Kreuzfahrt mit Hindernissen

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»Buongiorno Luigi, mi amore!«, flötete sie eine halbe Stunde später, als sie in Luigis Büro schlüpfte.

Sie führte einen kleinen Gemüseladen in der Innenstadt und versorgte sich auf dem Großmarkt täglich mit frischer Ware.

»Belllla Mia!«, säuselte Luigi, während er diskret den Schlüssel der Bürotür umdrehte. Niemand sollte die heutige Stunde trauter Zweisamkeit stören. Von purer Wolllust getrieben, rissen sie sich gegenseitig die Kleider vom Leib und Giorgina setzte sich weit zurückgelehnt auf Luigis Schreibtisch.

«Ah mio Stallone«, hauchte sie, als Luigi in sie eindrang.

»Diese italienischen Pferdehändler fluchte Hans-Werner Klose aufgebracht durch sein Hamburger Büro und knallte den Hörer wütend auf die Gabel. Das ohnehin nur noch mit Tesafilm zusammengehaltene, alte schwarze Bakelittelefon, mit dessen Hilfe schon sein Vater Geschäfte getätigt hatte, war ein Relikt aus alten, besseren Zeiten, von dem er sich einfach nicht trennen wollte.

»Wie soll ich denn bei den Preisen noch was verdienen!? - Pfeifer!!! Mach mir sofort eine Verbindung mit diesem Mafiosi, diesem Billigheimer, diesem Luigi irgendwer, in Genua!«

Klose saß vor seinem Schreibtisch und hatte soeben ergebnislos mit seinem Lieblingslieferanten für Proviant telefoniert. Der hatte ihm jedoch einen Preis genannt, der jenseits von Gut und Böse lag. Möglicherweise lag es daran, dass er seine letzten Rechnungen eher schleppend bezahlt hatte und der Lieferant jetzt keinen gesteigerten Wert mehr auf eine Zusammenarbeit legte.

»Ihr Gespräch mit Genua Herr Klose!«, rief Holger aus dem Nebenraum. Hans-Werner nahm den Hörer ab und lauschte.

»Luigiii, musst du denn ausgerechnet jetzt telefonihihiheren!!«, hörte er eine weibliche Stimme keuchen.

»Hallo! Haaalllooo, hier spricht Hans-Werner Klose von der Nautilus Reederei aus Hamburg! Spreche ich mit Herrn äh-«

»Mangiare!« soufflierte Holger, der mittlerweile neben seinen Chef getreten war.

»Herrn Mangiare?«, beendete Hans-Werner seine Frage.

»Si, Mangiare, Luigi Mangiare, wer spri-hi-hicht?«

Luigi genoss dieses Telefongespräch, während er Giorgina in immer größere Höhen lustvoller Ekstase trieb. Es gab ihm ein gewisses Gefühl von Macht und Überlegenheit gegenüber seinem Gesprächspartner. Ein Mangiare konnte eben viele Dinge gleichzeitig erledigen.

»Hallo Herr Mangiare, schön, dass ich Sie erreiche. Ich benötige bis übermorgen Proviant für eine 10-tägige Kreuzfahrt, für ca. 2600 Leute. Lässt sich das machen?«

»Ah-Aahh - Ahh- Herr Klo-ho-hose, ich erinnere mich, hatte wir nichte letztes Jahr schohohooon mal die Vergnühügen?«

»Völlig richtig Herr Mangiare, völlig richtig.«

»Klose, - Klohoose, ich komme jetze gerade nichte an meine Akten, aber ich haaaaabe in Erinnerung, dass die Geld etwas schleppend bei mir eintrahhhhfff. Was haltene Sie davone diesmal im Voraus zu bezahlen, Herr Klo-hose«?

»Klose, mein Name ist Klose, nicht Hose. Über welche Summe sprechen wir denn, Herr Mangiare, ich habe gehört Ihre Preise währen unschlagbar«.

»Hahahaaaa-Ohhhh Jahhaha---«

»Herr Mangiare, ist bei ihnen alles in Ordnung»?, fragte der Reeder, dem Luigis Artikulation etwas seltsam vorkam.

»Nein, nein Herr Klose alles bestens hiere bei miihiihir- Ahh. 2600 Personen sagten Sie, zehne Tage? Nuhuhuun, lassen Sie miche mal eben rechnehehen.«

Gut, dass es noch keine Bildtelefone gibt, dachte Luigi und stellte den Hörer auf laut, um beide Hände für Giorgina frei zu haben. Er umfasste ihre beiden ausgeprägten Pobacken, hob sie hoch und wankte mit ihr zur Bretterwand des Büros, wo er sie lautstark gegenrammte.

