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Erläuterungen zur Tabelle:

1 Hypertrophie: Die Kraft eines Muskels hängt vor allem von seinem Querschnitt ab, pro Quadratzentimeter kann ein Muskel ca. sechs Kilogramm heben. Das Q-Training (siehe Kapitel Krafttraining) bewirkt eine Massenzunahme der Muskulatur (Querschnittszunahme). Das Dickenwachstum kommt zustande, weil bei jeder einzelnen Faser eine Verdickung stattfindet.

2 Inter- und intramuskuläre Koordination: Bei der Kraftleistung eines Muskels haben diese beiden Trainingsmethoden neben der Hypertrophie eine wichtige Bedeutung.

Bei der intermuskulären Koordination geht es primär um ein verbessertes Zusammenspiel der an einer Bewegungstechnik beteiligten Muskelgruppen. Hierbei spielen Agonisten und Antagonisten (Gegenspieler) eine wichtige Rolle. Trainiert wird die intermuskuläre Koordination durch ein sportartspezifisches Techniktraining (Einschleifen eines Bewegungsablaufes), wobei man darauf achten muss, Störgrößen auszuschalten. Für eine Kraftleistung muss das Motoneuron mit möglichst hoher Frequenz an den Skelettmuskel feuern. Diese hohe Frequenz ist aber nur möglich, wenn die Zahl der hemmenden Informationen an das Motoneuron niedrig gehalten wird (vgl. Ehlenz, Grosser, Zimmermann 2013 und Weineck 2019).

Die Verbesserung der Kraftleistung des Muskels durch das intramuskuläre Koordinationstraining ist auf die Verbesserung der Innervation zurückzuführen, was bedeutet, dass bei einer willkürlichen Muskelkontraktion mehr Muskelfasern synchron angespannt werden können. Bei der Belastung geht es um maximale Reize mit geringer Wiederholungszahl oder um kurzzeitig einwirkende, schnellkräftige Kraftreize, welche in der Anpassung eine Kraftsteigerung über die intramuskuläre Koordination erzielen und dabei nicht zu einer Hypertrophie führen. Häufig folgt ein intramuskuläres Koordinationstraining einem Muskelaufbautraining (vgl. Weineck 2019).

Der Muskel reagiert auf mechanische und metabolische Reize mit entsprechenden Veränderungen. Die Frage, ob es neben der Hypertrophie auch zu einer Hyperplasie kommt, kann nicht abschließend beurteilt werden.

Lange wurde postuliert, dass es erst nach mehreren Wochen zu einer Muskelmassenzunahme durch Krafttraining kommen würde. Dies ist nach Freiwald (2016) nicht länger haltbar. Es kommt zwar zu Beginn zu einer Anpassung der nervösen Aktivierung der Muskulatur sowie der intra- und intermuskulären Koordination. Doch schon nach wenigen Tagen ist ebenfalls ein verstärkter Aufbau von Proteinen (Muskelmasse) messbar. Durch die Veränderungen des Fiederungswinkels wird die Kraftleistung des Muskels und die Muskelquerschnittsvergrößerung positiv beeinflusst.

Auch Kapillare und Mitochondrien passen sich an. Das bedeutet, dass physiologisch betrachtet durch Kraftausdauertraining die Ermüdungswiderstandsfähigkeit der Muskulatur verbessert werden kann.

Entscheidend dafür sind aber die auf das jeweilige Trainingsziel hin ausgewählten Trainingsmethoden. Bei alleiniger Ausrichtung auf Kraft- und Muskelmasse kommt es relativ zur Muskelmasse gesehen zur Abnahme der Kapillare und Mitochondrien. Es hat sich auch gezeigt, dass die versorgenden Nerven und die Trainingsgestaltung großen Einfluss auf die Muskelfasern haben.

Eine Umwandlung von schnellen Muskelfasern in eher langsame Muskelfasern ist innerhalb genetischer Grenzen möglich, umgekehrt funktioniert das jedoch nicht (vgl. Weineck 2019).

