Kreuzfahrt mit Hindernissen

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»Wie lange Hans-Werner?«

»Acht Wochen wäre eine realistische Zeit, Arthur, nur acht Wochen, dann sind wir übern` Berg.« »OK, Hans-Werner, acht Wochen. Aber mehr ist nicht drin. Ich bekomme jetzt schon Ärger mit diesem Schnösel Wissmann.

Du erwähntest eine Kreuzfahrt, die ihr verlost?«

»Das hätte ich doch beinahe vergessen. Stell dir vor Arthur, du hast gewonnen! Zehn Tage für zwei Personen, von Genua bis in die Karibik und das Ganze in unserer Super Luxus Suite, inklusive Rückflug! Na, was sagst du dazu?!« »Da bin ich jetzt aber wirklich überrascht Hans-Werner«, grinste Arthur.

Nachdem sich die Kleibers für den schönen Abend bedankt hatten, machten sie sich in ihrem silbergrauen Opel auf den Rückweg.

»Ich möchte mal wissen, was an dieser Frau noch echt ist. Bei dem Atombusen kann die wahrscheinlich nur auf dem Rücken schlafen«, schnappte Helene, sichtlich genervt.

»Und erst die Lippen!! - Arthur, die Lippen! Wie Daisy Duck! - Und die Küche, neiiin, die sah aus, als hätte dort noch nie jemand gekocht! Ich möchte wissen, was Hans-Werner an der blöden Kuh bloß findet.«

»Tja Helene, die wird sicher andere Qualitäten haben.« »Was kann das schon sein, Arthur?!« »Na was wohl.«

»Ach Arthur, das glaubst du doch selber nicht, in seinem Alter, - der Hans-Werner ist doch auch schon 59. Da hat der sicher anderes im Sinn!«

»Du musst es ja wissen, Helene«, murmelte Arthur leise. Dieser blöden Kuh war nicht mehr zu helfen, dachte er resigniert. Warum hatte er Helene bloß damals geheiratet. Im Bett lief schon seit Jahren nichts mehr. Und wie die sich immer anwrackte. Da sah ja seine Mutter noch flotter aus. Ja, der Hans-Werner, der hat`s richtig gemacht. Ne schnelle und schmerzlose Scheidung, und dann so eine Granate heiraten, das hielt jung.

»Schatz, in drei Wochen fahren wir in Urlaub, wie findest du das?«

»Wie kommst du dazu, so etwas einfach über meinen Kopf hinweg, zu beschließen!« »Hab ich nicht. Der Hans-Werner hat ein Preisausschreiben veranstaltet, und dabei habe ich eine 10-tägige Kreuzfahrt in einer Luxus Suite gewonnen, natürlich für zwei Personen. Na, was sagst du?«

»Echt, - gewonnen? Ist ja phantastisch, Arthur. Ja, ja, man muss auch mal Glück im Leben haben.«

Arthur sah seine Frau fragend von der Seite an. Samantha Klose mochte ja nicht der hellste Strahler im Theater sein, aber all zu weit hatte seine Helene wohl auch noch nicht hinter die Kulissen des Geschäftslebens geschaut.

»Arthur, dann muss ich aber SOFORT morgen in die Stadt, ich habe ja gaaar nichts anzuziehen für so eine Reise. Ist das auch mit Käptn`s Dinner und so? Wo geht die Reise überhaupt hin?!« »Von Genua über Mallorca und Teneriffa in die Karibik mein Schatz.«

Nautilus Reederei, Hamburg

»Hier ist die Post Herr Klose«. »Danke Holger, - was Wichtiges dabei?« »Eine Menge Kündigungen, Chef«

»Wieso Kündigungen, haben Sie die Besatzungen der beiden überzähligen Schiffe denn noch nicht gekündigt!?« »Nein Chef, das sind Kündigungen von Besatzungsmitgliedern aller drei Schiffe. Die Leute haben seit drei Monaten kein Geld mehr gesehen, ist doch klar das die sauer werden!« »Auf welcher Seite stehen Sie eigentlich Pfeifer?!!«

Wieder so eine rein rhetorische Frage, auf die Holger eine Antwort tunlichst vermeiden würde. »Holger, wir ziehen hier doch alle an einem Strang. Ich kann nicht glauben, dass die Ratten das sinkende Schiff verlassen. Ist das der Dank!? Ich habe ihnen über Jahre Lohn, Brot, ein Dach über dem Kopf und eine sichere Existenz gegeben!! Holger - merke dir eins- die Welt ist schlecht. Undank ist der Welten Lohn, Junge.«

»Ja Chef.«

»Schön, dann müssen WIR sie ja wenigstens nicht mehr kündigen, ist doch praktisch. Holger, ich brauche dringend eine Liste der Leute, die noch zu uns stehen, also die uns noch nicht mit ihrer feigen Kündigung in den Rücken gefallen sind! Würdest du die Liste für mich zusammenstellen, - danke.«

Nach einer Stunde erschien Holger mit der Liste.