»Ohhhhaa Luigiiii!!«, jauchzte Giorgina lustvoll.

»Bitte? Ich habe den Preis akustisch nicht verstanden, Herr Mangiare, könnten Sie das nochmal wiederholen?!«

»Das ist nichte so ei-hei-heiiinfach«, keuchte Luigi grinsend, allerdings mehr zu seiner Freundin als zu Hans-Werner. »130.000 Eurohohooo!«

»Könnten wir uns nicht auf 100.000 einigen, ist doch `ne runde Summe!«

»Nahaheiiiin. Ja-jaaa. Ohhh nein!«, hörte Klose seinen Gesprächspartner stöhnen.

»War das jetzt ein Ja oder ein Nein Herr Mangiare,

ist irgendwie `ne schlechte Verbindung. Ich würde auch noch `ne Kreuzfahrt in unserer Luxussuite im Wert von 10.000 EUR drauflegen. Na, was sagen Sie?«

Luigi war jetzt so weit, dass er sich nicht mehr voll auf das Telefongespräch konzentrieren konnte.

»Gi-or-gi-nahha!!!»

»Ja, Ihre Frau können sie selbstverständlich auch mitnehmen, na ist das nicht ein super Angebot?!«

»Jahh, Giorgina , jahh Jahh!! Ja Luigi, komm, komm. jah komm, Jah!!!«

»Das sagte ich doch gerade, Giogina auch. Nun kommen Sie schon Herr Mangiare, geben Sie sich einen Ruck, lassen Sie sich von Ihrer Frau doch nicht so sehr bitten. Machen Sie ihr die Freude«!

»Jah, jahhh, Jaaaaaaahhhhhhhhhh.«

»Schön das wir ins Geschäft kommen Herr Mangiare, ich Faxe ihnen nachher die Liste zu.«

Luigi hatte das ungute Gefühl, dass er gerade nicht wirklich ein gutes Geschäft gemacht hatte.

»Was hat der Idiot eben gefaselt?!«, fragte er seine Freundin, als sie sich beide die obligatorische Zigarette anzündeten.

»Du hast dem Kerl soeben eine Kreuzfahrt für uns beide aus der Nase gezogen, Luigi«, antwortete Giorgina und bewies damit, dass auch sie sich auf mehrere Dinge gleichzeitig konzentrieren konnte.

»Ach, ich freu mich so!!!«, jauchzte sie, »nur wir zwei in einer Luxus Suite, ist das nicht phantastisch!!!«

Tja, dachte Luigi, aus der Nummer komme ich wohl nicht mehr raus.

Nautilus Reederei, Hamburg

»Na Holger, hier kannst du noch was lernen, was! So macht man das mit dem günstigen Einkauf.« »Phantastisch Chef, wie Sie den Italiener abgezogen haben, ganz große Klasse!«

»Ja Pfeifer, - bevor ich`s vergesse, die nächsten 14 Tage müssen Sie allein hier die Stellung halten. Ich werde die Kreuzfahrt undercover begleiten, sozusagen direkt an der Basis. Woll`n doch mal seh`n, ob die Jungs auf dem Schiff vernünftig arbeiten, was Pfeifer!«

»Gute Idee Chef, Frau Ziegler ist ja auch noch da«, warf Holger, der es jetzt ganz genau wissen wollte, vorsichtig ein.

»Frau Ziegler, äh, - nein.«

»Nein?« »Nein Holger, Frau Ziegler hat die nächsten 14 Tage Urlaub genommen, um ihre kranke Mutter zu pflegen.« »Oh, - ja dann, werd` ich die Stellung hier mal allein halten«, entgegnete Holger, der mit dieser Antwort natürlich gerechnet hatte.

»Wann reisen Sie ab, Chef?«

»Morgen Mittag geht unsere,- äh- meine Maschine nach Genua. Mach mir keine Schande, Holger. Hahaha, kleiner Scherz, nichts für ungut, ich weiß ja, dass ich mich auf dich verlassen kann. So und jetzt schick mir diese Ärzte rein, die sich beworben haben. Nein, halt Pfeifer, mach mir vorher noch eine Verbindung zu Kapitän Hinrichs auf der Happy Sea.