3.4 Energiebereitstellung im Muskel

Der Organismus hat 3 Wege, um ATP herzustellen:

Anaerob-alaktazid

1. Die anaerob-alaktazide Energiebereitstellung aus der Zusammenfügung zweier ADP-Moleküle (Myokinase-Reaktion) bzw. aus der Spaltung von Kreatinphosphat (Lohmann-Reaktion)

Anaerob-laktazid

2. Die anaerob-laktazide Energiebereitstellung der Glykolyse aus Glykogen oder Glukose, die bis zum Pyruvat (Brenztraubensäure) und weiter bis zum Laktat (Milchsäure) metabolisiert wird

Aerob

3. Die aerobe Energiebereitstellung, die vollständige Oxidation (Verbrennung) von Glykogen bzw. Glukose oder von Fettsäuren zu Kohlendioxid und Wasser (vgl. Rost 2002)

Energiebereitstellung

Wirkungsgrad

Die Muskelzellen gewinnen ihre Energie für die Bewegungen im Sport aus ATP, dem AdenosinTriPhosphat. Die Aktin- und Myosinfilamente des Muskels wandeln das ATP in mechanische Energie um, dies ermöglicht die Muskelbewegungen beim Tischtennisspielen, 10000-m-Lauf oder Kugelstoßen. Die gesamte Energie kann allerdings nicht in Bewegung umgesetzt werden, der Wirkungsgrad liegt bei sportlichen Bewegungen zwischen 15 und 40 %. Er ist definiert als der Quotient zwischen der erbrachten physikalischen Leistung (Arbeit pro Zeiteinheit) und dem dafür benötigten Arbeitsumsatz. Das ATP ist der primäre und universelle Energielieferant in allen lebenden Zellen. Die Energie, die man zum Sporttreiben benötigt, stammt letztendlich aus unserer Nahrung, genauer gesagt aus den Nährstoffen: den Kohlenhydraten, Fetten und Eiweißen.

Die Abbildung 3.6 zeigt, dass die zentralnervöse Steuerung des Gehirns in der Belastungssteuerung des Muskels die entscheidende Rolle spielt. Auch Hollmann und Strüder (2009) gehen von einer zentralen Steuerung aller Vorgänge im Gehirn aus. Das Gehirn seinerseits wird dabei von diversen Modifikatoren beeinflusst. Die Laktatkonzentration ist nur einer von mehreren Faktoren, die in dem Rückkopplungsprozess des Muskels zum Gehirn eine Rolle spielen. Es ist das Gehirn, das unter anderem (den Muskeln) das Tempo bei einem Lauf vorgibt (z.B. beim 100-m-Sprint oder Marathonlauf) und (den Muskeln) den Befehl zum Endspurt beim 10000-m-Lauf gibt.

Abb. 3.6: Modell der zentralnervösen Belastungssteuerung des Muskels (mod. nach Noakes 2010)

Central Governor

Noakes spricht in diesem Zusammenhang vom menschlichen Gehirn als einer übergeordneten Instanz auch vom „Central Governor“.

Um den Muskel im Sport bewegen zu können, muss er

• genügend durchblutet werden,

• mit Sauerstoff versorgt werden,

• ausreichend/optimal neuronal stimuliert sein,

• mit Nährstoffen versorgt werden.

Weiterhin wird die Art des Stoffwechselgeschehens beeinflusst von:

• den Arbeitsformen

• der Belastungsintensität

• und der Belastungsdauer

• der kognitiv/emotionalen Vorbelastung und Erwartung

(vgl. Hollmann/Strüder 2009)

Durchschnittlich können Blutlaktatwerte im Organismus von 16–20mmol/l im Kapillarblut des Ohrläppchens gemessen werden. Kindermann fand bei Leistungssportlern im arteriellen Blut nach knapp ein- bis zweiminütiger Belastung Laktatwerte von 28 mmol/l.

Praxisbeispiele

Ein längerer Ausdauerlauf wird durch aerobe Stoffwechselprozesse bestimmt, statische Muskelarbeit schon jenseits einer mittleren Intensität durch den anaeroben Stoffwechsel (vgl. Hollmann/Strüder 2009).

Aerober Stoffwechsel

Die Stoffwechselprozesse, die in den Mitochondrien unter Verwendung von Sauerstoff stattfinden, werden als aerober Stoffwechsel bezeichnet.

Anaerober Stoffwechsel

Die Stoffwechselprozesse, welche im Zytoplasma ohne Sauerstoffverwendung der Zelle stattfinden, werden als anaerober Stoffwechsel bezeichnet.