»Es sieht nicht gut aus Chef, gar nicht gut. Wollen Sie erst die guten oder die schlechten Nachrichten hören?« »Keine Fisimatenten Pfeifer, wer von der Besatzung ist noch verfügbar?«

»Fangen wir mal ganz unten an. Die Chinesen aus der Wäscherei sind scheinbar alle noch da, dass Küchenpersonal nur noch zur Hälfte. Zum Glück haben der Chefkoch und der Proviantmeister bis jetzt noch nicht gekündigt. Von den Animateuren ist niemand mehr da, Steuermann, Zahlmeister, Schiffsarzt und Zahnarzt sind ebenfalls weg. Unsere Hotelchefin und der Kapitän scheinen jedoch noch die Stellung zu halten.« »Das sind alle!? Oh, dieses undankbare Pack!!«

Hans-Werner lehnte sich einen Moment gedankenversunken in seinem schweren schwarzen Ledersessel zurück und schloss die Augen.

»Nun denn!«, erwachte er zu neuem Leben, »das kann doch einen Klose nicht erschüttern, was Pfeifer! Gib mal her den Wisch, ich kümmere mich darum. Das ist jetzt Chefsache, du kannst gehen. Ach und was meine Frau angeht-« »Was ist mit Ihrer Frau Chef?«, fragte Holger, voller Angst, dass der Chef doch etwas von seinem Verhältnis mit Samantha bemerkt haben könnte. »Ich habe heute Abend wieder eine wichtige Besprechung, sie wissen schon, ich komme später, richte es ihr doch bitte aus. Und jetzt raus mit dir, an die Arbeit!«

»Bella, meine Schöne, komm doch mal her zu mir, bitte.«

»Hänschen Schätzchen kannst du wieder nicht ohne mich?!«

Arabella erhob sich aus ihrem Ledersessel und schritt hoch erhobenen Hauptes an Kloses Schreibtisch vorbei zu Bürotür, wo sie deutlich vernehmbar den Schlüssel herumdrehte. Das trockene Knatschen ihres kurzen Lederrocks jagte Klose einen lustvollen Schauer über den Rücken. Arabella drückte ihre schweren Brüste rechts und links neben seinen Kopf.

»Na, was hat Hänschen auf dem Herzen?«, hörte Klose sie auf Grund seiner abgedeckten Gehörgänge dumpf fragen. Er befreite sich vorsichtig von den riesigen Ohrenschützern. »Liebste Bella, was würdest du dazu sagen, wenn wir beide ebenfalls in die Karibik reisen. Ich habe mir überlegt, an unserer Kreuzfahrt unter falschem Namen teilzunehmen. Ich möchte gerne, - undercover so zu sagen, - überprüfen, ob es beim Ablauf der Reise noch Verbesserungsmöglichkeiten gibt.«

Holger, neugierig geworden, durch das Abschließen der Bürotür, presste sein Ohr fest an das Türblatt.

»Hänschen, Hänschen, mir kannst du doch nichts vormachen«, raunte ihm Arabella mit rauchiger Stimme ins Ohr, während sie seine Hose öffnete und mit routiniertem Griff Hans-Werners volle Aufmerksamkeit erlangte.

»Nun sag schon Schätzchen, was hast du wirklich vor.«

Der, trotz ihrer tiefen Stimme einschmeichelnde Tonfall, stand in krassem Gegensatz zu dem Schmerz, der sich in seinem Lendenbereich ausbreitete. Für Hans-Werner war dies, so weh es auch tat, ein phantastisches Gefühl. Er brauchte es einfach.

Und er brauchte Arabella. Nur mit dieser Frau, und ihrer sehr speziellen Behandlung, erreichte Hans-Werner Gefühle höchster Glückseligkeit.

»Schätzchen antworte«, zischte Arabella und steigerte nochmals Kloses Glücksgefühl.

