StVO Straßenverkehrs-Ordnung

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Erläuterungen

1

Vorschr. über die zul. Höchstgeschw. sind sowohl im Hinbl. auf die Verkehrssicherheit als auch den Umweltschutz nicht unzulänglich und damit verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BVerfG DAR 96, 92 = NZV 96, 155; DAR 97, 66 = NZV 96, 155 – zur ehemaligen Ozonproblematik; vgl. auch Limbach NZV 2001, 97). Wegen der Vielzahl der unterschiedlichen Geschwindigkeitsregelungen in der StVO sollte der VO-Geber allerdings aus Gründen der bürgerfreundlichen und verständlichen Sprache eine einfache und straffe Regelung verankern (ggf. in Form einer Tabelle).

Warnung unbefugter Dritter vor Geschw.kontrollen ist Gefährdung der öff. Sicherheit (OVG Münster DAR 97, 290). BMVBS kritisiert Blitzerwarnungen im Radio, sieht aber vor dem Hintergrund der allg. Presse- und Rundfunkfreiheit von einem Eingr. in Radiodurchsagen (Blitzerwarnungen) ab. Auch stellen die gemeldeten Verkehrsüberwachungen nur einen Teilbereich aller mob. Einsätze der Überwachungsbehörden dar. Auch sog. Blitzer-Apps in Smartphones (vgl. auch § 23) werden abgelehnt. Sie sorgen zwar im Nahbereich für Einhalt. der Geschwindigkeitsvorgabe, sodass Unfallschwerpunkten entgegengewirkt wird, schmälern aber insg. die Verkehrsmoral. Zudem sorgen sie für eine Zweiklassengesellschaft der VZ, solchen, die zwingend wegen der Verkehrsüberwachung zu beachten sind, und solchen, bei denen keine Überwachung stattfindet, deren Wirkungsgrad dadurch geschmälert wird. Problematisch vor allem auch, weil Geschw.beschr. nicht nur an Unfallschwerpunkten angeordnet werden, sondern auch z. B. aus Gründen des Umweltschutzes – auch diese sind gleichsam zu beachten.

Zum Standort von mobilen Geschwindigkeitsmessungen gibt es vielfach VwV der Landesinnenministerien (vgl. Sobisch mit einer Zusammenst. der RiLi der Bundesländer zur Geschw.überw. in DAR 2010, 48). Die RiLi beschreiben den Abstand der Messstellen zu einem VZ (Ausfluss des Opportunitätsprinz.), das den Beginn eines Tempolimits anzeigt (z. B. Ortseingangstafel). Da vor den Z kein Limit gilt, bezieht sich der Abstand auf den Bereich nach dem jeweiligen Z. Die RiLi beziehen sich aber nicht auf Z, welche die Geschw.beschr. wieder aufheben (z. B. Ortsausgangstafel). Außenwirkung solcher RiLi ist umstr. (Art. 3 GG).

In der Anfertigung und Auswertung von anlassbezogenen Geschwindigkeitsmessungen und des dabei angefertigten Bildmaterials liegt keine Verletzung des Rechts auf informelle Selbstbestimmung (BVerfG 2 BvR 759/10, juris). Die bildliche Erfassung bußgeldrelevanter Ordnungswidrigkeiten findet ihre Grundl. in §§ 46, 53 OWiG, 100h Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO. Standardisiertes Geschwindigkeitsmessverfahren = durch Normen vereinheitlichtes technisches Verfahren, bei dem die Bedingungen seiner Anwendb. und sein Ablauf so festgelegt sind, dass unter gleichen Vorauss. gleiche Ergebn. zu erwarten sind (BGHSt 43, 277). Hierzu zählen insbes. Lasermessverfahren, deren Bauart von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt zur Innerstaatlichen Eichung zugelassen ist (Messtolenranzen vgl. Anlage zur Eichordnung). Dabei müssen nicht nur die Zulassungsbed. der Bundesanstalt, sondern auch die Bedienungsanl. des Geräterherst. beachtet werden (Hamm NZV 1997, 187). Liegt kein standardisiertes Messverfahren vor, dürfen sich die Feststellung und Darstellung des Tatvorwurfes nicht auf die bloße Mitteilung des Messverfahrens und die nach Abzug von Tolenranzen ermittelten Ergebnisse beschränken. Es bedarf weiterer Darlegungen (Art des Messverfahrens, Ablauf der Messung, ermittelte Einzelmesswerte, Ablauf und Auswertung der Messung, Messergebnis, Erörterung und Feststellung der Toleranzen). Liegt keine Eichung des Gerätes vor, folgt daraus kein Beweisverwertungsverbot im OWi-Verfahren (Celle NZW 1996, 419, KG NZV 1995, 456). Bedenken gegen die Genauigkeit können gegen einen Sicherheitsabschlag ausgeglichen werden, der genau zu beschreiben ist (Thüringer OLG VRS 115, 431).