Die Grundlage für die Muskelkontraktion ist der Abbau von ATP zu ADP und einem Phosphatrest. Das ATP ist die einzige Energieform, die die menschliche Zelle direkt nutzen kann. Der Vorrat an ATP ist sehr stark begrenzt, weshalb er ständig resynthetisiert werden muss. Der Wiederaufbau von ATP kann auf 3 Wegen erfolgen:

1. anaerob-alaktazide Resynthese (aus Kreatinphosphat/KP)

2. anaerob-laktazide Resynthese (über die anaerobe Oxidation)

3. aerobe Resynthese (über die aerobe Oxidation)

(vgl. de Marées, Heck 2003)

Laktat

Praxisbezug: Bereits nach einer Belastungsdauer im Sport von 4–6 Sekunden beginnt der Abbau von Glykogen bzw. Glukose und von Triglyzeriden (freie Fettsäuren) bis hin zum Pyruvat (Brenztraubensäure). Übersteigt die Pyruvatproduktion den Bedarf, wird Laktat gebildet. Laktat ist das Salz der Milchsäure. Unter physiologischen Bedingungen dissoziiert die Milchsäure zu 99 % Laktat und H+-Ionen, was bedeutet, dass die H+-Ionenkonzentration proportional zur Laktatkonzentration ansteigt (vgl. Wahl, Bloch, Mester 2009).

3.4.1 Anaerobe Energiegewinnung

Anaerob-alaktazide Energiegewinnung

Anaerob-alaktazide Energiebereitstellung

Die in der Muskulatur enthaltene Konzentration von ca. 5 mmol ATP pro 1 g Muskelfeuchtgewicht reicht nur für etwa 3–4 maximale Muskelkontraktionen, was einer Arbeitsdauer bei starker körperlicher Belastung von nur 1–2 Sekunden entspricht. Die frei werdende Energie ergibt sich daraus, dass die Endprodukte, die sich bei der Abspaltung eines Phosphatrestes vom ATP bilden, weniger freie Energie enthalten als die Ausgangssubstanz ATP (vgl. de Marées 2003):

ATP + H2O → ADP + Phosphat + H+

 

Energiereiche Phosphate

Bei hochintensiven Belastungen und hoher Energieanforderung in der Muskulatur dominiert die Resynthetisierung von ATP aus dem energiereichen Phosphatpool, dem Kreatinphosphat (KP). Adenosindiphosphat (ADP) dient zusammen mit KP zur Synthetisierung von ATP. Man bezeichnet ATP und KP auch als energiereiche Phosphate:

KP + ADP → ATP + Kreatin

Die Speichermenge an Kreatinphosphat liegt bei etwa 15–20 mmol pro 1 g Muskelfeuchtgewicht und ist damit etwa in 3- bis 4-mal höherer Konzentration vorhanden wie ATP. Mit dieser vorhandenen Energiemenge kann bei maximaler Muskelkontraktion lediglich ein Zeitraum von etwa 5–6 Sekunden abgedeckt werden. In der Summe ergibt dies für beide Arbeitsspeicher eine maximale Arbeitsdauer von ca. 6–8 Sekunden für Untrainierte. Das die Spaltung von KP katalysierende Enzym ist die Kreatinkinase (CK).

Eine weitere Möglichkeit der anaerob-alaktaziden Energiebereitstellung mit sehr geringer Kapazität stellt der weitere Abbau von Adenosinmonophosphat (AMP) zu Inosin-5-Monophosphat (IMP) unter Abspaltung von NH3 dar (Purinnukleotidzyklus). Es entsteht vermehrt AMP:

ADP + ADP → ATP + AMP

Insgesamt gesehen, sind über die energiereichen Phosphate ATP und KP maximale Muskelkontraktionen von etwa 6–8 Sekunden durchführbar, wobei es eine geringe individuelle Streubreite von wenigen Sekunden gibt. Für Trainierte können ca. 10–12 Sekunden an maximaler Kapazität angegeben werden.

Praxisbeispiele

Praxisbeispiele: anaerobalaktazid

Dieses Energielieferungssystem arbeitet beispielsweise bei Starts von Sprintern, bei Gewichthebern, bei Sprüngen von Volleyball- oder Basketballspielern, bei Tennis- und Tischtennisspielern, Fußball- und Handballtorwarten, bei Hochspringern, Diskus- und Speerwerfern, also bei allen explosiven, kurzen, schnellen und kraftvollen Bewegungen.

Resynthese

Der Wiederaufbau der energiereichen Phosphate läuft sehr schnell ab. Der Wiederauffüllungsprozess ist in der Regel innerhalb von 30 Sekunden zu ungefähr 70 % und nach 3–5 Minuten zu fast 100 % vollendet.