»Arabella«, keuchte er, »nur wir beide, eine Kreuzfahrt in die Karibik.«

Jetzt wird es interessant, dachte Holger Pfeifer und konzentrierte sich auf die dumpfen Stimmen aus dem Büro.

»Ich habe ein wenig Kapital an die Seite gebracht, von dem niemand etwas ahnt. Dieses Geld möchte ich auf die Cayman Inseln bringen. Und dazu ist die Kreuzfahrt doch perfekt geeignet. Was hältst du davon, nur du und ich, zehn Tage in meiner komfortabelsten Luxus Suite, phantastische Buffets. Lauschige, ungestörte Nächte auf unserem privaten Balkon.« Bella verstärkte den Druck bis fast ins unerträgliche und Hans-Werner wusste, dass er seine große Liebe richtig eingeschätzt hatte.

»Ich deute das mal als ein Ja«, presste Klose unter Schmerzen mühsam aber glücklich heraus und Arabella belohnte ihn mit einem Blick, der nur für Insider als ein Lächeln gedeutet werden konnte.

Holger hatte genug gehört. Dieser Arsch wollte seine Frau und die Reederei um eine Menge Geld betrügen, und das in diesen schwierigen Zeiten. Das musste er sofort Samantha erzählen.

»Samantha, ich bin`s«. Er tat einen tiefen Zug an seiner Zigarette im Hinterhof der Reederei. »Dein Mann kommt heute wieder später.«

»Mein Mann kommt überhaupt nicht mehr, jedenfalls nicht bei mir, Holger!«

»Kopf hoch, Samantha, ich bin gegen halb sechs bei dir, ich muss dir etwas Wichtiges erzählen«.

»Pfeifeeer!! Zu mir!!« Holger drückte hastig die Klinke herunter und knallte mit dem Kopf gegen das Türblatt.

»Angeklopft hast du ja jetzt Pfeifer, nun komm endlich rein!!« »Chef, es ist abgeschlossen.« »Oh, ja einen Moment!«, rief Klose und hastete zur Tür.

»Nur ein Test Holger, aber so lernst du das mit dem Anklopfen ja vielleicht doch noch. Und jetzt aufgemerkt, junger Mann! Diese Schreiben hier«, er drückte ihm einen Stapel kopierte Flugblätter in die Hand, »die hängst du in der Hamburger Uni an alle schwarzen Bretter, die du finden kannst. Wollen doch mal sehen, ob wir für die Happy Sea keine vernünftige Mannschaft zusammenbekommen.«

»Jawohl Chef, ich mach mich sofort auf den Weg.«

Hans-Werner Klose hatte sich vorgenommen, in der folgenden Woche, kräftig die Werbetrommel für seine sensationell günstige Kreuzfahrt zu rühren.

 

»Pfeifer, wir müssen überall präsent sein. In allen einschlägigen Foren im Internet, Seiten der FKK-Anhänger, die Malle Trottel, wir müssen sie alle erreichen, und das schnell!«

»Ja Chef, ich mache mich sofort an die Arbeit.«

Als Holger im Wagen saß, warf er neugierig einen Blick auf die Flugblätter.

Einfach mal abschalten vom täglichen Uni Stress?

10 -Tage Kreuzfahrt in die Karibik mit anschließendem Rückflug und alles vollkommen umsonst.

Wir suchen engagierte, unabhängige Studenten,

die sich, bei freier Kost und Logis, im

Umgang mit Reisegästen weiterbilden möchten.

Sind Sie sportlich und aufgeschlossen für neue Herausforderungen?

Haben sie medizinische Kenntnisse,

oder sind sie Student der Fachrichtung Maschinenbau?

Haben sie schon mal in der Gastronomie gejobbt?

Wenn sie nur eine dieser Fragen mit Ja beantworten können,

sollten sie uns anrufen,

Nautilus Reederei, Hamburg, Tel.: 040 20205066987

Der schreckt aber auch vor nichts zurück, dachte sich Holger, während er durch den dichten Verkehr in Richtung Uni mäanderte.

Eine Stunde später klingelte er an Samanthas Haustür.

Eine weitere Stunde später tat er völlig ausgepowert den dritten tiefen Zug an seiner Camel. »Ich muss dir etwas Wichtiges erzählen, Sammi.« Holger berichtete, was er heute im Büro durch die Tür belauscht hatte.