»Hallo Hinrichs, Klose hier! Na alles im Lot auf`m Boot?!!«

»Hallo Herr Klose, ja alles geschmeidig soweit. Haben sie für Proviant gesorgt?« »Ja, der soll übermorgen früh von Mangiare geliefert werden!« »Mangiare!? Wollen sie uns vergiften?« »Na, na, Hinrichs, nun mach`n se mal halblang. Der Herr hat sich persönlich für die Qualität seiner Produkte verbürgt. Außerdem fährt er diesmal selbst mit, da wird die Verpflegung wohl in Ordnung sein.« »Woll`n wir`s hoffen. - Wir müssen noch tanken Chef.« »Ja, deshalb rufe ich an, sind 2500 Tonnen Schweröl genug?« »Das sollte reichen. Organisieren Sie das von Hamburg aus?« »Ja, Hinrichs, ich Regel das von hier aus. Wie hieß der Lieferant vor Ort noch gleich?« »Marini Gasolio Ltd. Ach, ehe ich`s vergesse Chef, ich habe noch immer kein Geld auf dem Konto, muss ich mir Sorgen machen?«

»Nein Hinrichs, das Geld ist unterwegs. Da gab es einen Fehler bei der Kontonummer, sie wissen ja, diese neuen ellenlangen IBAN-Nummern, die kann sich ja niemand merken. Ist aber jetzt alles wieder in Ordnung, keine Sorge.«

»Nicht`s für ungut Chef, ich wollt`s ja nur mal anmerken.«

»Schön, dann bestell ich mal den Sprit für unsern Kahn. Ich gebe dem Händler ihre Nummer, dann können sie die Feinheiten regeln. Alles Gute für die Reise Hinrichs.«

Klose beendete das Gespräch und ließ sich mit dem Schweröllieferanten verbinden.

»Marini Gasolio, mi dicia?«

»Klose, Nautilus Reederei Hamburg, verbinden sie mich mit Herrn Marini, bitte.« »Ah, si, Signore Hose, uno momento.« »Klose Fräulein, KLOSE nicht Hose!« »Ah, scusi Signore KLOSE, ich verbinde.«

»Signore Klose, Marini hier, was kann ich für sie tun?« »Einmal volltanken Herr Marini, scherzte Klose, »unser Kreuzfahrtschiff, die Happy Sea geht übermorgen auf große Fahrt. Wir benötigen 2500 Tonnen Schweröl.« »Ah si signore, no problema, wann sollen wir liefern?« »Morgen Mittag wäre schön Herr Marini.«

»Das lässt sich einrichten, wie ist die Nummer ihres Kapitäns? Ich kläre alles Weitere dann direkt mit ihm.«

Nachdem er Marini die Telefonnummer des Kapitäns gegeben hatte, verabschiedete sich Klose und wandte sich an Holger Pfeifer.

 

»So Holger und jetzt schick mir die beiden Ärzte rein.«

»Herr Klose, hier wären dann die Herren Karsten Krämer und Dominik Halberstaedt«. »Danke Herr Pfeifer, Sie können dann vorne weitermachen. Guten Tag meine Herren Doktoren!«

»Nein, so weit sind wir noch nicht Herr Klose, wir studieren ja noch«, entgegnete Karsten Krämer bescheiden. »Nun stellen Sie mal ihr Licht nicht unter den Scheffel meine Herren. Wir haben uns ein wenig über sie informiert und uns wurde nur Gutes berichtet. Sie möchten also an unserer Kreuzfahrt teilnehmen. Es freut mich, dass die Jugend von heute noch so viel Engagement für eine gute Sache zeigt.«

»Was wären denn unsere Aufgaben auf dem Schiff Herr Klose«? »Ach Jungs, das ist halb so wild. Wir benötigen nur zwei Assistenten für unsere Ärzte an Bord. Das ist nun mal Vorschrift und für die Gesundheit unsere Passagiere ist uns nichts zu teuer. Eigentlich werden Sie dort nicht viel zu tun haben. Wie gesagt, es ist nur wegen der Vorschriften.« »Das hört sich gut an. Ich studiere allerdings Tiermedizin, Herr Klose.«

»Ach, machen Sie sich mal keine Sorgen, das spielt überhaupt keine Rolle. Das ist sogar von Vorteil, da einige Gäste ihre vierbeinigen Freunde dabei haben. Und Sie?«, wandte sich Klose an Dominik Halberstaedt.