Anaerob-laktazide Energiegewinnung

Aneraob-laktazide Energiegewinnung ohne Sauerstoff

Wird eine hochintensive Belastung länger als 10–15 Sekunden mit maximaler Muskelkontraktion aufrechterhalten, „schaltet“ der Organismus auf den Abbau von Kohlenhydraten (Glukose, Glykogen, Fruktose) um. Hierbei werden die Kohlenhydrate über zahlreiche Zwischenschritte bis zum Pyruvat (Brenztraubensäure) und schließlich bis zu dem Charakteristikum dieser Energiebereitstellungsform, dem Laktat ohne Verwendung von Sauerstoff, abgebaut. Dieser als Glykolyse bezeichnete Vorgang der Energiebereitstellung läuft wegen der phosphorylisierten Zwischenprodukte, und weil nur dort die entsprechenden Enzyme vorhanden sind, nur im Zytoplasma der Zelle ab. Bis zum Pyruvat ist der Abbauweg der Glukose identisch mit dem Abbauweg der aeroben Energiebereitstellung (Abb. 3.7).

Abb. 3.7: Stoffwechselwege der Energie liefernden Nährsstoffe (Weineck 2019)

Der Laktatstoffwechsel

Laktatbildung

Die Laktatbildung ist das Hauptcharakteristikum der anaerob-laktaziden Glykolyse. Die Ruhelaktatwerte im But betragen ca. 0,8–1,5 mmol/l. Im Fußball, Handball, Feldhockey oder auch Basketball werden durchschnittliche Laktatwerte von ca. 4–6 mmol/l gemessen, aber abhängig von der jeweiligen Spielsituation auch Einzelwerte von über 12 mmol/l. Im Tischtennis liegen die Werte durchschnittlich bei ca. 2 mmol/l, wobei die Werte einzelner Ballwechsel deutlich höher liegen dürften. Bei einem 10000-m-Lauf liegen sie bei etwa 8 mmol/l, beim 5000-m-Lauf bei ca. 16 mmol/l. Unter physiologischen Bedingungen ist das Laktat zu über 99 % dissoziiert, was der tatsächliche Grund für die „Übersäuerung“ der Muskulatur ist. Bei maximal schnellen 800- oder 400-m-Läufen treten bei Spitzenathleten Laktatwerte von bis zu 28 mmol/l auf.

Regeneration und Trainingsplanung

Für die Regeneration und die Trainingsplanung ist wichtig: Die mittlere Halbwertszeit der Laktatelimination (= die Abbaugeschwindigkeit) von einem Laktatspiegel von ca. 10 mmol/l liegt bei ca. 15 min, für Werte um 5 mmol/l bei etwa 10 min, und bei sehr hohen Konzentrationen über 20 mmol/l kann sie 30 min bis zu einer Stunde dauern (vgl. de Marées, Heck 2003).

Beim Laktat handelt es sich um ein Stoffwechselprodukt, das zwischen den Zellen, Organen und Geweben aktiv hin- und hertransportiert wird. Dort wird es der oxidativen Energiebereitstellung zugeführt. Laktat wird im menschlichen Organismus praktisch immer produziert und immer eliminiert. Daher erklären sich die Ruhelaktatwerte, die bei ca. (+/-) 1 mmol/l liegen.

Laktat als Energieträger

Laktat ist ein wichtiger Energieträger in der oxidativen Energiebereitstellung.

Laktat ist kein Endprodukt

Laktat ist kein „Stoffwechselendprodukt“ oder gar „Abfallprodukt“ der Energiebereitstellung, sondern ein wichtiger Energieträger, dem zusätzlich eine Steuerungsfunktion und regulierende Funktion bei Anpassungsprozessen zukommt, und es agiert als „Pseudo-Hormon“, quasi als „Lactormon“ (vgl. Wahl, Bloch, Mester 2009).

Blutgefäßneubildung

Laktat besitzt nicht nur kurzfristige positive Wirkungen (aerober Stoffwechsel), sondern auch langfristigere Wirkungen. So trägt Laktat z.B. zur Blutgefäßneubildung bei, die eine wichtige Voraussetzung für eine verbesserte Kapillarisierung darstellt.