Nach BVerfG (2 BvR 941/08, juris) ist die verdachtslose Verkehrsüberwachung mittels Videoaufzeichnungen (hier: von einer AB-Brücke werden alle durchfahrenden Fzg mit Festhaltung Kennz. und Fahrzeugführerbild gefilmt) Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG), der nur gerechtfertigt ist, wenn für diese Art der Verkehrsüberwachung eine gesetzl. Grundlage vorhanden ist. Ländererlass als innerdienstliche Weisung reicht nicht aus.

Verkehrsüberwachung mittels Abschnittskontrolle (Section Control) wird seitens einiger Länder und Interessenvertretungen gefordert und laut Nds OVG auf der B 6 auch rechtm. ausgeübt (Urt. v. 13.11.2019 – 12 LC 79/19 unter Verweis auf § 32 Abs 7 NPOG – als Pilotbetrieb). Section Control ist eine abschnittsbez. Geschw.überw., bei der die Durchschnittsgeschw. jedes Kfz auf einer best. Wegstrecke gemessen wird. Dies erfolgt zunächst unabh. davon, ob der Fzgf. sich an ein angeordnetes Tempolimit hält. Auf der Basis einer Erfassung der passierenden Fzg (Kennz., Fzg-Umrisse etc.) erstellen Videokameras einen Vergleich der Aufnahmen zu Beginn und am Ende des Abschn., durch den die Durchschnittsgeschw. errechnet wird (Weg-Zeit-Berechnung). Bei Übertretung der erlaubten Geschw. werden die Daten gespeichert und es erfolgt im Anschluss eine Bildaufnahme des Fzg sowie des Fahrers durch eine weitere Kamera (sog. „Blitzerfoto“ – Rechtsgrundlage: § 100h StPO). Alle anderen Aufnahmen werden gelöscht. Urt., dass der Rückgriff zu den beiden ersten Kameras auf landesrechtl. Gefahrenabwehrvorschr. verwehrt sein dürfte,, da der Bund für den Bereich des Straßenverk. als besonderes Gefahrenabwehrrecht von seiner Gesetzgebungskompetenz bereits Gebrauch gemacht hat. Die Gesetzgebungszust. der Länder beschränkt sich nach Art. 30, 70 GG nur auf das allg. Gefahrenabwehr. Hierum handelt es sich bei der Abwehr spez. Gefahren im Straßenverk. jedoch nicht. Kamera 1 und 2 betreffen Sonderordnungsrecht, für das der Bund (Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG) gesetzgebungsbefugt ist. Länder sind im Rahmen ihrer konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz (Art. 72 Abs. 1 GG) lediglich befugt entspr. Gesetze zu erlassen, solange und soweit der Bund von seiner Kompetenz noch nicht Gebrauch gemacht hat. Dass konkr. Rechtsgrundlage im Bundesrecht fehlt, bedeutet nicht, dass Landesrecht zul. wäre. Bund hat von seiner Gesetzgebungskompetenz durch das Straßenverkehrsrecht vollumfänglich Gebrauch gemacht. Das BVerwG (Beschl. vom 31.07.2020 – 3 B 4.20) hat unter Datenschutzgesichtspunkten allerdings keine Bedenken gegen das Urteil des OVG. Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde gegen die Geschwindigkeitsmessung gar nicht erst zur Entscheidung angenommen (1 BvR 2356/20 vom 11.01.2021). Die abschließende Prüfung der Gesetzgebungskompetenz blieb damit bislang aus.