»Warum hast du mir das nicht sofort gesagt?!« »Du hast mich ja nicht zu Wort kommen lassen!« »Dieses perverse Schwein macht heimlich eine Kreuzfahrt mit seiner ledernen Bums-Oma!! Der hintergeht mich schamlos mit diesem runzligen Flittchen! Ich reiß ihm die Eier ab, diesem Arsch!« »Nun reg dich doch nicht so auf, Sammi«, sagte Holger beschwichtigend, da ihm solche Äußerungen immer Unbehagen bereiteten.

»So ein verkackter Ehebrecher! Ich lass mich scheiden! Mir erzählt das Arschloch, wir müssten sparen und dann bringt der seine verschissenen Kröten heimlich auf die Caymans!«

»Ja, ist schon ein schlimmer Finger, dein Mann«, sagte Holger.

Einerseits erschrocken, dass dieses, in seinen Augen engelsgleiche Wesen fluchen konnte wie ein ausgebufftes Hamburger Fischweib, andererseits nicht sonderlich betrübt, dass sie ihren Mann so hasste.

»Du wirst auch mitfahren, Holger!«

»Ich!!?«

»Ja mein Liebling.« Samantha schmiegte sich an seine Seite und küsste ihn sanft auf den Mund.

»Du musst Fotos von den beiden machen. Ich will Beweise für seinen schamlosen Ehebruch und du musst ihm das Schwarzgeld abjagen. Du bist doch mein weißer Ritter Holger, oder etwa nicht?«, schmuste sie ihm ins Ohr. »Aber er wird mich doch erkennen, Samantha!«, versuchte Holger sich aus der Sache, deren Entwickelung im Moment so gar nicht nach seinem Geschmack war, herauszureden. Seine junge Geliebte schaute ihn lange an.

»Holger Schatz, ich werde dein Äußeres so verändern, dass selbst deine Mutter dich nicht erkennen würde, vertrau mir.«

Wirtshaus zum ewigen Studenten, Hamburg

»Hey Langer, bestell mir noch n` Flens mit!«, rief Karsten Krämer hinter seinem Freund Dominik Halberstaedt her, als der sich schon zum zweiten Mal auf den Weg zur Toilette machte.

Karsten und Dominik studierten Medizin an der Hamburger Uni und saßen abends oft hier in ihrer Stammkneipe auf ein paar Bier. Karsten wollte Tierarzt werden und nach dem Studium die Praxis seines Onkels in Fuhlsbüttel übernehmen. Die theoretischen Abschlüsse hatte er alle in der Tasche und sogar schon eine Stelle bei einem Tierarzt in Kiel in Aussicht, um praktische Erfahrungen sammeln. Im Gegensatz zu dem schlanken Dominik war Karsten eher der dicke gemütliche Typ. Neben sich, auf der von vielen Studenten mit Schnitzarbeiten verzierten Holzbank, stand eine grüne Sporttasche mit Rambo. Rambo war sein kleiner Yorkshire Terrier, der allerdings nur nett aussah. Wenn man ihm zu nahe kam, konnte er sich in eine reißende Bestie verwandeln.

»Hier, dein Flens «, sagte Dominik, der soeben von der Toilette zurückgekehrt war. »Na, hast du dich schon entschieden?« Dominik deutete fragend auf eines der Flugblätter, von denen seit ein paar Tagen eine Menge am Schwarzen Brett der Uni klebten.

»Und du? Kommst du mit? So`n bisschen Urlaub für lau würde uns nach dem Stress der letzten Jahre guttun.« »Tja, so ganz ohne Arbeit geht das dort ja sicher auch nicht ab, schätze ich«, entgegnete Karsten skeptisch. »Na, so schlimm wird`s das schon nicht werden. Glaub mir, so schnell kommen wir nicht mehr in die Karibik, wenn der Praxis Stress erstmal losgeht. Lass uns morgen einfach mal dort vorbeischauen.« »Ist bei euch alles ok, oder habt ihr noch einen Wunsch?«, fragte Johanna Meerbusch, die hier mit Kellnern ihr schmales Studienbudget aufbesserte. Tagsüber studierte sie Psychologie.

»Alles gut Hanna, wir sind wunschlos glücklich. Hier, hast du schon gesehen? Wäre das nicht auch was für dich?« Dominik schob ihr das Flugblatt rüber. »Also wir beide werden uns morgen mal schlaumachen, was da wirklich hintersteckt.«

»Hört sich interessant an, habt Ihr den Wisch über?« »Klar Hanna, würde mich echt freuen, wenn du auch dabei wärst«. »Mal schauen, ich sag euch Bescheid.