Gefäßweitstellung Laktat bewirkt weiterhin eine Gefäßweitstellung, die dabei hilft, dem Sauerstoffbedarf des arbeitenden Muskels besser nachzukommen (vgl. Hägele et al. 2009)

An folgenden Orten kann Laktat verstoffwechselt werden:

1. am Bildungsort selbst

2. in benachbarten Zellen (z.B. Muskelzellen)

3. in anderen Geweben (wie z.B. in der Herzmuskulatur oder in dem Gehirn)

Das angefallene Laktat kann durch ein spezielles Transportsystem zwischen glykolytischen und oxidativen Muskelfasern innerhalb der aktiven Muskeln ausgetauscht werden, oder über die Blutbahn z.B. zum Herz oder ins Gehirn bzw. die Leber gelangen. Am meisten Laktat wird in der belasteten Skelettmuskulatur eliminiert. Je höher die aerobe Energiebereitstellung ist und je höher die Laktatkonzentration ist, umso größer ist die Laktatelimination.

Die Muskulatur ist sowohl Hauptproduktionsort für das Laktat als auch sein Haupteliminationsort.

Energiegewinnung durch Laktat in Gehirn, Herz, Niere

Folgende Organe können Laktat zur Energiegewinnung verwenden:

1. Herz (bis zu 60 % des Energiebedarfs über Laktat)

2. Gehirn (bis zu 33 % des Energiebedarfs über Laktat)

3. Nieren

Leber wandelt Laktat um

Der Herzmuskel (das Myocard) benötigt Laktat zur Herztätigkeit, was zeigt, dass das Laktat eine wichtige Substanz für den Stoffwechsel des Herzens ist. Die Leber als größtes einzelnes Stoffwechsel- und Speicherorgan des Menschen nimmt während der Belastung Laktat auf und wandelt es durch das Enzym Glykogen-Phosphorylase zu Glukose um. Auch im Hungerzustand wird dort Laktat zu Glukose umgewandelt. Die Leber kann Laktat durch das Enzym Glykogen-Synthase zu Glykogen umwandeln und speichern (der sog. Cori-Zyklus). Laktat wird zudem über den Schweiß ausgeschieden.

Laktat verbindet anaeroben und aeroben Stoffwechsel

Zu den oben genannten Organen gelangt das Laktat über die Blutbahn. Auf diese Weise wird deutlich, dass anaerober und aerober Stoffwechsel quasi über Laktat miteinander verbunden sind und nicht zwei voneinander unabhängige Systeme darstellen.

Beide Energiebereitstellungsarten greifen ineinander und dürfen nicht als entgegenwirkende Ersatzlösungen betrachtet werden (vgl. Holfelder, Bubeck 2012):


Abb. 3.8: Laktat als Stoffwechselprodukt, das aeroben und anaeroben Stoffwechsel miteinander verbindet


Merke

Laktat, das Produkt des anaeroben Stoffwechsels, ist gleichzeitig eine wichtige Substanz für den aeroben Stoffwechsel.

Laktatdehydrogenase (LDH)

Für die Umwandlung von Laktat ist die Laktatdehydrogenase (LDH) ein zentrales Enzym. Es gibt mehrere Formen dieses Enzyms. Das LDH5 findet man vor allem in der schnellen Muskulatur, während man LDH1 in der langsamen Ausdauermuskulatur sowie in der Herzmuskulatur findet.

Ausdauertraining

LDH5 ist für die Bildung von Laktat aus Pyruvat verantwortlich. Das LDH1 bevorzugt die Bildung von Pyruvat aus Laktat. Die Bildung von Laktat geschieht daher in den schnellen Muskelfasern schneller als in den langsamen, wobei das während einer sportlichen Belastung gebildete Laktat von den Typ-I-Fasern (langsame Fasern) aufgenommen wird, zu Pyruvat umgewandelt und dann oxidiert werden kann. Durch Ausdauertraining kann man die Enzymkapazität der LDH steigern.

Die Rolle der Muskelfasern bei der Laktatbildung

Muskelfasertypen

Ein entscheidender Faktor bei der Laktatbildung ist, dass sich die unterschiedlichen Muskelfasertypen in ihrer Laktataufnahme und Laktatverwertung voneinander unterscheiden.

Typ-I-Muskelfasern

Die Typ-I-Muskelfasern (= langsame, oxidative Fasern, slow-twitch-fibres, ST-Fasern) wechseln bei Blutlaktatkonzentrationen von 1–2 mmol/l von einer Laktatabgabe zu einer Laktataufnahme (vgl. Gladden 2008).