»Oh, ich will mal Zahnarzt werden, mir fehlt allerdings noch Praxis, damit wollte ich eigentlich nach den Semesterferien beginnen.« »Na sehen Sie Herr Halberstaedt, da können Sie ja zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, was! Urlaub und Praxis in einem, ist doch wunderbar! Ich habe gleich noch ein Gespräch mit weiteren Bewerbern, aber wenn Sie sich jetzt sofort entscheiden, könnte ich denen noch absagen.«

»Ich glaube, dann werden wir mal zusagen, bevor noch jemand anderes uns den Platz wegschnappt.«

»Eine gute Entscheidung meine Herren. Alles Weitere regelt Herr Pfeifer, vorne im Büro. Vergessen Sie bitte nicht, alle Kosten, wie z.B. Reisekosten für die an und Abreise, Spesen usw., die Ihnen entstehen, aufzuführen. Sie wissen schon, mit Quittung und so. Wir werden Ihnen bei ihrer Rückkehr selbstverständlich alles erstatten. Es sollen Ihnen ja keine unnötigen Kosten entstehen. Die Nautilus Reederei braucht Sie, meine Herren! Da bleibt mir nur noch, Ihnen eine angenehme Reise zuwünschen!«

»Danke Herr Klose, wir werden Sie nicht enttäuschen!«

Villa Klose, Elbchaussee Hamburg

»Ach Samantha, - hoffentlich geht das gut,«

»Mach dir mal keinen Kopf Holger, ich bin doch auch noch da. Ich werde im Büro die Stellung halten, wenn du auf Reisen bist.«

»Und wenn dein Mann anruft und mich sprechen will!??«

»Dafür gibt es doch die Anrufweiterschaltung Holger. Wir leiten alle Anrufe auf dein Handy um, dann wird es für mich auch nicht so stressig, Schätzchen. Und jetzt lass uns nicht mehr über die Arbeit reden. Morgen Mittag, wenn Hans-Werner weg ist, komme ich ins Büro. Ich habe mir schon eine tolle Verkleidung für dich überlegt. Ich gebe dir gleich eine Packung Pillen mit. Davon must du ab sofort so viele, wie möglich schlucken. Und jetzt genug geredet mein Hengst, du bist in diesem Turnier noch für eine dritte Runde gemeldet«, grinste Samantha lüstern. »Nun, mein kleiner weiblicher Jockey, dann steig mal auf!«

»Samantha!! Bist du da?! Wo ist mein Reisekoffer! Hier findet man aber auch nichts wieder. Du solltest dringend mal aufräumen!!«, rief Hans-Werner, der entgegen seiner Aussage, eher nach Hause gekommen wer.

»Ich komme!!«, rief Samantha und meinte damit vermutlich etwas anderes als das, was Ihr Mann vermutete. »Warte ich komme rauf, Liebling!«, rief ihr Mann und Samantha vernahm eilige Schritte auf der Treppe.

»Beeile dich, ich muss sofort nochmal weg!!« Hans-Werner riss die Tür zu Samanthas Schlafzimmer auf und stürmte hinein. »Was machst du denn jetzt schon im Bett?!«, fragte er und betrachtete das zerwühlte Schlafmöbel. »Ich habe rasende Kopfschmerzen, Schatz. Willst du verreisen?«

»Ja, vermutlich, oder was glaubst du, wofür ich den Koffer brauche! Wo hast du den bloß wieder hingeräumt? Etwa in deinen riesigen Schrank?!«

Bei dem Wort Schrank brach Holger schlagartig der Schweiß aus. Er saß auf einem großen Reisekoffer und hielt von innen mit spitzen Fingern die Schranktüren zu. Jetzt war alles gelaufen. Klose steuerte zielstrebig auf die großen, mit mannshohen Spiegeln verkleideten Türen, des begehbaren Kleiderschranks seiner Frau zu.

»IM KELLER!!!«, schrie Samantha mit schriller Stimme als Hans-Werner schon die Hand am Knauf des Schranks hatte. «Der Koffer ist im Keller, Schatz. Wohin verreist du denn?«

Klose schaute in den Spiegel und richtete sein schütteres graues Haar. Mit einem zufriedenen Lächeln drehte er sich zu seiner Frau um und antwortete, »geschäftlich Schatz, geschäftlich, davon verstehst du nichts. Ich bin in zwei Wochen zurück.« »So lange! Da hättest du aber auch mal früher was sagen können!«

»Hat sich heute erst ergeben, ich ruf dich an!« Klose wandte sich ab und machte sich auf den Weg in den Keller.

Pfeifer stürzte kreidebleich aus dem Schrank. »Boah Samantha, meine Pumpe tanzt Rock`n Roll!«

»Ja Schatz, gleich gibt es wieder Rock `n Roll, jetzt aber schnell unters Bett«, zischte Samantha grinsend. »Deine Nerven möcht` ich haben«, keuchte Holger, als er sich nackt unter das staubige Lattenrost zwängte.