Büttelborn bei Darmstadt, Vereinsheim des FKK-Vereins Sonne auf der Haut, überall

»Nun gomme wir auf den letzten Punkt unserer Tagesordnung, nämlisch Bunkt Verschiedenes.«

Rolf Krause, Vorsitzender des FKK-Vereins »Sonne auf der Haut, überall«, schaute erwartungsvoll in die Runde der sechs Vereinsmitglieder. Im Gegensatz zu den anderen Mitgliedern bemühte er sich, schon von Berufswegen, einigermaßen hochdeutsch zu sprechen. Heike Mommsen, 45, meldete sich mit ihrer schrillen Stimme zu Wort. Gomme mir nochmol uf`dn lezdn Vorfall boi unsrä Wanderung zu schpräsche« »Ja, rischtsch, eine verdammde Saurei wor des. Nischt mol uf`dän äxdra fürs Naggedwanderen ausgewiesnen Wegn gönne mir noch lawn, ohne des sisch irschndwelsch verglemmde Arschlöschä drübä ufräschn! Es is grad so, als ob die do uf`d Lauä lieschn un uf us Naggerde warde dädn!«, pflichtete ihr Ehemann Dieter bei.

»Jo, seid mir den Wanderwesch als Naggedwanderwesch ausgschilded hom, schdeen do ständisch irschn`d welsch neigierische Leit rum, nur um zu schponnä. Lezdn Mondog hod so ä Sau Fodos g`mocht!« »Fodos!? Didoo!!! - Gfilmd hom die Säu sogor!«, verbesserte Heike ihren Mann lautstark »Nun, Freunde der Freigörberguldur, es ist leider immer noch schwierig, unsre Neischung in der Öffentlischgeid auszuleben.« versuchte Rolf Krause die Wogen etwas zu glätten.

»Isch hab im Indernet einen Hinweis auf eine Greuzfahrt für ÄfGaGa-Anhänger gefunden. Ischt sogar rescht günstig. Währ des nix für unseren diesjährischen gemeinsamen Ausflug? Wir ham schon einen schtattlischen Betrag in der Vereinskasse. Jeder müsste nur noch eine kleine Summe dazuleschn. Außerdem wird es jetzt im Ogdober drausn zu frisch, um unserem Hobby nachzugehn. Da wäre eine Greuzfahrt in wärmere Gefilde schon recht angenehm. Wir müssten uns allerdings kurzfristsch endscheide, die reis' soll schon in drei Wochen losgehen.«

»Also isch hädde scho Lust!«, rief Horst Nagel und schaute dabei seine Frau Regina fragend an. »Wäsche mir gärne«, grinste Regina ihren Mann an. Nachdem auch die Anderen zugestimmt hatten, versprach Rolf Krause sich um die Buchung zu kümmern und schloss die Versammlung, die diesmal auf der Kegelbahn des Büttelborner Dorfkrugs beim traditionellen Nacktkegeln stattfand. »Hoddee, beschdell do nochmol sechs Bier!« Horst rief über das Haustelefon die Wirtin und gab die Bestellung auf. Zehn Minuten später klopfte die Bedienung an der Tür.

«Die Bier schdan vor de Dür, lassd`s eu`schmegge.«

»Dange Rosie, häddescht abä ruhig reingomme gönne!« »Ne lass mo Hodde, da müsst i misch ja ooch auszihe!«

Kloster Herrenfurth in Oberklötenbach bei Kassel

»Meine lieben Brüder«, sagte der mit großer Leibesfülle gesegnete Abt, Bruder Gandolfus.

Die sechs Bewohner des Klosters Herrenfurth hatten soeben ihr Abendessen beendet. Es gab Hähnchenschenkel an frischem Tomatensalat mit Thymian. Der Salat stammte selbstverständlich aus dem kleinen, aber feinen Treibhaus des allgemein bewunderten Gartenfreaks Bruder Eusebius.