Typ-II-Muskelfasern

Die Typ-II-Muskelfasern (= schnelle, glykolytische Fasern, fast-twitch-fibres, FT-Fasern) wechseln bei Blutlaktatkonzentrationen von 3–4 mmol/l von einer Laktatabgabe zu einer Laktataufnahme.

Praxisbeispiel

Laktatdehydrogenase (LDH)

Diese Erläuterungen verdeutlichen, weshalb sich die Verläufe der Laktatkurven von Ausdauerathleten und Schnellkraftathleten unterscheiden. Ein höherer Anteil an Typ-II-Muskelfasern, der für Schnellkraftathleten charakteristisch ist, führt zu höheren maximalen Laktatkonzentrationen. Der Schnellkraftathlet produziert schnell Laktat, weil er in kurzer Zeit viel Energie benötigt, baut es aber schlechter ab. Umgekehrt führt ein höherer Anteil an Typ-I-Muskelfasern, was für Ausdauersportler charakteristisch ist, zu niedrigeren Laktatkonzentrationen. Der Ausdauerathlet verstoffwechselt das Laktat gut, kann aber in kurzer Zeit nicht viel Laktat produzieren (vgl. Sperlich 2016). Unter Belastung im Sport werden ca. 83 % des Laktats durch das Enzym Laktatdehydrogenase (LDH) wieder der aeroben Energiebereitstellung zugeführt.

Ruhelaktatwerte

In Ruhe sind insbesondere glykolytische Fasern (schnelle Fasern) in der Lage, Laktat in Glykogen umzuwandeln und zu speichern. Ruhelaktatwerte können im Bereich von 0,8–1,5mmol/l liegen.

Laktat und Ermüdung

Muskuläre Ermüdung

Die muskuläre Ermüdung, unter der man das Unvermögen verstehen kann, eine erforderliche oder erwartete Leistung aufrechtzuerhalten, ist ein komplexes multifaktorielles Phänomen. Überholte Sichtweisen der belastungsinduzierten Ermüdung durch unzureichende Sauerstoffversorgung und Laktatbildung können nicht länger aufrechterhalten werden. Ein erhöhter Laktatwert muss nicht zwingend mit Sauerstoffmangel einhergehen und ist auch nicht für muskuläre Ermüdung verantwortlich. Die Anhäufungen von Kalium und freiem Phosphat spielen bei der Muskelermüdung eine wichtige Rolle. Bei der Umwandlung von Pyruvat zu Laktat fallen Wasserstoffionen an.

Übersäuerung durch Wasserstoffionen

Diese Wasserstoffionen (H+-Ionen) sind direkt für die Übersäuerung verantwortlich und nicht etwa das Laktat selbst. Da beim aktiven Transport von Laktat H+Ionen anfallen, und H+-Ionen die Zellaktivität lähmen, ist die Anhäufung von Laktat per se nicht der Grund für stoffwechselbedingte Ermüdung, sondern viel mehr die Übersäuerung der Muskelzelle.

 

pH-Wert

Die angefallenen H+-Ionen führen zur Absenkung des pH-Wertes und dies zur Übersäuerung (vgl. Sperlich 2016).

Weiterhin führen die Wasserstoffionen (H+-Ionen)

1. zu einer Verminderung der Querbrückenverbindung der Muskelfasern (Beeinträchtigung der Muskelkontraktion),

2. zu einer Verminderung der maximalen Verkürzungsgeschwindigkeit der Muskelfasern,

3. zu einer Störung des Enzyms ATPase (Beeinträchtigung der Muskelbewegung und des Energiestoffwechsels),

4. zu einer Hemmung der Glykolyserate und

5. zu einer Reduzierung der Ca++-Rückaufnahme (Beeinträchtigung der Reizübertragung).

Pufferung

Pufferung

Puffersysteme

Der Säuregrad im menschlichen Organismus muss in einem engen Rahmen konstant gehalten werden, da langfristige oder extreme Werte zum schnellen Tod führen könnten. Der normale pH-Wert des Blutes liegt bei 7,4 und kann kurzfristige Abweichungen von 7,0, wie nach einem 400-m-Sprint, bis hin zu 7,8 bei der Besteigung des Mount Everest tolerieren, denn es gibt im Organismus folgende Puffersysteme, die das innere Milieu konstant halten:

1. Hämoglobinpuffer

2. Bicarbonatpuffer

3. Phosphat-Puffer

4. Proteinat-Puffer

Anorganischer Puffer

Der (Kohlensäure-)Bicarbonatpuffer ist der wichtigste anorganische Puffer des Blutes, er neutralisiert 99 % der angefallenen H+-Ionen.