»Im Schrank steht übrigens ein Reisekoffer.« »Ich weiß, das ist Hans-Werners.«

»Schaaatz!!! Dein Koffer ist doch hier oben, warte, ich bring ihn dir!!« Samantha stieg aus dem Bett, schnappte sich den Koffer und schleppte ihn in den Flur, wo sie ihn auf den Treppenabsatz stellte.

»Gute Reise!! Ich leg mich wieder hin!!«

Als Holger nach ein paar Minuten die schwere Haustür ins Schloss fallen hörte, fiel ihm ein Fels von Herzen und er robbte völlig fertig unter dem Bett hervor.

»Holger mein Schatz, wo waren wir stehen geblieben?« Holger verdrehte die Augen...

Genua, Kreuzfahrtterminal

Henning Krummbiegel schleppte seit geraumer Zeit seinen schweren Reisekoffer durch das weitläufige Hafengelände. Wie hieß noch gleich das Schiff. Er überlegte angestrengt, aber der Name wollte ihm einfach nicht mehr einfallen. Müde lies er sich auf einen der eisernen Poller fallen, um welche die riesigen Schiffe ihre Taue legten. Der Verzweiflung nahe, schaute sich Henning im Hafen um. Wie groß diese Pötte alle sind. Warum bin ich eigentlich hier? Sein verträumter Blick fiel auf den Koffer. Verreisen, - richtig, ich wollte doch eine Kreuzfahrt machen. Aber wie hieß das Schiff noch gleich...

»Kann isch `ihne elfen?«, sprach ihn ein junger Mann, offensichtlich französischer Herkunft, an. Auf seinem Kopf saß eine schwarze Baskenmütze und ein pinkfarbenes Tuch war um seinen Hals geknotet. Dazu trug er eine schwarze Feinkordweste über einem froschgrünen zum Halstuch passenden Hemd. Quietschgelbe sehr enge Stretch-Jeans und pinke Turnschuhe rundeten das Bild ab.

Papagei war der erste Gedanke, der Henning Krummbiegel in den Sinn kahm.

»Geht äs ihnen niischt gut, mein `err?«

»Doch, doch, min Jung, alles in Ordnung. Ich find bloß dat dussliche Schiff net. Irjend een Kreuzfahrer.«

»Kreuzefarer? Vielleischt, isch kann elfen dir. Isch coiffeur, äh wie sagt man Frisöör. Isch auch suche Kreuzefahrer. Darf isch misch vorstelle, Antonie Cordonnier meine Name.« Der Fremde streckte Henning freundlich die Hand entgegen.

Henning fasste sofort Vertrauen zu dem seltsam bunt gekleideten Fremden.

»Hallo Antonie, Henning, Henning Krummbiegel mein Name«.

»Isch musse dort auf die übsche weiße Boot, där Name von die Schiff ischt glaubä isch `Äppy Sea.«

»Häppy Sea!! Jou min Jung, dat iset! Dat is min Kahn!« Freudestrahlend stand Henning auf und die beiden steuerten auf das weiße Kreuzfahrtschiff zu.

»So langsam werd` ich etwas vergesslich min Freund. Ich geister nu schon `ne geraume Zeit durch den Hafen. Tja dä Kopp macht nit meh so mit wie frühä. Du bist also der Friseur hier op dem Kahn. Schön min Jung, da kannste mir ja ooch mol de Birne verschönän.« Henning schlug dem jungen Mann freundschaftlich auf die Schulter. »Und sie mache `ihr eine schöne Ürlaub?«

»Nee mien Jung, ich bin dä Steuermann!«, grinste Henning. Antonius Schuster blieb stehen und starrte dem verwirrten alten Mann fassungslos hinterher. Ich werd bekloppt, mit dem soll ich über den Atlantik fahren! Dachte er entsetzt, der findet die Karibik doch nie! Wir werden alle sterben!

Eilig schloss Antonius, der sich nun Antonie nannte und den schwulen Friseur mimte, wieder zu Henning auf. Antonius hatte vor seinem Vorstellungstermin in der Reederei beschlossen, alle gängigen Klischees eines Friseurs in sich zu vereinigen, um auf jeden Fall den Job zu bekommen. Bis vor einem Augenblick war er überglücklich, dem Kleinstadtmief Scherheims endgültig entkommen zu sein. Bei dem Anblick des verwirrten Steuermanns, der vor ihm die Gangway empor wankte, fragte er sich jedoch, ob er die richtige Entscheidung getroffen hatte.