»Meine lieben Brüder, ich möchte nochmals auf unsere bevorstehende Reise in die Mission unseres Ordens auf Haiti zu sprechen kommen. Ist das leidige Problem mit der Flugangst unseres Bruders Johannes jetzt endlich vom Tisch?«

»Nein meine Brüder, ich werde auf gar keinen Fall in ein Flugzeug steigen. Das habe ich euch schon letzte Woche gesagt, und dabei bleibe ich auch. Ich leide an Höhenangst, wie ihr wisst.«

Johannes hatte in seinem früheren Leben, also dem vormönchischen, als Maurer gearbeitet. Zwei knackige Polizisten in ihren schmucken Uniformen, auf der gegenüber der Baustelle gelegenen Straßenseite, hatte seine Aufmerksamkeit erregt. Die Ablenkung begünstigte seinen, durch eine fehlende Gerüstbohle ausgelösten freien Fall, aus einer Höhe von 10 Metern, direkt auf einen soeben frisch aufgeschütteten Sandhaufen. Dass er dadurch nur knapp am Leben in einem Rollstuhl vorbei geschlittert war, brachte ihn dazu, sich unmittelbar nach seiner Genesung, in das nahegelegene Kloster zu begeben. Er hatte es seit dem nicht mehr verlassen und litt fortan unter der eben erwähnten Höhenangst.

»Das war zu befürchten«, antwortete Abt Gandolfus mit resigniertem Gesichtsausdruck. »Deshalb habe ich diese Teufelsmaschine in meinem Büro genutzt und im Internet nach alternativen Reisemöglichkeiten in die Karibik gesucht.«

Gandolfus war nicht gerade als Anhänger des Computerzeitalters bekannt, aber das Internet hatte durchaus auch seine schönen Seiten, die er in stillen Stunden sehr zu würdigen wusste.

»Brüder, ich bin fündig geworden. Wir werden, wie einst Jonas im Bauch des Wals, über das Meer nach Haiti reisen. Natürlich nicht in einem Wal, sondern auf einem großen Schiff. Dort fahren allerdings noch sehr viele andere Menschen mit uns, was die Überfahrt eventuell etwas unbequem gestalten könnte. Aber ich denke, dass wir für unseren lieben Bruder Johannes, der von uns allen sehr geschätzt wird, dieses Opfer bringen werden. Nun, was sagt ihr dazu?«

»Gandolfus, es ehrt mich zutiefst, dass ihr euch wegen mir den Strapazen einer längeren Anreise aussetzen wollt. Ich hoffe, ich kann das irgendwann wieder gutmachen.« »Ich bin sicher, Bruder Johannes, die Gelegenheit wird kommen.«

Zentrum der Friseurinnung Scherheim bei Kammbach

»Meine Damen und Herren, angehende Friseurgesellinnen und Gesellen. Ich habe die Freude, ihnen mitteilen zu können, dass Sie alle den theoretischen Teil der Gesellenprüfung bestanden haben!«

Heidelinde Ramsmeyer, die langjährige Vorsitzende der Friseurinnung Unterfranken, grinste über ihre beiden ausgeprägten Kanzlerinnenwangen. Stolz war sie vor allem auf ihren eigenen Lehrling, den 20-jährigen Antonius Schuster, der die Prüfung jetzt im dritten und letzten Anlauf zu bestehen versuchte. Antonius war in den vergangenen Jahren in ihrem Salon mit vielen Dingen beschäftigt gewesen. Mit dem Erlernen des Friseurhandwerks an sich hatten seine Dienstleistungen allerdings nur am Rande zu tun. Es stand eher die Aufrechterhaltung der Lebensfreude seiner Chefin im Vordergrund. Antonius war Vollwaise und hatte sich damals für die offene Lehrstelle mit Wohnmöglichkeit in Heidelindes Salon beworben. Vom ersten Augenblick an hatte sie einen Narren an ihm gefressen. Ihr Mann Rolf war vor fünf Jahren verstorben und eine Frau wie Heidelinde hatte schließlich auch Bedürfnisse.

Es stellte sich jedoch sehr bald heraus, das Antonius nicht für einen Salon in der tiefsten unterfränkischen Provinz geschaffen war. Seine Frisur-Ideen hätten in Berlin, München oder Frankfurt sicher für Furore gesorgt, aber nachdem er der angehenden Frau des Dorfpolizisten zur Hochzeit einen Sheriffstern auf den vorher kurz rasierten Hinterkopf gefräst hatte, war das Vertrauen in seine Frisierkünste, beim Scherheimer Publikum, etwas angeknackst. Heidelinde beschloss damals, ihn von der wichtigen Kundschaft fernzuhalten. Sie brachte es jedoch nicht übers Herz, ihn zu kündigen. Zu umfassend waren seine Fähigkeiten auf anderen, für sie ebenso wichtigen Gebieten. Nur ab und zu, wenn eine, in ihren Augen eher unbedeutende Kundin, nach einer neuen, außergewöhnlichen Frisur verlangte, rief sie nach Antonius, der die Aufgabe dann immer mit Bravour erledigte. Sie tat das natürlich auch, um ihm eine Freude zu machen und ihn für Dinge zu belohnen, bei deren Angedenken ihr jedes Mal ein wohliger Schauer durch den Körper lief. Auf diese Weise kam Antonius Schuster natürlich wenig mit Kunden und mehr mit Heidelinde in Kontakt. Dementsprechend dürftig waren, mangels Zeit zum abendlichen Studium der Fachliteratur, seine theoretischen Kenntnisse. Abgesehen natürlich von seinen Ideen, die allesamt meist außerhalb jeglicher Vorstellungskraft der Kundinnen lagen, zumindest in Scherheim bei Kammbach.