1a

Die Geschw. ist so zu wählen, dass der Fzgf. unter Berücksichtigung


a) subj. Momente (Fahrfertigkeit, Erfahrung, Fahrtüchtigkeit im konkr. Zeitpunkt) und
b) obj. Momente (Art und Zustand der Fahrb., Streckenverlauf, Witterung, Sichtverhältnisse, aber auch FzgArt, insbes. Straßenlage und Bremsvermögen)

das Fzg stets „in der Hand hat“. Er muss in der Lage sein, allen auftretenden Verkehrslagen, die nicht völlig außerhalb der Wahrscheinlichkeit liegen, gerecht zu werden (z.B. Minderung der Fahrstabilität auf Grund der Fliehkraft, durch mang. Bodenhaftung, Seitenwind; Hindernisse aller Art). Beifahrer ist nicht verpflichtet, auf den Fahrer einzuwirken, um ihn zu veranlassen, seine unangemessene hohe Geschw. zu mäßigen (Hamm NZV 2000, 167). Auch Radf. dürfen nicht unangemessen schnell fahren (45–50 km/h auf verengter innerörtl. Straße = zu schnell: Karlsruhe NZV 91, 25). Zur Annahme einer nicht angepassten Geschw. vgl. Düsseldorf VRS 96, 72.

1b

Wer die Autobahn-Richtgeschw. (130 km/h) überschreitet, begeht zwar keine Ordnungswidrigkeit, kann aber bei einem Unfall sich grds. nicht auf ein „unabwendbares Ereignis“ iSd § 7 Abs. 2 (alt) StVG berufen, sodass er einen Teil des (fremden und eigenen) Schadens selbst dann zu tragen hat, wenn ihn kein Verschulden trifft (BGH NZV 92, 229 = VRS 83, 171; vgl. dazu in der Tendenz auch Hamm DAR 91, 455, NZV 92, 33; NZV 94, 193; Köln NZV 92, 34; Hamm NZV 2000, 42; NZV 2000, 373 = DAR 2000, 218). Dieser Entscheidung ist zuzustimmen, weil sie das höhere Risiko des Schnellfahrens berücksichtigt und zugleich dem Institut der Richtgeschw. größeres Gewicht verleiht. Zur Diskussion um die Einf. eines allg. Tempolimits auf Autobahnen vgl. Ordnungsnr. 3 g. § 7 StVG wurde 2003 geändert (neugef. durch Bekanntm. v. 5.3.2003, BGBl I, 310; BGBl I 2002, 2674 = 2. G. zur Änderung schadensersatzrechtl. Vorschriften v. 19.7.2002). Die Ersatzpflicht ist nunmehr nur noch ausgeschlossen, wenn der Unfall durch „höhere Gewalt“ verursacht wurde; das „unabwendbare Ereignis“ bleibt aber bedeutend für § 17 Abs. 3 StVG (Schadensausgleich zw. Haltern mehrerer beteiligter Fzge). § 17 Abs. 3 StVG erfordert Idealfahrer und, dass er in seiner Fahrweise auch allg. Erfahrungen berücksichtigt, die geeignet sind, Gefahrensituationen nach Möglichk. zu vermeiden. Ein „Idealfahrer“ fährt keinesfalls schneller als 130 km/h, ihm ist bewusst, dass eine Gefahr, in einen Unfall verwickelt zu werden, durch höhere Geschwindigkeiten deutlich steigt (Nürnberg DAR 2010, 707). Bei deutlicher Überschreitung der Richtgeschw. auf AB tritt die Haftung aus Betriebsgefahr auch bei erheblichem Verschulden des Unfallgegners regelm. nicht zurück. Änderung wurde zu Gunsten der verkehrsschwächeren (Kinder, Ältere etc.) getroffen. Gefährdungshaftung wird ausgedehnt. Nur noch die Risiken spielen keine Rolle, die mit Straßenverk. nicht zusammenhängen (betriebsfremde Ereignisse wie Blitzeinschlag, Lawine; nicht aber Hochschleudern von Stein durch vorausfahrendes Fzg). Zur Def. der „höheren Gewalt“ vgl. Celle Verkehrsrecht aktuell 2005, 154, LG Karlsruhe Schaden-Praxis 2004, 256. Dagegen kann die Rspr. nicht durch Interpretation des § 3 Abs. 1 StVO eine Art „absolute“ allg. Geschwindigkeitsgrenze, z.B. durch einen „Zuschlag“ zur Richtgeschw. „130“, festlegen, bei deren Überschreitung stets ein Verstoß gegen die Vorschrift anzunehmen ist. Dafür sind die obj. und subj. Umstände zu vielgestaltig. Die Festlegung allg. Geschw.grenzen ist vielmehr dem Gesetzgeber vorbehalten, der hierfür ein weites, im Wesentl. nur durch das Verbot des Übermaßes begrenztes Ermessen hat. Gesetzgeber hat sich bisl. gegen Tempolimit auf AB entschieden, aus der Nichtbeachtung einer empfehlenden VO ist zwar allein kein Schuldvorwurf abzuleiten. Auf die Unabwendbarkeit des Unfalls kann der Kraftf. sich aber nur dann berufen, wenn er nachweist, dass der Unfall auch bei 130 km/h mit vergleichbaren Folgen passiert wäre (BGH NJW 1992, 1684, Stuttgart MDR 2010, 518, Hamm NZV 2000, 42).