»Hallo Henning, willkommen an Bord du alter Salzbuckel! Du kannst auch nicht ohne Wasser, oder?! Lässt Du`s dir jetzt als Rentner auf der Kreuzfahrt mal richtig gut gehn?!«

»Äh??« Henning starrte den Fremden an. Er wusste gerade wirklich nicht, woher er den Kerl kannte. »Henning kennst du mich denn nicht mehr, - Friedjof, Friedjof Sommer!« »Aaah, ja, - Friedjof, - natürlich. Sag mal, wo ist denn meine Kajüte?« »Weiß ich nicht Henning, was hast du denn gebucht?« »Gebucht? Ich bin hier der Steuermann!« »Du warst Steuermann Henning, du bist aber schon ein paar Jahre Rentner!«, sagte Friedjof Sommer und führte ihn zur Rezeption. »Die nette Dame hier kennst du wahrscheinlich noch von damals. Gerlinde, erinnerst du dich noch an Henning, Henning Krummbiegel?!« »Ja sicher Friedel!«, antwortete Gerlinde Klüsenpichler, die seit Jahren hier auf der Happy Sea als Hotelchefin fungierte.

»Hey Henning, willkommen an Bord. Herr Klose hat uns schon informiert, dass du auf dieser Reise wieder als Steuermann mitfährst!«

Als Friedjof das hörte, glaubte er seinen Ohren nicht zu trauen. Der alte Krummbiegel wieder als Steuermann. Hoffentlich war der noch nicht so senil, wie es den Anschein hatte.

»Wir seh`n uns bestimmt noch öfter auf der Reise Henning, dann quatschen wir mal über die guten alten Zeiten!« Friedjof Sommer wollte noch etwas hinzufügen, aber in dem Moment klingelte sein Handy. Henning hörte noch, wie dieser Friedjof das Gespräch annahm und laut fluchend die Treppe hinunter rannte.

»Henning, du hast Kabine 33 im Unterdeck, hier ist der Schlüssel, du kennst dich ja aus.«

»Ähh, ja«, nuschelte er verwirrt und machte sich auf die Suche nach seiner Kabine.

»Was soll das heißen, die Kühlräume 3+4 funktionieren nicht!!«, blaffte Proviantmeister Sommer die Mechanikerin an.

»Die Kühlmittelpumpe is heiß jelaufen, Lagerschaden. Da kann icke nix mehr machen, Chef.« »Rosi Mädchen, dann bau doch `ne neue Pumpe ein, das kann doch nicht so schwer sein!« »Ham wa nich, Chef. Dat war schon die Ersatzpumpe, und ne neue wurde noch nich jeliefert. Ich hab schon überall anjerufen und meinen weiblichen Charm spielen lassen, hat aber nix jenutzt. Das Modell kommt aus China und hat 14 Tage Lieferzeit. Ich fürchte, dat mit dem Kühlen, dat kannst vorerst knicken.« »Das ist `ne Katastrophe, Rosi. Zwei von vier Kühlräumen funktionieren nicht, wo soll ich denn bloß die ganze verderbliche Ware unterbringen, die morgen geliefert wird?« »Tja Friedel, machs doch wie früher, besorch dich Lebendvieh, dat hält,« lachte Rosi, »so, ich muss weiter, auf diesem Kahn ist so einijges, wat noch nich jeht.«

Gedankenverloren schaut Friedjof der Mechanikerin hinterher. Ihre Idee war zwar ziemlich schräg, aber machbar. Schnell tippte er die Nummer des Lebensmittellieferanten Mangiare in sein Handy

»Luigi Mangiare?!« Friedjof erklärte ihm sein Anliegen -

»WASSE wolle Sie?!! - Sinde Sie noch ganze dichte, - impossibile, lebendig Schwein?!! - Auch noche bis morge Mittag!! -- OK, ich versuche. Abere nur, weil iche selber auf die Schiff bin, mein Freund. Abere verspreche kann iche nixe!!«

Wenn einer auf die Schnelle lebende Schweine besorgen konnte, dann dieser halbseidene Lebensmittelschieber Mangiare, dachte Sommer. Gar nicht auszumalen, was los wäre, wenn der Italiener es nicht schaffen würde. Er sah schon die Schlagzeilen: »Tote durch Gammelfleisch auf Kreuzfahrt«

 

Henning Krummbiegel irrte seit einer halben Stunde durch die Gänge und Kabinen der Happy Sea mittlerweile war ihm wieder entfallen, was er hier eigentlich sollte.

»Ah! Monsignore `Enning, meine Freund. Kann isch dir `elfen!« Der Schiffsfriseur hatte eben seine Kabine verlassen, um den ihm zugewiesenen Friseursalon zu begutachten. Henning lächelte ihn nur verständnislos an.