Organischer Puffer

Der Hämoglobinpuffer ist das wichtigste organische Puffersystem des Blutes.

Diese beiden Puffersysteme sind die wichtigsten des menschlichen Körpers, denn ohne sie wäre weder aerober noch anaerober Stoffwechsel möglich. Der Phosphatpuffer spielt intrazellulär und im Urin eine Rolle. Die Plasmaproteine besitzen ebenfalls Pufferkapazität gegenüber H+-Ionen.

Ernährung

Wichtig für die Sportpraxis ist zudem die Ernährung: In Untersuchungen im Sport wurde gezeigt, dass als Supplement zugeführtes Bicarbonat in der Lage ist, Übersäuerung wirksam zu puffern.

Als Einzelorgan reagiert auch die Niere auf einen niedrigen Blut-pH-Wert und scheidet vermehrt H+-Ionen aus, während bei einem hohen pH-Wert die H+-Ionen im Körper zurückgehalten werden (vgl. www.spomedial.de und Kreutzig 2006).


Merke

Muskuläre Ermüdung und Laktat

Laktat ist nicht dazu geeignet, muskuläre Ermüdung zu diagnostizieren, und es ist auch nicht der Hauptfaktor von Ermüdungserscheinungen im Sport.

Laktatschwellen

Laktatschwellen

Laktat wird oft als einzige Messgröße zu diagnostischen Zwecken der Ausdauer-Leistungsfähigkeit und zur Trainingssteuerung eingesetzt. Anhand der Laktatleistungskurve werden Verbesserungen bzw. Verschlechterungen bei Rechts- oder Linksverschiebungen der Kurve – sowohl im Breiten- als auch im Leistungssport – diagnostiziert und fälschlicherweise fixe Laktatschwellen bei 2 mmol/l und 4 mmol/l festgelegt. Laktatschwellen in Form von speziellen Punkten in der Laktatleistungskurve haben keine höhere Bedeutung für die Diagnostik und Steuerung als andere Punkte auf der Kurve.

Aussagekraft von Laktat

Die Beurteilung der Leistungsfähigkeit eines Sportlers über Laktat kann zudem mit diversen Fehlern behaftet sein. Bei der Interpretation von Ergebnissen aus der Laktatdiagnostik müssen weitere Einflussfaktoren, wie z.B. mögliche Erkrankungen, Medikamente oder der Ernährungszustand berücksichtigt werden. Fehlerbehaftet können z.B. auch Laktatmessungen von Zuckerkranken oder adipösen Menschen sein (vgl. Nieß 2016). Bestimmte Medikamente, wie z.B. das Schmerzmittel Paracetamol, lassen die Laktatwerte ansteigen. Die Aussagekraft von Laktat wurde und wird damit überschätzt. Bekannt ist auch, dass z.B. Athleten, die in einem Laktattest besser abschneiden als ihre direkten Konkurrenten, z.B. nicht zwangsläufig bei einem 10000-m-Lauf die besseren Zeiten erzielen oder die Werte eine Prognose in der Art zulassen, dass diese ihre Konkurrenten folglich auch im Wettkampf besiegen werden (vgl. Wahl, Bloch, Mester 2009).


Merke

2-mmol-Schwelle

4-mmol-Schwelle

Es gibt im menschlichen Organismus biologisch gesehen weder eine 2-mmol-Schwelle noch eine 4-mmol-Schwelle.

Einflussfaktoren der Laktatkonzentration

Die Laktatkonzentration wird von folgenden Faktoren mitbeeinflusst:

1. Muskelfaserart (glykolytisch/oxidativ)

2. Laktatdehydrogenase (LDH)

3. pH-Wert

4. Laktattransport

5. Blutflussgeschwindigkeit

6. Kohlenhydraternährung

7. Vorbelastung

Dies macht deutlich, weshalb es heutzutage als kritisch angesehen wird, die im Spitzensportbereich nur noch minimal vorhandenen Verbesserungspotenziale mit nur diesem einen Parameter (nämlich dem Laktat) zu diagnostizieren und Trainingsempfehlungen ausschließlich daran festzumachen (vgl. Wahl, Bloch, Mester 2009).