 

2

Bes. Vorsicht bei vereister Straße (BGH VM 64, 78). Nach ständ. Rspr. beginnt die Streupflicht von Gemeinden an Sonn- und Feiertagen nicht vor 9.00 Uhr; an Werktagen nicht vor 6.30 Uhr (vgl. Köln VersR 1997, 507; Hamm VersR 1988, 693; Oldenburg DAR 2002, 128). Allerdings kein Erfahrungssatz, dass hier 45 km/h stets zu hoch sind (Hamm VM 65, 54; VRS 44, 429). Bei starkem Regen (Gefahr des Aquaplaning) sind auch bei gutem Reifenprofil mehr als 90 km/h nicht vertretbar. Steht nach Wolkenbruch Wasser auf der Fahrb., dann können schon 80 km/h erheblich zu schnell sein (BGH DAR 75, 95). Nach Hamm (VRS 2001, 25 = DAR 2001, 456) muss ein Motorradfahrer, wenn seine Sicht durch Regentropfen auf seinem Visier stark eingeschränkt ist, Geschwind. so vermindern, dass er Sichtbehind. Rechn. trägt. Ggf. besteht auch Möglichk., Visier hochzuklappen. In Parkhäusern im Allg. nicht mehr als 10 km/h zulässig (KG DAR 83, 80).

2a

Vorschr. soll dazu beitragen, das Fahren mit weit überhöhter Geschw. vor allem bei Nebel, das häufig zu schwersten Massenunfällen führt, einzudämmen. Dem Fzgf. wird für einen best. Fall (50 m Sichtweite, z. B. Abstand der Leitpfosten auf Autobahnen) verdeutlicht, wie schnell er höchstens fahren darf; bei anderen – geringeren oder höheren – Sichtweiten bleibt es bei dem allg. Grds. des „Fahrens auf Sicht“, wobei die konkret zul. Geschw. vom techn. Bremsvermögen des Fzg, vom Fahrbahnzustand, von der Art und vom Zustand der Bereifung sowie von der Reaktionszeit des Fahrers abhängt (bei Sichtw. unter 50 m aber nie über 50 km/h!). Das Gebot des Fahrens auf Sicht ist insbes. bei Nebel strikt zu beachten und zwar gerade auch auf AB, auf denen die gerade Streckenführung und die vorhandenen Markierungen viele Kraftf. zu rechtsw. hoher Geschw. verleiten. Wer z. B. bei einer Sichtweite von 20-30 m mit 80 km/h fährt, verstößt nicht nur gegen § 3 Abs. 1, sondern das Verhalten hat ggf. auch versicherungsrechtliche Konsequenzen bis hin zum Haftungsausschluss bei der Kaskoversicherung.

2b

Sichtweite bedeutet, dass der Fzgf. einen unbeleuchteten Gegenstand, z. B. Leitpfosten, erkennen kann, ggf. mit Hilfe der Scheinwerfer. Es genügt nicht, dass die allg. Schlussleuchten oder die Nebelschlussleuchten des vorausf. Fzg erkennbar sind. Ggü. § 18 Abs. 6 ist die Vorschrift lex specialis; dies ist berechtigt, weil bei dichtem Nebel das Vor- und Umfeld des vorausfahr. Fzg als Orientierungsraum ausfällt.

2c

Z.B. bei einer Sichtweite, die deutlich unter 50 m liegt (40 m oder geringer) oder bei ungünstigen Fahrbahnverhältnissen, z.B. Glatteis, Schneeglätte.