»Ah, du nischt weist, wo du wohnen?! Warte `iehr, isch gehe fragen oben bei Rezeption, nischt weglaufen! Setz disch auf deine Koffer und warte, bis isch wiederkomme!«

Antonius Schuster rannte so schnell er konnte zur Rezeption und erkundigte sich nach der Kabinennummer des Steuermanns.

»Die hab ich Henning doch eben gesagt, hat er die etwa schon wieder vergessen?! Wo der auch immer seinen Kopf hat! Kabine 33, hier, ich schreib es ihm auf!« Gerlinde notierte die Kabinennummer auf einem Zettel.

Antonius Schuster machte sich auf den Rückweg und war sich nicht sicher, ob mit dem Zettel alle Erinnerungslücken des Steuermanns beseitigt waren.

»Ah schön `Enning, du `ast gewartet. Komm ich weis jetzt, wo du wohnst. Folge mir einfach, isch nehme deine Koffär.«

Happy Sea, Rezeption

»Hallo schöne Lady, I äm der Sascha. Ich und meine Filmcrew haben bei dir die Luxury Suite und drei Käbbins gebookt. Ich bin völlig gebeatet von diesem geilen Ship, Sweetheard!«

Sascha König, selbsternannter Regisseur und Produzent cineastischer Ergüsse des horizontalen Gewerbes streckte seine manikürte Hand über den Tresen. Die Hotelchefin starrte den, in ein golden glänzendes Jackett und eine ebensolche Hose gehüllten Reisegast sprachlos an. Aus welcher Anstalt war der denn entkommen. Höflich streckte auch sie dem Gast ihre Hand entgegen, die dieser auch sofort enthusiastisch mit einem feuchten Handkuss bedachte.

»Willkommen, auf der Happy Sea, wir hatten sie allerdings erst morgen erwartet. Ich weiß nicht, ob die Suite schon für sie bereit ist.«

»No Pänik Sweetheart, no Pänik. Wir haben matsch Zeit. Macht nur alles in Ruhe reddy.«

»Ähh, ja Herr Sascha. Darf ich sie um ihren Nachnamen bitten.«

»Oh sorry, Sweetheart. Sascha König mein voller Name, aber meine Fränds nennen mich Sascha.«

»Angenehm Herr König, meine Fränds nennen mich Gerlinde Klüsenpichler. Ich bin die Hotelchefin hier«.

Nach und nach trudelte die gesamte neunköpfige Filmcrew ein.

Die beiden weiblichen Hauptdarstellerinnen waren deutlich an ihrer ausgeprägten Oberweite zu erkennen. Auch der Anblick der männlichen Mitglieder des schlüpfrigen Ensembles ließ kaum Fragen offen. Dafür braucht der ja `nen Waffenschein, dachte Gerlinde. Sie schaffte es nur mit Mühe, ihren Blick von der Hose des einen der beiden Aushilfs-Clooneys loszureißen. Gerlinde wandte sich an ihre Assistentin, die ein paar Meter weiter, damit beschäftigt war, die beiden studentischen Schiffsärzte zu instruieren. »Hermine sind die Suite und die drei Kabinen auf den Namen König schon bezugsfertig?«

»Selbstverständlich Frau Klüsenpichler, sind soeben fertig geworden!«

»Sie haben Glück Herr König, ich rufe einen Pagen, der Sie zu Ihren Kabinen bringt. Hier sind die Chipkarten für die Zimmertüren.«

Sie schob einen Stapel elektronischer Schlüssel über den Tresen.

»Leon würdest du die Herrschaften bitte zu ihren Kabinen begleiten«, forderte sie den Pagen, der hier nur als Leon bekannt war, auf.

»Werte Damen, meine Herren, wenn Sie mir bitte folgen wollen. Ihr Gepäck können sie hier lassen. Ich sorge dafür, dass es unverzüglich auf Ihre Kabinen gebracht wird.«

Nach Leons auffordernden Worten setzte sich die illustre Gesellschaft in Bewegung. Erleichtert verdrehte Gerlinde Klüsenpichler die Augen und schaute zu ihrer Assistentin herüber.

Die hatte zur Zeit ein paar Verständigungsprobleme mit den beiden neuen Schiffsärzten. »Das muss ein Missverständnis sein. Herr Klose hat uns gesagt, dass sie uns nur als Assistenten der Schiffsärzte engagiert hätten«, versuchte der Student der Zahnmedizin, Dominik Halberstaedt der jungen Frau zum wiederholten Mal zu erklären.