 

Nun, nach fast vier Jahren Lehrzeit, war der heutige Prüfungstag Antonius letzte Chance den Abschluss als Friseurgeselle zu erlangen.

Insgeheim hoffte Heidelinde, dass Antonius bei ihr bleiben würde, um bis zu ihrem Lebensende an ihrer Seite zu frisieren. Aber sie war nicht dumm und ihre vielen Spiegel im Salon berichteten stets alle dasselbe. Nämlich die Geschichte mit der schönen Friseuse hinter den sieben Bergen. Mit Wehmut dachte Heidelinde schon jetzt an den Tag der Trennung, wenn ihr geliebter Prinz die Burg verließ und sie wieder allein sein würde.

»Ich sehe, jeder von Ihnen hat ein Modell aus dem Freundes- und Bekanntenkreis mitgebracht«, begann Heidelinde Ramsmeyer mit ihrer Einführung zur zweiten und letzten Prüfungsaufgabe im praktischen Teil.

»Ich möchte Sie nun bitten, zuerst mit dem Modell ein Beratungsgespräch durchzuführen, um so die Wünsche des Kunden oder der Kundin zu erörtern. Meine geschätzten Kollegen von der Prüfungskommission und ich werden aufmerksam zuhören und Ihr Gespräch beurteilen. Und nun viel Glück, meine Damen und Herren, Sie haben 10 Minuten, fangen Sie bitte an.«

Antonius begab sich zu dem ihm zugewiesenen Frisierstuhl und begrüßte seine Kundin Kornelia Glösenfried, Tochter des Bäckermeisters Willi Glösenfried, Betreiber der gleichnamigen Bäckerei mit angeschlossener Konditorei, direkt neben Heidelindes Friseursalon. Heidelinde hatte ihrem Lehrling Glösenfrieds Tochter als Modell besorgt. Bei ihr war sie sich sicher, dass ihr geliebter Antonius nicht auf dumme Gedanken kam. Kornelia wurde im Dorf gemeinhin als quadratisch praktisch gut bezeichnet, hatte aber ein sehr hübsches Gesicht. Das einzige Zugeständnis, zu welchem Heidelinde bereit war.

»Guten Tag meine Dame, was kann ich für Sie tun«?, begann Antonius das Beratungsgespräch.

Etliche Male hatten sie geprobt, so dass Heidelinde den Text mittlerweile auswendig konnte. Es würde darauf hinauslaufen, dass er ihr eine elegante Hochsteckfrisur, mit ein paar farbigen Strähnen,

für ihre angebliche bevorstehende Hochzeit frisieren sollte. Auch das war in der vergangenen Woche viele Male erfolgreich geübt worden.

»Nun werter Herr«, antwortete Kornelia, »meine bevorstehende Hochzeit ist gestern geplatzt. Ich werde mich also wieder mehr unserer Bäckerei und Konditorei widmen können. Deshalb habe ich mir überlegt, dass Sie mir einen großen Präsentkorb auf den Kopf frisieren. Mit Brötchen und allerlei lustigen Leckereien. Sozusagen als Blickfang und Werbung für unseren Laden.«

Diese Version des Beratungsgesprächs war Heidelinde vollkommen neu. Alle Farbe wich aus ihrem Gesicht und sie stürzte auf ihren Lehrling zu, um ihn an ihre Abmachung bezüglich der Frisur zu erinnern.

»Aber, aber Frau Ramsmeyer, Sie müssten doch als Vorsitzende unserer Friseurinnung am Besten wissen, dass wir uns in die Gespräche nicht einmischen dürfen!«, hielt sie ein Kollege der schneidenden Zunft im letzten Augenblick zurück.