3

Fahren auf Sicht (vgl. Möhl DAR 67, 173) gilt als „goldene Regel des Verkehrs“ stets und überall, auch auf AB (BGH DAR 61, 260 = VRS 21, 148 = VM 61, 63 = VkBl 61, 676) und Bundesstraßen (BGH VRS 21, 241). § 18 Abs. 6 schränkt den Grds. nicht ein, sondern passt ihn den bes. Verh. des Autobahnverkehrs an; auf Hindernisse, die erst außergewöhnl. spät erkennbar werden, braucht der Kraftf. seine Geschw. aber nicht einzurichten (BGH VRS 67, 195; Hamm NZV 88, 64; Stuttgart VRS 80, 412 = DAR 91, 180). Im Übrigen muss aber auch in der Dunkelheit mit liegen geblieb. Fzg (auch unbeleuchtet, selbst mit Tarnanstrich, z. B. Panzer) gerechnet werden (BGH VRS 73, 427 = DAR 87, 325). Vgl. auch Bohnert DAR 86, 11. Anhalteweg = Reaktionsweg (einschl. Bremsenansprechzeit) + Bremsweg. Faustformel für Reaktionsweg bei Reaktionszeit von 1 Sek.: 3/10 m je km/h Geschw., bei 50 km/h also 15 m; für Bremsweg (gute Bremsen, trockene, griffige Fahrb.): Quadrat der durch 10 geteilten km/h, bei 50 km/h also 25 m. Anhalteweg bei 50 km/h daher 15 + 25 = 40 m. Verbesserung dieser Werte durch kürzere ReaktZeit (bis 0,6 Sek.) und stärkere Verzögerung (bis 8 m/sec2), Verschlechterung insbes. durch Fahrbahnglätte, abgefahrene Reifen bei Nässe oder schlechte Bremsen. Straßenbahnen auf bes. Bahnkörper müssen jedenfalls an Kreuzung mit öff. Straße „auf Sicht“ fahren (BGH DAR 75, 75). Sichtfahrgebot ausnahmsweise nicht verletzt, wenn Fzg auf ungewöhnl. schwer erkennbares Hindernis trifft, für dessen Auftreten keinerlei Anhaltspunkte gegeben waren (Hamm DAR 73, 302, 305; NZV 88, 64). Zu den Grenzen des Sichtfahrgebots vgl. auch BGH DAR 74, 243 und VRS 64, 168.

4

Sichtweite bei Abblendlicht 50 m und mehr, bei asymmetr. Abblendlicht rechts bis 75 m und darüber (BGH VM 64, 77; Köln VM 64, 37; dagegen zu Unrecht Celle DAR 63, 328: 25 m, offenbar im Hinblick auf die Werte des § 50 Abs. 6 Satz 2 StVZO). Auf mod. ausgebauten, zügig befahrenen Straßen daher idR 70 km/h unbedenklich, bes. beim Fahren in Kolonne mit ausreich. Abstand. Autobahn: § 18 Abs. 6. Bei Blendung äuß. Zurückhaltung (BGH VersR 63, 652), keine verlängerte ReaktZeit (BGH VRS 27, 107); 45 – 50 km/h hier zu hoch (BGH VM 65, 60), nötigenfalls Drosselung auf 20 – 30 km/h.

5

Bei Wahl der Geschw. ist bes. auf Fußgänger zu achten, die die Fahrb. überschreiten oder das möglicherweise tun wollen. Vor allem muss mit Fehlverhalten von Kindern (und älteren Leuten) gerechnet werden (u. a. BGH VRS 23, 371; 27, 100; 39, 192; VersR 64, 624; 65, 290; Stuttgart VRS 27, 125; Saarbrücken VersR 65, 196; BayObLG VM 65, 51; Martin DAR 67, 117). Allerdings braucht ein KfzFührer seine Geschw. nicht darauf einzurichten, dass zw. den haltenden Fzgen unvermittelt Fußg. auf die Fahrb. treten (Hamm VRS 85, 18; Köln VersR, 80, 338 zu § 7 Abs. 2 StVG a. F. heute bedeutend bei § 17 Abs. 3 StVG n.F.; [vgl. auch Erl. 1b]; Hamm NZV 1991, 194). Kinder ab vollendetem 7. Lebensj. sind nach § 828 Abs. 1 BGB deliktsfähig. Kinder zw. 7 und 10 Jahren sind für Schäden, die bei Unfall mit Kfz passiert sind, nicht verantwortlich, es sei denn, der Schaden wurde vorsätzlich (z. B. mutwilliges Zerkratzen eines parkenden Pkw) herbeigeführt (§ 828 Abs. 2 BGB in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung schadensrechtl. Vorschriften v. 19.7.2002, BGBl I, 2674). So auch BGH NJW 2005, 354, der auf das zwingende Erfordernis einer typischen Überforderungssituation des Kindes durch die spezif. Gefahren des motorisierten Verkehrs abstellt (wie Unterschätzung von Entfernungen oder Geschwindigkeiten); dies wird bei einem Skateboard fahrenden 9-jähr. Kind verneint, dessen Board bei einem Wettrennen vor ein parkendes Pkw knallt. Selbige Aussage trifft der BGH in NJW 2005, 356 für ein Fahrrad fahrendes 9-jähr. Kind bei Kollision mit einem parkenden Pkw (8 Jahre = BGH NZV 2007, 403 = SVR 2007, 340; NZV 2008, 22). Damit wurde Deliktsfähigk. für Straßenverk. altersmäßig heraufgesetzt (aber beschränkt auf motorisierten Straßenverk. = gilt nicht für Unfall mit Radf.). Haftung ggü. Kindern ist durch Neuf. von § 7 Abs. 2 StVG erheblich ausgedehnt worden. Daher hat die Rspr. zu § 3 Abs. 2a StVO für Kinder bis zum 10. Lebensj. an Bedeutung verloren, gilt aber weiter für Unfälle mit Radf. und für Kinder ab dem 10. Lebensj. Geschwindigkeit muss auch nicht darauf ausgerichtet werden, dass sich ein Fußg. plötzlich auf die Fahrb. einer AB wirft (Hamm VRS 85, 13). Befinden sich Kinder in Begl. Erwachsener, so muss sich Kraftf. nicht darauf einstellen, dass die Kinder plötzlich vor den Wagen laufen (Köln VRS 28, 266; ähnlich Stuttgart NZV 92, 185). Weder Warnzeichen noch Notbrems. notwendig, wenn 12-jähr. Kind mit Rücken zur Fahrb. auf Gehweg Ball spielt (Koblenz VRS 46, 437). Rücksicht auch auf Hunde, nötigenfalls ist langsamer zu fahren (Stuttgart DAR 64, 170). Vgl. auch Erl. 7 u. 8.