Praxisbeispiel

Die Muskulatur eines Sportlers arbeitet zu keinem Zeitpunkt rein anaerob. Auch oberhalb der sog. „anaeroben Schwelle“ ist der muskuläre Energiestoffwechsel überwiegend aerob.

Bei einer Belastung, die nur knapp über dem maximalen Laktat-steady-state liegt, beträgt die anaerob-laktazide Energiebereitstellung nur ca. 2 %, das heißt auch Belastungen in diesem Stoffwechselbereich beanspruchen hauptsächlich die aerobe Energiebereitstellung.

Unzulässig ist es ebenfalls, aus dem Laktatwert am Ende einer Belastung auf den prozentualen Anteil anaerober bzw. speziell laktazider Energiebereitstellung an der Gesamtenergiebereitstellung zu schließen. Nach einem 100-m-und 5000-m-Endlauf sind die Laktatwerte fast identisch, obwohl beide Disziplinen energetisch völlig unterschiedlich ablaufen. Bei einem 100-m-Sprint ist das Verhältnis anaerober zu aerober Energiebereitstellung etwa 95:5, beim 5000-m-Lauf etwa 10:90. Dies veranschaulicht folgende Tabelle:


Laufdistanz Laktatwerte
100 m (10,25 s) ca. 12–15 mmol/l
200 m (20,87 s) ca. 18–21 mmol/l
400 m (46,2 s) ca. 21–23 mmol/l
800 m (1:48,1 min) ca. 18–21 mmol/l
1500 m (3:42,7 min) ca. 18–21 mmol/l
5000 m (13:40,8 min) ca. 12–15 mmol/l
10000 m (29:30,7 min) ca. 8–10 mmol/l

Tab. 3.6: Die mittleren Blutlaktatwerte nach einer maximalen Belastung in leichtathletischen Laufdisziplinen (mod. nach de Marées, Heck 2003)

Sportspiele

Bei den Sportspielen Handball, Fußball oder Basketball sind die Laktatwerte in hohem Maß spielsituationsabhängig. Im Fußball misst man durchschnittliche Laktatwerte von ca. 4–6 mmol/l, obwohl auch Einzelwerte von 12 mmol/l gefunden werden (vgl. ebd.). Freiwald (2016) hält daher die durchschnittlichen Messergebnisse in Sportspielen für relativ unbrauchbar.

Differenzierte Betrachtungsweise der Laktatleistungsdiagnostik

Spiroergometrie

Die dargestellten Erkenntnisse über das Laktatverhalten der unterschiedlichen Muskelfasertypen sollen dabei helfen, die Interpretation des Kurvenverlaufs besser bewerten und einordnen zu können. In der Leistungsdiagnostik auf hohem sportlichen Niveau sollten immer mehrere Parameter erhoben werden, wie z.B. die VO2max mittels Spiroergometrie2. Werden Laktatkurven miteinander verglichen, ist es wichtig, dass die „Schwellen“ durch unterschiedliche Belastungsdauer der Stufen und Intensitätssteigerungen deutlich verschoben werden. Probleme können auch auftreten, wenn unmittelbar zuvor Vorbelastungen bzw. bereits am Vortag(!) erschöpfende Belastungen stattgefunden haben. Selbst Vergleiche von Ergebnissen, die auf unterschiedlichen Ergometern erzielt wurden, sind problematisch.

Kohlenhydrate Ernährung

Kohlenhydratarme Ernährung kann die Laktatkinetik zusätzlich derart verändern, dass die Laktatwerte weniger stark ausgeprägt sind (Wahl, Bloch, Mester 2009).

Liegen reduzierte Laktatwerte vor, muss man genauer differenzieren. Sie können eine trainingsbedingte Anpassung an Ausdauerbelastungen darstellen und eine bessere Verwertbarkeit des Laktats durch die arbeitende Muskulatur oder durch andere Organe (z.B. Herz, Gehirn) anzeigen. Sie können andererseits auch Indiz für eine eingeschränkte Fähigkeit des Muskels sein, selbst Laktat zu bilden, entweder aufgrund der metabolischen Eigenschaften der Muskelfasertypen, zentraler Steuerungsprozesse oder entleerter Glykogenspeicher nach intensivem Training oder durch Hungern. Verminderte maximale Laktatwerte können demnach sowohl mit einer Leistungssteigerung als auch mit einer Leistungsminderung einhergehen (vgl. Bossmann 2014).