»Aber gerne werte Dame, darf es auch etwas farbig werden?«

»Selbstverständlich, ich bitte darum. Ich habe vollstes Vertrauen in Ihre Fähigkeiten.«

Diese Version hatten die beiden in der vergangenen Woche ebenfalls jeden Abend in Kornelias Zimmer, über der Bäckerei geübt. Was sie dort sonst noch geübt hatten, durfte Heidelinde Ramsmeyer natürlich nicht erfahren.

»Nachdem sie ihre Beratungsgespräche nun hinter sich gebracht haben, möchte ich alle Prüflinge bitten, mit der Arbeit zu beginnen«, wandte sich Frau Ramsmeyer an die zukünftigen Friseurgesellen.

Antonius zog in den darauf folgenden 270 Minuten alle Register seiner ausgeprägten Fantasie. Mit Hilfe von Haarspray, Festiger, Gel und anderer moderner chemischer Kampfstoffe, schuf er aus Kornelias sehr langen blonden Haaren einen großen Präsentkorb, den er mit allerlei Leckereichen und natürlich auch Broten füllte. Nichts war echt in diesem Korb, aber alles sah zum Anbeißen aus.

Nach einiger Zeit drängten sich viele staunende Mitglieder der Prüfungskommission um den wild vor sich hinfrisierenden jungen Mann. Sie gratulierten der noch immer vor sich hinbrummenden Heidelinde zu diesem außergewöhnlichen Lehrling.

Antonius bestand seine Prüfung mit Auszeichnung und wurde noch am selben Tag von Heidelinde Ramsmeyer entlassen. Noch während der Prüfung hatte sie die heimliche Liebschaft ihres Antonius mit dieser dicken Printe, wie sie die Bäckerstochter von nun an nannte, durchschaut. Antonius suchte schon am nächsten Tag, er war vorübergehend bei Kornelia eingezogen, nach einem neuen Job. Im Internet stieß er auf die Anzeige eines Kreuzfahrtveranstalters, der für eine Atlantiküberquerung noch einen Bordfriseur suchte. Der Salon wurde gestellt und die Hälfte der Einnahmen dufte er behalten. Und das alles bei freier Kost und Logis. Da Antonius im Moment sowieso knapp bei Kasse war und er Urlaub dringend nötig hatte, beschloss er, sich für den Job zu bewerben. Noch am selben Abend schickte Antonius Schuster eine E-Mail los.

Sehr geehrte Damen und Herren, mein Name ist Antoine Cordonnier....

Großmarkt auf dem Hafengelände in Genua

»Giorgina! Bellla! Wenn ich dich sehe, ist der Tag gleich ein ganz anderer, nicht mehr so trostlos und grau!«, rief Luigi Mangiare, aus dem geöffneten Fenster des, von ihm als Büro titulierten Bretterverschlags, auf dem Großmarkt im Genueser Hafen.

Luigi feierte nach eigenen Aussagen seit fünf Jahren immer wieder seinen 49ten Geburtstag. Viele Kreuzfahrtschiffe, die von Genua aus in See stachen, kauften auf dem Großmarkt ihren dringend benötigten Proviant ein. Luigis Geschäft zählte eher zu den Kleineren der Branche. Seine Stunde schlug immer dann, wenn die Großen nicht schnell genug liefern konnten. Dann sprang Luigi ein und sorgte über verschiedene legale und illegale Kanäle für die benötigte Ware. Qualität und Frische gehörten nicht zu den bestechendsten Eigenschaften der von ihm gelieferten Lebensmittel. Der Preis jedoch war stets unschlagbar. Das lag an den nicht immer sauber dokumentierten Herkunftsnachweisen der Ware. Einiges war hier und dort von diversen Lastwagen gefallen, und bei Luigi zufällig wieder aufgetaucht. Auch eine lückenlos nachgewiesene Kühlkette leicht verderblicher Waren suchte man bei ihm vergeblich.

»Luigi, Schatz«, rief Giorgina geschmeichelt, »übertreib bitte nicht immer so maßlos! Ich schau gleich mal bei dir rein!«

Die beiden hatte seit ein paar Wochen ein heimliches Verhältnis. Im Gegensatz zu Giorgina war Luigi verheiratet. Seine Frau Rosina, eine geborene Calabrese und Schwester eines Mafiosi der mittleren Führungsebene, durfte von seinem Verhältnis mit Giorgina nichts erfahren, sonst würde aus der Liaison eine blutige Angelegenheit werden. Heute verspürte auch Giorgina wieder Schmetterlinge im Bauch.