6

Zu langsam fährt idR, wer auf AB weniger als 80 km/h, auf sonstigen Straßen außerorts weniger als 60 km/h, innerorts weniger als 30 km/h fährt, obwohl eine solche Geschw. nach den Umständen obj. und für einen durchschnittl. Fahrer auch subj. vertretbar wäre. Behinderung ist gegeben, wenn nachf. Fzg seine Geschw. deutlich herabsetzen muss und Überholen für eine unzumutbar lange Strecke nicht möglich ist. Unter diesen Umständen genügt auch die Behind. eines einzelnen Fzg (umstritten).

7

Verpflichtung betrifft Fzgf., also Führer von Kfz, Fahrrädern, Fuhrwerken und Straßenbahnen. „Gegenüber“ bedeutet, dass der Fzgf. die geschützte Person entw. tatsächl. gesehen hat oder bei Anw. der notw. Sorgfalt hätte sehen müssen oder dass er nach den Umständen mit ihrem Auftauchen rechnen musste (vgl. Begr. und KG VRS 70, 463; Düsseldorf VRS 84, 468 = VM 93, 28). KfzFührer muss im Allg. nicht damit rechnen, dass ein Kind hinter einem park. Fzg hervorkommt, auch nicht in einem Wohngebiet, sofern nicht konkr. Anhaltspunkte für die Anwesenheit von Kindern gegeben sind (Hamm VRS 85, 16), vgl. aber Erl. 5. Halten sich zwei Kinder am rechten Fahrbahnrand auf und läuft eines über die Fahrb., muss Kraftf. mit Nachlaufen des and. Kindes rechnen (Oldenburg VRS 87, 17; Gruppe etwa 8-jähr. Schüler auf Gehweg; 45 km/h deutlich zu hoch, Hamm NZV 2000, 259; radf. Kinder: BGH NZV 2001, 35, Hamm NZV 2000, 167, BGH VRS 94, 33). Auf einen Verstoß gegen § 3 Abs. 2a kann sich grds. nur derjenige berufen, demggü. die Vorschrift in der konkr. Verkehrssituation die Pflicht zur erhöhten Rücksichtnahme ausgelöst hat (BGH DAR 91, 22 = NZV 91, 63). Geschützt sind z. B. ältere Menschen schon dann, wenn sie sich in einer Verkehrssituation befinden, die sie nach der Lebenserfahrung nicht meistern können (Überquerung einer breiten Straße mit schnellem Verkehr: BGH DAR 94, 320 = VRS 87, 266). Keine gesteigerte Sorgfaltspflicht, wenn z. B. „älterer Mensch“ bei Annäherung nicht als solcher erkennbar war (Hamm NZV 91, 466). Verlangt wird höchste Sorgfaltsstufe (wortgleiche Regelung wie z. B. beim Fahrstreifenwechsel – § 7 Abs. 5 –, beim Wenden und Rückwärtsfahren – § 9 Abs. 5 –, beim Ein- und Ausfahren – § 10 –, beim Vorbeifahren an Haltestellen öff. Verk.mittel oder an Schulbussen – § 20 Abs. 1, 2 –, also nicht im engsten Wortsinne ein Gefährdungsausschluss oder eine Form der Gefährdungshaftung; vom Fzgf. wird nichts Unmögliches verlangt (Karlsruhe VRS 71, 62). Kinder: bis vollend. 