»Meine Herren, sie sind uns von der Reederei ausdrücklich als die, für diese Reise zuständigen Ärzte avisiert worden. So leid es mir tut, andere Mediziner sind nicht an Bord.« »Aber -», murmelte Karsten Krämer hilflos, »ich bin doch nur Tierarzt.«

Dominik hieb ihm den Ellenbogen in die Rippen, nahm ihn zur Seite und zischte: »Ruhig, wir kriegen das schon hin. Ist doch phantastisch, hier bekommen wir die Praxis, die wir dringend nötig haben!«

»Tierarzt? Ja, Herr Kramer Tiere sind auch an Bord, dies ist ausdrücklich eine Kreuzfahrt auf der Haustiere mitgenommen werden dürfen. Ist ja schön, dass Sie sich da auch etwas auskennen,« sagte Hermine, die nicht genau zugehört hatte, fröhlich.

»Wo sie es gerade ansprechen, meinen Rambo habe ich auch mitgebracht.« Mit den Worten stellte Karsten seine kleine Reisetasche auf die Theke, aus der frech der Kopf seines Yorkshire-Terriers herausschaute. »Vorsicht, nicht anfassen, der beißt!«

Genua, Schlachthof

Vincenzo Garibaldi steuerte seinen mächtigen Truck auf den Parkplatz des großen, in dem Ort Begato gelegenen Schlachthof von Genua. Er betätigte den Hebel der Handbremse, die daraufhin laut zischend ihre Bremsbacken in die Bremstrommeln krallte. Für Vincenzo war das heute die letzte Station auf seiner langen Tour durch Italien.

150 Schweine tummelten sich auf dem weißen Viehauflieger. Aufgeregtes Grunzen schallte durch die zahlreichen Lüftungsschlitze. Er schlug die Tür des Iveco-Trucks zu und lenkte seine Schritte an dem stinkenden Auflieger vorbei zum Pförtnerhaus des Schlachthofs. Nach etwa 200 Metern erreichte er den Glaskasten, der heute Nacht mit nur einem Mann besetzt war. »Hey Francesco, ich hab `ne Ladung Schweine für euch«, begrüßte er den alten Mann, der hier schon seit Jahren seinen Dienst verrichtete. Francesco griff sich die Frachtpapiere, die Vincenzo ihm auf den Tresen knallte, und warf einen kurzen Blick darauf.

»Bring die Viecher zu Halle 8, Tor 3. Die warten schon drauf.«

»Ok, noch`ne ruhige Nacht Francesco!«, verabschiedete sich

Vincenzo und schlurfte zu seinem Truck zurück. Als er seine Hand an den Türgriff legte, spürte er ein kaltes rundes Stück Metall, das ihm gegen den Hals gedrückt wurde.

»Ganz ruhig Kumpel, dann passiert dir nichts!«, zischte ihm jemand ins Ohr.

»Los, rüber zur Beifahrerseite und keine Faxen, sonst knallt`s!«

Als beide im Führerhaus saßen, dirigierte der mit einer schwarzen Sturmhaube maskierte Fremde den Fahrer vom Parkplatz herunter auf die dicht bewaldete Landsstraße in Richtung Genua.

»Halt da vorne in der Parkbucht an!«

»Bitte tun sie mir nichts, ich habe Frau und Kinder«, jammerte Vincenzo.» »Hör auf zu winseln und halt an.- So und jetzt raus mit dir! - Halt stop, dein Handy bleibt hier!«

Nachdem der Fahrer fluchtartig den LKW verlassen hatte, kletterte Luigi Mangiare behände hinter das Steuer und setzte die Fahrt nach Genua fort.

Als Proviantmeister Sommers Handy klingelte, wunderte er sich, wer ihn um diese Nachtzeit noch anrief.

»Signore Sommer, hier Mangiare. Ich in zehn Minute am Schiff! Öffnen schon mal die Luken zu die Proviante-Stauräume! Iche bringe 150 Schweine. Das Entladen muss schnell gehen!«

»150!!« Friedjof hatte wohl im Eifer des Gefechtes die Bestellung aufgegeben, aber über die Konsequenzen noch nicht nachgedacht.

»Wie stellen Sie sich das denn vor?? Wie soll ich lebende Schweine in die Stauräume bringen!?«

»Das nichte mein Problem, Sommer. Sie bestellt, ich liefere, der Rest iste Ihr Sache. Iche musse wohl nichte extra betone, dass Sie die Aktion nichte an die große Hupe, oder, ähh - wie sagte man, Glocke hängen dürfe!«

»Scheiße!«, fluchte Friedjof, als er das Gespräch beendet hatte.