10. bzw. 14. Lebensjahr (Hamm NZV 93, 397). Alte Rspr. zu § 3 Abs. 2a hat an Bedeutung verloren. Haftung des Kfz-Führers steht seit Änderung in § 828 BGB und § 7 StVG fest. Aber ggf. v. Bedeutung, wenn Höhe des Schmerzensgeldes festzusetzen ist. § 3 Abs. 2a mit seiner alten Rspr. behält zudem Bedeutung bei Unfällen zw. Kindern und Radf. Ansonsten zudem bei Kindern zw. 10. und 14. Lebensj. zu beachten. Grds. gilt bei älteren Kindern der Vertrauensgrds. (BGB NJW 2001, 152). Wegen der geänderten Rechtslage ist damit zu rechnen, dass Geschädigte ihren Ausgleich mehr über § 832 BGB (Verletzung der Aufsichtspflicht) suchen. Insoweit besteht keine Pflicht der Aufsicht auf Schritt und Tritt bei den 7 – 10-jähr. Kindern (vgl. BGH NJW 1997, 2047). Auch nach geänderter Rechtslage bleibt Alleinhaftung z. B. eines Jugendlichen von 12 Jahren möglich, wenn ihm obj. und subj. ein Hauptverschulden (bei grob verkehrswidrigem Verhalten) trifft, das die Betriebsgefahr des Kfz völlig untergeordnet erscheinen lässt (Nürnberg NZV 2007, 205). Hier sind stets altersgem. Maßstäbe anzulegen! Hilfsbedürftige: z. B. Behinderte; ältere Menschen: etwa ab 70 Jahre; erkennbar alkoholisierter Fußg., BGH NZV 2000, 120 = DAR 2000, 114. Eigenschaften müssen für Fzgf. erkennbar sein. Umfang der vom Fzgf. zu treffenden Schutzmaßnahmen abhängig vom Grund der erkennb. Behinderung, auch vom bisherigen Verhalten der geschützten Person in der konkr. Situation (BayObLG VRS 65, 461). Kinder im Kindergartenalter oder im Alter beginnender Volksschulpflicht erfordern wegen ihrer Unerfahrenheit und Unberechenbarkeit bes. Aufmerksamkeit der Kraftf. (BGH DAR 82, 98). Sieht der Kraftf. dreijähr. Kinder am Fahrbahnrand, so muss er mit unachtsamem Überqueren der Fahrb. rechnen und deshalb entspr. Maßn. treffen (Hamm NZV 89, 473; Schleswig-Holstein VRS 75, 282). Anders bei einem zehnjähr. Kind, das vom Fahrbahnrand aus den Verkehr beobachtet hat (BayObLG VRS 76, 144 = DAR 89, 114). Beim Überholen eines neun Jahre alten, unauffällig am rechten Fahrbahnrand fahr. Radf. muss Kraftf. nur unter bes. Umständen mit plötzl. Linksabbiegen rechnen (BayObLG VRS 62, 59 = DAR 82, 167). Kraftf. darf nicht darauf vertrauen, dass ein radf. Kind, das auf die Fahrb. zufährt, anhalten wird (BGH DAR 97, 399). Feststellung konkr. Gefährdung notw. (Köln VRS 65, 463). Fzgf. muss nicht damit rechnen, dass ein 12 – 13 Jahre alter Junge, der auf der Mitte des Gehwegs läuft, unvermittelt die Laufrichtung ändert und auf die Fahrb. läuft, wenn nicht bes. Umstände auf kindliche Unbesonnenheit und Unaufmerksamkeit hinweisen (Hamm DAR 91, 180 = VRS 80, 261). Auch der „Idealkraftf.“ braucht nicht damit zu rechnen, dass hinter jedem geparkten Fzg ein Kind auf die Fahrb. treten könnte (Hamm NZV 91, 194; VRS 85, 16). Zur Haftungsquote bei 11-jähr. Kind, das auf die Fahrb. läuft vgl. Hamm NZV 2006, 151.

 

8

Beispiele für Schutzmaßnahmen: kl. Kind von etwa 4 Jahren am Fahrbahnrand ohne Aufsicht: „echte“ Schrittgeschw., Anhaltebereitschaft. Kinder von 6 und mehr Jahren, die sich offenb. diszipliniert auf Gehweg aufhalten: idR Vorbeifahrt mit 20-30 km/h in gehörigem Abstand zulässig. 10-12-jähr. Schulkind wartet an Ampel offenb. diszipliniert bei „Fußgänger-Rot“: idR Durchfahrt bei „Grün“ mit der dort allg. zul. Geschw. Ein 1,66 m großer Schüler tritt auf Mehrzweckstreifen, bleibt dort stehen und beobachtet den Verkehr: Weiterfahrt mit (zuläss.) 60 km/h (Hamm NZV 96, 70). In Straßen in Wohngebieten, die häufig auf einer oder auf beiden Seiten zugeparkt sind, ist zu Zeiten, in denen mit Kindern allg. gerechnet werden muss, die innerorts zul. Höchstgeschw. von 50 km/h idR unangemessen; 30 km/h hier idR obere Grenze. In kinderreicher Gegend muss Kraftf. immer damit rechnen, dass Kinder hinter park. Fzgen hervor auf die Fahrb. laufen; 40 km/h daher zu hoch (AG Köln VRS 63, 9; einschränkend Hamm VRS 85, 16). Zur Sorgfaltspflicht beim Rückwärtsfahren im Bereich eines Kindergartens: Frankfurt VM 98, Nr. 36. Vgl. aber Erl. 5 und 7.

8a

Auch im Rahmen der ziffernmäßig festgelegten Höchstgeschw. sind stets die allg. Vorschriften des § 3 Abs. 1 zu beachten. In best. Notstandslagen darf die Höchstgeschw. überschritten werden (vgl. dazu Düsseldorf VM 95, 71 = VRS 88, 454; Köln VRS 88, 370; NZV 95, 119), jed. nur, wenn die Gefahr, zu deren Abwendung die Überschreitung erfolgt, höher als die durch die Überschr. verursachte Gefährdung liegt. Tempo 50 innerorts gilt nach dem Wortlaut nur für Kfz; aber Radf. werden über § 3 Abs. 1 Satz 1 ebenfalls erfasst.

8b

Zum Begriff des Lkw vgl. § 4 Abs. 4 PBefG; nicht die Eintragung im Fzgschein ist ausschlaggebend, aber ein Indiz, vielmehr die Eignung und Bestimmung sowie tatsächliche Nutzung (auch Leerfahrt) zur Güterbeförderung.

8c

VO-Geber hat mit Änd-VO v. 28.11.2007 (BGBl I S. 2774, Begr. VkBl 2008, S. 4) eine Gleichstellung der Wohnmobile bis 3,5 t zGG mit Anhänger mit den Lkw mit Anhänger wegen fehlender techn. Bedenken vorgenommen – Ungleichbehandlung war technisch nicht nachvollziehbar.

8d

Zur Def. des Kraftomnibusses vgl. § 30d Abs. 1 StVZO, § 4 Abs. 4 Nr. 2 PBefG ; eingefügt durch VO v. 22.10.2003 (BGBl I S. 2085, mit Begr. VkBl 2003, S. 734); VO passt die Vorschriften über Kraftomnibusse an die RiLi 2001/85/EG (sog. Busrichtlinie) an.

9

Gilt stets, wenn im Omnibus Fahrgäste stehen, auch wenn noch Sitzplätze frei sind, die aber nicht benutzt werden.

10

In diesen Fällen gilt eine Richtgeschwindigkeit von 130 km/h (zur Bedeutung der Richtgeschw. vgl. auch Erl. 1b) auf Grund der VO über eine allgemeine Richtgeschwindigkeit auf AB und ähnlichen Straßen (Autobahn-Richtgeschwindigkeits-VO) v. 21.11.1978 (BGBl I S. 1824), geändert durch VO v 7.8.1997 (BGBl I S. 2028), vgl. Ordnungsnr. 3 g.

11

Vorschr. dient der Sicherheit der Fzg und dem Schutz der Straßen. Gilt auch auf AB und Kraftfahrstraßen, beeinträchtigt aber nicht das Recht solcher Fzg, deren bauartbest. Höchstgeschw. mehr als 60 km/h beträgt, diese Straßen zu benutzen. Gilt für Schneeketten jeder Art (Metall, Kunststoff).